Das sagt sie schon vorher - das hier ist nur eine Rückblende auf den Satz. Im Zusammenhang steht er hier mit der Bewahrung der Erinnerung an sie.Susan bleibt Alkoholikerin. Hinzu kommt aus meiner Sicht eine demenzielle Erkrankung: Bereits auf S. 233 sagt Susan: " Guck mal, Marko Paul, ich lasse mich verschwinden!". Der Alkohol alleine löst eine solche Wesensveränderung sicherlich nicht aus.
Den hatte ich mir auch angestrichen, wunderbar ausgedrückt.Aber jetzt hat sie nur noch sehr wenig Vergangenheit und macht sich - buchstäblich - keine Gedanken über die Zukunft. Sie hat nur ein Geisterspiel auf einer ausgefransten Leinwand der Erinnerung und hält das für die Gegenwart (S. 268)
Das hatte ich mir auch gedacht. Aber nur mit Alkohol kann man sich so schnell auch nicht auslöschen.Die früh einsetzende Demenz ist eine Folge des Alkoholismus.
Du bist echt der Knaller!!! Was du alles siehst. Es ist so einfach, aber ich bin nicht drauf gekommen....Z.B. wurde der durchgestrichene Titel erklärt: Die Wahrheiten, die er in sein Notizbuch geschrieben hat, streicht er immer wieder durch, dass die Liebe, die einzige Geschichte ist,
Das habe ich weniger schön dargestellt, aber im Grunde gemeint, wenn ich sagte, die Geschichte kommt nicht voran. Es sind diese Reflexionen, die sich auf der Stelle bewegen, immer wieder um die eigene Liebe, den Schmerz, das eigene Unvermögen....Vieles aus dem ersten Teil wird aufgegriffen und neu bewertet und auch die Frage nach der Erinnerung wird gestellt. Was bleibt? Das Positive, das Negative, was wird überzeichnet?
Das stimmt wohl. Andererseits: Wer hätte nicht Schwierigkeiten mit einem Partner, der trinkt, sich zugrunde richtet? Für einen Mann, der fast 30 Jahre jünger ist... Das kann man nicht verlangen.Paul stellt sich am Ende als Feigling heraus, der Susan in der "Irrenanstalt" nicht besuchen kann, erst ganz am Ende, da kehrt er zum Ich zurück, weil er sich endlich von ihr gelöst hat und sich selbst wieder findet.
Wobei die Reflexionen nichts anderes sind als die Gedanken eines alten Mannes, der an Erfahrung reicher geworden ist und kurz vor seinem Tod mit sich und seinen Gedanken ins Reine kommen und die ein oder andere Meinung aus seiner "Jugend" zu bestimmten Themen revidieren will. So sehe ich das *g*.Es sind diese Reflexionen, die sich auf der Stelle bewegen, immer wieder um die eigene Liebe, den Schmerz, das eigene Unvermögen....
Ich bin wieder begeistert, wie gut du das erfasst und zu Papier bringen kannst
(Auch wenn du das nicht hören willst )
Ja, ja, spottet nur . Ich strenge mich nur für euch richtig an .Aber @Querleserin ist wirklich eine brillante Beobachterin. Ohne das jetzt böse zu meinen: da merkt man, dass sie Lehrerin ist .
Das war für mich jetzt nur ´ne optische Gestaltung; bis zu deiner Bemerkung hätte ich es noch nicht mal in Zusammenhang mit der Geschichte gebracht, obwohl es natürlich Sinn macht .Und auf die Erklärung des durchgestrichenen Titels habe ich echt gewartet .
Noch so ein schlichter Geist wie ichDas war für mich jetzt nur ´ne optische Gestaltung; bis zu deiner Bemerkung hätte ich es noch nicht mal in Zusammenhang mit der Geschichte gebracht, obwohl es natürlich Sinn macht .
Ich habe die letzten 50 Seiten jetzt noch einmal gelesen, in Ruhe. Ja, es stimmt: die vorherigen Themen tauchen wieder auf. Man muss wirklich sehr aufmerksam und aufnahmefähig sein bei Barnes. Sonst wird das nichts.Vieles aus dem ersten Teil wird aufgegriffen und neu bewertet und auch die Frage nach der Erinnerung wird gestellt. Was bleibt? Das Positive, das Negative, was wird überzeichnet?
Das hatte ich tatsächlich auch überlesen. Dass er wahrlich ein alter Mann ist. Dadurch kommen die Gedanken an den Tod viel glaubwürdiger rüber. Zeitlich Passt es auch. Wenn ich euch nicht hätte!Wobei die Reflexionen nichts anderes sind als die Gedanken eines alten Mannes, der an Erfahrung reicher geworden ist
Die früh einsetzende Demenz ist eine Folge des Alkoholismus. Hinzu kommt das sogenannte Korsakow-Syndrom (eine Form der Amnesie). Das scheint auf Susan zuzutreffen.
Ich fand den letzten Abschnitt weniger spannend als die anderen, aber nicht langatmig.
Z.B. wurde der durchgestrichene Titel erklärt: Die Wahrheiten, die er in sein Notizbuch geschrieben hat, streicht er immer wieder durch, dass die Liebe, die einzige Geschichte ist, ist jedoch eine Wahrheit, die stehen bleibt.
Vieles aus dem ersten Teil wird aufgegriffen und neu bewertet und auch die Frage nach der Erinnerung wird gestellt. Was bleibt? Das Positive, das Negative, was wird überzeichnet?
