'Du kennst ja den Eifer unserer Behörden, wenn es um Vernichtung geht.' (9) -'das neue Quasirechtswesen' (13)
'Es gibt Spielregeln, die im Frieden gelten, und im Krieg sind es andere. Man muss darauf achten, sich rechtzeitig umzustellen...' - 'Der Krieg folgt keiner Logik...' (14)
'Jede Diktatur, Bürger Ermittler, hält sich durch Korruption aufrecht.' (33)
'Das Schlimmste am Krieg ist, dass er dich gegen deinen Willen zum Töten zwingt. (48)
Klar, Filipenko lebt nicht umsonst im Exil. In Belarus oder Russland kann er sich vorerst nicht mehr blicken lassen.In Russland wird das Buch von Kriegsgegnern sehr gelobt, von den anderen wird er als Verräter bezeichnet.
Also noch jemand, dem die Erzählweise nicht so gut gefällt, mir nämlich auch nicht.Ich habe zunächst einmal Schwierigkeiten mit dem Erzählton gehabt, fühlte mich an einen Schelmenroman erinnert (die ich bekannterweise gar nicht leiden kann). Der Erzähler packt alles in Ironie und Sarkasmus.
Ich glaube auch, dass das so ist, sein Tagebuch, aber an sie adressiert. Was mich auch gestört hat: er ist nach tagelangem Zögern und Warten auf Vera doch nach Charkow (Charkiw) geflüchtet. Und was ist mit ihr geworden? Aber vielleicht kommt das ja noch.Ich habe den Eindruck, dass das gesamte Buch Aufzeichnungen sind adressiert an die Liebste Vera, die immer wieder auch persönlich angesprochen wird.
Ich hadere auch und meine Lust zu lesen hält sich in Grenzen. Ob man in solch' einer Situation witzeln und sich so souverän verhalten würde wie Nesterenko wage ich zu bezweifeln. Aber wer weiß? Nach dem, was er alles gesehen und erlebt hat? Vielleicht ist eine mögliche Reaktion, zynisch zu werden.Der Erzählstil lässt bei mir noch keine Leselust aufkommen. Ich hadere. Ich kann den Erzähler nicht richtig ernst nehmen. Er nimmt sich selbst nicht ernst. Würde man in einer solchen Situation witzeln oder blöde Rückfragen stellen? Nur, wenn einem das Leben nichts mehr wert ist, behaupte ich.
Das stimmt! Ich habe gegoogelt und mir Notizen gemacht. Ein Glossar wäre weit leserfreundlicher gewesen.Da wäre ein Glossar erforderlich gewesen oder eine kurze Anmerkung.
Uneinheitlich. Stimmt auch. Ein Lesefluss kommt nicht in Gang. Das Buch hat etwas von Arbeit. (Einen süffigen Roman habe ich allerdings nicht erwartet.) Mich stört primär der zynisch-sarkastische Ton, den ich einem Gefangenen in diesem System und unter den dargelegten Bedingungen nicht abkaufe. Das hat was vom Schelmenroman: der umtriebige Held, der überall durchkommt und weder sich noch andere ganz ernst nimmt.diese mir uneinheitlich vorkommende Art, über die Schrecken der damaligen Zeit zu berichten,
Genau. So geht es mir.Erstaunlich. Unglaubwürdig?
Das könnte die Ursache sein. Er hat ja die Protokolle bekommen. Das einfachste ist es, sie in dieselbe Form zu übertragen.Da kommt es mir so vor, als ob Filipenko das Material, das er von Memorial erhalten hat, hier hineinflickt.
Traurige Wahrheit. Es vergeht gerade kein Tag, an dem ich nicht an die vielen hoffnungsvollen jungen Männer denke, die gerade in der Ukraine getötet oder verkrüppelt werden...Dieser letzte Satz bietet Diskussionspotenzial...
Kannst du uns das nicht schon mal vorab erklären?Dadurch habe ich auch Verständnis, warum N. (in unseren Augen) teilweise so 'flapsig' reagiert.
Und warum? Weil es die einzige Art ist, wie er damit umgehen kann ohne unterzugehen?Dadurch habe ich auch Verständnis, warum N. (in unseren Augen) teilweise so 'flapsig' reagiert.
Wenn das der Grund ist, bringt er mich kein Stück weiter. Das erinnert mich an Mo Yans "Frösche"- ein Buch, das ich ganz fürchterlich fand, weil der Erzähler die brutalsten Dinge im lustig- sarkastischen Plauderton erzählte...Und warum? Weil es die einzige Art ist, wie er damit umgehen kann ohne unterzugehen?
Man nennt es auch GalgenhumorUnd warum? Weil es die einzige Art ist, wie er damit umgehen kann ohne unterzugehen?
Ich denke auch jeden Tag daran, auch wenn ich versuche, mir keine Einzelheiten auszumalen. Aber manche Bilder muss ich mit Gewalt verdrängen.Es vergeht gerade kein Tag, an dem ich nicht an die vielen hoffnungsvollen jungen Männer denke, die gerade in der Ukraine getötet oder verkrüppelt werden...
Das Ausmaß wird erst hinterher bekannt werden. So sinnlos, dieses Töten! Ich hatte wirklich gedacht, dass gerade wir Kontinentaleuropäer (Russland inklusive) aus den beiden großen Kriegen gelernt hätten
In 'Rote Sirenen' kann die Protagonistin/Autorin nach langer Recherche die Akte ihres Großonkels lesen (also nach 2014!), in der die Protokolle seiner Verhöre (1937!) stehen. Ich hatte schon in früheren Büchern gelesen, dass diese Verhöre brutal waren, aber in 'Rote Sirenen' stellten sich mir die Nackenhaare auf und ich konnte vieles nur noch in kleinen Happen verarbeiten. (Darum habe ich in meiner Rezi auch empfindsame Gemüter vor diesem Buch gewarnt!Kannst du uns das nicht schon mal vorab erklären?
Würde das Weiterlesen vielleicht erleichtern, ein bisschen Verständnis.
Genau!!!!! Jeder Mensch geht mit einer Krise anders um! Und das ist die Art von N.! (Und ich kann sie nachvollziehen! )Und warum? Weil es die einzige Art ist, wie er damit umgehen kann ohne unterzugehen?
Sei froh, dass du das kannst!Und das ist die Art von N.! (Und ich kann sie nachvollziehen! )
Ob Du es versuchst oder nicht...............hat keinerlei Auswirkung auf solche Typen in so einem System! (Man kann nur beten, dass man nie in so eine Situation gerät!)Würde man nicht versuchen, den Verhörer nicht unnötig zu verärgern?
Ja und nein. Willkürherrschaft. Unnötig provozieren würde ICH niemanden. Aber hier interessiert uns der Protagonist und der reagiert eben mit Zynismus. PunktOb Du es versuchst oder nicht...............hat keinerlei Auswirkung auf solche Typen in so einem System!
(Hat auch die Frau unseres Hausarztes drauf am Empfang! Zu unserer SchwieTo: "Und Punkt!" Und das wirkt auf mich überheblich!)