Die goldene Stadt

Buchseite und Rezensionen zu 'Die goldene Stadt' von Sabrina Janesch
4.5
4.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die goldene Stadt"

Format:Taschenbuch
Seiten:528
EAN:9783499272585
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Rezensionen zu "Die goldene Stadt"

  1. Das sagenhafte Eldorado

    "Kein Wunder, dass diese Stadt den Spaniern verborgen geblieben ist, dachte Berns. (...) Vielleicht lag genau darin ihr Wesen begründet: in der Unvorstellbarkeit. Man wähle den unmöglichsten aller Standorte, nehme die ärgsten Entbehrungen auf sich, um das Land zu roden, zu räumen, zu ebnen - und errichte dort eine Stadtanlage, die an Schönheit alles übertrifft, was es auf dem Kontinent zu bestaunen gab."

    Als "Entdecker" der verlassenen Inkastadt, die wir heute unter dem Namen Machu Picchu kennen, galt lange Zeit der Amerikaner Hiram Bingham - zumindest habe ich es so gelernt.* Heute besteht weitgehende Einigkeit, dass ein Deutscher erstmalig die Stadt erforscht hat, und zwar schon mehr als vierzig Jahre vor Bingham, im Jahr 1867. August Rudolf Berns, im Uerdingen am Rhein geboren, träumt sich schon als Jugendlicher aus seinem kleinbürgerlichen Milieu heraus ins "sagenhafte Goldland" Peru. Seine Einbildungskraft ist die einzige Rettung in der häuslichen Enge und der Schule, die man heute zu Recht als "Presse" bezeichnen würde. Als die Einziehung zum Militär bevorsteht, tritt Berns endlich die Flucht nach vorn an und macht sich per Schiff, mit wenig Gepäck und noch weniger Kapital, auf den Weg nach Südamerika.

    Farbig und detailreich erzählt Sabrina Janesch von dieser anstrengenden Schiffsreise, von Berns' Zeit in Lima und später in Cusco, wo er sich wertvolle Verbindungen schafft und treue Freunde findet. Er betätigt sich als Ingenieur beim Eisenbahnbau auf dem Andenhochland, erweist sich als zäh und verlässlich. Doch im Grunde geht es ihm nur darum, genügend Kapital und Kenntnisse zusammenzubringen, um auf die Suche nach "El Dorado" zu gehen, der sagenhaften Hauptstadt der Inka, wo alle Häuser mit Gold verkleidet sein sollen. Dabei geht es Berns nicht in erster Linie darum, reich zu werden - seine Antriebskraft ist die Überzeugung des Entdeckers, dass etwas da sein muss und nur darauf wartet, gefunden zu werden. Wie die Autorin überzeugend darlegt, fand Berns den Standort der Stadt Machu Picchu nicht durch Zufall, sondern aufgrund von Berechnungen, die er im Hinblick auf bereits gefundene und vermessene Ruinen anstellte.

    Sabrina Janesch erzählt Berns' Geschichte in Romanform, doch ihre Überzeugungskraft ist derart, dass man sicher sein kann: Berns war genauso, wie sie ihn darstellt. Das Buch ist eine herrliche Charakterschilderung. Berns hat alle Eigenschaften, die man wohl damals mit "den Deutschen" verband; er ist fleißig und gewissenhaft, zäh und ausdauernd, integer durch und durch. Doch auch die andere Facette seines Charakters, seine Gewitztheit im Umgang mit Menschen bis hin zur Manipulation, tritt deutlich zutage und sorgt für viel Lesevergnügen.

    Der größte Pluspunkt bei diesem Roman ist für mich aber die Schilderung des Landes: der lichterfüllten Stadt Cusco, wo alle Kirchen und Klöster auf den Fundamenten alter Kultstätten errichtet wurden, des kalten und klaren Andenhochlandes mit seinen Steppen und schneebedeckten Gipfeln, des Dschungels in den tiefen Schluchten, wo Sträucher und Lianen schneller nachwachsen, als man sie schlagen kann, und jeder Schritt zur Strapaze wird ... Dieses Buch enthält keine einzige langweilige Seite, keine einzige Szene, die mit belanglosen Sätzen erledigt wird, kein Problem, das sich im Vorbeigehen von selbst löst. (Die Frage nach der Legitimität solcher Suche nach dem "Inkagold", das sei noch erwähnt, stellt die Autorin nicht ausdrücklich. Sie schwingt aber immer im Hintergrund mit, wenn gefundene Kultgegenstände ohne weiteres nach Berlin verkauft werden und jeder Goldsucher alles, was er findet, sofort einschmelzen lässt - doch Berns, das sei nochmals gesagt, versteht sich nicht als Goldsucher.)