Irre finde ich, dass er noch weitere fünf Jahre mit Susan in dieser isolierten, verzweifelten Situation verbracht hat - kein Wunder, dass er sich einen geordneten Job suchte, der in unterforderte...
Er reflektiert auch wieder über die gesellschaftlichen Umstände und erkennt, dass die Liebe selbst ein neues Glaubenssystem darstellt, dem man verpflichtet ist und dass auch sie eine Fessel sein kann, das spürt Paul am eigenen Leib, denn offenkundig gelingt es ihm nicht Susan früher loszulassen. Für beide wäre es wohl besser gewesen, anstatt zu warten, bis es gar nicht mehr geht und dann die Verantwortung ganz abzugeben.
Weiterhin verwendet Barnes eindrückliche Bilder, z.B. wenn er darüber reflektiert, inwiefern der Mensch selbst "Kapitän eines Raddampfers auf dem Mississippi" seines Lebenswegs ist, indem er immer wieder Entscheidungen trifft, die eine Richtung vorgeben (erinnert mich an "Der Steuermann" von Kafka, @kingofmusic ) oder ist alles unvermeidlich,
[zitat]ein Menschenleben war nicht mehr als ein Knubbel an einem Baumstamm, der selbst auf dem gewaltigen Mississippi umhergetrieben wurde...[/zitat]
Für Paul ist es ein Zusammenspiel beider Lesarten, wie das Leben verläuft - Unvermeidlichkeit, Zufall und eigener Wille.
Den hatte ich mir auch angestrichen, wunderbar ausgedrückt.
Paul stellt sich am Ende als Feigling heraus, der Susan in der "Irrenanstalt" nicht besuchen kann, erst ganz am Ende, da kehrt er zum Ich zurück, weil er sich endlich von ihr gelöst hat und sich selbst wieder findet. So habe ich es interpretiert, denn seine Gedanken verweilen nicht bei ihr - keine Tränen, kein Abschiedskuss, statt dessen denkt er daran, dass er noch tanken muss. Das Leben geht weiter - ohne sie.
Die Sache mit Eric fand ich auch ziemlich "unspektakulär". Es war eine Art Reflex, sich selbst zu schützen. Moralisch kann man bestimmt drüber diskutieren, aber von Eric selber sind ja nie Vorwürfe geäußert worden. Manchmal tragen wir Dinge mit uns rum, die in eine riesengroße Schublade gehören, die nach kurzem Öffnen immer wieder sofort geschlossen wird, damit wir uns nie wieder damit befassen müssen. Aber ohne "Ballast" wird keiner von uns leben - that´s life .
Das sagt sie schon vorher - das hier ist nur eine Rückblende auf den Satz. Im Zusammenhang steht er hier mit der Bewahrung der Erinnerung an sie.
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„Es war seine letzte Pflicht ihnen beiden gegenüber, sie so in Erinnerung zu behalten und zu bewahren, wie sie in der ersten Zeit ihres Zusammenseins gewesen war. Sie so in Erinnerung zu behalten, dass sie wieder das hatte, was er noch immer ihre Unschuld nannte: eine seelische Unschuld. Bevor diese Unschuld verunstaltet wurde. Ja, das war das richtige Wort dafür: vollgekrakelt mit den wilden Graffiti des Alkohols. Auch ihr Gesicht war dabei verloren gegangen und daraufhin seine Fähigkeit, sie zu sehen. Sie zu sehen, sich in Erinnerung zu rufen, wie sie gewesen war, bevor er sie verlor, sie aus dem Blick verlor, bevor sie in diesem Chintzsofa verschwand – „Guck mal, Marko Paul, ich lasse mich verschwinden!“ Die erste Person aus dem Blick verlor, den ersten und einzigen Menschen, den er geliebt hatte.“ (S. 233)
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So oft wie bei diesem Buch hatte ich schon lange keine Gänsehaut mehr. Für mich dürfte #julian barnes in die Riege der Lieblingsautoren aufsteigen.
Alles wundervolle Gedanken, aber besonders der Letze hat es in sich.Ich habe noch mal so schöne Sätze gefunden .
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„In der Liebe ist alles wahr und falsch zugleich; sie ist das einzige Thema, über das man unmöglich etwas Absurdes sagen kann.“ (S. 263)
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„Was einmal weg ist, lässt sich nicht zurückholen; das wusste er jetzt. Wer einmal einen Faustschlag ausgeteilt hat, kann ihn nicht wieder zurücknehmen. Was einmal gesagt wurde, lässt sich nicht ungesagt machen. Wir können weitermachen, als wäre nichts verloren gegangen, nicht geschehen, nichts gesagt worden; wir können behaupten, dass wir alles vergessen; doch unser innerster Kern vergisst nicht, weil es uns für immer verändert hat.“ (S. 281)
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„Meiner Meinung nach ist jede Liebe, ob glücklich oder unglücklich, eine wahre Katastrophe, sobald man sich ihr voll und ganz hingibt.“ (S. 293)
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Das sehe ich auch so. @kingofmusic . Diese Geschichte packt einen mit ihrer Ausweglosigkeit und lässt einen nicht mehr los. Barnes hat auch ein Geschick für tiefgründige Metaphern und Gedanken, die im Gedächtnis haften bleiben. Ich habe zwar noch ein paar Seiten vor mir, aber für mich gehört die Geschichte jetzt schon zu den absoluten Lesehighlights dieses Jahres.So oft wie bei diesem Buch hatte ich schon lange keine Gänsehaut mehr. Für mich dürfte #julian barnes in die Riege der Lieblingsautoren aufsteigen.