Rezension Rezension (4/5*) zu Kronsnest: Roman von Florian Knöppler.

RuLeka

Bekanntes Mitglied
30. Januar 2018
6.560
24.691
49
66
Buchinformationen und Rezensionen zu Kronsnest: Roman von Florian Knöppler
Kaufen >
Jugendlicher Held auf der Suche nach seinem Platz im Leben

Der Journalist Florian Knöppler hat seinen Debutroman „ Kronsnest“ in der Elbmarsch angesiedelt, wo er selbst seit einigen Jahren lebt. Die Geschichte spielt allerdings nicht im Heute, sondern in den späten 1920er Jahren, eine Zeit voller Umbrüche. Die Wirtschaftskrise macht auch den ansässigen Bauern zu schaffen.
Hannes, zu Beginn 15 Jahre alt, steht im Zentrum des Romans; aus dessen Perspektive wird die Geschichte erzählt. Seine Eltern bewirtschaften einen kleinen Hof mit ein paar Kühen, ein paar Schafen und Schweinen und einem Pferd. Hannes hilft in jeder freien Minute. Doch seinem jähzornigen und launenhaften, gewalttätigen Vater kann er nichts recht machen. Der wünscht sich zwar einen „ganzen Kerl“ als Sohn, einer, der zupackt und sich nichts gefallen lässt. Gleichzeitig erträgt er es nicht, wenn Hannes selbständig Entscheidungen trifft. Die Mutter ist eine stille, oft in sich gekehrte Frau, die immer wieder versucht, zwischen Vater und Sohn zu vermitteln.
Hannes ist zu Anfang des Romans ein sensibler, verschlossener und ängstlicher Junge. Diese Schwäche nutzen rauflustige Mitschüler aus, Hannes wird auch hier Opfer von Häme und Gewalt. Doch später lernt er sich zu wehren. Das Boxtraining hat ihn nicht nur körperlich stärker gemacht, sondern ihm auch ein neues Selbstbewusstsein geschenkt.
Doch der Konflikt mit dem Vater spitzt sich immer mehr zu. Der beginnt seine Sorgen im Alkohol zu ertränken, seine körperlichen Kräfte lassen nach und zusätzlich gerät der Hof in existenzielle Not. Hannes fühlt oft einen unbändigen Hass auf seinen Vater, gleichzeitig ringt er beständig um dessen Anerkennung.
Was ließ den Vater so brutal und aggressiv werden? Früher war er anscheinend ein anderer Mensch. Die Mutter verliert sich in Andeutungen. War es die Kindheit mit einem prügelnden Vater oder haben ihn die Kriegserlebnisse so verändert?
Hannes findet Trost und Ablenkung in Tagträumereien und in Büchern. Auch die Liebe zu den Tieren auf dem Hof trägt dazu bei, dass er die Arbeit gerne und pflichtbewusst erledigt.
Hannes begegnet in dieser Zeit Mara, der Tochter eines Großbauern und verliebt sich in sie. Mit ihrer Clique, ihrem Bruder und Freunden, verbringt er unbeschwerte Stunden beim Baden oder Segeln. Bei Mara und ihrer Familie lernt Hannes auch einen ganz anderen Umgang miteinander kennen. Doch Mara weiß ebenfalls um die dunklen Seiten des Lebens. Der Hof ihres Vaters ist hoch verschuldet, die Mutter psychisch krank. Und sie selbst hat mit Stimmungsschwankungen zu kämpfen; mal ist sie forsch und lebenslustig, dann wieder zieht sie sich zurück. Hannes weiß nicht so recht, woran er bei ihr ist.
Ein unerwarteter Schicksalsschlag bringt für Hannes und seine Mutter neue Sorgen und Belastungen.
Auch die Zeitgeschichte fließt immer wieder in die Geschichte ein. Die Bauern fühlen sich von denen in Berlin im Stich gelassen und die Unzufriedenen finden sich im Landvolk und später bei den Nazis wieder. Diesen Weg geht auch Hannes’ früherer Freund Thies, während andere ihr Heil bei den Kommunisten suchen. Hannes selbst ist zu sehr mit seinen Gefühlen beschäftigt, außerdem lässt ihm die tägliche Arbeit keine Zeit. Politik interessiert ihn kaum.
Der Einstieg ins Buch fiel mir leicht. Der Autor versteht es sehr gut, die Gegend und die Menschen dort lebendig werden zu lassen. Er findet stimmungsvolle Bilder, um die norddeutsche Landschaft und die Natur im Verlauf des Jahres zu beschreiben. Man spürt die Vertrautheit des Erzählers mit der Region und dem Menschenschlag dort. Sehr gut wird auch die bäuerliche Lebenswelt, die Arbeit auf dem Hof und dem Feld und mit den Tieren beschrieben. Zur Wortkargheit der Leute passt auch der eher nüchterne Erzählstil. Nicht alles wird ausformuliert, manches bleibt der Phantasie und der Interpretation des Lesers überlassen. Der ruhige Erzählfluss wird durch ein paar spannungsgeladene Episoden unterbrochen.
Der erste Teil mit dem Schwerpunkt auf dem Vater- Sohn- Konflikt hat mich gepackt, doch danach gab es einige Längen. Die Handlung und die Überlegungen der Hauptfigur traten auf der Stelle. Auch manche Figuren wirkten auf mich nicht wirklich überzeugend, ihre Handlungen waren für mich nicht immer plausibel.
Doch alles in allem ist „ Kronsnest“ eine lesenswerte Entwicklungsgeschichte mit einem jugendlichen Helden, der auf der Suche nach seinem Platz im Leben ist.

von: Hape Kerkeling
von: Krystyna Boglar
von: Antonio Muñoz Molina
 

Beliebteste Beiträge in diesem Forum