Tell

Buchseite und Rezensionen zu 'Tell' von Joachim B. Schmidt
4.85
4.9 von 5 (12 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Tell"

Joachim B. Schmidt greift nach den Schweizer Kronjuwelen und macht aus der ›Tell‹-Saga einen Pageturner, einen Thriller, ein Ereignis: Beinahe 100 schnelle Sequenzen und 20 verschiedene Protagonisten jagen wie auf einer Lunte dem explosiven Showdown entgegen. Keine Nach-, keine Neuerzählung, sondern ein Blockbuster in Buchform: ›The Revenant‹ in den Alpen, ›Braveheart‹ in Altdorf.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:288
Verlag: Diogenes
EAN:9783257072006

Rezensionen zu "Tell"

  1. Eine rasant erzählte Neuinterpretation des Tell-Stoffes

    Inhalt: Gemeinsam mit seinem Sohn Walter begibt Wilhelm Tell sich auf Bärenjagd. An einer schroffen, alpinen Felswand treffen die beiden auf den neuen habsburgischen Landvogt Hermann Gessler, der gemeinsam mit dem Soldaten Harras die Berge durchstreift. So zufällig die Begegnung der vier ist, so groß sind ihre Auswirkungen auf die Zukunft.

    Persönliche Meinung: „Tell“, verfasst von Joachim B. Schmidt, ist eine moderne Interpretation des Tell-Stoffes. Erzählt wird der Roman in fast 100 kurzen Sequenzen (meist 2-3 Seiten lang) aus der Ich-Perspektive von 20 verschiedenen Figuren (u.a. dem Dorfpriester, Bauern, Mitgliedern der Familie Tell, Soldaten). Das Erzähltempo ist dementsprechend hoch; die Handlung wird rasant erzählt, sodass man nur so durch die Seiten fliegt. Spannend ist bei diesen Perspektivierungen, dass die Sichtweise des titelgebenden Helden erst zum Schluss des Romans eingenommen wird. Wer Tell wirklich ist, was ihn antreibt und bewegt, erfahren die Lesenden daher erst zum Ende hin. Zuvor lernen die Lesenden Tell nur aus den Perspektiven der anderen Ich-Erzähler kennen. Diese beurteilen Tell meist aus der Distanz, können aber nicht zu seinem Kern vordringen. Dadurch, dass sie Tell nicht greifen können, aber trotzdem über ihn reden, nähren sie gewissermaßen den Mythos „Tell“. Tell ist eine interessant ausgestaltete Figur mit einer modernen Hintergrundgeschichte, die man in dieser Form nicht erwartet hätte: Er tritt mürrisch auf, ist verschlossen und besitzt Züge eines Anti-Helden. Insgesamt ist er eine äußerst tragische Figur, geplagt von Geistern der Vergangenheit, gefangen in einer Rolle, die er nicht einnehmen wollte. Kurzum: Ein Freiheitskämpfer wider Willen. Tell gegenüber steht der habsburgische Landvogt Gessler, der Antagonist, der eigentlich keiner ist. Ähnlich wie Tell ist er eine tragische Figur, der eine Rolle übergestülpt worden ist, wodurch Gessler an Vielschichtigkeit gewinnt. Dem unfreiwilligen Freiheitskämpfer wird ein Despot wider Willen entgegengesetzt. Doch „Tell“ geht nicht allein in der Gestaltung dieser beiden Charaktere auf. Der im Tell-Stoff angelegte Hang zum Familiendrama wird in „Tell“ weitergedacht. Ohne inhaltlich zu viel spoilern zu wollen: „Tell“ erzählt nicht nur eine moderne Version des legendären Schweizer Freiheitskämpfers, sondern thematisiert in gleichem Maße die Familie Tell, deren Vergangenheit und Gegenwart nicht reibungslos ist. Der Schreibstil von Joachim B. Schmidt lässt sich angenehm und flüssig lesen. Insgesamt ist „Tell“ eine moderne, vielstimmige und rasant erzählte Neuinterpretation des Tell-Stoffes.

