1. Leseabschnitt: I. Aufwärts (erste Hälfte Seite 11 bis 78)

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Beispielsweise, dass Benjamin ein Babyfoto von Hitler auf dem Schreibtisch stehen hatte: "Jeder ist alles, und aus jedem kann alles werden."
Ah ja, stimmt, das hatte ich schon ganz vergessen (ist schließlich schon einen Tag her). Ein eindeutiges Plus und ein drittes Anzeichen für Anspruch.

Oder wer fällt Ihnen ein, wenn ich Braunau sage?"
Leider gar nichts. Müsste was? Bei "Rostock" wäre mir was eingefallen.

Seltsam ist es, dass keiner der Freunde bisher den Namen des Gefangenen genannt hat, aber das habt ihr ja auch schon angemerkt.
Das hat die Journalistin selber angemerkt.
 

otegami

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17. Dezember 2021
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Ehrlich gesagt, mache ich das beim Lesen extrem selten. Das hat mit meinem Beruf zu tun, wo das die gängige Arbeitsweise ist. In der Freizeit, im Lesehobby brauche ich ein Kontrastprogramm dazu :)
Nachvollziehbar! *Gg* ich brauche kein Kontrastprogramm mehr - bin seit ein paar Jahren Rentnerin ;) ! Wo ich keine Notizen mache: bei Hörbüchern, die ich beim Bügeln genieße - das ist reines Vergnügen! (Da schreibe ich auch keine Rezis!)
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Müsste nicht, aber könnte vielleicht. Es ist der Geburtsort Hitlers.
Ah so. Gut. Ich weiß eher, wo und wie die Leuts gestorben sind und mir fällt da oft ein: "Ihr Ende schautet an und folget ihnen nach" aus der Bibel. Was auch als Umkehrschluss gilt: Wie ihr Ende ist, zeigt eine ganze Menge!
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Sie relativiert das ja gleich wieder, indem sie sagt, drei hätten "zumindest nicht abgesagt". Das ist dann auch nachvollziehbarer, denke ich.
Sie manipuliert auch, um die Zusagen zu erhalten! Indem sie eine halbgare Zusage dem anderen als gewiss unterjubelt und wenn der dann zusagt, sie die ganze Zusage von demjenigen bekommt, der vorher nur eine halbgare zusagte. (Alles klar?).
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ich bin natürlich auch mitgerissen, möchte aber anmerken, dass ich literarisch keine Unterschiede bei den diversen Stimmen vernehme.
Dann bin ich in guter Gesellschaft. Vielleicht hat der Christian sensiblere Gehörgänge als wir;)? Ich hab mein Zettelchen, man muss sich zu helfen wissen.
Vielleicht ist es auch diese Mischung aus Infos und der Art zu reden, die es für mich leichter macht. Beim kritischen etwas nörgeligen Ton ist es Sabine, Emilia gibt sich verständnisvoll und zugänglich, Benjamin redet dem Beruf entsprechend förmlich, Sebastian ist vielleicht etwas forscher als Till.
All das habe ich in meinen Notizen angemerkt. "Hören" tue ich es noch nicht. Aber ich werde es versuchen;)
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Ich bin eigentlich recht hingerissen von dem Buch. Nicht nur, weil es um einen "Fall" geht und ich wirklich schon neugierig auf den Prozess bin.
Andererseits, weil es gar nicht wirklich wichtig ist für mich ob "der Freund" schuldig oder unschuldig ist, sondern wie es um die Dynamik der Freundschaft bestellt ist, wie sich eine Wirklichkeit für jeden ein wenig anders darstellt. (und weil Herr Poschenrieder das Thema Freundschaft mmn besser angeht als Herr Kurbjuweit ;) )

Wäre es ein Krimi, würde ich mich über eine überraschende Wendung freuen. Aber hier hänge ich doch eher der Ententheorie an.
 