    Ein wunderbares Buch, für das man sich Zeit nehmen sollte. Jede Seite ein Lesegenuss!

    *) Ein Kuriosum nebenbei: Als ich 2015 das erste Mal Machu Picchu besuchte, erzählte bereits unsere damalige Guide, eine Quechua-Indigene, dass nicht Bingham den Ort gefunden habe, sondern ein anderer Entdecker - ich kann mich nicht mehr erinnern, welchen Namen sie nannte. Aber sie sagte, ein einheimischer Junge habe beim Finden des Ortes (der damals von Dschungel überwuchert war) geholfen. Dieser Junge kommt ebenfalls in dem Buch vor, wenn auch in etwas anderem Sinn. Ich vermute, die Einheimischen haben ihre eigenen Legenden - unsere Guide gab uns ausführliche Hinweise zu der besonderen Magie des Ortes, von der sie tief überzeugt war.

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  1. 4
    13. Feb 2020 

    Entdecker im fernen Peru

    Im 19. Jahrhundert wächst in Uerdingen August Berns als Sohn eines Weinhändlers auf und merkt schon im Kindesalter, dass es ihn aus der engen Welt des Niederrheins in ganz andere Welten zieht. Die Gold und noch viele Entdeckungen verheißende Welt von Peru hält ihn in Gedanken gefangen und kann ihn seinen als allzu trüb empfundenen Alltag nur mit Mühsal überstehen lassen. Sobald sich eine Gelegenheit ergibt, begibt er sich dann wirklich auf die abenteuerliche Reise in das verheißungsvolle Land. In Peru angekommen, lässt er sich komplett auf diese neue Heimat ein, arbeitet in der Armee und beim Eisenbahnbau, immer aber bleibt er getrieben von seinem Bestreben, in unbekannte Gefilde aufzubrechen, an Orte, an denen er die goldene, vergessene Stadt der Inkas vermutet.
    Durch intensive historische Recherche, Kombinationsgabe und Intuition findet er tatsächlich auf gefährlichen Missionen und meist auf sich allein gestellt die Ruinenstadt, die wir heute als Machu Picchu kennen. Aber auch der Weg von der Entdeckung der Ruinen bis zur „Erschließung“ dieser großartigen Stätte bleibt ein steiniger und gerade für einen Einzelgänger wie Berns ungemein herausfordernder Weg. Und so bleibt Berns Entdeckung und Berns als Entdecker noch lange unbekannt und unbeachtet. Als Entdecker der Inkastadt in der unzugänglichen Bergwelt der Anden gilt deshalb auch gemeinhin Hiram Bingham, der die Stadt sehr viel später (noch einmal) finden sollte, und nicht der Deutsche August Berns.
    Sabrina Janesch hat 2017 einen Roman geschrieben, in dem die wahre Geschichte der Entdeckung (durch August Berns) geschildert wird und dem Leben dieses Entdeckers von seiner Kindheit in Uerdingen bis zu seinen peruanischen Abenteuern nachgespürt wird. Eine umfangreiche Recherchearbeit von Solingen bis Peru und Panama steckt in diesem Roman, der ein sehr lebendiges Bild von den Herausforderungen des Reisens ins Unbekannte in diesen Zeiten vermitteln kann. Sabrina Janesch schafft es mit dem Roman, den Leser die mit der Entdeckung Maccu Picchus verbundenen Abenteuer nachspüren zu lassen. Es ist ein Leseabenteuer, das den Leser mitnimmt auf die Höhenzüge der Anden, in die vom Dschungel überwachsenen Ruinen und die unzugänglichen, feuchtheißen Dschungelgegenden.
    Eine wirkliche Lesereise, die glaubwürdig ein unglaubliches Leben erzählt und die von mir gern 4- bis 5 Sterne erhält.

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Hemingway und ich: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Hemingway und ich: Roman' von Paula McLain

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Martha Gellhorns Grosse Liebe
Gebundenes Buch
"Paula McLain hat eine unglaubliche Gabe, Figuren zum Leben zu erwecken." Jojo Moyes.

