Agent Sonja

Buchseite und Rezensionen zu 'Agent Sonja' von Ben Macintyre
4.6
4.6 von 5 (5 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Agent Sonja"

1923, Ursula ist gerade einmal sechzehn Jahre alt, wird sie bei einer 1.-Mai-Demonstration von einem Polizisten niedergeknüppelt. Es ist nur ein Grund mehr für sie, der Kommunistischen Partei beizutreten und deren Ideen in die Welt hinauszutragen. Mit Anfang zwanzig begleitet sie ihren ersten Ehemann nach Shanghai, wo sie Richard Sorge kennenlernt. Der Meisterspion wirbt sie für den russischen Geheimdienst an und sorgt dafür, dass sie in Moskau eine Ausbildung zur Agentin absolviert. Von dort aus geht es für sie in die Mandschurei und anschließend in die Schweiz, wo sie ein Bombenattentat auf Hitler plant. In den 50er Jahren wird sie in der DDR unter dem Namen Ruth Werner zur Erfolgsautorin. Den größten Dienst erweist sie der Sowjetunion aber, indem sie zwischen 1943 und 1949 Informationen über das britische Atomprogramm an Moskau weitergibt – eine der gefährlichsten Spionageaktionen des 20. Jahrhunderts. Spannend und temporeich wie einen Thriller erzählt der Spionageexperte und Bestseller-Autor Ben Macintyre das unglaubliche, aber wahre Leben einer Spionin, die den Lauf der Weltgeschichte maßgeblich verändert hat.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:469
Verlag: Insel Verlag
EAN:9783458643463

Rezensionen zu "Agent Sonja"

  1. 5
    30. Sep 2023 

    Unglaubliches Leben meisterhaft erzählt

    Wie es gehen soll, Mutter, Kommunistin und Topspionin in einem zu sein, wollte sich mir vor der Lektüre dieses Buches nicht erschließen. Allein bei der Vorstellung eines solchen Lebens bekam ich Gänsehaut. Dies war jedoch nichts gegenüber der überwältigenden Gefühle, die mich beim Lesen dieses Buches begleiteten.
    Ben Mcintyre erzählt sehr gekonnt eine wahre Geschichte, die in dieser Form nur vom Leben selbst geschmiedet worden sein kann. Sehr einleuchtend kommen während der Lektüre die Beweggründe dieser Frau durch, die sie zu so einem spannenden und gefährlichen Leben verleitet haben. Die ganz besonderen Bedingungen dieser Zeit bewegen sie als junge Frau und als Jüdin so sehr, dass sie bereit ist, ihr persönliches Lebensglück für die Version von Frieden, Wahrheit und Gerechtigkeit zu opfern, die ihr die kommunistische Welt scheinbar überzeugend vermittelte.
    Es wäre sehr spannend zu wissen, wie sie selbst aus heutiger Perspektive ihr Handeln und ihren Einsatz bewerten würde.
    Ein sehr lohnendes Buch; für weniger starke Nerven empfehlen sich jedoch Pausen oder gutes Nervenfutter...!

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  1. 5
    18. Nov 2022 

    Packend und informativ!