Literaturhexle

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Nicht nur, weil es um einen "Fall" geht
Die Katze lässt auch in ihrer Freizeit das Mausen nicht, was :p ???

sondern wie es um die Dynamik der Freundschaft bestellt ist,
Unbedingt. Aber der Fall ist schon das Salz in der Suppe. Bis jetzt wird die Frage nach Schuld oder Unschuld auch recht zentral behandelt. Deshalb wird es gewiss auch eine Auflösung geben. Wie die dann aussieht, wird wahrscheinlich tatsächlich zweitrangig sein.

OT:
Korbjuweit ist kein Vergleich!!! Tatsächlich hörte ich jüngst einen kurzen Podcast auf B3 in der Hoffnung kritische Töne zu hören... Weit gefehlt! Lobeshymnen! Diese Podcasts werden wahrscheinlich gekauft und bezahlt :rolleyes:
 

Lesehorizont

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Aber ist der Stoff auch anspruchsvoll? Ich zweifel bissi. Man wird das aber erst später ganz entscheiden können.
Gefunden habe ich (nur) zwei lohnenswerte Sätze:
"Wer sonntags mäht, begeht sozialen Selbstmord" - und
"Wenn du in eine fremde Kultur kommst und Freunde brauchst, dann bringst du Glasperlen und anderen Tand mit". Haha, heute bringt man Ansprüche und Beschuldigungen mit! Yes, anderes Thema.
Ich finde, es kann ganz unterschiedliche Kriterien geben, warum man ein Werk toll findet, vielleicht auch dafür, was man spruchsvoll findet. Ein Buch muss für mich nicht vollgespickt sein mit klugen, zitierfähigen Sätzen. Es reicht, wenn es irgendwie besonders ist und mich fesselt :)
 

Lesehorizont

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Zwischendurch schrecke ich immer wieder hoch, weil Poschenrieder ein paar kühne Ideen einstreut. Beispielsweise, dass Benjamin ein Babyfoto von Hitler auf dem Schreibtisch stehen hatte: "Jeder ist alles, und aus jedem kann alles werden." (S. 16) Das finde ich gleichermaßen witzig wie schrecklich, und es bleibt sofort hängen. Genauso wie die zweite Hitler-Anspielung, als es um die "Popularität" des mutmaßlichen Mörders in diesem Vorort geht: "Oder wer fällt Ihnen ein, wenn ich Braunau sage?" (S. 28) Da hat Sebastian recht!
Das hat mich auch aufhorchen lassen.
Den Satz bezüglich der Identität (S.16) finde ich sehr gut und treffend.
Gerade auch mit Blick auf Holocaust und die Frage, ob er wiederholbar wäre, denke ich, ist es sehr wichtig, sich dessen bewusst zu sein...
 

Lesehorizont

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@Lesehorizont : Bei "toll" stimme ich dir da absolut zu. Bei "anspruchsvoll" will ich mehr. Ich finde auch John Grisham toll, mache Unterhaltungsliteratur, aber momentan will ich anspruchsvoll von unterhaltend unterscheiden. Aber: im besten Fall kommt beides zusammen.
Grundsätzlich sind wir da nah beisammen. Nur dass ich anspruchsvoll nicht ausschließlich an Sprache festmachen würde, alternativ oder im Idealfall ergänzend kann das auch die Konstruktion der Geschichte insgesamt sein oder die Art und Weise, wie mit einrem Thema umgegangen wird.
Ich liebe z.B. die Bücher von John Irving, aber okay, als anspruchsvoll würde ich sie nicht zwingend bezeichnen. Als Unterhaltungsliteratur aber auch nicht. Irgendwie liegen die Werke für mich auf der Grenze, vielleicht gehobene Unterhaltungsliteratur :)

