How To Be an Antiracist
Wut ist seit je her für die Geschlechter unterschiedlich besetzt; das beginnt schon als Kind. Während Jungs auch mal laut und aggressiv werden dürfen („Es sind eben Jungs“), sollen Mädchen „brav“ sein und ihre Wut unterdrücken. Diese von einander abweichende Bewertung setzt sich bis ins Erwachsenenalter fort: Wütende Männer sind stark und durchsetzungsfähig, wütende Frauen sind Zicken und hysterisch. Dabei haben Frauen auch heutzutage noch jede Menge Gründe, um eigentlich dauerhaft wütend zu sein – warum sind wir es nicht?
Diesem spannenden Thema widmet die Journalistin Ciani-Sophia Hoeder ihr erstes Sachbuch. Dabei verbindet sie auf gelungene Weise gesellschaftliche Betrachtungen mit historischen Rückblicken, faktischen Studien und persönlichen Erfahrungen. Zunächst klärt die Autorin den Begriff der Wut und seine Geschichte, schlägt dann den Bogen speziell zu weiblicher Wut und wagt am Ende den Ausblick, inwiefern Wut Veränderung schaffen kann und was eigentlich nach ihr kommt. Es fällt positiv auf, dass Hoeder dabei auch aktuelle Diskussionen und Entwicklungen einfließen lässt und einen intersektionalen Ansatz verfolgt.
Schon früh im Text wird deutlich: Männer sind nicht wütender als Frauen, sie bewerten Wut nur anders. Frauen geben oft an, sich eher traurig oder enttäuscht zu fühlen, einfach weil das gesellschaftlich viel akzeptierter ist. Dabei ist es die männliche Wut, die als Ursache zu Aggression wird und zu riskanten Verhalten und Gewalt (vor allem gegen Frauen!) führt. In einer heterosexuellen Ehe werden Männer älter, weil sie ein besseres, sicheres Leben führen, Frau hingegen sterben früher – ist das nicht bezeichnend?
Was können Frauen also tun? Die Wut für sich zurückfordern, sie „reclaimen“, sagt die Autorin; sie nicht länger unterdrücken, denn letztendlich macht genau das uns krank. Daher sollten wir stolz auf uns sein, wenn wir in einer Situation Wut empfinden und für uns selbst einstehen, um Gerechtigkeit zu erfahren. Wer bereits die einschlägige Literatur zur Ungleichbehandlung von Frauen kennt, für den ist vieles nicht neu, dennoch ist „Wut und Böse“ eine gelungene Zusammenfassung zu einem wichtigen Thema.
Franz Doms ist eines der vergessenen Opfer der NS-Justiz. Er gehört zu den tausend schwulen Männern, die verfolgt, diskriminiert, inhaftiert, gefoltert und zum Tode verurteilt wurden. Mit nur 21 Jahren wurde Franz Dom 1944 im Hinrichtungsraum des Landgerichts Wien getötet. Bis zu seinem Tod denunzierte er nie andere um sich selbst zu retten.
Jürgen Pettinger, rekonstruiert anhand von Ermittlungs- und Gerichtsakten und Gesprächsprotokollen, Franz Doms leben und webt aus diesen Fakten Lebensgeschichte nach. Dabei steht Franz Dom exemplarisch für die vielen anderen homosexuellen Opfer während des NS-Regimes.
Franz: Schwul unterm Hakenkreuz stammt aus der Feder von Jürgen Pettinger.
Der Autor zeichnet anhand von Ermittlungs- und Gerichtsakten und Gesprächprotokollen, Franz Doms Leben und Ende nach. Als junger schwuler Mann in Wien während der NS-Zeit bekommt er Probleme, sein sorgloser Umgang mit allem, trotz der bekannten Gefahren, wird sich für ihn bitter rächen, denn bald hat in die NS-Justiz im Visier und es wird mit seiner Hinrichtung enden.
Jürgen Pettinger versteht es gut dem jungen Franz Dom Leben einzuhauchen, und schafft es damit aus der sachlichen Ebene heraus einen gefühlsmäßig zu packen, was das Buch für mich noch eindringlicher macht.
Franz Doms Naivität im Umgang mit seiner Homosexualität während des NS-Regimes ließ mich beim Lesen erschauern, denn auch wenn ich nicht schon durch den Klappentext gewusst hätte das Doms hingerichtet wurde, ist einem klar das dies kein gutes Ende nehmen kann.
Was mir aber besonders unter die Haut gegangen ist, ist die menschenverachtende Sprache die in der Justiz genutzt wurde, sie löst immer wieder Fassungslosigkeit und Ekel bei mir aus.
Bei allem was Franz Doms erlebte blieb er seinen Freunden gegenüber in allen Verhören standhaft und verriet sie bis zu seiner Hinrichtung nicht. Die Gefängniszeit bis zur Hinrichtung ist bedrückend und man kann die Verzweiflung nachvollziehen.
Ein bedrückendes Buch, das mit seiner Erzählung für die vielen homosexuellen Opfer der NS-Justiz steht.
Mein Fazit:
Trotz der intensiven Thematik, die einem unter die Haut gehen kann, schafft es der Autor Franz Doms Lebensgeschichte so zu beleben, das sich das Buch gut lesen lässt, und den Schrecken dieser Zeit dabei auch gut wiederspiegelt.
Ich habe mich schon sehr oft mit den Rechten der Frau, Feminismus, Gleichberechtigung und ähnlichem beschäftigt, aber noch nie wie es eigentlich bei den Männern aussieht. Als ich dann über dieses Buch stolperte, mit der sehr dominanten Aussage "Sei kein Mann", war meine Neugier ungemein groß. Was ich bekam war so viel mehr als ich erwartet hatte.