    Der englische Schriftsteller Ben Macintyre hat schon einige Bücher über Spionage geschrieben. In diesem hier erzählt er detailgenau und spannend die faszinierende Geschichte der Frau, die unter dem Decknamen „ Sonja“ jahrelang als kommunistische Spionin tätig war.
    Geboren wurde Ursula Kuczynski, wie sie tatsächlich hieß, 1907 als Tochter einer vermögenden jüdischen Familie in Berlin. Ihr Vater war ein angesehener links stehender Gelehrter. Auch Ursula liest begeistert die Schriften Marx und Engels. Ein Polizeiknüppel auf ihrem Rücken, als sie an einer Demonstration der kommunistischen Jugend mitmarschierte, war die Initialzündung für ihr Engagement. Ihr Kampf galt danach dem Sieg des Kommunismus.
    Der führte sie in alle Welt. Die erste Station war Shanghai, zu Beginn der 1930er Jahre eine Stadt der Gegensätze. Das „Paris des Ostens“ war gleichzeitig die „ Hure des Ostens“, ein Zentrum für Drogen und Kriminalität, aber auch der Spionage. Ursula lebt hier mit ihrem ersten Mann, einen Architekten und ihrem kleinen Sohn Michael, als sie Richard Sorge kennenlernt, einer der berühmtesten Spione des 20. Jahrhunderts. Er macht sie nicht nur zu seiner Geliebten, sondern rekrutiert sie auch für den russischen Geheimdienst. In Moskau erhält sie eine Ausbildung als Funkerin. Einsätze folgen in die Mandschurei und nach Polen. 1938 flüchtet Ursula in die Schweiz, wo sie Widerstandsgruppen gegen Nazi- Deutschland aufbaut. Und 1940 kann sie nach England emigrieren, was ihr als Jüdin mehr Sicherheit bietet. Doch auch ihre neue Heimat spioniert sie für die Sowjets aus. Russland befindet sich gerade in einem Wettlauf mit den Amerikanern bei der Herstellung einer Atombombe. Hierzu kann Ursula wertvolle Informationen liefern.
    Ein unglaubliches Leben, v.a. wenn man bedenkt, dass Ursula neben ihrer Tätigkeit als Topagentin Hausfrau und Mutter war. Anschaulich beschreibt Macintyre, wie sie versucht, das alles unter einen Hut zu bringen. Die Ehe mit ihrem ersten Mann zerbricht; Ursula bekommt noch in Asien eine Tochter von einem ehemaligen Führungsagenten und in der Schweiz lernt sie einen englischen Kommunisten und Spanienkämpfer kennen. Die Ehe mit ihm verschafft ihr die englische Staatsbürgerschaft. In der ländlichen Umgebung von Oxford führt sie mit Mann und mittlerweile drei Kindern das Leben einer ganz normalen Familie. Die anderen Dorfmitglieder wären sehr überrascht gewesen, hätten sie gewusst, warum ihre nette Nachbarin so oft mit dem Fahrrad unterwegs ist.
    Ursula versuchte immer, ihren Kindern eine gute Mutter zu sein. Das ging nicht ohne Kompromisse. Ihr ältester Sohn Peter sagt später einmal: „ In ihrem Leben gab es zwei wichtige Dinge, ihre Kinder und die kommunistische Sache. Ich weiß nicht, was sie getan hätte, wenn sie sich für eines von beiden hätte entscheiden müssen.“ Der Autor hat aus gutem Grund seinem Buch den Untertitel „ Kommunistin, Mutter, Topspionin“ gegeben.
    Auch schwerwiegende Maßnahmen der sowjetischen Regierung zerstörten nicht ihren Glauben an die kommunistische Idee. Das eine waren Stalins Säuberungsaktionen, denen unzählige Genossen zum Opfer fielen. Ursula versuchte zu verdrängen, dazu kam ihre Angst, selbst fälschlicherweise unter Verdacht zu geraten. Doch der Hitler- Stalin- Pakt 1939 schockierte Ursula zutiefst. Der Kommunismus machte gemeinsame Sache mit Nazi- Deutschland, das sie zutiefst hasste und bekämpfte. Aber auch hier konnte sie sich arrangieren.
    Obwohl der britische Geheimdienst auf Ursula aufmerksam wurde, geriet sie nie ernsthaft in Verdacht. In der Männerwelt der Spionage und der Spionageabwehr war es unvorstellbar, dass eine Hausfrau und Mutter gleichzeitig eine große Agentin sein kann.
    Ben Macintyre hat für dieses umfangreiche Buch akribisch recherchiert. Dazu standen ihm eine Unmenge an Quellen zur Verfügung, darunter auch Ursulas Autobiographie, die sie unter dem Namen Ruth Werner 1977 in der DDR veröffentlicht hat: „ Sonjas Rapport“. Der englische Autor erzählt noch von Ursulas Leben nach Beendigung ihrer Agententätigkeit. 1950 zog Ursula mit ihrem Mann und ihren Kindern nach Ostdeutschland, wo sie unter ihrem neuen Namen Kinderbücher schrieb. Im Juli 2000 starb Ursula Kuczynski im Alter von 93 Jahren.
    Diese Biographie liest sich wie ein Roman. Trotz der vielen Informationen , die das Buch liefert, entsteht ein fesselndes und lebendiges Bild einer ungewöhnlichen Frau. „ Ursula wurde dem Proletariat und der Revolution zuliebe eine Spionin; doch sie tat es auch für sich selbst, getrieben von einer außerordentlichen Kombination aus Leidenschaft, Romantik und Abenteuerlust, die in ihr sprudelten.“
    Neben Ursula porträtiert der Autor auch zahlreiche Weggenossen, die für sie bedeutsam waren, Ehemänner, Liebhaber, Freunde und Feinde. Der historische Hintergrund, vor dem die Figuren agieren, fließt organisch in die Handlung ein. Gleichzeitig bekommt der Leser ein authentisches Bild von der Welt der Spione.
    Lobenswert und der Veranschaulichung dienlich sind auch die vielen Photographien, die dem Text beigefügt sind.
    Ein äußerst lesenswertes Buch für Leser von Biographien und für historisch Interessierte.

