Kronsnest: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Kronsnest: Roman' von Florian Knöppler
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4 von 5 (14 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Kronsnest: Roman"

Ein holsteinisches Dorf in den 20er Jahren: Das Dorf und der kleine elterliche Hof in der Elbmarsch sind seine ganze Welt: Der empfindsame ­Hannes ­leidet unter seinem gewalttätigen, unberechenbaren Vater und den Schikanen in der Schule. Zuflucht findet er allein in der Natur und in seinen Büchern. Doch Hannes beginnt, sich zu wehren, und unversehens ­gerät er dabei in die politischen Spannungen der Dorfgemeinschaft. Dabei will er doch eigentlich nur eines – die geheimnisvolle Mara für sich gewinnen, die so ganz anders ist als all die Mädchen im Dorf. Ein anderes Leben, denkt Hannes, ein anderes Leben muss doch möglich sein.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:448
Verlag:
EAN:9783865327468

Rezensionen zu "Kronsnest: Roman"

  1. Die Fallstricke des Erwachsenwerdens

    Das holsteinische Dorf Kronsnest in den 1920er-Jahren: Hier lebt der 15-jährige Hannes mit seinen Eltern auf einem Hof. Die Landarbeit ist hart, der Vater gewalttätig - und dann gibt es auch noch Mara, Tochter aus einem besseren Hause, die Hannes den Kopf verdreht. Wie geht ein empfindsamer Jugendlicher mit seinen Gefühlen um, wenn um ihn herum die Welt langsam aber sicher auf dem Kopf steht? Wenn ihm vor dem Erwachsenwerden schon die ganz großen Themen wie Liebe, Freundschaft und Tod streifen? Darüber und über noch viel mehr erzählt Florian Knöppler in seinem großartigen Debütroman "Kronsnest".

    Als bekennender Freund von Entwicklungs- bzw. Coming-of-Age-Romanen möchte ich behaupten, dass ich in den letzten Jahren sehr viele Bücher aus diesem Bereich gelesen habe. Doch kaum eines konnte mich von vorn bis hinten so begeistern, wie es Knöppler mit "Kronsnest" geschafft hat.

    Da ist zunächst einmal die große Empathie, die der Autor seinem Protagonisten Hannes entgegenbringt. Tatsächlich gibt es in diesem fast 450 Seiten schweren Werk nicht eine einzige Szene, die ohne ihn auskommt. Durchaus riskant, wenn beispielsweise eine Hauptfigur nicht die Erwartungen des Lesers erfüllt oder ihn gar langweilt. Nicht so in "Kronsnest": Das Vertrauen, das Knöppler Hannes entgegenbringt, ist mehr als gerechtfertigt. Von Beginn an spürte ich eine große Verbundenheit zu ihm. Er ist ein Junge, dem durchaus viel zugemutet wird. Er macht Fehler, auch schwere, wie sie ein Jugendlicher in seinem Alter eben macht. Und dennoch konnte ich Hannes sofort in mein Herz schließen. Auf seinem Weg zum Erwachsenen überwindet er zahlreiche Fallstricke und zeigt dabei einen fast schon unermüdlichen Kampfgeist. Der Tod eines ihm nahestehenden Menschen, unerwiderte Liebe und der beste Freund drauf und dran, ein Nationalsozialist zu werden? Hannes gibt nicht auf und geht seinen Weg. Das angenehm langsame Erzähltempo und die leise Erzählstimme geben ihm und den anderen Figuren genügend Raum für Entwicklung.

    Ein weiteres großes Plus von "Kronsnest" ist der eindringliche und einnehmende Schreibstil Florian Knöpplers. Vielleicht ist es von Vorteil, wenn man auch aus Norddeutschland kommt und eine Vorstellung hat von der Elbmarsch und ihrer für viele Menschen vielleicht unwirtlich wirkenden Rauheit. Ich konnte jedenfalls nahezu komplett abtauchen in dieser Landschaft, weil Knöppler es schafft, die Natur in all ihrer Schönheit zu erkennen und zu beschreiben. Dazu gehört auch die Empathie, die nicht nur Hannes, sondern auch der Autor den zahlreichen Tieren des Romans entgegenbringt. Außerordentlich fundiert wirken zudem die detaillierten Beschreibungen des Landlebens und der dazugehörigen Arbeit.

    Die Dialoge sind authentisch und klug. In Hannes' Verhältnis zu Mara, das immer zwischen Liebe und Faszination schwankt und zu dem später auch ein bewegender Briefwechsel gehört, erinnert "Kronsnest" in seiner Einzigartigkeit sogar an große Klassiker der Empfindsamkeit oder des Sturms und Drangs. So wundert sich nicht nur Hannes auf S. 361 über seinen Brief: "Wie von einem anderen, wie aus einem Roman, war der erste Gedanke", sondern auch ich blieb erstaunt darüber zurück, dass ein Roman der Gegenwart noch solche Worte findet.

    Und auch wenn Hannes im Großen und Ganzen unpolitisch ist, gehen die politischen Wandel der Zeit nicht an ihm und an Kronsnest vorbei. Die aufbegehrende Landvolkbewegung in Schleswig-Holstein, der wachsende Antisemitismus - all dies sind Themen, von denen Hannes direkt betroffen ist, denn sein bester Freund Thies entwickelt sich in eine besorgniserregende Richtung.

    Fazit: Mit "Kronsnest" hat Florian Knöppler einen atemberaubend-schönen Roman geschrieben, der trotz der durchweg ernsten Themen eine große Wärme und Intensität ausstrahlt, der man sich nicht entziehen kann. Schon jetzt gehört das Buch zu meinen absoluten Lieblingsbüchern und damit zu den Büchern, die ich immer wieder lesen möchte. Ein Muss, nicht nur für Freunde von Entwicklungsromanen, sondern auch für LeserInnen, die dem Charme der norddeutschen Landschaft erliegen möchten. Unvergesslich.

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  1. 4
    28. Aug 2021 

    Hartes Landleben...

    Das Dorf und der kleine elterliche Hof in der Elbmarsch sind seine ganze Welt: Der empfindsame Hannes leidet unter seinem gewalttätigen, unberechenbaren Vater und den Schikanen in der Schule. Zuflucht findet er allein in der Natur und in seinen Büchern. Doch Hannes beginnt, sich zu wehren, und unversehens gerät er dabei in die politischen Spannungen der Dorfgemeinschaft. Dabei will er doch eigentlich nur eines – die geheimnisvolle Mara für sich gewinnen, die so ganz anders ist als all die Mädchen im Dorf. Ein anderes Leben, denkt Hannes, ein anderes Leben muss doch möglich sein. (Klappentext)

    Erster Satz: „Hannes befühlte die geschwollene Wange.“

    Schon dieser erste Satz zeigt: das Leben auf dem Lande in den späten 1920er Jahren ist kein Zuckerschlecken. Zu Beginn der Handlung lebt der anfangs 15jährige Hannes mit seinen Eltern auf einem kleinen Hof in der holsteinischen Elbmarsch. Sein Leben pendelt zwischen der Schule und dem Hof, das Geld reicht gerade für das Nötigste, und neben Essen und Schlafen beherrscht die harte körperliche Arbeit den Tag. Hannes Hilfe wird selbstverständlich erwartet, und ein Wort des Dankes bekommt er kaum einmal zu hören. Dafür neigt der wortkarge Vater zu körperlicher Gewalt, was Hannes immer wieder zu spüren bekommt. Die Mutter kann ihn nicht davor schützen, so dass der Junge, sehnsüchtig um Anerkennung bemüht, stets mit dem Schlimmsten rechnen muss.

