DAVE: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'DAVE: Roman' von Raphaela Edelbauer
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Inhaltsangabe zu "DAVE: Roman"

Was braucht es, um eine Maschine mit menschlichem Bewusstsein auszustatten? Den Programmierer Syz interessiert nichts so sehr wie die Beantwortung dieser Frage. Doch als er hinter die Kulissen des Labors blickt, gerät sein bedingungsloser Glaube an die Technik ins Wanken. Welchem Zweck dient DAVE wirklich und wer wird von ihm profitieren? In der Welt von Syz dreht sich alles ums Programmieren. Geschlafen und gegessen wird hauptsächlich, um schnellstmöglich wieder in die Datenströme des Computers abzutauchen. Das Ziel des gesamten Labors ist nichts Geringeres als die Programmierung der ersten generellen Künstlichen Intelligenz, ausgestattet mit einer Höchstleistung an Rechenkraft und menschlichem Bewusstsein: DAVE. Dann allerdings bringen zwei Ereignisse Syz‘ geregeltes Leben ins Wanken. Erstens, Syz verliebt sich in eine junge Ärztin, und zweitens, DAVE droht ein Totalausfall. Der Strudel, in den Syz in der Folge gerät, katapultiert den Programmierer in unmittelbare Nähe der Machtzentrale. Während das Labor in blinder Technikgläubigkeit weiterhin auf die Verwirklichung der Künstlichen Superintelligenz hinarbeitet, taucht Syz tief in die Geschichte des Labors ein und versucht herauszufinden, wessen Interessen DAVE am Ende eigentlich dient. Nach dem großen Erfolg von »Das flüssige Land« legt Raphaela Edelbauer einen einzigartigen Roman über Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Künstlichen Intelligenz vor.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:432
EAN:9783608964738

Rezensionen zu "DAVE: Roman"

  1. Die Angst vor der Belanglosigkeit

    Die perfekte Künstliche Intelligenz (KI) - eine Maschine, die wie ein Mensch denkt, fühlt und handelt. Gespeist aus Empfindungen und Gedanken, die in sogenannten Scripts ihren Weg finden, hin zu DAVE, so der Name dieser KI. Programmierer Syz arbeitet mit Besessenheit an der Entwicklung DAVEs und kommt ihm sogar noch näher, als ausgerechnet er auserwählt wird, eine Art Prototyp für jene Empfindungen zu sein. Doch je länger die Kopiesitzungen dauern, desto größer werden Syz' Zweifel: In wessen Hand gerät DAVE eigentlich und was hat diese Hand mit ihm vor?

    Ich war begeistert, als ich las, dass sich mit der Österreicherin Raphaela Edelbauer eine junge deutschsprachige Autorin in ihrem neuesten Roman dem Thema KI widmet. Um es vorwegzunehmen: Diese Begeisterung hielt leider nicht lange an. Denn gerade der Beginn von "DAVE" ist ein Ärgernis. Schon der Prolog, der auf gerade einmal zwei Seiten vom Urknall bis zu DAVE reicht, zeigt, dass Edelbauer hier einen wirklich ganz besonderen Roman, ein Ereignis schaffen wollte. DAVE wird dabei natürlich konsequent in Versalien geschrieben - wie JHWH, HERR oder natürlich HAL. Warum klein denken? Der Schreibstil ist in den ersten Kapiteln bemüht intellektuell. Syz "versenkt sich im Sfumato dieser schleißig belichteten Szene", in einem Bild sitzt jemand am Lochstanzer und wird dabei vom "Chiaroscuro" des gigantischen Rechners überschattet. Mir ging dieser Stil sehr schnell auf die Nerven und ebnete damit einen Weg, den ich trotz einiger gelungener Pfade nicht mehr verlassen konnte.

    Denn tatsächlich ändert sich dieser Schreibstil mit der Zeit ein wenig. Die Manierismen lassen nach, der Roman wird zugänglicher und bekommt so etwas wie eine Erzählstruktur, die ich zu Beginn noch vermisste. Zwar schaffte es Edelbauer nie, dass ich mich irgendeiner der Figuren nah fühlte, doch immerhin kam ein Spannungsbogen auf. Syz ist jedoch ein permanent Getriebener, dessen Hektik sich auf mich übertrug, wodurch es mir schwerfiel, so etwas wie Freude am Lesen zu verspüren.

    Raphaela Edelbauer wagt mit "DAVE" wirklich viel, was ich als positiv bewerte. Sie baut Sachtexte ein, zitiert aus fiktiven Videos und lässt Syz in Akten stöbern, die wir unmittelbar mitlesen können. Sie schert sich nicht um Genregrenzen, lässt die Handlung schon einmal in den Spionage-Thriller sausen, um kurz darauf eine Volte zurück in den Science-Fiction-Bereich zu schlagen, an der Grenze zur Dystopie. Es ist ein mutiger Ritt mit vielen guten Ideen und einer enormen Detailverliebtheit, die mich gerade im Bereich der IT aber eher abschreckte. Mit Sicherheit war ihr klar, mit "DAVE" die Leserschaft zu spalten, anzuecken, zu provozieren - und auch das ist in Ordnung und gerade für eine junge Autorin ein Wagnis.

    Vielleicht ist es umso schlimmer für einen so ambitionierten Roman, dass ihm das - zumindest bei mir - dann doch nicht gelungen ist. Wenn man ein Buch eigentlich nur lieben oder hassen soll und es dann mittelmäßig findet... Doch für die Liebe fehlte mir die Zugänglichkeit, und letztlich hat mich die Auflösung nicht einmal überrascht - und das in einem Roman, der so stark auf den Überraschungseffekt setzt. Für den Hass habe ich zu viele wirklich schlechte Bücher gelesen, um nicht die Bemühungen und Ideen der Autorin würdigen zu können.

    Im Vergleich zu Ian McEwans "Maschinen wie ich", der sich "DAVE" ja thematisch ähnelt, sehe ich für Edelbauer eine knappe Niederlage - und das, obwohl mich McEwan insgesamt auch enttäuscht hatte. "DAVE" hat die insgesamt besseren Ideen, verliert aber gegen Erzählstruktur und Figurenzeichnung bei "Maschinen wie ich".

    Fazit: Raphaela Edelbauer hat mit "DAVE" einen ungemein ambitionierten Roman geschrieben, der mich jedoch nur ansatzweise überzeugen konnte. Die zum Teil genialen Ideen führen nicht konsequent zu einer ebenso genialen Erzählung. Der Sprachstil ist gerade zu Beginn bemüht und überzogen, die Figuren bleiben blass. Fast wirkt es so, als habe die Autorin eine große Angst vor der Belanglosigkeit ihres Romans - was sie mit Hauptfigur Syz vereint, in dessen ständigem Kampf um Bedeutung und Anerkennung. Das Warten auf einen wirklich guten KI-Roman geht weiter.

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