Eine große Liebe vor der bedrohlichen Kulisse des Zweiten Weltkriegs: Meisterhaft inszeniert Paula McLain die außergewöhnliche Geschichte von Ernest Hemingway und seiner dritten Frau, der berühmten Kriegsreporterin Martha Gellhorn.
Als Martha sich haltlos in den zehn Jahre älteren Ernest verliebt, ist sie gerade achtundzwanzig Jahre alt. An seiner Seite legt sie den Grundstein für ihre Karriere als Autorin. Doch als Ernest immer größere Erfolge feiert, muss Martha sich entscheiden: Möchte sie die Frau eines weltberühmten Mannes sein oder ihren eigenen Weg gehen?

"Hemingway und ich" ist ein faszinierendes literarisches Panorama, mitreißend und einfühlsam erzählt.

"Ein bezauberndes Buch über eine Frau, die den Mut hat, ihre Träume zu verwirklichen." New York Times Book Review

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:480
Verlag: Aufbau Verlag
EAN:9783351037451
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Als ich ein kleiner Junge war

Buchseite und Rezensionen zu 'Als ich ein kleiner Junge war' von Erich Kästner
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Als ich ein kleiner Junge war"

Gebundenes Buch
"Kinder werden dieses Buch als ein Kästner-Kinderbuch lieben. Erwachsene werden es bewundern." Friedrich Luft in Die Welt Eine Kindheit in Dresden: Erich Kästner, geboren 1899, erzählt von seinen Eltern und Großeltern, dem Familienleben, den gesellschaftlichen Zwängen und Konventionen, dem Treiben auf den Straßen und Plätzen der Stadt. Kästners Erinnerungen, die junge wie alte Leser seit über 50 Jahren in ihren Bann schlagen, sind ein zeitloses Meisterwerk voller Witz, Esprit und menschlicher Wärme.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:240
Verlag: Atrium Verlag
EAN:9783855353781
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Rezensionen zu "Als ich ein kleiner Junge war"

  1. 5
    14. Dez 2018 

    Wunderbar

    Eine wunderschöne Erich-Kästner-Autobiografie, die nicht nur mich glücklich macht, sondern auch meine Lesegruppe. Ich liebe Kästners Humor, der uns schon im Vorwort erfüllt hat. Seine Art zu schreiben finden wir genial. Auffällig sind auch die vielen geduldigen Aufzählungen, die mich jedes Mal zum Lachen gebracht haben.

    In meiner Besprechung werde ich nicht alle autobiografische Daten aufzählen, sondern nur das Notwendigste.

    Die Handlung
    Bevor der kleine Erich 1899 in Dresden geboren wird, bekommt man es erst mal mit Leuten zu tun, die für ihn später eine große Rolle spielen werden. Genannt werden hier die Augustins und die Kästners. Nicht, dass diese beiden Familien aus Liebe zueinanderfanden, speziell was die werdenden Eltern des kleinen Erichs betrifft. Aber sie fanden zueinander und das ist die Hauptsache, denn sonst gäbe es auch keinen Erich … Die Mitglieder der Familie Kästner kamen alle aus verschiedenen Handwerksberufen.

    Die Herkunft
    Christian Gottlieb Kästner, der Großvater, kam aus einer sächsischen Kleinstadt und lebte mit seiner Frau in Penig und war Tischlermeister. Sie hatten elf Kinder, wovon fünf im Kleinkindalter gestorben sind. Emil Kästner, Erichs Vater, 1867 geboren, erlernte das Sattler und das Tapezierhandwerk.

    Ida Amalia Kästner, Erichs Mutter, 1871 geboren, kommt auch aus einer sächsischen Familie und hieß mit Mädchennamen Augustin. Auch sie stammt mit sieben Brüdern und vier Schwestern aus einer Großfamilie, die in einem Bauernhaus wohnten.

    Ida wurde mit 16 Jahren Stubenmädchen und verrichtete dadurch sämtliche im Haus anfallenden Hausarbeiten.

    Mit zwanzig Jahren lernte sie Emil Kästner kennen, als ihre Tante den 24-jährigen jungen Mann ins Haus einlud. Obwohl Ida keinerlei Liebe für Emil empfand, ließ sie sich dennoch auf eine Bindung ein, da die Liebe, laut der Tante, sich in der Ehe noch entwickeln könne.