    Trotzdem hat Hannes sich eingerichtet in seinem Leben. So wie die willkürlichen Launen des Wetters gehören auch die Ausbrüche des Vaters einfach dazu, doch die Freundschaft zu Thies, einem Nachbarsjungen, lindert die Härte des Alltags zumindest ein wenig. Der introvertierte Hannes ist klug und belesen, sehr zum Unwillen seiner Klassenkameraden, so dass er auch hier ein Außenseiter ist. Neben den Büchern liebt Hannes die Natur und will eigentlich nur in Ruhe leben, ein wenig träumt er auch davon, Mara, die Tochter des Großgutsbesitzers, zu erobern, zumindest versucht er, sich aus den Querelen des Dorflebens herauszuhalten.

    Doch das ist alles andere als einfach. Dunkle Schatten ziehen auf, die Bauern rebellieren gegen die Berliner Politik, die das Landvolk hungern und in Armut verkommen lässt, und auch wenn sich einzelne Ortsgruppen bald schon zerschlagen, nimmt die Nationalsozialistische Partei nach und nach all die Unzufriedenen in ihren Reihen auf. Dem gegenüber stehen kommunistische Bestrebungen anderer Dorfbewohner, schwere Konflikte sind vorprogrammiert. Kommunisten gegen Braunhemden – Hannes will nichts damit zu tun haben, doch er lernt: Freundschaften sind nicht in Stein gemeißelt, und eines Tages muss jeder Position beziehen…

    Düster, grau und bedrückend kommt die Erzählung daher, leise im Ton, eindringlich in einzelnen Szenen. Kein vor Spannung brodelnder Roman, sondern eine langsam erzählte Geschichte ohne große Höhepunkte – und dennoch interessant. Vor allem die Naturschilderungen sind oftmals beeindruckend – vor dem inneren Auge erscheinen Bilder von schlichter Schönheit trotz eines eher schnörkellosen Schreibstils. Die Charaktere des Dorfes bleiben dabei eher blass, gesehen nur durch Hannes Augen, dessen introvertierte Art keine ausschweifenden Schilderungen zulässt. Dennoch überzeugen die gut recherchierten Details des Romans, der dadurch alles in allem ein authentisches Zeitkolorit zeichnet.

    Dieser Debütroman von Florian Knöppler wartet noch auf seine Fortsetzung. Die Richtung wird am Ende angedeutet, doch bleiben viele Handlungsstränge unaufgelöst, was ich etwas schade fand. Dennoch oder gerade deswegen bin ich gespannt auf den Fortgang der Erzählung, der 12 Jahre später (1941) einsetzen wird.

    © Parden

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  1. An Mara verlor er zum ersten Mal sein Herz

    !ein Lesehighlight 2021!

    Klappentext:

    „Das Dorf und der kleine elterliche Hof in der Elbmarsch sind seine ganze Welt: Der empfindsame ­Hannes leidet unter seinem gewalttätigen, unberechenbaren Vater und den Schikanen in der Schule. Zuflucht findet er allein in der Natur und in seinen Büchern. Doch Hannes beginnt, sich zu wehren, und unversehens ­gerät er dabei in die politischen Spannungen der Dorfgemeinschaft. Dabei will er doch eigentlich nur eines – die geheimnisvolle Mara für sich gewinnen, die so ganz anders ist als all die Mädchen im Dorf. Ein anderes Leben, denkt Hannes, ein anderes Leben muss doch möglich sein.“

    Dieses Buch hat mich von der ersten bis zur letzten Seite komplett eingenommen und ich bin total fasziniert. Fasziniert von Florian Knöppler‘s Schreibstil, seinem Ausdruck, seinen Figuren, seiner Intention diese Geschichte so laufen zu lassen. Knöpplers Portagonist Hannes war mir sofort sympathisch, seine Art war etwas besonderes und ging mir ans Herz. Seine Zuflucht ist die Natur und die Buchwelt und ich konnte genau verstehen warum. Ich denke, hier werden sich sehr viele Leser wiederfinden... Sein Ausbruch aus dem ganzen Schlamassel um ihn herum war ein Befreiungsschlag und psychologisch sehr gut von Autor Florian Knöppler geformt. Hannes‘ macht dies aber alles nur für Mara. Er will Aufmerksamkeit erzeugen und begibt sich damit auf ganz dünnes Eis. Genau dies ist aber der Tenor des Autors: Erfahrungen sammeln für das Leben. Was macht man nicht alles für die erste große Liebe? Ist doch gerade sie, etwas ganz einmaliges im Leben und jeder wird sich noch an sich zurück erinnern können...Hannes will so viel, ist so ungestüm, das man ihn gern mal bremsen möchte, ihn mal sprechen möchte und ihm Tipps mit auf dem Weg geben möchte, aber alles dies ist nicht gewollt, jedenfalls sieht das der Autor so und das ist so herrlich grandios. Hannes muss selbst sehen was er erlebt, er muss selbst „laufen lernen“, auf eigenen Beinen stehen und seine Erfahrungen machen, mögen sie auch noch so unterschiedlich sein. Ein weiterer Aspekt hier ist natürlich die Zeit, in der die Geschichte „spielt“. Alles steht irgendwie Kopf und alles hat einen gewissen Hauch von „Neu“ in der Luft...Dennoch weiß der Autor hier seine Worte genau zu wählen und ist enorm treffsicher. Kein Wort zu viel, keine Emotion zu wenig, hier stimmt der Ausdruck perfekt zur rauen und kühlen Gegend in der die Geschichte angesiedelt ist. Die Gegend in der Elbmarsch wird sehr bildhaft beschrieben und man kann sich Hannes‘ Zuhause und das restliche Dorf sehr gut vor Augen führen. Knöppler bietet mit diesem Buch dem Leser enormes Denkpotential. Man wird selber nochmal gedanklich in seine eigene Jugend reisen, darüber nachdenken wie es war mit der ersten großen Liebe, mit dem Leben der Eltern, dem Erwachsenwerden...

    Ein sehr starker und tiefgreifender Roman, der eine Fortsetzung erhalten wird, welcher ich schon sehr entgegenfiebere - 5 von 5 Sterne!

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  1. Über schweigsame Menschen in norddeutscher Landschaft

    Kronsnest liegt irgendwo in Norddeutschland. Dort wächst Hannes auf einem Bauernhof auf. Er ist zu Beginn des Romans 15 Jahre alt und seine Tage sind geprägt von der harten Arbeit auf dem Hof und den unberechenbaren Gewaltausbrüchen des Vaters. Die Mutter versucht, in dem Konflikt zu vermitteln. Den Vater bestraft sie mit vorwurfsvollem Schweigen und bringt ihn so, zumindest vorübergehend, zur Räson. Bei Hannes sucht sie Verständnis und erklärt, dass der Vater früher (vor dem Krieg) anders war. Hannes hilft das wenig. Denn der Vater spricht nicht über das, was früher war oder was ihm im Krieg widerfahren ist. Hannes ist daher hin und her gerissen, von seiner eigenen Wut auf den Vater und dem gleichzeitigen Wunsch um dessen Anerkennung. Doch so viel er auch arbeitet, er kann es dem Vater doch nicht Recht machen. Das höchste Lob ist keine Kritik.