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  1. Die berühmte Sage um Wilhelm Tell neu erzählt

    Von Wilhelm Tells legendären Apfelschuss haben wohl viele schon einmal gehört. Joachim B. Schmidt erzählt die Geschichte des Schweizer Nationalhelden neu. In kurzen Kapiteln lässt der Autor eine von Armut und Überlebenskampf geprägte Welt der Schweizer Bergbauern vor dem inneren Auge entstehen. Die Habsburger regieren das Land; ihre Mannen ziehen plündernd, vergewaltigend und mordend selbst durch entlegensten Gebiete und hinterlassen auf den Höfen Spuren der Verwüstung. Wilhelm Tell schert sich nicht um Gesetze und Obrigkeiten, versucht seine Familie in diesen schweren Zeiten durchzubringen, geht trotz Verbot auf die Jagd und gerät dadurch mehr als einmal in Konflikt. Zunächst erscheint er als wortkarger, eigenbrötlerischer und kaltherziger Mann. Je mehr aus seiner Vergangenheit ans Licht kommt, umso facettenreicher, lebendiger und menschlich nachvollziehbarer wird sein Charakter. Die kurzen Kapitel und Sequenzen, die eine Vielzahl von Personen zu Wort kommen lassen, bewirkten bei mir ein Gefühl der Atemlosigkeit beim Lesen. Ich fühlte mich hineingeworfen in ein rasantes Abenteuer, das stellenweise sehr brutal, manchmal auch possenhaft und dabei immer spannend war. Obwohl mir das Ende bekannt war, fieberte und bangte ich bei der berühmten Apfelschusszene bis zuletzt mit. Sprachlich hat mich Joachim B. Schmidt überzeugt und überrascht. Kalmann gehört zu meinen Lieblingsbüchern des vergangenen Jahres. Stilistisch haben die beiden Romane aber rein gar nichts gemeinsam. „Tell“ hat seine ganz eigene Sprache, die ich als sehr stimmig für die Region und die damalige Zeit empfinde. Es gefällt mir gut, wenn Autor:innen derart vielseitig in ihrem Ausdruck sind.

    „Tell“ hat eine alte Legende aufleben lassen und mich von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann gezogen.

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  1. Tell reloaded

    Sicherlich kennt jeder den Apfelschuss von Wilhelm Tell. Das Drama von Friedrich von Schiller wurde hier neu von Joachim B. Schmidt spannend und einnehmend dargestellt. Ich kenne die Original-Version noch nicht und bin völlig unvoreingenommen in die Story gestartet.
    Von dem Autor habe ich bereits "Kalman" gelesen und habe seinen außergewöhnlichen Schreibstil in diesem Roman wiedererkannt. Seine Art, öfter ein Kapitel mit einem humorvollen Satz zu beenden, begeistert mich immer wieder.
    Wilhelm Tell wird hier als Eigenbrötler und schroffen Bergbauer dargestellt. Nachdem er und seine Familie von den Habsburger Soldaten drangsaliert wurden, gerät er in Streit mit dem Landvogt Gessler, in deren weiteren Verlauf Tell seinem Sohn mit der Armbrust einen Apfel vom Kopf schießen muss.
    Die ganze Story ist so intensiv geschrieben, dass man das Buch gar nicht aus der Hand legen möchte. Die damaligen Zustände wurden ergreifend beschrieben und die teilweise brutalen Szenen ließen mich das ein oder andere Mal schlucken.
    Kurze Kapitel aus Sicht von unterschiedlichen Charakteren sorgen für schnelle Perspektivwechsel und entfalten so einen hypnotischen Sog.
    Ich gebe für diesen tollen Roman eine klare Leseempfehlung mit 4,5 Sterne.

