Rezension Rezension (4/5*) zu Das kann uns keiner nehmen: Roman von Matthias Politycki.

RuLeka

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30. Januar 2018
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Buchinformationen und Rezensionen zu Das kann uns keiner nehmen: Roman von Matthias Politycki
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Vielschichtiger Roman

Der Autor Matthias Politycki, 1955 geboren, hat schon sehr viele Bücher geschrieben - Romane, Erzählungen, Reiseberichte und mehr. Er ist ein Schriftsteller, der oft auf Reisen ist und dies in seinen Büchern literarisch verarbeitet.
In diesem Roman führt er uns nach Afrika. Hans, ein kultivierter Hanseate, ist Schriftsteller, Anfang 60 und der Ich- Erzähler der Geschichte. Nun hat er es dieses Mal endlich geschafft. Er ist oben, auf dem Gipfel des Kilimandscharo, wo er schon sein Leben lang hin wollte. Eine Nacht möchte er unten im Krater verbringen, weg von all dem Trubel am Berg und hier mit seiner Vergangenheit abschließen. Das war sein Plan. Aber da unten ist schon einer - ein dürrer, verrückter Typ namens Tscharli. „ Lecko mio“ begrüßt ihn dieser; genauso wenig erfreut von dem Eindringling. Die beiden ungleichen Männer sind nun gezwungen, die Nacht gemeinsam im Krater zu verbringen. Eine Nacht, die ihnen unvergesslich werden wird. Ein Schneesturm bricht aus und am nächsten Morgen sind beide froh überlebt zu haben.
Nach dem Abstieg will Hans eigentlich weiter. Die Chauvisprüche und die rassistischen Bemerkungen des Bayern gehen ihm gewaltig auf die Nerven. Trotzdem lässt er sich auf eine gemeinsame Reise ein. Tscharli ist nämlich ernsthaft krank und braucht deshalb einen „ Aufpasser“. Bald ist klar, dass dies seine letzte Reise sein wird. Und hinter seiner flapsigen Art steckt eine verwundete Seele.
Der Leser begleitet die beiden Männer auf ihrer Tour quer durch Tansania bis nach Sansibar. Beide schleppen alte Geschichten mit sich herum. Nach und nach erfährt man nun von Tscharlis großer Liebe Kiki, die jung gestorben ist. Und Hans war vor 25 Jahren schon einmal in Afrika, eine gemeinsame Reise mit seiner Freundin Mara. Für Hans ging es damals um Leben und Tod und Mara hat ihn gerettet. Danach verlässt sie ihn.
Politycki versteht es, die konträren Charaktere der Figuren glaubhaft darzustellen. Anfangs ärgert sich Hans über Tscharlis Sprüche, merkt aber bald, dass dieser mit seiner lockeren Art die Herzen der Menschen, v.a. die der Frauen gewinnt. Und so kommt es zu einer Annäherung, ja zu einer Freundschaft zwischen den Männern.
Tscharlis bayrisches Suaheli- Englisch lockert den Text auf und manche tiefsinnigen Lebensweisheiten bleiben dem Leser im Gedächtnis.
Gleichzeitig vermitteln die Landschaftsbeschreibungen und die Begegnung mit Einheimischen ein lebendiges Bild von Afrika. Dabei werden die aktuellen gesellschaftlichen und politischen Probleme nicht verschwiegen.
Der Roman beginnt furios, hat danach einige Längen ( manche Wiederholungen, auch sprachlicher Art, hätte es nicht gebraucht ), nimmt aber gegen Ende hin wieder Fahrt auf.
„Das kann uns keiner nehmen“ ist ein vielschichtiger Roman. Es ist ein Buch über das Leben mit seinen Verwerfungen, über Freundschaft, über die Liebe und über den Tod. Roadnovel und Reisebericht obendrein.
Dass der Autor eigene Erfahrungen in diesem Roman verarbeitet hat, spürt man auf jeder Seite. Er hat selbst den Kilimandscharo bestiegen und ist vor vielen Jahren in einem afrikanischen Krankenhaus beinahe gestorben.
Das war mein erstes Buch von Matthias Politycki, aber sicher nicht mein letztes.

 
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Reaktionen: Literaturhexle

Literaturhexle

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2. April 2017
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Eine gewohnt mehrdimensionale und sehr aussagekräftige Rezension,liebe @RuLeka!
Der Roman besticht schon durch sein Cover, der Inhalt hat es auch in sich :)
 

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