    Der Vater-Sohn-Konflikt dominiert das erste Drittel des Romans und lässt schlimme Vorahnungen aufkommen. Doch dann wendet sich das Blatt. Hannes muss Verantwortung übernehmen. Es steht viel auf dem Spiel. Die Arbeit auf dem Hof ist eine tägliche Herausforderung, der Hannes wohl auch aufgrund seiner Jugend nicht immer gewachsen ist. Außerdem ist Hannes verliebt, in Mara, die Tochter des Großbauern von Heesen. Doch auch die von Heesens, und insbesondere Mara, haben ihr Päckchen zu tragen.

    Die schnörkellose Sprache des Romans spiegelt den rauen Arbeitsalltag und passt zur schlichten Schönheit der norddeutschen Landschaft. Dem Autor gelingt es mühelos, Bilder von Deichen, Elbarmen und Zugvögeln hervorzurufen. Ich konnte mich deshalb ganz wunderbar in das Buch vertiefen. Allerdings bleiben die Figuren etwas blass, da die Geschichte ausschließlich aus der Perspektive von Hannes erzählt wird und Hannes eher introvertiert ist. Außerdem schweigen immer alle …

    Auch hatte ich mir mehr von der Handlung versprochen. Nach der unerwarteten Wendung am Ende des ersten Drittels plätschert die Erzählung dahin. Ausbaufähige Themen, insbesondere die näherkommenden politischen Einschläge, werden leider nur gestreift. Nur am Rande wurde mir klar, dass das Buch in den 1920er Jahren, zwischen zwei Weltkriegen spielt. Hieraus hätte der Autor mehr machen können.

    Dennoch habe ich das Buch gern gelesen und vergebe vier Sterne.

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  1. Der Roman bietet einen schönen Einblick in das damalige Leben

    Der Roman bietet einen schönen Einblick in das damalige Leben

    Kronsnest von Florian Knöppler ist ein Roman über ein kleines Dorf in Holstein in den späten 1920ern. Hauptakteur ist Hannes, er bewirtschaftet gemeinsam mit seinen Eltern einen Hof in der Elbmarsch.

    Hannes leidet sehr unter den Wutausbrüchen seines Vaters, nichts scheint dieser ihm Recht machen zu können. Als die Mutter ihm erzählt, dass der Vater früher selbst ein Opfer ähnlicher Zornausbrüche seines Vaters gewesen ist, stellte sich bei mir dennoch kein Mitleid ein. Hannes ist ein sensibler Junge, der sich wirklich bemüht, daher lag meine Sympathie diesbezüglich vollkommen bei ihm. Er ist ein naturverbundener Junge, sein Gespür bei Tieren ist enorm. In der Schule muss er oft das Gespött der anderen ertragen. Thies ist sein einziger Freund, bis sich etwas später eine Freundschaft mit Mara entwickelt. Die Verbindung lässt ihn Mitglied in einer Clique werden. Es tut ihm sichtlich gut auch einmal auf andere Gedanken zu kommen.
    Mara, dessen Vater sich mit seinem Hof verkalkuliert hat, der nun kurz vor der Veräußerung steht, trotz der Moderniesierung, mag Hannes, trotz des Standesunterschiedes, wobei dieser kaum noch von Bedeutung ist. Mara leidet sehr unter der Situation, hat gute Tage und weniger gute.

    Im weiteren Verlauf der Handlung entwickelt Hannes eine große Wut auf seinen Vater, als Leser ahnt man, dass sich diese wohl bald entlädt. Doch dass, was dann passiert, kommt sehr unerwartet und stellt die kleine Familie vor große Probleme.
    Der Roman taucht später ab in die Zeit vor dem ersten Weltkrieg, die politische Situation wird anschaulich eingefangen. Auch für Hannes bedeutet dies, sich auf eine neue Situation einstellen zu müssen. Es wird erwartet, dass er Stellung bezieht, viele seiner Altersgenossen haben dies bereits getan.

    Florian Knöppler hat einen ruhigen Erzählstil. Seine Kenntnisse über Praktiken der Landwirtschaft fügen sich gut ins Bild der damaligen Zeit.
    Da Hannes mir ans Herz gewachsen ist, bin ich gespannt, was mich im nächsten Band erwartet. EinigeFragen sind offen geblieben, ich hoffe sehr, sie dann beantwortet zu bekommen. Der Roman hat mich gut unterhalten, es war angenehm ihn zu lesen. Ich spreche daher eine Leseempfehlung aus!

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  1. Ein anderes Leben muss doch möglich sein

    Der junge Hannes lebt in den späten Zwanzigern auf dem elterlichen Hof in der Elbmarsch. Obwohl er sich alle Mühe gibt, die Erwartungen seines aufbrausenden Vaters zu erfüllen, muss er doch allzu oft unter dessen Fäusten und Schikanen leiden. Derweil finden die Nationalsozialisten Anhänger unter den kleinen Bauern, die sich in der Wirtschaftskrise übergangen und benachteiligt fühlen und ums Überleben kämpfen – auch in Hannes Umfeld. Trost findet er in der Natur und bei der jungen Mara, die genauso wenig in die gesellschaftlichen Schablonen zu passen scheint wie er.⠀

    Mit Hannes fieberte und litt ich von Anfang an ganz intensiv mit. Er ist ein guter Junge, fleißig, hilfsbereit und intelligent, leistet neben der Schule wahre Knochenarbeit auf dem elterlichen Hof, denkt dabei mit und ist auch durchaus motiviert. Und dennoch rennt er beim Vater immer wieder nur gegen eine Wand aus Ablehnung und Zorn. Er kann nichts richtig machen, gar nichts – der Vater lauert im Hintergrund, wartet nur auf etwas, wegen dem er die Fäuste sprechen lassen kann. Dabei sehnt sich Hannes nach seiner Anerkennung, nach einem freundlichen Wort.⠀

    Da war ich manchmal hin- und hergerissen: wird der Vater nicht zu einseitig als der Böse in dieser Geschichte dargestellt, ist das glaubhaft? Aber im Laufe der Kapitel gewann ich immer mehr den Eindruck, dass er eigentlich eine sehr tragische Gestalt ist, selber als junger Mann mal so war wie Hannes, aber vom Leben gebrochen wurde. Erst von Hannes Großvater, dessen Gewalttaten er nun am eigenen Sohn wiederholt, dann vom Krieg. Ich hätte weinen und mir die Haare raufen mögen ob dieses Zyklus der Gewalt, der durch die Generationen wütet.⠀

    Ein Kind lässt sich nicht ewig prügeln, bevor es anfängt, den Vater gleichzeitig zu lieben und zu hassen. Du siehst, wie das Hannes ein Stück weit verändert, wie ihm Boshaftigkeit geradezu antrainiert wird, und willst schreien: nein, geh diesen Weg nicht!⠀

    Später im Buch geschieht ein gewisses Umdenken, aber ob das noch rechtzeitig passiert, ob Hannes den Zyklus durchbrechen kann, möchte ich hier natürlich noch nicht verraten.⠀