    Am 31.07.1892 wurden Ida Augustin und Emil Kästner in einer protestantischen Dorfkirche getraut. Auch wenn es keine Liebesheirat war, und mehr eine Zweckehe, wäre Erich niemals geboren, wenn sich das Paar nicht füreinander entschieden hätte. Siehe dazu passendes Zitat am Ende dieser Besprechung.

    Hierbei fällt mir parallel dazu ein Spruch aus der diesjährigen Frankfurter Buchmesse ein:

    "Die Welt kann so schlecht nicht sein. Denn sie hat uns Erich Kästner geschenkt."

    So schlecht kann also auch diese Heirat nicht sein ...

    Das Ehepaar verließ die Heimat, da Emil als Sattlermeister nicht mehr genug verdiente. Sie zogen nach Dresden zu Emils Onkel, der seinem Neffen bessere berufliche Aussichten versprach.

    Emil und Ida wünschten sich Kinder, doch leider wollte es damit nicht sofort klappen. Erst Jahre später wurde Ida schwanger. 1899 brachte sie schließlich ihr erstes und letztes Kind zur Welt, als sich mit Erich ihr Kinderwunsch erfüllte. Die Eltern liebten ihren Sohn über alles. Erstrecht, weil sie die Erfahrung machen mussten, dass es für sie nicht so leicht war, Kinder zu bekommen.

    Aber das Geld reichte nicht, und so wollte Ida mit zum Lebensunterhalt beitragen. Ein Zimmer in ihrer Wohnung wurde an einem Lehrer untervermietet. Jahre später erlernte Ida das Friseurhandwerk und machte sich nach der Ausbildung damit selbstständig.

    Erich wusste recht schnell, was er später für einen Beruf ergreifen wollte. Er wusste so ziemlich genau, dass er sich zu einem künftigen Lehrer berufen fühlte. Vorbilder hatte er schließlich durch die Untermieter genug. Zog ein Lehrer wieder aus, zog ein anderer Lehrer ein …

    Erich liebte Bücher und lernte recht schnell die Welt der Buchstaben kennen.

    Zitat:
    "Ich las, als wäre es Atemholen. Als wäre ich sonst erstickt. Es war eine fast gefährliche Leidenschaft. Ich las, was ich verstand und was ich nicht verstand. >>Das ist nichts für dich<<, sagte meine Mutter, >>das verstehst du nicht!<< Ich las es trotzdem. Und ich dachte: >>Verstehen denn die Erwachsenen alles, was sie lesen?<< Heute bin ich selber erwachsen und kann die Frage sachverständig beantworten: Auch die Erwachsenen verstehen nicht alles. Und wenn sie nur läsen, was sie verstünden, hätten die Buchdrucker und die Setzer in den Zeitungsgebäuden Kurzarbeit." (2017, 82)

    Erich war nicht nur ein intelligentes Kind, er war auch ein sehr empathischer kleiner Mensch, der ziemlich genau die Stimmung seiner Mutter wie ein Schwamm in sich aufnahm. Die Mutter litt an einer Depression und war dadurch suizidgefährdet. Mehrmals versuchte sie über eine Brücke zu springen, wäre nicht ihr Sohn gewesen, der das zu verhindern wusste … Das machte Erich sehr traurig, und besorgt suchte er den Rat eines Arztes auf, der seine Familie gut kannte. Ein wundervoller Arzt, der Kinder ernst zunehmen wusste.

    Zitat:
    >>Sie erzählen ihr nicht, dass ich hier war?<< >>Na, erlaube mal! Natürlich nicht“<< >>Und Sie glauben nicht, dass sie wirklich von der Brücke … vielleicht ... eines Tages…?<< >>Nein<<, sagte er, >>das glaube ich nicht. Auch wenn sie alles um sich her vergisst, wird ihr Herz an dich denken.<< Er lächelte. >>Du bist ihr Schutzengel.<<

    Leider stand die Mutter doch mehrmals auf der Brücke, aber es war immer Erich, der das Schlimmste zu verhindern wusste. Wie der Arzt schon sagte, Erich war der Schutzengel seiner Mutter.

    Zum Schreibkonzept
    Auf den 189 Seiten ist Erich Kästners Kindheit und Jugend in sechzehn Kapiteln und Unterkapiteln unterteilt. Es gibt ein Vorwort und ein Nachwort. Sehr schön fand ich im Vorwort die Anrede an die Kinder und an die Nichtkinder . Kästner spielt mit der Sprache, und lockert damit auch schwere Themen auf. Eine flüssige und leicht verständliche Autobiografie. Schade, dass sie so früh schon aufhörte. Mich hätte es noch interessiert, wie Erich als Erwachsener seinen Weg machte und was aus seinen Eltern geworden ist.

