Die Musik habe ich zwar noch nicht gehört, das werde ich gleich nach diesem Beitrag tun, habe aber den 1.Abschnitt bereits gelesen
Joseph Schmidt ist in einer prekären Situation. Als Jude droht ihm im Jahre 1942 auch im Vichy-Regime die Deportation.
Geflüchtet hat er sich mit ins Haus von Freunden im Süden Frankreichs, die Fluchtroute wird diskutiert, es gibt einen Passeur, einen Fluchthelfer, der ihn gemeinsam mit anderen Flüchtigen an die Schweizer Grenze bringen soll.
Der Roman wird aus der Ich-Perspektive des Sängers erzählt, der seinen Freundem zum Abschied die Elegie von Massenet vorträgt.
Immer wieder werden die Ereignisse der Gegenwart von Erinnerungen des Sängers durchbrochen.
Wir erfahren,
dass seine Mutter in Bukowina, Czernowitz, geblieben ist. Ein historische Landschaft, die heute z.T. zu Rumänien und z.T. zur Ukraine gehört (auch die Heimat von Rose Ausländer, die ihrer Heimat im Exil mehrere Gedichte widmete).
dass er mehrere Geliebte hatte und keine Verantwortung für das Kind, das er mit einer seiner Geliebten gezeugt hat, übernommen hat - was nicht gerade für ihn spricht.
dass er sein Geld mit vollen Händen ausgegeben hat, in dem Glauben immer wieder ein Engagement zu erhalten.
dass er von klein auf von "Tönen (...) magisch angezogen" wurde und gegen den Willen seines Vaters seinen Weg als Sänger konsequent verfolgt hat.
Joseph Schmidt weiß, dass die Gerüchte über Züge in den Osten wahr sind, er ist fest davon überzeugt, dass es Hitler um die Ausrottung der Juden in Europa geht - daher die Entscheidung in die neutrale Schweiz zu flüchten. Allerdings hat er keinen gültigen Pass, er ist ein staatenloser Jude, was an der Grenze zur Abweisung führt - eine demütigende Situation für den einstigen Star, der schließlich auf illegalem Weg in die Schweiz gelangt und nun nach Zürich reisen will, wo er sich Hilfe von Selmas Bruder erhofft - seine derzeitige Geliebte, die er in Frankreich zurücklässt. Ein Umstand, den ich nicht ganz verstanden habe. Warum lässt er sie allein, obwohl sie doch krank ist?
Eine weitere Perspektive erhält man in der Rechtfertigung eines Doktors der Jurisprudenz in der Eidgenössischen Polizeiabteilung, der die Praxis verteidigt, dass asylsuchende Juden an der Grenze nicht mehr aufgenommen werden. Er argumentiert zunächst ökonomisch, was angesichts der Greueltaten, die den Juden angetan worden sind, und der Deportation in die Konzentrationslager, völlig unmenschlich wirkt und auch ist - der Antisemitismus und die Angst vor Überfremdung scheint auch in der Schweiz geherrscht zu haben.