    Durch seinen Lehrer Govinski – vielleicht der positivste Einfluss in seinem Leben – entdeckt Hannes die Welt der Literatur und stürzt sich drauf wie ein Ertrinkender auf das Glas Wasser. Er ist sensibel, das spürst du beim Lesen, kann geradezu poetisch mit Worten umgehen; da fragst du dich, was alles aus ihm hätte werden können, in einem anderen Leben.⠀

    Hannes hat nur wenige Menschen, die ihn auffangen können, und auch bei diesen bricht das oft weg. Sein bester Freund Thies gerät auf Abwege in dieser Zeit, in der die Nationalsozialisten ihren fatalen Aufstieg beginnen, so dass Hannes ratlos vor der Frage steht, wie er ihn davon abbringen kann. Seine erste große Liebe Mara ist eigentlich ein positives, lebensfrohes Mädchen, leidet aber immer wieder an lähmenden Depressionen. Alle um ihn herum sind ständig am Rande des Existenzverlusts.⠀

    Irgendwann wurde mir klar, dass die Frauen in Hannes’ Leben alle irgendwie verletzt sind. Da ist seine Mutter, die sich aufreibt zwischen ihrem Mann und ihrem Sohn. Da ist Mara, die oft einfach nur im Dunkeln liegen und die Welt ausschließen kann. Und da ist Maras Mutter, die ihren herzensguten Mann schon lange nicht mehr erkennt.⠀

    Ich glaube nicht, dass diese Häufung von psychischen Problemen unrealistisch ist in einer Zeit, in der das Leben hart ist für alle, die Frauen aber doppelt belastet werden.⠀

    Der Schreibstil fängt das auszehrende, schlichte Leben der Bauern wunderbar ein, ohne idyllische Verklärung. Florian Knöppler ist keiner, der alles bis ins kleinste Fitzelchen zu Tode erklärt, so bleibt noch genug Raum, um den Dingen beim Lesen selber nachzuspüren. Aber er lässt die Leser:innen auch nicht in der Luft hängen – für mich ist die Balance zwischen ‘zu viel’ oder ‘zu wenig’ erklären gut gelungen.⠀

    Über Gefühle wird in dieser Zeit und den Kreisen, in denen Hannes sich bewegt, kaum gesprochen. Daher müssen Leser:innen genau auf das Verhalten und die unausgesprochenen Signale schauen, aber das wird meines Erachtens gut und stimmig beschrieben. Ich finde die Charaktere sehr gelungen, auch wenn du ihre Stärken, Abgründe und Kontouren selber ergründen musst – oder vielleicht gerade deswegen.⠀

    In der Leserunde, in deren Rahmen ich das Buch las, kam die Frage auf, wie originell der Roman ist. Meine Antwort darauf: Es ist eine Geschichte, die sehr grundlegende Beziehungen im Leben eines jungen Mannes in den Fokus stellt. Zum Vater, zur Mutter, zu sich selbst, zur ersten Liebe. Vor allem zu sich selbst. Ich weiß nicht, ob das wirklich origineller sein kann oder sein muss. Mich hat das Buch genau so, wie es ist, sehr berührt.⠀

    Kurzfazit⠀

    Hannes ist ein Protagonist, der mich von der ersten Seite an fesselte; ich litt und hoffte unsäglich mit ihm mit. Die anderen Charaktere finde ich ebenfalls sehr gut geschrieben – auch wenn du oft zwischen den Zeilen lesen musst, um ihre Ansichten und Gefühle zu ergründen. Aber das ist stimmig, denn das Leben auf dem Land ist hart in dieser Zeit, da tragen die meisten Menschen das Herz nicht auf der Zunge.⠀

    Der Roman zeigt sowohl, wie Gewalt eine Familie über Generationen vergiften kann, als auch, wie sehr das Leben der Bauern dieser Zeit geprägt war von Armut und erschöpfender Arbeit. Und wie anfällig das einige von ihnen machte für gewisse politische Ansichten… Florian Knöpplers Schreibstil schildert dieses Leben eindringlich und authentisch, ohne es zu verklären.⠀

    Für mich ist das Buch ein echtes Highlight – wenn auch oft ein schmerzhaftes.⠀

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    23. Mär 2021 

    Jugendlicher Held auf der Suche nach seinem Platz im Leben

    Der Journalist Florian Knöppler hat seinen Debutroman „ Kronsnest“ in der Elbmarsch angesiedelt, wo er selbst seit einigen Jahren lebt. Die Geschichte spielt allerdings nicht im Heute, sondern in den späten 1920er Jahren, eine Zeit voller Umbrüche. Die Wirtschaftskrise macht auch den ansässigen Bauern zu schaffen.
    Hannes, zu Beginn 15 Jahre alt, steht im Zentrum des Romans; aus dessen Perspektive wird die Geschichte erzählt. Seine Eltern bewirtschaften einen kleinen Hof mit ein paar Kühen, ein paar Schafen und Schweinen und einem Pferd. Hannes hilft in jeder freien Minute. Doch seinem jähzornigen und launenhaften, gewalttätigen Vater kann er nichts recht machen. Der wünscht sich zwar einen „ganzen Kerl“ als Sohn, einer, der zupackt und sich nichts gefallen lässt. Gleichzeitig erträgt er es nicht, wenn Hannes selbständig Entscheidungen trifft. Die Mutter ist eine stille, oft in sich gekehrte Frau, die immer wieder versucht, zwischen Vater und Sohn zu vermitteln.
    Hannes ist zu Anfang des Romans ein sensibler, verschlossener und ängstlicher Junge. Diese Schwäche nutzen rauflustige Mitschüler aus, Hannes wird auch hier Opfer von Häme und Gewalt. Doch später lernt er sich zu wehren. Das Boxtraining hat ihn nicht nur körperlich stärker gemacht, sondern ihm auch ein neues Selbstbewusstsein geschenkt.
    Doch der Konflikt mit dem Vater spitzt sich immer mehr zu. Der beginnt seine Sorgen im Alkohol zu ertränken, seine körperlichen Kräfte lassen nach und zusätzlich gerät der Hof in existenzielle Not. Hannes fühlt oft einen unbändigen Hass auf seinen Vater, gleichzeitig ringt er beständig um dessen Anerkennung.
    Was ließ den Vater so brutal und aggressiv werden? Früher war er anscheinend ein anderer Mensch. Die Mutter verliert sich in Andeutungen. War es die Kindheit mit einem prügelnden Vater oder haben ihn die Kriegserlebnisse so verändert?
    Hannes findet Trost und Ablenkung in Tagträumereien und in Büchern. Auch die Liebe zu den Tieren auf dem Hof trägt dazu bei, dass er die Arbeit gerne und pflichtbewusst erledigt.
    Hannes begegnet in dieser Zeit Mara, der Tochter eines Großbauern und verliebt sich in sie. Mit ihrer Clique, ihrem Bruder und Freunden, verbringt er unbeschwerte Stunden beim Baden oder Segeln. Bei Mara und ihrer Familie lernt Hannes auch einen ganz anderen Umgang miteinander kennen. Doch Mara weiß ebenfalls um die dunklen Seiten des Lebens. Der Hof ihres Vaters ist hoch verschuldet, die Mutter psychisch krank. Und sie selbst hat mit Stimmungsschwankungen zu kämpfen; mal ist sie forsch und lebenslustig, dann wieder zieht sie sich zurück. Hannes weiß nicht so recht, woran er bei ihr ist.
    Ein unerwarteter Schicksalsschlag bringt für Hannes und seine Mutter neue Sorgen und Belastungen.
    Auch die Zeitgeschichte fließt immer wieder in die Geschichte ein. Die Bauern fühlen sich von denen in Berlin im Stich gelassen und die Unzufriedenen finden sich im Landvolk und später bei den Nazis wieder. Diesen Weg geht auch Hannes’ früherer Freund Thies, während andere ihr Heil bei den Kommunisten suchen. Hannes selbst ist zu sehr mit seinen Gefühlen beschäftigt, außerdem lässt ihm die tägliche Arbeit keine Zeit. Politik interessiert ihn kaum.
    Der Einstieg ins Buch fiel mir leicht. Der Autor versteht es sehr gut, die Gegend und die Menschen dort lebendig werden zu lassen. Er findet stimmungsvolle Bilder, um die norddeutsche Landschaft und die Natur im Verlauf des Jahres zu beschreiben. Man spürt die Vertrautheit des Erzählers mit der Region und dem Menschenschlag dort. Sehr gut wird auch die bäuerliche Lebenswelt, die Arbeit auf dem Hof und dem Feld und mit den Tieren beschrieben. Zur Wortkargheit der Leute passt auch der eher nüchterne Erzählstil. Nicht alles wird ausformuliert, manches bleibt der Phantasie und der Interpretation des Lesers überlassen. Der ruhige Erzählfluss wird durch ein paar spannungsgeladene Episoden unterbrochen.
    Der erste Teil mit dem Schwerpunkt auf dem Vater- Sohn- Konflikt hat mich gepackt, doch danach gab es einige Längen. Die Handlung und die Überlegungen der Hauptfigur traten auf der Stelle. Auch manche Figuren wirkten auf mich nicht wirklich überzeugend, ihre Handlungen waren für mich nicht immer plausibel.
    Doch alles in allem ist „ Kronsnest“ eine lesenswerte Entwicklungsgeschichte mit einem jugendlichen Helden, der auf der Suche nach seinem Platz im Leben ist.