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  1. 5
    14. Nov 2022 

    Was für eine bewundernswerte Frau

    Im Grunde kenne ich die Geschichte von Sonja - oder Ruth Werner - oder Ursula Kuczynski schon recht gut. Sonjas Rapport habe ich gelesen und auch die Bücher von Ruth Werner, in die ja zum Teil auch autobiografische Inhalte mit einflossen.

    Aber umso neugieriger war ich auf dieses Buch. Meine Hoffnung war zu erfahren, wie sie sich zu der bewundernswerten Frau entwickelt hat. Ist es dem Autor gelungen? Auf jeden Fall!

    Dieses Buch ist so anders. Es lässt sich aus meiner Sicht in kein Genre einordnen. Phasenweise liest es sich wie eine Biographie, dann vermischen sich die historischen Ereignisse mit in die Geschehnisse. Vielleicht durch diese gelungene Mischung gelang es mir einen tieferen Einblick in das Leben von Ursula Kuczynski zu bekommen. Und beim Lesen bin ich hin- und hergerissen. Da ist zum einen dieses wirklich aufregende Leben der Frau, die als überzeugte Kommunistin alles riskiert um die Sowjetunion damals mit wichtigen Informationen zu versorgen. Auf der anderen Seite ist sie eine Mutter, die trotz der Liebe zu ihren Kindern es sich nicht nehmen lässt zur Ausbildung auch mal mehrere Monate in ein fremdes Land zu gehen und die Kinder bei den Großeltern dabei zurücklässt.

    Sie ist sich des Risikos bewusst, auch dass sie mit ihrer Spionagetätigkeit durchaus nicht nur ihr Leben, sondern auch das Leben ihrer Kinder in Gefahr bringt. Und doch ist da eine Energie in ihr, die sie weitermachen lässt. Im Nachhinein stellte sich dann auch heraus, dass sie nicht nur einmal enormes Glück gehabt hatte und so einer Enttarnung entgangen ist.

    Interessant fand ich auf jeden Fall, dass ihre Kinder erst viele Jahre später erfahren haben, was ihre Mutter in ihrer Jugend für ein interessantes und aufregendes Leben hatte. Sie hat für ihre Überzeugung gekämpft und sich von niemals von ihrem selbst gewählten Weg abbringen lassen.

    Ob ihre Kinder unter dieser Situation gelitten haben? Vermutlich nicht, denn sie kannten es ja nicht anders.

    Von mir gibt es für dieses außergewöhnliche Buch über eine bewundernswerte Frau eine unbedingte Leseempfehlung.

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  1. Von einer Politischen Symbolfigur zur Romanheldin

    Ausser Mata Hari kannte ich bisher keine real existierende Agentin beim Namen. Und da auch nicht die reale Geschichte, eher den Mythos.
    Was kann einen Menschen zum Agenten machen? Ein wenig hat für mich schon das Cover eine Antwort gegeben. Schwarz, Weiß und Rot sind hier die Farben. Für mich symbolisieren sie das Schwarzweißdenken einer Person, für die nur das eine richtig und das andere falsch ist und Rot für die Kommunistische Partei.
    Passt Agent Sonja, alias Ursula Kuczynski, in dieses Schema?
    Vielleicht, ist hier die Antwort.
    Die zeitlichen Umstände und die famliären Hintergründe haben sicherlich zu der politischen Einstellung Sonjas beigetragen. Die dann einfach aufzugeben mag ihr schwer gefallen sein. Gleichzeitig schafft sie es ein scheinbar alltägliches Frauenleben mit Mutterschaft, Kindern etc zu führen.
    Getragen wird dies sicherlich auch durch ihre Auszeichnungen und Anerkennungen in der Kommunistischen Gesellschaft, den besonderen Stellenwert, den sie sonst nie erreicht hätte.
    Warum ein Buch über diese Agentin? Die Beweggründe kann ich da nicht nachvollziehen, es gibt keinen aktuellen Bezug. Zumindest kann es heutzutage diese Art von Spion kaum noch geben, da hat das Digitale Zeitalter ganz andere Möglichkeiten.