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  1. 5
    24. Mär 2022 

    (K)ein Held

    Apfel – Armbrust – Schweiz … Es braucht nur wenige Schlagwörter, um auf den Namen des Schweizer Nationalhelden Wilhelm Tell zu kommen. Die Geschichte des Mannes, der mit einer Armbrust einen Apfel vom Kopf seines Sohnes schoss, ist weit über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannt – in etwa zumindest.
    Viele schon haben die Geschichte des Schweizer Nationalhelden literarisch verarbeitet. Diesmal hat sich der Schweizer Autor Joachim B. Schmidt in seinem Roman „Tell“ daran versucht

    An und für sich eine mutige Entscheidung, aus einer Geschichte, die fast jeder irgendwie und irgendwann schon einmal gehört hat, einen eigenen Roman zu machen. Da muss der Autor schon ein paar schriftstellerische Pfeile im Köcher haben, um aus dem vorhandenen Material eine Geschichte zu machen, die den Leser trotzdem überraschen kann. Lange Rede, kurzer Sinn: Joachim B. Schmidt hatte reichlich Pfeile im Köcher. Denn „Tell“ ist anders, ist unglaublich spannend und steckt voller Überraschungen.

    Joachim B. Schmidt hält sich im Großen und Ganzen an den Ablauf der Ereignisse. Es ist daher nicht das, was er erzählt, sondern die Art, wie er erzählt, die diese Version der Überlieferung zu etwas Besonderem machen.
    Er richtet das Hauptaugenmerk auf die Personen aus Tells direktem und erweitertem Umfeld, also alle, die an der überlieferten Geschichte beteiligt waren: seine Familie, Nachbarn, der gegnerische Habsburger und seine Soldaten etc. Aber auch Wilhelm Tell selbst kommt zu Wort.
    Die Charaktere setzen sich aus historischen und fiktiven Figuren zusammen und erzählen aus ihrer jeweiligen Perspektive die Chronik dessen, was damals passiert ist.
    Der Roman ist in unzählige kleine Kapitel unterteilt, die den Titel derjenigen Person tragen, die die Geschichte gerade weitererzählt.
    Das Ergebnis ist eine Geschichte, die zwar bekannt ist, aber dennoch ständig verblüfft. Dazu reichen minimale schriftstellerische Freiheiten in Form von Ausschmückungen, vielleicht auch Abweichungen von der bekannten Überlieferung aus. Die Handlung entwickelt eine unglaubliche Spannung, die einem Thriller alle Ehre machen würde.

    Durch die unterschiedlichen Perspektiven in diesem Roman entsteht ein Bild von Wilhelm Tell, das nur wenig gemein hat, mit dem eines heldenhaften Schweizer Freiheitskämpfers:

    Er ist ein sturer Kerl und trägt einen inneren Zorn mit sich herum, der immer wieder zum Ausbruch kommt. Viele Menschen haben Angst vor Wilhelm und gehen ihm aus dem Weg, genauso wie er den Kontakt zu anderen zu meiden versucht. Der Bauer lebt mit seiner Familie auf einem abgelegenen Berghof und kommt irgendwie immer über die Runden. Insbesondere sein ältester, jedoch nicht leiblicher Sohn Walter, hat unter dem Jähzorn seines Vaters zu leiden. Der Alltag der Familie ist hart und voller Entbehrungen.
    Wilhelm Tell interessiert sich nicht für Politik und das Gemeinwohl.
    Der Konflikt mit dem habsburgischen Landvogt, um den sich die Tell-Legende dreht, hat seinen Ursprung daher in nichts anderem als einem dummen Zufall.

    Ein weiterer Effekt der unterschiedlichen Perspektiven ist der Blick, den der Leser auf die Nebendarsteller in dieser Geschichte bekommt. In der Überlieferung spielen Wilhelm Tell und sein Sohn die Hauptrolle – zusammen mit dem gegnerischen Landvogt.
    Bei Joachim B. Schmidt sind diese Figuren nur einige von vielen. Das Augenmerk richtet sich auf die Familie Tells: Ehefrau Hedwig, Tells Mutter, seine Schwiegermutter Aloisia und natürlich Sohn Walter sowie Walters Geschwister.
    Durch deren Perspektive erhalten wir ein eindrucksvolles Bild des Lebens einer Bauernfamilie in der damaligen Zeit.

