2. Leseabschnitt: Der Ball in der Luft (Seite 83 bis 161)

Querleserin

Bekanntes Mitglied
30. Dezember 2015
4.073
11.179
49
50
Wadern
querleserin.blogspot.com
Der Zeitraum dieses Abschnitts erstreckt sich vom Festival bis zu Sams Geburtstag - 36 Tage, in der eigentlich nichts Entscheidendes passiert, aber für den Erzähler ist trotzdem wichtig.
Ein süßes Geheimnis der Stadt erfahren wir, eine ältere Dame, die einen Brautmodenladen hat, backt jeden Dienstag Blaubeermuffins und wer davon weiß, darf sich eines nehmen. ;)
Im Mittelpunkt dieses Leseabschnitts steht Sams Beziehung zu Kirstie, in die er sich unsterblich verliebt. Ihm gegenüber scheint sie ihr wahres Gesicht zu zeigen, ihre Gefühle, die zwischen Euphorie und Melancholie schwanken, die selbst eine Außenseiterin gewesen ist, bis sie zu Brand und Cameron gestoßen ist und deshalb auch Verständnis für Sam hat. Ihr Freund hat sie verlassen, doch Sam ist zu schüchtern, sich ihr zu offenbaren. Auf einer Party ist es fast soweit, doch dann küsst sie einen anderen Jungen und Sam ist am Boden zerstört. In einer Aussprache beschließt Kirstie, dass sie vorerst Freunde bleiben.
Sams Freundschaft zu den anderen vertieft sich, mit Hightower läuft er regelmäßig und trainiert. Cameron vertraut ihm an, dass er nicht das machen kann, was er möchte, da sein reicher Dad unbedingt will, dass er Betriebswirtschaft studiert.
Der Titel des Leseabschnitts ist ein Bild für die Kindheit, solange der Ball in der Luft ist, bist du ein Kind, fällt er hinunter, wird es ernst. Die Kunst ist es, den Ball oben zu halten.
 

Xirxe

Bekanntes Mitglied
19. Februar 2017
1.629
3.496
49
Meine Begeisterung für dieses Buch hält an :D Allein diese Szene, als er fast nackt mitten in der Nacht im Wohnzimmer zu Michael Jackson tanzt und seine Mutter kommt rein - ich habe laut gelacht beim Lesen, was für eine Vorstellung.
Und als Gegensatz diese wirklich rührenden Stellen wie beispielsweise, als seine Mutter ihm Dinge über seinen Vater erzählt - unglaublich schön und überhaupt nicht kitschig.
Es gibt so viele schöne Stellen im Buch, lustig und traurig, ernst und verrückt - einfach toll, wie Benedict Wells diese Wechsel gelingen und alles trotzdem wie selbstverständlich klingt.
Eigentlich, ja eigentlich ist es wirklich ein Jugendbuch. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich junge Menschen mit diesem Text verstanden fühlen, auch wenn die Geschichte schon 1985 spielte.
Und jetzt gehe ich gleich weiterlesen vorm Schlafengehen :reader5
 

wal.li

Bekanntes Mitglied
1. Mai 2014
2.733
2.679
49
Es gibt so viele schöne Stellen im Buch, lustig und traurig, ernst und verrückt - einfach toll, wie Benedict Wells diese Wechsel gelingen und alles trotzdem wie selbstverständlich klingt.

Ja, das finde ich auch sehr gelungen. Und auch diese Balance zwischen Schwermut und Fröhlichkeit. Es ist sehr schwer für Sam, die Krankheit seiner Mutter zu sehen und gleichzeitig möchte er ein normaler Jugendlicher sein. Auf Parties gehen, ausflippen, eine Freundin finden. Kirstie ist etwas älter als er. Ob sie dann doch nur Freunde bleiben. Immerhin Freunde zu haben, ist doch auch was.
 

Querleserin

Bekanntes Mitglied
30. Dezember 2015
4.073
11.179
49
50
Wadern
querleserin.blogspot.com
Und auch diese Balance zwischen Schwermut und Fröhlichkeit.
Es gelingt ihm zwischen Euphorie und Melancholie zu schwanken - und es gibt Szenen, in denen beides mitschwingt, Euphancholie - wie Kirstie es nennen würde. Ihre Wortschöfpungen oder Redewendungen wie "Quittung der Nacht" finde ich auch sehr gelungen.
 

