Der Ernst des Lebens: Roman
Inhaltsangabe zu "Der Ernst des Lebens: Roman"
xxx
[B]Die BESTENLISTE JUNI ist da:[/B]
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
9.
10.
Ich habe die Nummer Eins begeistert gelesen... - Literaturhexle vor 4 Monate
Auf dem Nachttisch liegt
Das nächste Buch, das ich mir aus der Bibliothek hole, ist
- pengulina vor 4 Monate
Von den Dinosauriern bis zu den Wokeisten.
Kurzmeinung: Am Anfang mehr als zäh, dann wird es immer besser.
Wie ist die Moral entstanden? fragt sich Hanno Sauer und gibt sich und der Leserschaft Antwort darauf. So wie ich es verstanden habe, wird der Begriff niemals extra definiert, sondern mit Kooperationsbereitschaft oder Kooperationsvermögen innerhalb einer Gruppe gleichgesetzt. Die erste Hälfte der Erläuterungen beschäftigt sich unter anderem damit, ob Kooperation für das Individuum sinnvoll ist oder nicht.
Hochkomplexe gesellschaftlich-soziale Strukturen wie unsere modernen Staatsgebilde funktionieren aber nur mit einer qualifizierten und quantitativ hohen Quote an Kooperationsbereitschaft. Wie die Bereitschaft dazu entstehen konnte, - man kann diese Eigenschaft(en) auch Loyalität nennen oder die Bereitschaft, sich an Gesetze und Verhaltungsvorgaben zu halten, gepaart mit einem Quantum Empathievermögen, - damit beschäftigt sich das Buch eine schier endlose Zeit. Diese Betrachtungen hätte man sich wesentlich kürzer gewünscht und mit weniger Evolutionstheorien ausgestattet, die zudem nicht wie Arbeitshypothesen, sondern wie gefestigte Fakten dargestellt werden, was sie definitiv zum Teil nicht sind. Eine Rezensentin spricht von sogar von überholten Thesen, ich bin nicht so firm auf dem Gebiet "Evolution" - schaut also selber.
Aber da der Autor in seiner Einleitung explizit darauf hinweist, wie sein Buch zu lesen ist, „wer sich für die biologische Evolution interessiert, kann sich auf die ersten Kapitel konzentrieren, wer etwas über die frühe Kulturgeschichte erfahren möchte, wird am meisten von den mittleren Kapiteln profitieren, wer den moralischen Zeitgeist verstehen möchte, lese die letzten drei Kapitel“ (Auszug), kann man ihm seine Ausführlichkeit, seinen Ausgangspunkt bei Adam und Eva und/oder bei den Dinosauriern nicht übel nehmen, auch wenn man gerne möchte.
Im Fortgang des Buches wird es interessant. Der Begriff „Moral“ wird zwar weiterhin nicht definiert, ein großer Schwachpunkt des Ganzen, man kann ihn aber hier wohl mit so etwas wie „Sinn fürs Gemeinwohl“ übersetzen; aber es werden einige Probleme gesellschaftlicher Normen, unterschiedlicher Moralvorstellungen beleuchtet. Gibt es universell gültige Werte? Was ist mit den die Gesellschaft spaltenden Themen, mit den Wokeisten, mit den Klimaaktivisten, mit den Rassisten, Sexisten, etc. etc. Was ist mit der vielbeklagten Polarisierung in der Gesellschaft. Hier legt der Autor eine interessante These dar, Polarisierung würde überbewertet, eigentlich wären die Menschen gar nicht so sehr unterschiedlicher Meinung, das Problem liege lediglich darin, dass sie sich hassen. Prost Gemeinde! Ist Hass ein kleineres Problem als unterschiedliche Ansichten zu haben?
Culture war macht keinen Spaß. Denn er ist eben genau das: Krieg! Aber so negativ meint der Autor das nicht. Oder doch? Immerhin schreibt er in der Einleitung: „Es ist eine pessimistische Fortschrittsgeschichte. Sie ist pessimistisch, denn innerhalb jeder Generation gibt es zu viel des Bösen“. Aber er meint auch „Moralischer Fortschritt ist immer möglich und oft wirklich. Aber er ist nicht selbstverständlich“. Wohl wahr.
Selbstverständlich gibt es auch Erhellung neuer sozio-kultureller Begriffe, Dogwhistles, Gaslighting, Mansplaining, kulturelle Aneignung, cancel culture, accountability culture, virtue signalling, moral grandstanding, piling on, ramping up, tramping up, etc. etc. Auffallend oft sind es Begriffe aus dem Amerikanischen, von dort schwappt der gesamte intellektuelle Überbau nach Europa. Good old europe. Kann es nicht selber denken? Am exotischsten ist der Terminus der Baumwollgrenze, eigentlich: Schlüpfergrenze. Hier zeigt sich, wie tolerant die allumfassende Toleranz fordernde queere Szene selber ist: wenn eine Transfrau Sex mit einer Lesbe möchte (die im Prinzip vielleicht ja geneigt wäre), dann stelle sich an der Schlüpfergrenze (meistens) heraus, dass die lesbischen Frauen eine Transfrau eben doch nicht gerne als Sexual-Partnerin hätten. Tscha, Leute, alles ist relativ.
Fazit: Letztlich habe ich mich, vor allem ab der Mitte des Buches, wenn wir in die Nähe der Moderne kommen, wohl mit dem Gelesenen gefühlt und einige interessante Informationen erhalten, über die nachzusinnen sich lohnt. Was gut und böse ist, und wer dies jeweils bestimmt, wird allerdings rudimentär behandelt. "Moral" von Hanno Sauer ist dennoch ein Sachbuch, wovon ich einzelne Kapitel noch einmal lesen werde. Das spricht dann doch für die Lektüre, auch wenn sie nicht ganz einfach zu lesen gewesen ist.
Kategorie: Sachbuch.
Verlag: Piper, 2023