    Fazit:
    Ein unglaublich spannender Roman, der eine altbekannte Geschichte erzählt, aber dennoch zu überraschen weiß. Modern gewandete Historie, die nicht nur etwas für Schweizer Eidgenossen ist.

    © Renie

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  1. 5
    21. Mär 2022 

    Alle sind Tell

    Die berühmte Heldensage von Wilhelm Tell präsentiert uns Joachim B. Schmidt in einer Neuauflage, die es in sich hat. Er macht den recht sperrigen, klassischen Text von Schiller, den fast jeder aus der Schulzeit kennt, zu einem rasanten Leseabenteuer. Das ist Geschichtsunterricht auf sehr ansprechende Art und Weise, der so ziemlich jede*n hinterm Ofen hervorlocken wird ;-)

    Schmidts Erzählform ist genial: abwechselnd lässt er unterschiedlichste Personen zu Wort kommen und wechselt so permanent die Perspektive. Ob es Familienmitglieder von Tell sind, Menschen aus dem Ort, die Soldaten der Habsburger, der Landvogt, der Pfarrer... alle haben eine Beziehung zu Tell und es entsteht durch die Augen dieser Menschen im Laufe des Romans ein umfangreiches, ausdrucksstarkes Bild des Tell und der damaligen gesellschaftlichen Situation im 14.Jahrhundert. Schmidt erschafft sehr klare Bilder, ein Kopfkino vom Feinsten stellt sich ein, und trotz aller Knappheit des Romanes ist es möglich, den Menschen unheimlich nah zu sein.

    Wir erleben hier einen sehr menschlichen Tell, der zwar verschlossen und schroff nach außen auftritt, jedoch mit einem großen Herzen und starken Willen für die Seinen einsteht gegen die Habsburger. Ein "Held" will er nicht sein. Damit ist er Vorbild für ein ganzes Volk, welches es ihm gleichtut. "Alle sind Tell."

    Fazit: temporeich, (geschichtlich) knallhart und anrührend, menschlich und sogar humorvoll - ein ganz tolles Leseerlebnis mit unheimlich vielen Details, die es zu entdecken gilt. Hat mich super unterhalten und Lust auf mehr von diesem Autor gemacht!

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  1. Alte Sage im neuen Gewand...

    Nachdem mir "Kalmann" so unglaublich gut gefiel, musste ich auch zum neuen Buch von Joachim B. Schmidt greifen. Gespannt begann ich mit der Lektüre.

    In der Geschichte geht es um den Bergbauern Wilhelm Tell, in dessen Heimatort die Habsburger ihr Unwesen treiben und die Bevölkerung terrorisieren. Aufgrund eines kleinen Fehlverhaltens folgt der berühmte Apfelschuss, aber das ist erst der Anfang von so viel mehr. Wer wird überleben und wer wird es nicht schaffen?

    Zu Beginn brauchte ich etwas, um in die Handlung zu finden, da mich die vielen Akteure, die alle aus der Ich- Perspektive berichten, etwas verwirrt haben. Man sieht erst nach und nach wer zu wem gehört und wer letztlich wer ist.

    Die insgesamt zehn Kapitel sind nochmals in Sequenzen unterteilt, die recht kurz sind, was für einen enormen Speed in der Handlung sorgt. Ich fühlte mich regelrecht durch die Ereignisse getrieben, weil alles Knall auf Fall geht. Das hat mir gut gefallen, sorgt es doch dafür, dass man nicht mehr aufhören kann zu lesen.

