1. Leseabschnitt: I. Aufwärts (erste Hälfte Seite 11 bis 78)

otegami

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Ich bin fasziniert! Und das von der ersten Seite an!
Die Vorstellung in Form der Anrufe bei den fünf Freunden gleich am Anfang und dazu durch deren Reaktionen die Einstellungen zu einem Interview wirft einen gleich voll in die Handlung!
(Auf S. 19 kann ich allerdings nicht nachvollziehen, wieso die Journalistin schreibt, dass drei davon zusagt hätten. Ich zählte nur zwei: Emila und Benjamin. Sebastian hat es ja von Sabine abhängig gemacht!)
Dazwischen immer die 'Memos' - die Notizen der Journalistin mit ihren Eindrücken: genial!
Auch toll und sehr erhellend: 'die Kriminalistik für die Strafrechtspraxis' mit ihren Regeln! (Interessant fand ich, dass die Aufklärungsquote bei Mord zwischen 91 und 97 % liegt, bei Fahrradklau jedoch nur bei 10%!)
Aha, Benjamin wird also ab S. 79 'Anwalt' genannt!
 
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Literaturhexle

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Fasziniert bin auch ich! Die Schriftstellerin scheint ein Buch über den Fall schreiben zu wollen und nimmt Kontakt zur Freundesgruppe auf. Auch wenn sich alles locker weg liest, habe ich mir einen Spicker gemacht, wer wer ist, was jeder über sich selbst und über andere sagt. Da bekommt man schon ein erstes Bild der Charaktere.

Dazwischen die Memos der Schriftstellerin, später auch unterlegt mit der "Einführung in die Kriminalistik". Offenbar haben sich die Ermittler, die von allen für inkompetent gehalten wurden, an dieses Grundlagenwerk gehalten.

Die Perspektiven der 5 Freunde sind interessant. Nach anfänglichen Schwierigkeiten haben sie einen Freundespakt gebildet: sie wollten von seiner Unschuld überzeugt sein und sie beweisen. Sebastian war der Anführer und Meinungsführer. Sabine sprach anfangs allerdings konkret den Mord als Tatsache an und änderte dann erst ihre Position.

Der Anwalt und der Gefangene haben noch nicht allzu viel gesagt - zwei weitere Perspektiven. Wobei der Anwalt von Anfang an massive Zweifel an der polizeilichen Ermittlungsarbeit äußert, während alles, was der Gefangene bisher erzählt hat, die polizeiliche These unterstützt. Spannend!

Der Erbonkel scheint ein unsympathischer Geizhals aus dem Balkan stammend gewesen zu sein. Sebastian hat aber auch eine gewisse Achtung vor dessen Lebensleistung in der Baubranche. Der Onkel trieb sich in verschiedenen Schicki-Micki Bars rum. Könnte der Täter nicht auch aus dem Milieu stammen? Warum wollte X (keiner der Freunde nennt seinen Namen!) partout keinen Anwalt? Er war zum Tatzeitpunkt bereits um die 30, Naivität kommt kaum in Frage, oder?
Auf den ersten Blick scheint das Motiv tatsächlich auf der Hand zu liegen: habgieriger Neffe erschlägt den geizigen Erbonkel.... Aber ich glaube nicht, dass es so einfach sein wird.

Endlich mal wieder ein Roman mit Zugkraft!
 
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otegami

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Dazwischen die Memos der Schriftstellerin, später auch unterlegt mit der "Einführung in die Kriminalstatisik".
*Gg* Dir ist das gleiche passiert wie mir auch am Anfang: 'Kriminalstatistik'!
Hab's dann verbessert, weil es richtig 'Kriminalistik' heißt! :D
Auch wenn sich alles locker weg liest, habe ich mir einen Spicker gemacht, wer wer ist, was jeder über sich selbst und über andere sagt.
Ich mache mir auch fleißig Notizen, damit ich nichts Wichtiges übersehe! ;)
 