Poetische Sprache oder stilistische Besonderheiten wären für mich Aspekte anspruchsvoller Literatur.
Ich würde aber nie anfangen, zu markieren, herauszuschreiben etc. Das habe ich in der wissenschaftlichen Arbeit zuhauf.
Lieber genieße ich still, als einen Text, ein Buch - ähnlich wie in der Schule "kaputt zu analysieren".
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Ich bin leider noch nicht ganz durch mit dem LA , aber da hier schon so viel geschrieben wurde, will ich auch was sagen. Und zwar, ohne eure Kommentare zu lesen.
Das Buch zieht mich sofort rein in die Geschichte. Es liegt also nicht an Poschenrieder, dass ich noch nicht weiter bin.
Gleich zu Beginn str der Autor sein Erzählkonzept vor. „ Lass sie miteinander reden, lass sie übereinander reden…. so wird eine Geschichte daraus.
“ Fünf Blickwinkel, fünf Mal Vergessen, fünf Mal das Gleiche und am Ende doch nicht dasselbe.“
Hier muss ich mit Notizen arbeiten, wer ist wer, welche Position vertritt er.
Spannend, die verschiedenen Figuren und ihre erste Reaktion auf das Snliegen des namenlosen Interviewers.
Über das Babyphoto von Adolf Hitler bin ich sofort gestolpert. „ Jeder ist alles, und aus jedem kann alles werden.“
Ich habe durch meine Kinder viel Kontakt zu Babys und Kleinkindern. Die meisten sind wirklich süß. Beruflich und auch sonst begegne ich vielen Erwachsenen. Und ich frage mich oft, wie aus den süßen Babys so Idioten werden konnten, bzw. denke ich mir bei vielen, das waren doch auch einmal unschuldige Babys. Putin z.B. auch.
Die Frage, die der Roman vermutlich stellt, formuliert Benjamin: „ Was hält eine Freundschaft aus? Und wozu ist sie überhaupt gut?“
Um dieses Thema kreiste auch der Roman „ Der Ausflug“ von Kurbjuweit. Aber hier erscheint mir die ganze Szenerie viel realistischer.
Jede Figur bekommt nach und nach einen Background, bzw. charakterisiert sich schon durch die ersten Reaktionen auf die Anfrage:
Sabine hat angeblich mit der Sache abgeschlossen, was ich ihr nicht glaube.
Benjamin ist äußerst gesprächig, im Gegensatz zu den anderen. Was verbirgt er hinter seiner Geschwätzigkeit?
Till steht angeblich immer noch fest hinter seinem Freund und
Sebastian scheint gerne zu provozieren, und hat gelernt, mit Worten zu täuschen.
Nun muss ich mich zurückhalten und erstmal weiterlesen.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Die Perspektiven der 5 Freunde sind interessant. Nach anfänglichen Schwierigkeiten haben sie einen Freundespakt gebildet: sie wollten von seiner Unschuld überzeugt sein und sie beweisen
So unterschiedlich die Freunde auch sind, so ist es doch verständlich, dass keiner glauben will, dass einer aus ihrer Freundesclique ein Mörder sein will.
Wie es im Buch auch heißt: Es gibt immer mehr als ein Opfer, „ eine Schneise der Verwüstung durch all ihre Beziehungen.“ Ich frage mich auch oft, wie es sich anfühlt, Elternteil eines Täters zu sein, bestimmt schlimmer als der eines Opfers.
OT:
Korbjuweit ist kein Vergleich!!! Tatsächlich hörte ich jüngst einen kurzen Podcast auf B3 in der Hoffnung kritische Töne zu hören... Weit gefehlt! Lobeshymnen! Diese Podcasts werden wahrscheinlich gekauft und bezahl
Ich schau mich auch um, wie kritisch das Buch beurteilt wird. Bisher leider nicht sehr. Bei einem Gespräch mit dem Autor ist man wohl eher zurückhaltend.
Nur dass ich anspruchsvoll nicht ausschließlich an Sprache festmachen würde, alternativ oder im Idealfall ergänzend kann das auch die Konstruktion der Geschichte insgesamt sein oder die Art und Weise, wie mit einrem Thema umgegangen wird.
Dazu gehört für mich auch noch, wie glaubwürdig die einzelnen Figuren sind. Ist ihr Verhalten nachvollziehbar, stimmig zum Gesamtbild der Figur oder habe ich es mit Pappfiguren, Klischees zu tun.
und auch hier kann mich Poschenrieder bisher überzeugen.