    Ich kannte die Tell- Sage nur wage und kann daher wenig Vergleiche ziehen, was aber absolut nicht nötig ist, da diese Geschichte für sich steht. Was mich besonders berührt hat waren die Geschehnisse bei Vater Loser, weil es einen Bezug zur aktuellen Realität hat, obwohl diese Geschichte ja einige Jahrhunderte vor uns spielt.

    Auch das Leid der Frauen hat mich mitgenommen, sind sie doch oft der Willkür der Männer ausgesetzt und können ihr Schicksal nur hinnehmen.

    Meine absolute Hassfigur und ich denke das war auch so gewollt, war Harras. Wie verbittert muss man sein vom Leben, dass man von allen Menschen nur schlecht denkt und jedem nur Schlechtes wünscht? Die dusseligen Soldaten hingegen fand ich dazu köstlich amüsant.

    Fazit: Ein spannender Roman, der mit hartem Stoff daherkommt, aber eben auch einige witzige Momente zu bieten hat. Klare Leseempfehlung!

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  1. Beeindruckend erzeugte Atmosphäre

    Wilhelm Tell, so heißt der Protagonist von Schillers Drama, das auf dem Leben des gleichnamigen Freiheitskämpfers aus der Schweiz basiert. Doch ist es überhaupt nötig, einen Roman zu schreiben, wenn es schon ein Drama gibt? Joachim B. Schmidt zeigt: Ja, ist es.

    In kurzen Kapiteln aus wechselnder Sicht - insgesamt 20 Figuren sind es, deren Perspektive wir hier zu lesen bekommen - erzählt der Autor die Geschichte eines Mannes nach, der sich gegen die Macht des amtierenden habsburgischen Landvogts auflehnt und daraufhin zum Apfelschuss auf seinen Sohn gezwungen wird. Doch noch viel mehr als diese eine, bekannte Szene vermag Schmidt einzufangen: Es ist die Kulisse einer kargen Berglanschaft, die den Menschen zum Überleben alles abverlangt, kombiniert mit eigenwilligen, urig-skurrilen Charakteren, die die Atmosphäre des Romans ausmachen. Es herrscht eine Disharmonie, eine Abneigung zwischen vielen der Figuren vor, die mich schon in den ersten Kapiteln faszinieren konnte. Und dennoch ist es auch eine Geschichte der tief empfundenen Zuneigung, die hier erzählt wird. Tell selbst kommt dabei erst ganz am Ende des Romans zu Wort, bis dahin sind es die anderen Figuren, die zu ergründen suchen, was im Kopf des stillen, abwe(i)send wirkenden Mannes vor sich geht.

    In wenigen Worten gelingt es Schmidt, einer ganzen Fülle an Charakteren erstaunliche Tiefe und Vielfalt zu verleihen, und das, obwohl auf die meisten selten mehr als ein oder zwei Seiten am Stück entfallen. Entgegen meiner Befürchtungen hatte ich nie das Gefühl, nur eine Aneinanderreihung von Fragmenten zu lesen; eher ist es ein großes Puzzle, das hier nach und nach entsteht, und bei dem nicht selten eine Episode der nächsten die Hand reicht und ein detailliertes, tiefsinniges Bild von Land und Leuten zeichnet. In solch kurzen Kapiteln eine derart eindrückliche Atmosphäre zu erschaffen, ist ganz große Kunst.

    "Tell" ist für mich ein Roman, von dem ich mir nach "Kalmann" viel erhofft hatte und der meinen Erwartungen auch vollkommen gerecht werden konnte. Ich freue mich auf mehr von Joachim B. Schmidt!

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  1. Ein Klassiker - neu erzählt

    „Klassiker sind verstaubt und langweilig“, Vorurteile, die aber in vielen Fällen durchaus ihre Berechtigung haben.