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  1. Fesselnd & Klar

    Eine wahre Geschichte nachvollziehbar und spannend erzählt.

    Schon das Cover:
    eine Frau mit Fahrrad... sehr pragmatisch gestaltet.
    Mit der knallroten Farbgebung zielt der Titel sehr auf das kollektive Gedächtnis einer Nation ab.
    Kommunismus und eine Frau, die als Agentin immer noch andere Adjektive, bedienen konnte und wollte.

    Der Autor Ben Macintyre, ein sehr bekannter Journalist, der sich durch seine Arbeit für die BBC und die New York TImes, einen Namen gemacht hat. Dieser neue Roman "Agent Sonja" reiht sich ein, in die vielen von ihm veröffentlichten Agentenromane.

    Zum Inhalt:
    "Agent Sonja" handelt von einer Jüdischen Frau, die durch ihre eigenes Erleben der Zeit von Krieg und politischen Unruhen, in ihrem Inneren geprägt wurde.
    Detailliert führt der Roman, den Leser durch die verschiedenen Stufen ihrer emotionalen und politischen Orientierung bishin zu ihrem aktiven Agentinnenleben.
    Der Fokus liegt auf der umfassenden Erläuterungen zu dem Leben und Wirken der Ursula Kuczynski.

    Deutsche Übersetzung: Kathrin Bielfeldt und Jürgen Bürger

    Mein persönliches Leseerlebnis

    Zum allgemeinen Verständnis, vorab eine persönliche Anmerkung:
    Das Thema rund um Politik und Spione gehört nicht zu meinen beliebten Romanerzählungen.
    Häufig sind sie mir zu trocken und zu "steril".

    Die Coveraufmachung und die knappen Stichworte auf eben diesem, haben mich jedoch "magisch"angezogen.
    Ich kontte feststellen, dass ich noch kein Buch dieser Fasson gelesen hatte...

    Konstruktion, Erzählstil, Lesefluss:

    Die gesamte Buchkonstruktion ist sehr logisch und nachvollziehbar aufgebaut.
    Es sind keinerlei Vorabkenntnisse über Weltkriege, das Leiden der Menschen, die insich unterscheidene Population und anderes notwendig, um dieser Geschichte folgen zu können.

    Die Kapitel sind nach essentiellen Ereignissen in Sonjas Leben eingeteilt worden. Ihre gesamte Persönlichkeitsentwicklung enfaltet sich vor meinen Augen.
    Auch der Zwiespalt zwischen dem der eigenen Wurzeln und denen ihrer Familie sowie Freundes - & Bekanntenkreis, kann ich nun nachvollziehen.
    Ich lese über das Leben und Wirken einer Frau, deren Erlebnisse mir so sicher nie bekannt geworden wären.

    Zusammenfassung:
    Eine sehr gut strukturierte Biographie, die mich auf die "Lebensreise" von
    Ursula Kuczynski, mitnahm und sicher lange Zeit in meiner Erinnerung bleiben wird.
    Gekennzeichnet von realen Ereignisberichten, Quellennachweisen und einem sehr flüssig lesbarem Schreibsstil, ist dieses Buch ein Gewinn für alle, die es lesen können.

    Fazit:
    Eine Biographie, die fesselnde, spannende Lesetunden bereiten wird.
    Ein weiterer "Stepstone" der internationalen Strasse, des politischen Verstehens und dessen Auswirkungen, auf das persönliche Leben und Wirken des Einzelnen.
    Ich vergebe sehr gerne 4* Lesesterne und empfehle diese Lektüre jedem der sich politisch interessiert und spannend unterhalten werden möchte.

    ISDN: 978-3458643463
    Deutsche Veröffentlichung: 30.Okt.2022
    Formate: elektr. & Paperback
    Verlag: INSEL

    Herzlichen Dank für das Vorableseexemplar.

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