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  1. Ein Leben auf dem Lande

    Hach ja – leben auf dem Lande. Welcher Stadtmensch hat nicht schon einmal (heimlich) davon geträumt? *g*

    Nun, nach dem Roman „Kronsnest“ von Florian Knöppler kommt der ein oder die andere vielleicht ins Grübeln. Natürlich kann man die Zeit zwischen den zwei Weltkriegen mit der heutigen nicht (direkt) vergleichen, aber damals aufkommende Themen wie immer schlechtere Entlohnung der Bauern für ihre (tierischen) Produkte sowie der am dunklen Horizont sich ankündigende Nationalismus bewegen die Menschen in Stadt und Land auch heute noch bzw. wieder.

    Florian Knöppler erzählt uns die Geschichte von Hannes – einem verschlossenen, aber durchaus aufmerksamen Teenager, der mit seinen Eltern auf einem Hof im titelgebenden Dorf Kronsnest lebt, welches tatsächlich existiert. Hannes leidet unter seinem gewalttätigen Vater, der Mensch und Tier quält.

    Das Leben in Norddeutschland Ende der 1920er Jahre ist karg wie die Landschaft. An dieser Kargheit lässt uns Florian Knöppler mit poetisch anmutenden Naturbeschreibungen teilhaben. Überhaupt hat der Autor ein Gespür für Sprache, obwohl vieles ungesagt bleibt. So karg das Land, so schleppend nämlich (auch) die Handlung. Knöppler deutet an, lässt viel Raum für Interpretation.
    Für die Einen mag das eine Schwäche darstellen, für Andere ist es eine zusätzliche „Herausforderung“ während und nach der Lektüre.

    Manchmal will man die Protagonisten schütteln, sie aus ihrer Lethargie reißen und rufen „Tu was!“ Aber letztlich lässt man sie ziehen, lässt sich auf die Story ein – und kommt nicht umhin, sich auf die Fortsetzung zu freuen.

    Ich glaube, es steckt noch viel Potenzial (in „Kronsnest“ schon an vielen Stellen sichtbar!) in Florian Knöppler, der sich selbstkritisch in die Leserunde eingebracht hat; dafür gebührt ihm mein Respekt!

    3,5* die ich auf 4 aufrunde!

    ©kingofmusic

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  1. Staunen und Schweigen

    Kronsnest in der Elbmarsch. Ein kleiner Ort bäuerlichen Lebens. Dort lebt der 15-jährige Hannes mit seinen Eltern. Der erste Weltkrieg ist etwa 10 Jahre vorüber. Die Menschen gehen ihrer täglichen harten Arbeit nach. Die politischen Veränderungen im Land scheinen noch weit weg.

    Hannes’ Vater ist ein schwieriger Mensch, ein Perfektionist, jähzornig und impulsiv. Mit dem Erwachsenwerden des Sohnes hat er seine Schwierigkeiten, erträgt nicht, dass es im Haus einen „zweiten Mann“ geben wird, der eigene und noch dazu richtige Entscheidungen treffen kann. Die Mutter ist ein ruhiger, beschwichtigender Ausgleich zum Vater, eine loyale Ehefrau, eine, die versucht zu erklären, was den Vater antreibt. Hannes beginnt zunehmend sich an anderen zu orientieren, am Lehrer, an der großbäuerlichen Familie von Heesen. Vor allem Mara von Heesen hat es dem jungen Burschen angetan. Mara, die an allem in dieser Welt etwas Erstaunliches entdecken kann.

    Florian Knöpplers „Kronsnest“ ist ein Blick zurück auf eine traditionelle Gesellschaft. Wer in Kronsnest lebt, hat weder Zeit noch Mittel für große Veränderungen. Wer hier Bauer ist, wird Bauer bleiben, vorausgesetzt er kann den Betrieb wirtschaftlich erhalten. Die Welt rundherum schlittert in die Weltwirtschaftskrise, der aufkeimende Nationalsozialismus findet auch in Kronsnest fruchtbaren Boden. Doch der Roman streift die politischen Verwerfungen nur am Rande, - wenn Freundschaften am Spiel stehen.

    Mittelpunkt des Geschehens ist Hannes, der in der täglichen Ereignislosigkeit einer mühseligen Routine immer wiederkehrender Tätigkeiten, sich nach etwas anderem zu sehnen beginnt. Hannes ist naturverbunden, sensibel. Er hat Respekt vor den Tieren am Hof, egal ob diese Kapital oder Werkzeug sind, ganz im Gegenteil zum Vater. Sehr jung muss er viel Verantwortung tragen. Der Roman lebt von anschaulichen Beschreibungen der Landschaft der norddeutschen Elbmarschen. So wie Wasser fließt und sich Platz schafft, so erfahren wir viel von der Gedankenwelt des jungen Protagonisten. Karg in Worten im Gespräch, doch reich an Innenleben. Es gibt viele Schafe, auch diese schweigen.

    Viele Entscheidungen, die Hannes treffen müsste, werden ihm vom Leben, aber auch vom Sterben anderer abgenommen. Alles geht immer irgendwie weiter. Wenn am Schluss nicht alle Fäden verknotet sind, liegt das wohl auch daran, dass der Autor schon eine Fortsetzung der Geschichte geplant hat.