Emswashed

Bekanntes Mitglied
9. Mai 2020
2.743
9.829
49
"Kindheit ist, wenn du den Ball hochwirfst, erwachsen wirst du, wenn er wieder zu Boden fällt. Die Kunst ist es, den Ball in der Kindheit möglichst hoch zu werfen...." so, oder so ähnlich... das fand ich einfach nur schön.

Die Party findet in Brian D´Amatos Haus statt.... ist das DER Brian D`Amato, der später "2012 Das Ende aller Zeiten" geschrieben hat? (Dann war die Party ja wohl schon mal ein Vorgeschmack darauf,haha.)

Auch dieser Mystery Club war mal mit 49 Teilen geplant!!

Aber am schönsten fand ich die Reimfindung auf Seite 155:
"And I ran into the wild,
... felt like a child
... searching for my inner child
... hunting dragons like a child."
 

Barbara62

Bekanntes Mitglied
19. März 2020
3.901
14.942
49
Baden-Württemberg
mit-büchern-um-die-welt.de
Kirstie ist etwas älter als er. Ob sie dann doch nur Freunde bleiben. Immerhin Freunde zu haben, ist doch auch was.

Kirstie sieht ihn gar nicht als potentiellen Partner, eher als kleinen Bruder. 2 Jahre sind in diesem Alter Welten und Kristie orientiert sich eher nach oben.
 

Barbara62

Bekanntes Mitglied
19. März 2020
3.901
14.942
49
Baden-Württemberg
mit-büchern-um-die-welt.de
Mir gefällt die Beschreibung der Schwermut, die über der ganzen Stadt liegt (und sich sicherlich auch auf die Jugendlichen überträgt). Der größte Arbeitgeber hat geschlossen, ein Fünftel der Bevölkerung ist daraufhin weggezogen, wer zurückgeblieben ist, findet oft keine Arbeit mehr.

"Immer, wenn die Krankheit akut war, waren wir alle in Alarmbereitschaft, alles andere spielte keine Rolle mehr. Nur war dieses "alles andere" mein Leben." (S. 106)

Die Mutter leistet sich eine Schwäche und lässt Sam erstmals ihre Angst spüren. Dieses Gespräch fand ich sehr berührend, aber nicht kitschig.

Sam fährt erstmals freihändig Fahrrad - ein sehr gelungenes Bild.

Beim Gespräch mit dem Vater kam der mir gar nicht so unempathisch vor. Auch der Vater hatte eine schwierige Kindheit (wie eigentlich grundsätzlich alle Romanfiguren von Benedict Wells, er ist sozusagen Experte für traumatische Kindheiten ;)).

Die Party hätte für mich weniger ausführlich beschrieben sein dürfen, da hatte ich auch eher das Gefühl, ein Jugendbuch zu lesen.

Wie schon bei "Vom Ende der Einsamkeit" habe ich mich wieder in einen Protagonisten von Benedict Wells verliebt. Er schafft es wie nur wenige Autoren, mir seine Figuren nah zu bringen. Ich merke, dass mein Beschützerinstinkt in Habachtstellung ist, wehe, jemand tut Sam weh...

Ich nehme an, es wird nicht mehr zur Romreise kommen?
 

milkysilvermoon

Bekanntes Mitglied
13. Oktober 2017
1.803
5.061
49
Ihr habt schon fast alle Aspekte angesprochen, die mir im zweiten Teil ebenfalls aufgefallen sind. Es wird hier aber auch deutlich, dass Sam versucht, sich stark abzulenken und zu betäuben: mit Alkohol, Gras und wilder Feierei. Zum einen fühlt er sich dadurch sicherer und besser im Umgang mit den neuen Freunden und insbesondere Kristie, zum anderen ist es eine Realitätsflucht vor dem Zustand der Mutter. Zwar probieren sich wohl die meisten Jugendlichen in diesem Alter aus und Sam will dazugehören. Aber für mich ist es hier noch mehr als nur das. Oder wie ist euer Eindruck?
 

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.722
22.181
49
Brandenburg
Zum zweiten LA habe ich euch etwas herausgesucht. Zwei Gedichte. Das kann man hier wohl mal anbringen, da Benni ja auch mit Filmen, Songs und Zitaten um sich wirft.

Das erste ist von Heinrich Heine und es geht um erste unglückliche Liebe.