In diesem besonderen Sachbuch thematisiert Herr Bola wie Männer in unserer Gesellschaft und auch in anderen Kulturen erzogen werden. Was dürfen sie? Was dürfen Jungs auf keinen Fall machen, um nicht als Weichei zu gelten?
Da ich kein Mann bin, war mir vor dieser Lektüre gar nicht bewusst, dass viele Eigenarten und Eigenschaften des männlichen Geschlechts anerzogen sind von der Familie, in der er groß wird. Und wenn man beim Lesen selbst in sich hineinhorcht, dann merkt man auch schnell, dass man selbst auch die bekannten Klischees schlichtweg erwartet.
Besonders fand ich, dass der Autor absolut Recht damit hat, dass Feminismus nicht nur für Frauen ist, sondern auch für Männer eine gerechtere Welt schafft. Nur wenn Frauen gleichberechtigt sind, dann fällt auch der Druck von den Männern ab.
Spannend fand ich zum Schluss auch die zehn Handlungsanweisungen, damit eine Abkehr vom heutigen Bild des Mannes überhaupt denkbar ist.
Die erwähnten Studien zu Themen wie Gewalt, Suizid und ähnlichem war ungemein interessant.
Etwas zu kämpfen hatte ich mit den Begrifflichkeiten, da der Autor doch recht häufig Fremdwörter benutzt, die ich für ein besseres Verständnis nachgeschlagen habe und dann war der Lesefluss etwas gestört.
Auch wenn dieses Sachbuch nicht so seitenstark ist, hatte es für mich einen immensen Mehrwert, da es mir die Augen geöffnet hat.
Fazit: Hier lernt man noch was und kann vielleicht die Welt der Männer etwas besser verstehen. Klare Leseempfehlung. Klasse!
(Anti-)Rassismus in den USA historisch wie persönlich betrachtet
In seinem sehr persönlich gestalteten Sachbuch bearbeitet der Autor das Thema Rassismus auf dem Weg zum Antirassismus auf recht originelle Weise. Die verschiedenen Arten des Rassismus und des Aktivismus rattert er nicht einfach - den kurz gehaltenen Kapitel-Überschriften gleich (Biologie, Ethnizität, Körper, Kultur,..., Klasse, Gender etc.) - herunter. Nein, der Autor leitet die Leserin mithilfe eines zutiefst persönlichen roten Faden durch das Buch. Er erzählt seine eigene Geschichte der Fehleinschätzungen und Erkenntnisse zu rassistischen Annahmen anhand seiner eigenen akademischen Laufbahn beginnend mit der Einschulung bis zum aktuellen Zeitpunkt als Professor für Geschichte und Internationale Beziehungen.
Dieser rote Faden hat über das gesamte Buch hinweg mein Interesse stets hoch gehalten. Obwohl meinersteits bereits ein großes Interesse an afroamerikanischer Geschichte vorhanden war, hätte das Buch ohne den roten Faden sehr trocken gewirkt. Dies liegt meines Erachtens nicht unerheblich an der deutschen Übersetzung. Diese wirkt mitunter recht steif und häufig kam mir der Gedanke, dass sich diese oder jene Passage im englischsprachigen Original sicherlich leichter gelesen hätte. Die Übersetzerin hat sich nicht nur für die Beibehaltung mancher Anglizismen entschieden, sondern auch das Ausschreiben der im Deutschen möglichen männlichen und weiblichen Form einer Person. Statt einfach z.B. "AntirassistInnen", "Antirassist*innen" oder "Antirassist:innen" zu schreiben, wird an allen derartigen Stellen von den z.B. "Antirassisten und Antirassistinnen" gesprochen. Das nimmt dem Lesen leider wirklich den Fluss. So entstehen dann Ungetüme wie: "Aufgrund der Lynchmorde an Schwarzen Körpern sind, letztendlich, Schwarze Körper durch Segregationisten und Segregationistinnen stärker gefährdet als durch Integrationisten und Integrationistinnen." Oder für die Beibehaltung der englischen Begrifflichkeiten: "Manche Reformer [warum hier die Reformerinnen fehlen, ist fraglich] betrachten Helle Menschen als den biracial Schlüssel zu racial Harmonie, als Verkörperung einer post-racial Zukunft." Die deutsche Version des Textes nimmt ihm leider auch Energie.
Inhaltlich strotzt der Text nur so vor Energie und Informationen. Diese beziehen sich größtenteils auf die afroamerikanische Geschichte, sodass das Buch auch nicht eins zu eins auf europäische und erst recht nicht deutsche Geschichte und Rassismus übertragen werden kann, wenngleich viele Ableitungen trotzdem für Leser möglich sind und somit auch der hiesigen Leserin einen Wissenszuwachs für die Anwendung im Alltag ermöglichen. Ein hohes Grundinteresse für die afroamerikanische Geschichte sollte jedoch bei den LeserInnen vorhanden sein, um in dieses Buch eintauchen zu können.
Es handelt sich hierbei sicherlich nicht um ein Buch, was man mal eben nebenher lesen kann. Manche Sätze muss man drei- oder viermal auf sich wirken lassen, um die Bedeutung vollständig zu verstehen. Vor allem bei der Abgrenzung zwischen Rassismus, NichtRassismus und Antirassismus hilft die Darstellung Kendis enorm. Somit handelt es sich bei vorliegendem Buch um ein durchaus derzeit sehr relevantes, sowohl für die amerikanische Gesellschaft unter einem offen rassistischen Präsidenten als auch für die deutsche mit ihren ebenso stark verwurzelten rassistischen Auswüchsen. Diese Auswüchse stecken, wie nach der Lektüre klar wird, in jedem von uns.
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