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  1. 4
    21. Mär 2021 

    eine Zeitreise in ein ländliches Deutschland der 20er

    Florian Knöpplers Debütroman „Kronsnest“ ist eine Zeitreise in ein ländliches Deutschland der 20er Jahre. Schauplatz ist Kronsnest, ein holsteinisches Dörfchen in der Elbmarsch.
    Die Menschen in dieser dünn besiedelten Gegend leben hauptsächlich von der Landwirtschaft. Die farbenfrohen Landschaftsbeschreibungen in diesem Roman gaukeln eine Idylle vor. Doch das Leben, in einer Zeit, in der Deutschland unter einer Rezession und einer Agrarkrise leidet, ist alles andere als idyllisch.

    Hier lebt der 15-jährige Hannes zusammen mit seinen Eltern. Die Familie betreibt einen Bauernhof, wie die meisten Bewohner dieser Gegend.
    Hannes leidet unter seinem gewalttätigen Vater, dessen Ansprüche an seinen Sohn selten erfüllt werden. Der Junge befindet sich in der Pubertät, an der Schwelle zum Erwachsensein. Anfangs wirkt Hannes noch kindlich, entwickelt sich jedoch im Verlauf der Handlung zu einem Jugendlichen, dem alles Kindliche abhandenkommt. Zwischen Vater und Sohn findet ein Kräftemessen statt, das auf eine Eskalation hinsteuert.

    Wir erleben Hannes in diesem Roman nicht nur als Sohn und Bauer, sondern auch als Jugendlicher, der die ersten Erfahrungen in Herzenssachen macht. Trotz aller Schufterei auf dem Hof und Querelen mit dem Vater sehen wir ihn inmitten von Gleichaltrigen, die ihre wenige freie Zeit miteinander verbringen. Hier lernt Hannes seine erste große Liebe kennen, Liebeskummer inklusive.

    "Für Mara war es nicht das Gleiche gewesen, er hatte sich das nur eingebildet, das Besondere, die Nähe, die Verbindung, so fest, dass niemand sie zerschneiden konnte."

    Die Landwirtschaft sorgt leider nur mehr schlecht als recht für den Lebensunterhalt von Hannes und seinen Eltern, genauso wie für viele andere Familien aus der Landbevölkerung. Daher organisieren sich viele Bauern in der sogenannten „Landvolkbewegung“, die sich gegen die aktuelle Politik zur Wehr setzt und dabei bei der Wahl ihrer Mittel nicht zimperlich ist.
    In Deutschland entwickelt sich zur gleichen Zeit der Nationalsozialismus, der von vielen (Land)bewohnern als Heilsbringer in dieser schlechten wirtschaftlichen Lage angesehen wird. So auch in Kronsnest.

    Inmitten dieser politisch aufgeheizten Atmosphäre ist es schwierig, neutral zu bleiben. Doch Hannes, genau wie andere Bewohner von Kronsnest, hat keinerlei Ambitionen, mitzulaufen, geschweige denn, sich politisch zu engagieren. Dennoch wird die Politik in kurzer Zeit Einfluss auf den Alltag in Kronsnest nehmen.

    "'Jetzt haben wir den ganzen Mist vor der Haustür. Der Brand, die Schlägereien, ich hab die ganze Zeit gedacht, so was kann's hier nicht geben, weil sich alle kennen.'"

    Ich habe den Roman „Kronsnest“ gern gelesen. Insbesondere der Anfang, der sich auf den Konflikt zwischen Vater und Sohn konzentriert, ist spannungsgeladen und lässt die Seiten nur so dahinfliegen. Sehr gut herausgearbeitet ist auch Hannes' Entwicklung vom Kind zum Jugendlichen an der Schwelle zum Erwachsensein. Die Geschichte wird aus der Sicht von Hannes erzählt. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, in die Gedankenwelt des schweigsamen Hannes einzudringen, dessen Introvertiertheit typisch für den Menschenschlag der damaligen Zeit in dieser Gegend ist: es werden nicht viele Worte gemacht, ausgesprochen wird nur das Nötigste, Gefühle werden nicht gezeigt und erst recht nicht darüber gesprochen.
    Gespräche in diesem Roman, an denen Hannes beteiligt ist, werden daher von vielen unausgesprochenen Gedanken begleitet, die jedoch Dank der Erzählperspektive für den Leser ersichtlich sind.

    Es gibt nur wenige Personen in diesem Roman, denen sich Hannes gegenüber öffnet und ausspricht, was er denkt. Eine davon ist Mara, seine erste große Liebe. Szenen, die das Zusammensein von Mara und Hannes behandeln, unterscheiden sich deutlich vom Rest des Romans, der eine ernsthafte und melancholische Grundstimmung vermittelt, die aus dem harten und problembehafteten Leben der Charaktere resultiert. Denn Mara und Hannes gehen sehr unbeschwert miteinander um, flirten, haben Spaß. Zwischen den Beiden scheint sich eine Seelenverwandtschaft zu entwickeln.

    Leider kann der Roman das anfängliche Spannungsniveau, welches aus der intensiven Beschreibung den Vater-Sohn Konflikt resultiert, nicht halten. Denn mit der Zeit verliert sich die Handlung in Schilderungen des Alltags, der von harter Arbeit geprägt ist sowie der Bemühungen von Hannes, sein Gefühlsleben in den Griff zu bekommen. Erfreulicherweise gibt es aber immer noch spannende Momente, die etwas "Würze" in die Handlung bringen. Das sind Situationen, die das Aufeinanderprallen unterschiedlicher politischer Gesinnungen beschreiben und ein anschauliches Bild der Gesellschaft zur damaligen Zeit und unter dem Einfluss des jungen Nationalsozialismus zeichnen.

    Ein Highlight dieses Romans waren für mich die Beschreibungen von Natur, Landschaften und Tierwelt. Man wundert sich, wie viele unterschiedliche Vogelarten in der damaligen Zeit in dieser Gegend zuhause waren. Diese Beschreibungen vermitteln eine scheinbare Idylle, die einen starken Gegensatz zu den geschilderten Konflikten darstellt.

    Mein Fazit:
    Der Roman beginnt auf einem hohen Spannungsniveau, das allerdings im weiteren Verlauf abfällt und dem Roman dadurch einige Längen verpasst. Der Anfang dieses Romans war sicherlich stärker als das Ende. Dennoch hat mir das Gesamtpaket dieses Romans, mit seinen unterschiedlichen Themenbereichen, hier insbesondere der Vater-Sohn-Konflikt sowie der politische Aspekt gut gefallen, so dass ich ihn gern gelesen habe.

    © Renie

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  1. 3
    19. Mär 2021 

    Konnte mich nicht komplett überzeugen

    Der empfindsame Hannes lebt mit seinen Eltern auf dessen Hof, den sie gemeinsam bewirtschaften. Doch er leidet unter seinem gewalttätigen und unberechenbaren Vater. Auch in der Schule hat er es nicht leicht. Einen Ausgleich findet er in der Natur und in seinen Büchern. Als er Mara kennenlernt, überdenkt er sein Leben und er will sie unbedingt für sich gewinnen.