Das zweite ist von Rudolf Hagelstange. Da geht es um den besagten Ball, den man in seiner Jugend in die Luft wirft ... und die Wehmut darüber, dass er nicht ewig in der Luft sein kann, aber auch um das Hochgefühl, das es war.

Beide Gedichte habe ich mal sehr geliebt ..

Ach ja - und ich muss wohl Sylvia Plathes Roman "Die Glasglocke" lesen.
 
Zuletzt bearbeitet:

kingofmusic

Bekanntes Mitglied
30. Oktober 2018
7.324
19.042
49
48
Zum zweiten LA habe ich euch etwas herausgesucht. Zwei Gedichte. Das kann man hier wohl mal anbringen, da Benni ja auch mit Filmen, Songs und Zitaten um sich wirft.

Das erste in von Heinrich Heine und es geht um erste unglückliche Liebe.

Das zweite ist von Rudolf Hagelstange. Da geht es um den besagten Ball, den man in seiner Jugend in die Luft wirft ... und die Wehmut darüber, dass er nicht ewig in der Luft sein kann, aber auch um das Hochgefühl, das es war.

Beide Gedichte habe ich mal sehr geliebt ..

Ach ja - und ich muss wohl Sylvia Plathes Roman "Die Glasglocke" lesen.
Guck an - hier tun sich Dinge auf :p:D. Der gute Heinrich ist immer mal wieder lesbar, aber das andere ist auch sehr hübsch.
 

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.722
22.181
49
Brandenburg
Und ich dachte immer, die Antwort auf alle Fragen wäre "42"
so ist das auch. Die haben sich um 7 vertan. Zu viel Kiffen! zu viel Alk. Da kann es passieren, dass man sich verzählt.

am will dazugehören. Aber für mich ist es hier noch mehr als nur das. Oder wie ist euer Eindruck?

Marihuana ist für mich nicht mehr normales Ausprobieren. Hasch vllt. Aber doch nicht M. Mit 15/16. Der Wahnsinn. Dem hätte ich ne Standpauke gehalten! Mit Ansage nach Kansas.
 

Wandablue

Bekanntes Mitglied
18. September 2019
9.722
22.181
49
Brandenburg
Wie schon bei "Vom Ende der Einsamkeit" habe ich mich wieder in einen Protagonisten von Benedict Wells verliebt. Er schafft es wie nur wenige Autoren, mir seine Figuren nah zu bringen. Ich merke, dass mein Beschützerinstinkt in Habachtstellung ist, wehe, jemand tut Sam weh...
Äh ... nein, so weit würde ich nicht gehen.
Habt ihr die feine Beschreibungen für Onanie gelesen? (Wenn ich das mit den Auslassungen bei Kronsnest vergleiche ..., man muss gar nicht derbe werden).
 

Barbara62

Bekanntes Mitglied
19. März 2020
3.901
14.942
49
Baden-Württemberg
mit-büchern-um-die-welt.de
Marihuana ist für mich nicht mehr normales Ausprobieren. Hasch vllt. Aber doch nicht M. Mit 15/16. Der Wahnsinn. Dem hätte ich ne Standpauke gehalten! Mit Ansage nach Kansas.

Manchmal frage ich mich, ob meine Jugend so absolut aus dem Rahmen fiel, oder ob in Romanen mit den Begleiterscheinungen des Erwachsenwerdens übertrieben wird. Ich bin knapp älter als Sam und habe es bis heute ohne Drogen, ohne einen einzigen Rausch und ohne auch nur einmal Zigaretten probiert zu haben geschafft - und es fehlt mir absolut nichts. Es hat mich einfach nie interessiert.

In Bezug auf Drogen wäre ich übrigens bei meinen Kindern ausgeflippt, so cool wie Sams Vater hätte ich garantiert nicht reagiert. Das geht bei mir schon in Richtung Erziehungsverweigerung.
 

milkysilvermoon

Bekanntes Mitglied
13. Oktober 2017
1.803
5.061
49
Manchmal frage ich mich, ob meine Jugend so absolut aus dem Rahmen fiel, oder ob in Romanen mit den Begleiterscheinungen des Erwachsenwerdens übertrieben wird. Ich bin knapp älter als Sam und habe es bis heute ohne Drogen, ohne einen einzigen Rausch und ohne auch nur einmal Zigaretten probiert zu haben geschafft - und es fehlt mir absolut nichts. Es hat mich einfach nie interessiert.