    Joachim B. Schmidt hat es aber geschafft, aus dem uralten Stoff der Tell-Sage einen modernen und mitreißenden Roman zu schreiben. Kurze, ständig wechselnde Ich-Perspektiven werfen die verschiedensten Blickwinkel auf die jeweilige Situation und auch auf den Charakter Tells, der sich so nach und nach herausschält, ohne dass er zunächst selbst zu Wort kommt. Dabei wirkt die Geschichte in keiner Weise so hektisch, wie diese Erzählweise vielleicht vermuten lässt. In Vorbereitung auf dieses Buch habe ich die klassische Bühnenversion von Friedrich Schiller gelesen, der sich relativ eng an die mittelalterliche Vorlage von Tschudi gehalten und die Tell-Legende mit dem Rütli-Schwur und somit der Gründung der Ur-Schweiz verbunden hat. Diese politische Dimension hat Schmidt hier zwar nicht völlig, aber doch relativ außer Acht gelassen. Er erzählt mehr von der brutalen und menschenverachtenden Besatzung der Schweiz durch die Habsburger und dies teilweise äußerst drastisch, aber wahrscheinlich realistisch. Das ist ziemlich harte Kost und nicht unbedingt etwas für zarte Gemüter. Auch ich musste so manches Mal das Buch zur Seite legen. Tell ist ein schwieriger und unnahbarer Charakter, nicht unbedingt sympathisch, aber so nach und nach entwickelt sich ein Verständnis für ihn und sein Verhalten. Das Buch liest sich flott und, obwohl die Geschichte in den Grundzügen natürlich bekannt ist, spannend wie ein Krimi. Es ist eine großartige Geschichte über Unterdrückung und Rache, aber auch Familie, Liebe und Gemeinschaft. Prädikat: Äußerst lesenswert!

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  1. Der "Neue - alte" Tell

    *TELL* wurde von Joachim B. Schmidt erdacht & geschrieben.
    Der diogenes Verlag veröffentlicht diesen Roman am 23.02.2022.

    Der Schriftsteller: J.B.Schmidt wurde 1981 in Graubünden/Schweiz geboren. Er lebt inzwischen, mit seiner Partnerin und den gemeinsamen 2 Kindern, auf Island.
    Seit 2007 arbeitet er als Autor, Journalist & Reiseleiter.
    Inzwischen wurden einige seiner Veröffentlichungen mit Preisen gewürdigt.
    Mit der Neuerschaffung der Tell-Saga hat er ein tolles Werk geschaffen.
    (Die meisten deutschen Schüler haben die Schiller-Fassung des Tell, in ihrer Schulzeit lesen müssen...)
    Inhalt:
    Diese neue Version wird, mit Sicherheit großen Gefallen, bei Jung & Alt finden.
    Friedrich Schiller hat im Jahr 1804, den Tell, als sein letztes Werk beendet.
    Es entstand ein Drama aus 5 Akten. Dieses wurde im März 1804 im Weimarer Hoftheater uraufgeführt.
    Wilhelm Tell ist ein Bergbauer. Er kümmert sich uneingeschränkt um das Auskommen seiner Familie und dem der ihm Anvertrauten. Im ganzen Land für seine hervorragende Armbrust-Handhabe bekannt ist der Bauer Tell, jemand den man kennt. Hin und wieder muss er seinen Hof verlassen, um Einkäufe und Tauschgeschäfte im Tal zu erledigen.
    Diese Tätigkeit läßt ihn ohne Vorwarnung in eine gefährliche Situation geraten.
    Nun sind beide, Tell & sein Sohn in echter Lebensgefahr. Nur die Armbrust-Künste Tell´s könnten beide retten...

    Mein persönliches Leseerlebnis:

    Ich gebe zu: ich war etwas skeptisch. Wie oft gibt es Neufassungen, die mit vielen Versprechen einhergehen?
    Hier jedoch stimmte die Meinung der Fach-Gemeinschaft.