    Das tolle Cover und der neugierig machende Klappentext haben mich direkt angesprochen und ich war sehr gespannt, was für eine Geschichte sich in diesem Buch verbirgt.
    Der Schreibstil ließ sich grundsätzlich gut lesen. Er war anfangs allerdings sehr nüchtern und ich musste mich da erstmal dran gewöhnen. Dann ging es deutlich besser. Dennoch fühlte ich mich nicht so ganz in der Geschichte drin, sondern eher als äußerer Betrachter.
    Zu den Charakteren konnte ich keine richtig tiefgehende Beziehung aufbauen. Der Vater von Hannes hat mich total abgestoßen, weil er nur negativ war. Seine Aggressionen und Ungerechtigkeiten haben mich fast wütend gemacht. An ihm fand ich nichts Positives. Die Mutter hat bei mir ebenfalls Unverständnis und Kopfschütteln ausgelöst. Wieso sie zu ihrem Mann hielt und sich nicht gegen ihn stellte, war für mich nicht erklärbar. Vielleicht war es der damaligen Zeit geschuldet. Und Hannes war eigentlich sympathisch, gerade weil er sich so viele Gedanken um seine Arbeitsleistung etc. machte. Doch er war ein Jugendlicher, der seinen eigenen Weg finden musste. Mir fehlte bei ihm allerdings der Tiefgang, um komplett mit ihm mitfühlen und mitfiebern zu können.
    Die Geschichte floss gemächlich dahin. Es gab einige Szenen, die die Spannungskurve erhöhten, aber nicht enorm. Es herrschte dennoch durchgehend eine Neugierde, was Hannes noch erleben wird und was die Zukunft für ihn bereit hält. 
    Was mir sehr gut gefallen hat, waren die bildhaften Beschreibungen der Landschaft und der Natur. Ebenso die Beschreibungen der Bewirtschaftung des Hofes und der tägliche Kampf ums Überleben. Das wirkte sehr authentisch und passend zur damaligen Zeit.

    Dieser Roman hat einige richtig tolle Aspekte, er konnte mich jedoch leider nicht komplett packen. Ich vergebe 3 von 5 Sternen.

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  1. Lesenswert

    Kronsnest, ein kleines Dorf in der Elbmarsch in den Zwanziger Jahren. Hannes lebt mit seinen Eltern auf einem kleinen Hof. Die Arbeit ist hart und trotz Schule arbeitet er wie ein Mann. Anerkennung findet er selten. Sein Vater ist ein harter, unberechenbarer Mann, der schnell die Fäuste fliegen lässt, auch Hannes ist sein Opfer. Mehr als einmal liegt er mit Prellungen und Knochenbrüchen nach einer Attacke seines Vaters im Bett. Die Mutter versucht zu vermitteln, den Vater zu beruhigen und Hannes um Verständnis zu bitten. Eine harte Jugend und der Krieg haben den Vater so verändert.
    Dann trifft Hannes mit Mara ein junges Mädchen, das so ganz anders ist, als die Mädchen, die Hannes aus dem Dorf kennt. Träumerisch, fantasievoll, mutig, rebellisch – mit Mara bekommt seine Welt einen bunten Anstrich. Aber Mara hat auch andere Seiten, sie schleppt ebenfalls eine Menge Sorgen und Ängste mich sich, die sie doch gut verbergen kann.

    Das Buch hat mich Tage nach dem Lesen noch beschäftigt. Ich war hin und her gerissen. Mir gefiel die Sprache des Autors, seine stimmungsvollen Landschafts- und Naturbeschreibungen, die ungeschönte Wirklichkeit auf einem kleinen, alten Bauernhof. Dieser Teil hat eine große Anziehungskraft auf mich gehabt. Womit ich weniger gut zurecht kam, waren die Protagonisten. Anfangs dachte ich noch, dass ihre Handlungsweise nachvollziehen kann, wenn ich sie besser kenne. Aber sie blieben mir fremd. Besonders traf das auf Hannes‘ Mutter zu. Ihre stille, schweigsame Art, ihre Unentschiedenheit störte mich, vielleicht auch, weil ich erwartete, dass sie ihren Sohn besser schützt, verteidigt….

    Wobei ich die Wortkargheit durchaus als Stilmittel erkannte. Ein verschlossener Menschenschlag, der alles mit sich selbst ausmacht und Missernten und Schicksalsschläge stoisch hinnimmt. Florian Knöppler lässt dies zwischen den Zeilen anklingen ohne die Gefühle seiner Figuren immer auszuformulieren.

    Das war schon eine Herausforderung für mich, aber wenn mich ein Buch so lange beschäftigt und ich mir auch nach dem Lesen immer wieder Gedanken über die Figuren mache, bedeutet es auch, dass der Text etwas in mir angesprochen hat. Insofern war es ein positives Leseerlebnis.

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  1. Entwicklungsroman zwischen Dorfidyll und Drittem Reich

    Den Ort Kronsnest gibt es wirklich: Er ist in Schleswig-Holstein in der Nähe von Elmshorn an der Elbmarsch und von der Nordsee gelegen. Der Roman spielt Ende der 1920er Jahre. Im Zentrum steht Hannes, ein 16-jähriger Bauernsohn, dessen Eltern eine kleine Landwirtschaft mit wenig Vieh betreiben. Viel Arbeit ist das tägliche Brot, die kleinen Höfe haben es in Konkurrenz zu den ständig wachsenden Großbauernbetrieben immer schwerer, ihr Auskommen zu sichern. Hannes geht zwar noch zur Schule, muss aber am Hof tüchtig mit anpacken. Die familiäre Situation ist nicht einfach: Hannes Vater neigt er zu Gewaltausbrüchen und Alkoholkonsum. Er will als Patriarch das uneingeschränkte Sagen haben, was der Sohn aber mit zunehmendem Alter infrage stellt. Das führt zu handfesten Konflikten. Hannes leidet unter der mangelnden Akzeptanz seines Vaters und kämpft um Anerkennung, indem er besonders hart arbeitet und seinen Körper stählt. Die Mutter sieht die Ungerechtigkeiten, verspürt aber auch Loyalität ihrem Mann gegenüber, dessen Verhalten sie aufgrund seiner schweren Kriegsvergangenheit teilweise entschuldigt.

    Hannes ist ein sensibler, naturverbundener junger Mann, der sich trotz Arbeit und Schule Freiräume sucht. Zum Glück gibt es seinen besten Freund Thies, mit dem er Angeln geht und von einem besseren Leben träumt. Auch Lehrer Govinski fördert Hannes´ Entwicklung, indem er ihm mit Rat zur Seite steht oder interessante Bücher ausleiht.

    Als Hannes Mara und Jakob, die Kinder des Großbauern von Heesen, kennenlernt, beginnt für Hannes ein neuer Lebensabschnitt. Die Drei freunden sich an und unternehmen fortan viel miteinander. Hannes genießt diese andere Welt, ihn fasziniert Vater von Heesen, der trotz wirtschaftlicher Probleme ein liebevoller, großzügiger sowie seinen Kindern zugewandter Mensch bleibt. Zunehmend empfindet Hannes eine Seelenverwandtschaft mit Mara, denn auch sie hat hinter der unbeschwerten Fassade eigene Probleme. Allmählich entwickelt sich aus der Freundschaft eine zarte Liebe zwischen den beiden, die allerdings nicht von jedem gern gesehen wird…

    Man kann sich wunderbar in die dörflichen Strukturen dieses Landstrichs hineinversetzen, das Setting wirkt absolut lebensnah. Der Existenzkampf ist hart, die Bauern sind dem Wetter ausgeliefert, nur genaue Naturbeobachtungen schützen vor Ernteausfall. Jeder kennt jeden, Gerüchte verbreiten sich schnell. Die zeitliche Einbettung in die Weimarer Republik halte ich für sehr gut gelungen: Ohne allzu politisch zu werden, spürt man aufkeimende nationalsozialistische Tendenzen in der Landvolk-Bewegung, die zu Übergriffen auf Andersdenkende führen. Es brodelt, die zunehmende Radikalisierung hat auch Auswirkungen auf den ländlichen Raum. Die Politik entzweit Freundschaften, führt zu Gewalt, Vandalismus und Brandschatzung.