Das mit dem Alkohol ist nach meiner Erfahrung in den Staaten schon extrem. Trinken darf man dort erst mit 21. In den Kneipen und Clubs wird das Alter auch stark kontrolliert. Aber auf privaten Partys trinken diejenigen, die unter 21 sind, ganz ordentlich. Nicht selten werden solche Partys deshalb von den Cops aufgelöst. Ich weiß allerdings nicht, ob das mit dem Alkohol auch schon mit 15 Jahren so heftig ist.

Ich kenne die Sauforgien in den USA aus meiner Collegezeit dort und habe auch nie verstanden, warum man so übertreiben muss. Der Ehrlichkeit halber, muss ich aber gestehen, dass ich auch mit 15 Jahren schon auf Partys und Festen getrunken habe. Natürlich war ich als Teenager auch mal besoffen, aber nicht bereits mit 15 und das war dann eine Ausnahme, nicht die Regel.
 

Literaturhexle

Moderator
Teammitglied
2. April 2017
19.497
50.143
49
Es gibt so viele schöne Stellen im Buch, lustig und traurig, ernst und verrückt - einfach toll, wie Benedict Wells diese Wechsel gelingen und alles trotzdem wie selbstverständlich klingt.
Ja, wirklich. Auch so viele schöne Sätze, die einfach ganz locker eingebaut werden.
Die Mutter leistet sich eine Schwäche und lässt Sam erstmals ihre Angst spüren. Dieses Gespräch fand ich sehr berührend, aber nicht kitschig.
Das muss man können. Häufig klingen derlei Dialoge aufgesetzt. Hier gar nicht. Dieses Gespräch war für Sam sehr wichtig. Endlich konnte er seiner Mutter mitteilen, dass er sich vom Vater ungeliebt fühlt - und schämt sich dafür. Die Mutter versucht, sein Verständnis zu wecken. Vielleicht bekommen Vater und Sohn dadurch eine Chance, die Mutter hat eine Brücke gebaut.
Zwar probieren sich wohl die meisten Jugendlichen in diesem Alter aus und Sam will dazugehören. Aber für mich ist es hier noch mehr als nur das. Oder wie ist euer Eindruck
Anfangs hatte ich auf alle Fälle das Gefühl, dass der Alkohol half, das häusliche Elend zu vergessen. Mittlerweile hat er auch Spaß am Rausch und am Feiern gefunden. Meiner Erfahrung nach müssen alle Jugendlichen ihre schmerzhaften Erfahrungen mit Besäufnissen und dem Kater danach machen... Die meisten lernen anschließend einen vernünftigen Umgang;)
Ach ja - und ich muss wohl Sylvia Plathes Roman "Die Glasglocke" lesen.
Ich auch. Machen wir mal zusammen:)
In Bezug auf Drogen wäre ich übrigens bei meinen Kindern ausgeflippt, so cool wie Sams Vater hätte ich garantiert nicht reagiert. Das geht bei mir schon in Richtung Erziehungsverweigerung.
So streng wäre ich nicht. Für den Vater läuft gerade eine Horrorshow ab. Er ist völlig überfordert. Männer sind derlei Exzessen gegenüber auch toleranter - sie waren selber mal in ähnlichen Situationen.
Drogen scheinen tatsächlich in den USA ein größeres Thema zu sein als hierzulande (gesundes, empirisches Romanwissen:p).
 

Sassenach123

Bekanntes Mitglied
27. Dezember 2015
4.363
10.687
49
49
Ich fühle mich nach wie vor wohl beim lesen. Was sicher zum Großteil daran lügt, dass ich mich beim lesen sehr an meine eigene Jugend erinnere. Auch wenn meine Alkoholexzesse bedeutend harmloser waren, denke ich, dass sie auch wichtig waren. Ich habe schnell erkannt, dass man auch ohne Alkohol Spaß haben kann, und dass das Gefühl danach die kurze ausgelassene Zeit nicht wett machen kann. Dennoch kann ich nachempfinden, wie sehr Sam sich dieses Gefühl von dazuzugehören wünscht..
Kristie mag Sam, doch sie hat schon Recht, sie geht bald aufs College, eine Chance sehe ich für die zwei zur Zeit auch nicht.
Die Gespräche zwischen Sam und seiner Mutter sind toll. Wells trifft die Töne und spiegelt sehr glaubhaft das Gefühlschaos eines Heranwachsenden wider.