    Erzählweise, Schreibsstil und Lesefluss
    Mit großem mitmenschlichem Einfühlungsvermögen erzählt Schmidt den Tell.
    In relativ kurze Kapitelpassagen verpackt,im Umganssprachlichem Deutsch verfasst, erzählt uns der Autor, TELL.
    Auch der Personenkreis,dem die Tell-Saga nicht bekannt ist, wird an dieser rasanten, historisch wahren Geschichte, Gefallen finden.
    Wir können gespannt sein, was der "neue TELL" in Zukunft, alles bewirken werden wird.

    Zusammenfassung:

    Neue Fassung einer historisch wahren und Länder prägenden Erzählung.
    Der Schreib- & Erzählstil ist sehr flüssig lesbar & das Erzählte bleibt einem im Gedächtnis.
    Die Vogtherrschaft, besser Tyrannei innerhalb der, damals von Östereich belagerten, Schweiz wird hier eingängig und mit Rafinesse´erzählt.

    Fazit:

    Der "neue" Tell sollte in keiner Bibliothek fehlen!
    Diese Erzählung lege ich, ausgestattet mit einer 5 Sternebewertung jedem Leser ans Herz.
    Ein Buch, welches Geschichte & deren Auswirkungen erzählt, ohne Langeweile aufkommen zu lassen.

    Mit herzlichem Dank für das Leseexemplar!

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  1. Einfach nur gewaltig gut!

    !ein Lesehighlight 2022!

    Klappentext:

    „Joachim B. Schmidt greift nach den Schweizer Kronjuwelen und macht aus der ›Tell‹-Saga einen Pageturner, einen Thriller, ein Ereignis: Beinahe 100 schnelle Sequenzen und 20 verschiedene Protagonisten jagen wie auf einer Lunte dem explosiven Showdown entgegen. Keine Nach-, keine Neuerzählung, sondern ein Blockbuster in Buchform: ›The Revenant‹ in den Alpen, ›Braveheart‹ in Altdorf.“

    Autor Joachim B. Schmidt ist bereits seit „Kalmann“ ein gern gesehener Autor in meiner Bibliothek. Nun wagte er sich an an Wilhelm Tell heran. Und genau so flott wie sich der Klappentext liest, stürmen wir Leser hier durch diese Geschichte. Wir erleben einerseits das Hofleben in den Schweizer Bergen aber eben auch die Personen selbst. 20 an der Zahl dürfen hier zu Wort kommen und wir erfahren so einiges und so nichts. Schmidt geht hier wieder mit großartigen Worten vor und genießt es regelrecht den Leser zum schwitzen zu bringen. Sein Ausdruck und auch seine Textgestaltung haben wieder etwas poetisches, etwas philosophisches und sein Ton ist genau wie seine Schnelligkeit besonders. Genau wie sein Protagonist. Der Grundstock der Geschichte ist der selbe wie bei Schiller, nur eben verfeinert mit der Finesse von Joachim B. Schmidt. Er erfindet hier nichts neu sondern legt seinen persönlichen Fokus darauf.

    Es ist und bleibt eine irre und wunderbare, klassische Geschichte und Schmidt hat ihr die Krone aufgesetzt. Besser hätte es nicht erzählt werden können. 5 von 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung!

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  1. Bauernbashing.

    Kurzmeinung: Joachim B. Schmidt enttäuscht wieder NICHT.

    Manche Autorennamen sind Garanten. Nach dem einfühlsamen und wunderbaren Roman über den isländischen Sonderling „Kalman“ bin ich überzeugt davon, dass mit einem weiteren Roman des Autors kein Fehler unterlaufen kann. Und so ist es auch. „Tell“, die literarisch aufbereitete Sagengestalt eines Schweizer Bauern, Freiheitskämpfers, überzeugt mich ein zweites Mal. Joachim B. Schmidt kann Sonderlinge!

    Wilhelm Tell, Namensträger vorliegenden Romanes ist ein schweizerischer Nationalheld aus dem frühen 14ten Jahrhundert. Auch Friedrich Schiller hat sich des Stoffes angenommen, den „der Tell“ vortrefflich bietet. Was wahr ist und was Sage, bleibt jedoch auf ewig ungeklärt.