    Der Roman zeichnet sich durch großen Ideenreichtum aus. Es passiert viel, immer steht Hannes im Mittelpunkt, aus seiner Perspektive nehmen wir die Entwicklungen wahr. Hannes ist ein Charakter, der sämtliche Attribute eines literarischen Helden in sich vereint und sich im Verlauf des Geschehens weiterentwickelt. Er ist intelligent, hilfsbereit, tolerant und einfühlsam, er beweist nach außen zunehmend Stärke, bleibt im Inneren jedoch zweifelnd und nachdenklich. Als Gegenspieler verkörpert sein Vater eher das Böse und wirkt auf mich ziemlich plakativ. Viele der Nebencharaktere habe ich als weitaus stimmiger empfunden. Während sich die erste Hälfte des Buches mit dem oben beschriebenen Vater-Sohn-Konflikt beschäftigt, wechselt das zentrale Thema im zweiten Teil nahezu vollkommen. Das wird durch einen tragischen Unglücksfall, der die Gefühlswelt des Protagonisten in mehreren Beziehungen durcheinanderwirbelt, ausgelöst. Die damit einhergehenden Gedankenströme sowie die Weiterentwicklung der Liebesgeschichte zwischen Hannes und Mara konnten mich nicht durchgängig überzeugen. Manches wirkt gewollt und konstruiert auf mich. Es wird sehr viel geschwiegen im Norden, wo ein einfaches Gespräch Klärung bringen könnte.

    Trotzdem hat dieser historische Entwicklungsroman viele Stärken. Der nüchterne Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Er transportiert die norddeutsche Mentalität, das Reservierte und Schweigsame, das man den Menschen dieses Landstrichs nachsagt. Die Beschreibungen von Natur und Tierwelt sowie alles rund um die Landwirtschaft zeugen von großer Nähe und wirken extrem authentisch, man kann nicht nur als Stadtmensch einiges dazulernen.

    Die wirtschaftlichen, politischen und psychischen Folgen des Großen Krieges auf die Bevölkerung, die den Weg zum Nationalsozialismus geebnet haben, werden durch die Figuren und Geschehnisse erlebbar gemacht und veranschaulicht. Dabei bleiben Hannes und sein Umfeld im Vordergrund, was ich als großes Plus empfunden habe. Die große Politik dürfte sich in Kronsnest 1928 nicht abgespielt haben. Die Handlung regt Interessierte jedoch dazu an, sich stärker mit der Weimarer Republik auseinander zu setzen.

    Hannes ist ein Sympathieträger. Wie der Autor mitteilt, plant er einen weiteren Roman, in dem man Hannes und seine Freunde Anfang der 1940er Jahre, also 12 Jahre später, wiedertreffen wird. Wir dürfen gespannt sein, was dann aus ihnen geworden ist.

    Kronsnest ist ein für alle Altersstufen geeigneter Entwicklungsroman, angesiedelt in einer turbulenten Zeit. Er hat eine angenehme Sprache, liest sich kurzweilig und wartet mit einigen Überraschungen auf. Das Buch ist bei Pendragon in haptisch sehr ansprechender Ausstattung mit Lesebändchen erschienen.

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  1. Zwischen Stereotypen und

    Zwischen Stereotypen und Ideenreichtum.
    Kronsnest spielt im Norddeutschen in den ausgehenden 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Der Erste Weltkrieg ist vorüber, zehn Jahre sind vergangen, man hat sich wieder aufgerappelt, trägt aber noch schwer an den Folgen. Wirtschaftlich. Sozial. Psychisch.

    Vielleicht hat deshalb der knapp 15jährige Hannes, der mit Vater und Mutter auf einem kleinen Hof lebt, so sehr unter den cholerischen Anwandlungen des Vaters zu leiden. Ganz genau ergründet man es nicht, warum der Vater den Sohn geradezu zu hassen scheint und ihn mehr als einmal regelrecht misshandelt. Die Mutter zwischendrin. Stille Mediatorin. Das ist kein unbekanntes Setting. Ziemlich stereotyp. Manchmal Pucki: Pferdchen, Hündchen, gezähmte Dohle.

    Was an dem Roman fesselt, sind die Beschreibungen der Landschaft und der Natur. Diese Beschreibungen sind ein wenig zu lose und unverknüpft in den Raum gestellt, aber lyrisch und schön zu lesen. Dabei nicht ausufernd.

    Was an dem Roman ebenfalls besonders zu schätzen ist, ist seine Nähe zur norddeutschen kargen Lebensweise. Das Leben als Kleinbauer ist ein fortwährender Kampf. Hier sind „Kronsnest“ Stärken angesiedelt. Die fortwährenden Rückschläge, die man erleidet, dann wieder Erfolge und Hoffnungen, unerwartete Krankheiten der Tiere, die Geld verschlingen. Die Beschreibungen landwirtschaftlichen Handelns. Hier hat mich der Roman gepackt. Dazu die politischen Unwägbarkeiten. Der Roman versucht hier etwas, er versucht, die politischen Zusammenhänge ins Boot zu holen, aber es ist zu schwach, um zu überzeugen, zu kindlich, zu naiv wird hier erzählt.

    Bedauerlicherweise bildet der bäuerliche Überlebenskampf auch nicht das Zentrum der Geschichte, sondern Hannes Gedankenwelt und die Beziehungen zu Mara, sie ist die Tochter des gebildeten Grundbesitzers in der Nachbarschaft. Kann man machen. Der Fokus aufs pubertäre Zwischenmenschliche interessiert aber die ältere Leserschaft nicht in der dargestellten Ausführlichkeit und für die jüngere ist „der Beziehungskram“ nicht modern genug. In den Dialogen und im Zwischenmenschlichen zeichnen sich dann auch die größten Schwächen von „Kronsnest“ ab. Wo der Autor sich in den Landschaftsbeschreibungen durchaus mit Sprachgewalt auszeichnet, bleibt er in den Dialogen sprachlich und inhaltlich leider alles schuldig. Die Figurenzeichnung/en ist einfach zu mager. Auf jeden Fall ausbaufähig.

    Die Handlung des Romans selbst ist denn auch unspektakulär und bleibt im Oberflächlichen, beinahe im Belanglosen stecken, obwohl es durchaus dramatische Szenen gibt, aus denen der Autor durch das Verwirklichen des ehernen schriftstellerischen Gesetzes „Show, don’t tell“ mehr hätte herausholen können. Dramatik darf man nicht verschenken!

    Fazit: Und dennoch: Der Roman hat etwas. Etwas Vielversprechendes. Etwas Erdiges. Ich bin gespannt darauf, ob im zweiten Band die "Kinderkrankheiten" des ersten Bandes überwunden werden können.

    Kategorie: Heimatroman. Belletristik.
    Verlag: Pendragon, 2021

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