Rezension (2/5*) zu Die Skrupellosen: Roman von Sadie Jones

Anjuta

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8. Januar 2016
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Essen
Geld = Katastrophe

Bea ist Tochter aus superreichem Londoner Hause, die sich komplett von ihrer Familie und vor allem von deren Geld abgewandt hat. Sie lebt in einer ruhigen, recht harmonischen Ehe mit Dan ein nicht armes, aber ärmliches Leben in dieser teuren Stadt, in der das Auseinanderklaffen von Armut und Reichtum den Einwohnern ständig und allüberall vor Augen steht. Gleich in der Anfangsszene verdeutlicht die Autorin diese für das Buch so wichtige Reich-Arm-Szenerie mit einer Szene in einem Second-Hand-Laden, in der eine Besucherin die Inhaberin bedroht.
Dan, Beas Mann, ist deutlich weniger zufrieden mit diesem ärmlichen Leben. Er ist ein unentschiedener Charakter, der sich als Künstler sieht, diesem Anspruch aber nie gerecht werden konnte und immer noch nicht kann. Das Leiden an dem Job als Immobilienkaufmann ist deshalb besonders stark ausgeprägt und Ausdruck seiner Unzufriedenheit mit sich selbst.
Aus dieser Konstellation heraus beschließt das Paar, sich eine Auszeit zu nehmen und auf Reisen zu gehen, wobei die schwelenden Lebensfragen des Paares besprochen und in irgendwelche Bahnen gelenkt werden sollen.
Und damit beginnt die Katastrophe. Denn die Europareise, die gestartet wird, führt sie weitestgehend unbeabsichtigt näher heran an Beas Familie, die Bea bisher vor ihrem Ehemann fast komplett verborgen gehalten hat. Denn in dieser Annäherung bewahrheitet sich all das, was Bea an Vorbehalten und Einwänden gegenüber dem von Geld strotzenden Leben ihrer Familie mitträgt.
Die Begegnung mit Beas Bruder und später mit deren Eltern in einem heruntergekommenen Hotel in Südfrankreich entwickelt sich zu einem Krimi um den Tod von Alex, dem Bruder. Und an allem, was Schreckliches passiert in dieser Frankreich-Episode, ist natürlich nur eines schuld: das Geld und die Gier danach.
Während Bea darum ringt, in wie weit sie vielleicht doch auf die finanzielle Hilfe ihrer Eltern zurückgreifen kann, um sich und Dan eine Lebensperspektive zu bieten, bricht über ihr durch Geldgier ausgelöste Gewalt zusammen und macht all die Fragestellungen, die der Roman angerissen hat, letztlich sinnlos und irrelevant.
Mein Fazit:
„Die Skrupellosen“ konnte mich in keiner Hinsicht überzeugen. Die Charaktere sind eingleisig und holzschnittartig gestaltet und lassen zwischen schwarz und weiß keinen Spielraum für Zwischentöne. Dadurch sind viele der Entwicklungen vorhersehbar und wenig überraschend. Die Dialoge zwischen ihnen sind platt und nichtssagend. Und die Handlung kann sich zwischen Familienroman mit relevanten Fragestellungen und einer Art von Krimi (psychologisch oder blutrünstig?) nicht entscheiden. Ärgerlich fand ich insbesondere die Arroganz, mit der hier Geld als reiner Unglücksbringer geschildert wird und die Sichtweise von Gesellschaftsschichten, für die Geld eine wesentliche Erleichterung ihrer Lebenssituation bedeuten könnte, komplett ausgeblendet ist. Dafür kann ich allenfalls 2 Sterne vergeben.


von: Armando Lucas Correa
von: Mohamed Mbougar Sarr
von: Ekaterine Togonidze
 

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