    Bei Schmidt steht das Familiäre im Zentrum. Arme Bauern von der Obrigkeit geknechtet und willkürlich gerichtet oder vorgeführt. Was bedeutet das? Wie kommt man durch den Winter? Wie kommen die Soldaten zu ihren Einstellungen? Wie leben die Frauen? Was gilt ein Einzelschicksal?

    In vielen kleinen Sequenzen lässt der Autor die historische Landschaft der Schweiz um den Vierwaldstättersee herum, entstehen. Die Leserschaft ist ein wenig auf Distanz gehalten, so dass sie die Grausamkeiten der damaligen Zeit verkraften kann und nicht im Strahl vom Sofa kotzen muss, aber andererseits nahe genug dran, um mitzuleiden. Der taffe Tell. Warum ist er ein so harter Mann geworden, dass sogar seine Kinder ihn fürchten?

    Die Geschichten, die J.B. Schmidt um den Tell webt, sind stichhaltig, glaubwürdig und spannend. Aus vielen Facetten mit vielen Perspektivwechseln ergibt sich schnell ein klares Bild. Sprachlich ist er ebenfalls gut aufgestellt, der kleine Roman!

    Darüber hinaus zeigt er aufs beste, wie die Bevölkerung, insbesondere die ländliche, von der Obrigkeit behandelt wurde. Man kann es nicht anders bezeichnen als Bauernbashing!

    Der Kommentar:
    Ich bin überzeugt von diesem kleinen Kunstwerk. Das einzige, was negativ zu Buche schlagen könnte, ist die nur indirekt vorhandene historisch-politische Konnotation. Hier wäre mehr möglich gewesen.

    FAZIT: Bauernbashing im 14. Jahrhundert! Geschichtsunterricht auf höchst unterhaltsame Art.

    Kategorie: Historischer Roman. Belletristik.
    Verlag: Diogenes, 2022

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  1. Wilhelm Tell in moderner Form!

    Vom Schweizer Freiheitskämpfer Wilhelm Tell wird wahrscheinlich schon jeder gehört haben, manche sogar das Drama von Friedrich von Schiller kennen. Aber können wir uns wirklich vorstellen, was sich damals abgespielt hat?

    Joachim B. Schmidt katapultiert uns ins Jahr 1307 ins Isental (heutige Zentral-Schweiz) auf den Tell-Hof, wo die vielköpfige Familie Tell ums wirtschaftliche Überleben unter der harten Regentschaft der Habsburger Landvögte zu kämpfen hat. Er lässt ca. 20 Protagonisten zu Wort kommen und jeweils eine aktuelle Szene aus deren Sicht erzählen. Das gibt der Geschichte eine Wahnsinns-Lebendigkeit und den diversen Personen auch viel Menschlichkeit. (Auch jenen, von denen wir es gar nicht gedacht hatten, wie z.B. dem Landvogt Gessler.)

    Herrlich abschreckend wird ein halbes Dutzend Habsburger Soldaten unter Gesslers Handlanger Harras gezeichnet, zu dessen üblichen Tagesablauf Alkohol und Überfälle auf die Zivilbevölkerung (mit Plünderungen, Vergewaltigungen und Tötungen) gehört.

    Wilhelm Tell erleben wir nicht nur als zupackenden, freiheitsliebenden Naturmenschen, sondern auch als Vater, als Ehemann, als Sohn und Schwiegersohn und als Bruder, der seinen geliebten Bruder Peter am Berg überlebt hatte. Neben dem bekannten Showdown werden am Ende auch einige Geheimnisse gelüftet, die sich der Autor zusätzlich hat einfallen lassen.

    Spannend bis zur letzten Seite, die Charaktere scharf gezeichnet, die Handlungen psychologisch nachvollziehbar, empfehle ich dieses Buch wärmstens! Die Höchstzahl an Sternen deshalb von mir!

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