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Sassenach123

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Nachdem man sich etwas orientiert hat, ist es tatsächlich sehr spannend. Die wenigen Bruchstücke die durch das lesen der Stellungnahmen einfließen machen eindeutig Lust auf die gesamte Geschichte von damals.
Interessant finde ich dabei die unterschiedlichen Deutungen und Sichtweisen der Freunde. Sabine fühlte sich damals zum Beispiel begrapscht. Emilia kann da was ganz anderes berichten. Ich ahne, dass viele Infos die wir bisher haben und noch bekommen werden, von den unterschiedlichen Eindrücken der Freunde geprägt sein werden.
Nach der vorherigen Leserunde kann ich hier definitiv sagen, dass mir das lesen ganz viel Spaß bereitet:cool:
 

Sassenach123

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Mir ist übrigens aufgefallen, dass ich mich mit vielen Dingen aus der Kindheit der Clique identifizieren kann. Das Wassereis im Schlauch hieß in meiner Kindheit in meinem Wohnort zwar anders, aber diese Leidenschaft ist mir nicht fremd. Auch die Schilderung der Hüllen der Videokassetten lassen mich an viele Wohnzimmer im Freundeskreis denken. Wann sind wir eigentlich zeitlich unterwegs? Wurde das erwähnt?
 

Lesehorizont

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Ich habe vorher noch nie ein Buch des Autoren gelesen und bin erst mal sehr angetan vom Schreibstil. Mir gefällt die Perspektivenvielfalt. Durch die stets kurzen Abschnitte zu Sichtweisen der Freunde sowie später des Anwalts sowie des Gefangenen nimmt die Geschichte schnell Tempo auf und eine Spannung wird erzeugt.
Auch gefallen mir die zwischenzeitlichen Notizen der Schriftstellerin sowie die Einblicke in die Kriminalistik.
Insgesamt entsteht ein buntes Mosaik, wo jedes Steinchen zu dem langsam entstehenden Gesamtbild beiträgt.

Ich bin gespannt, was hinter dem Mord steckt und ob die Unschuldsvermutung der Freunde zutrifft. Ich kann dazu zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Einschätzung geben.
 

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Auf den ersten Blick scheint das Motiv tatsächlich auf der Hand zu liegen: habgieriger Neffe erschlägt den geizigen Erbonkel.... Aber ich glaube nicht, dass es so einfach sein wird.
Das stimmt. Der namenlose Gefangene scheint ja auch nicht gerade ein gutes Verhältnis zu seinem Onkel gehabt haben.
Ich finde deine Überlegungen interessant, habe aber noch kein Gefühl dazu.
Eine Überraschung wäre es ja auch, wenn er doch der Täter wäre, alle Freunde ihn aber für unschuldig halten.
Ich bin gespannt...
 

Literaturhexle

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Wann sind wir eigentlich zeitlich unterwegs? Wurde das erwähnt?
Nicht weit vor der jetzigen Gegenwart. Die Wahl Trumps wurde erwähnt. Der Vorfall ist 15 Jahre her, da waren die Freunde um die 30...
Insofern ist es kein Wunder, dass es für Leute um die 50 Wiedererkennungseffekte gibt. Auch die Grenzen zu sexueller Nötigung dürften heute viel enger ausgelegt werden. Früher mussten sich Frauen (z.B. Bedienungen) wesentlich mehr gefallen lassen!
 

Christian1977

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Ich kann mich euren positiven Meinungen bisher vollumfänglich anschließen.

Formal ist diese Mischung aus Interviews, Memos und Sekundärliteratur sehr aufregend und etwas Besonderes. Zwar habe ich schon Bücher gelesen, in denen es so etwas gab, aber ich glaube nicht mit dieser Konsequenz. Ich bin schon gespannt, ob diese Darstellungsform so bis zum Ende beibehalten wird und - wenn ja - ob das auch durchgehend so spannend bleibt.

Positiv kommt hinzu, dass die Figuren auch wirklich unterschiedlich reden und man eigentlich gleich wieder weiß, wer dort gerade interviewt wird. Eine Ausnahme ist vielleicht das Duo Till/Sebastian, bei denen ich als Einzige manchmal etwas durcheinander komme.

Auch inhaltlich überzeugt mich das Buch bisher. Wie Stück für Stück immer mehr Details aufgedeckt werden, ist ungemein spannend. Das hält meine Leseaufmerksamkeit permanent hoch.

Zum Mordfall kann ich mir natürlich noch keine Meinung bilden. So einfach, wie es scheint, wird es wohl kaum sein, sonst wäre das nicht nur für die Journalistin viel Brimborium, sondern auch für Christoph Poschenrieder als Autor.

Zwischendurch schrecke ich immer wieder hoch, weil Poschenrieder ein paar kühne Ideen einstreut. Beispielsweise, dass Benjamin ein Babyfoto von Hitler auf dem Schreibtisch stehen hatte: "Jeder ist alles, und aus jedem kann alles werden." (S. 16) Das finde ich gleichermaßen witzig wie schrecklich, und es bleibt sofort hängen. Genauso wie die zweite Hitler-Anspielung, als es um die "Popularität" des mutmaßlichen Mörders in diesem Vorort geht: "Oder wer fällt Ihnen ein, wenn ich Braunau sage?" (S. 28) Da hat Sebastian recht!

Seltsam ist es, dass keiner der Freunde bisher den Namen des Gefangenen genannt hat, aber das habt ihr ja auch schon angemerkt. Ist es eine Distanzierung oder nur eine literarische Spielerei, die ja auch die Journalistin übernimmt ("Der Gefangene").

Klasse finde ich, dass man als Leser:in sehr auf die Zwischentöne hören muss, um ein psychologisches Verständnis für die Figuren zu entwickeln. Besonders aufgefallen ist mir dabei, dass sich sowohl Benjamin, als auch Sebastian als "bester Freund" des mutmaßlichen Täters bezeichnen. Benjamin thematisiert das ja sogar.

Ich lese jedenfalls gern und mit großer Spannung weiter.
 

Wandablue

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Brandenburg
Endlich mal wieder ein Roman mit Zugkraft!
.... womit du mitreißend und spannend meinst.
Ja, das stimmt. Man ist sofort hineingenommen in das Geschehen und interessiert und es geht auch schnell voran. Das mag ich alles auch.
Aber ist der Stoff auch anspruchsvoll? Ich zweifel bissi. Man wird das aber erst später ganz entscheiden können.
Gefunden habe ich (nur) zwei lohnenswerte Sätze:
"Wer sonntags mäht, begeht sozialen Selbstmord" - und
"Wenn du in eine fremde Kultur kommst und Freunde brauchst, dann bringst du Glasperlen und anderen Tand mit". Haha, heute bringt man Ansprüche und Beschuldigungen mit! Yes, anderes Thema.
Ich bin natürlich auch mitgerissen, möchte aber anmerken, dass ich literarisch keine Unterschiede bei den diversen Stimmen vernehme. Alles derselbe Stil, inhaltlich natürlich diverse Informationen. Aber ich könnte die Stimmen nicht auseinanderhalten.
 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Auf S. 19 kann ich allerdings nicht nachvollziehen, wieso die Journalistin schreibt, dass drei davon zusagt hätten. Ich zählte nur zwei: Emila und Benjamin. Sebastian hat es ja von Sabine abhängig gemacht!
Sie relativiert das ja gleich wieder, indem sie sagt, drei hätten "zumindest nicht abgesagt". Das ist dann auch nachvollziehbarer, denke ich.
Der Onkel trieb sich in verschiedenen Schicki-Micki Bars rum. Könnte der Täter nicht auch aus dem Milieu stammen?
Ich fühlte mich übrigens bei dem Mordfall ein wenig an Rudolph Moshammer erinnert, zumindest im Hinblick auf reich, Schicki-Micki und Co.
 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Echt jetzt? Nee, ich nicht. Gerade nicht. Ich kann sie nur anhand der gegebenen Infos identifizieren.
Vielleicht ist es auch diese Mischung aus Infos und der Art zu reden, die es für mich leichter macht. Beim kritischen etwas nörgeligen Ton ist es Sabine, Emilia gibt sich verständnisvoll und zugänglich, Benjamin redet dem Beruf entsprechend förmlich, Sebastian ist vielleicht etwas forscher als Till.