    Cover und Buchtitel

    Die Zeichnung auf dem Cover finde ich witzig, aber im Buch gibt es eine Szene, die genau dieses gezeichnete Kind beschreibt.

    Eine besondere Szene, die mir gefallen hat

    Das Kapitel Folgeschwere Hochzeiten fand ich richtig spannend, als Erichs Mutter, erfolgreiche Friseurin, von einer unbekannten Kundin namens Fräulein Strempel aufgesucht wurde. Aufgrund ihrer Heiratspläne vereinbarte das ältere Fräulein mit Erichs Mutter einen Frisiertermin, der an dem Hochzeitstag bei der Kundin für acht Uhr bei sich zu Hause angesetzt war, um zehn Damenköpfe festlich herrichten zu können. Als Frau Kästner das Fräulein zum vereinbarten Termin aufsuchte, und an der Türe klingelte, wurde sie von einer unbekannten Dame abgewiesen, da hier kein Fräulein Strempel wohnen würde. Ida Kästner wurde gefoppt. Niedergeschlagen ging sie wieder nach Hause. Ein Verlustgeschäft musste nun materiell und immateriell verkraftet werden, wäre nicht Erich, der das Ganze wieder ins Lot bringen konnte. Erich hatte sich nämlich das Gesicht dieser Dame eingeprägt. Durch Zufall läuft sie ihm eines Tages über den Weg und Erich spioniert ihr unauffällig hinterher. Detektivisch bekommt er heraus, dass sie in einem Kaufhaus in einer Damenabteilung arbeitet … Erich sucht den Geschäftsführer auf, und erzählt ihm von dem Betrug. Der Geschäftsführer schickt die Verkäuferin mit Erich nach Hause, damit sie mit der Mutter eine Ratenzahlung vereinbaren konnte, um für den Schaden aufzukommen.

    Warum das Fräulein diesen Betrug veranlasst hatte, werde ich nicht verraten.

    Meine Meinung
    Eine gelungene Autobiografie. Nicht nur der erwachsene Erich Kästner ist mir sympathisch, sondern auch der junge ist mir durch dieses Buch noch mehr ans Herz gewachsen, sodass ich vorhabe, im neuen Jahr ein Erich-Kästner-Leseprojekt mit auf meinem Blog zu nehmen. Mich zieht nicht nur sein Schreibstil an, sondern auch zu seinem Humor und zu seinem Charakter fühle ich mich ganz besonders hingezogen.

    Zitat:
    "Wenn man sich überlegt, von welchen Zufällen es abhängt, dass man eines Tages in der Wiege liegt (…). Wenn der junge Sattler von Penig nicht nach Döbeln gezogen wäre, sondern beispielsweise nach Leipzig oder Chemnitz, oder wenn das Stubenmädchen Ida nicht ihn geheiratet hätte (…) wäre ich nie auf die Welt gekommen. Dann hätte es nie einen gewissen Erich Kästner gegeben, der jetzt vor seinem Schreibblock sitzt und euch von seiner Kindheit erzählen will! Niemals!Das täte mir, bei Lichte betrachtet, sehr leid. Andrerseits: Wenn es mich nicht gäbe, könnte es mir eigentlich gar nicht leidtun, dass ich nicht auf der Welt wäre! Nun gibt es mich aber, und ich bin im Grunde ganz froh darüber. Man hat viel Freude davon, dass man lebt. Freilich auch viel Ärger. Aber wenn man nicht lebte, was hätte man dann? Keine Freude. Nicht einmal Ärger. Sondern gar nichts! Also, dann habe ich schon lieber Ärger." (38f)

    Der kleine Erich hatte Glück, so tolle Eltern zu haben, die zulassen konnten, dass der kleine Mann sein vollstes innere Potenzial entfalten konnte. Es gab und es gibt noch immer viel zu viele kleine Menschen, die von ihren Eltern ihre Ideale ausgeredet bekommen haben.

    Mein Fazit
    Durch diese Autobiografie kann ich nun auch die Kinderbücher vom Hintergrund her besser verstehen. Vor allem das Buch Pünktchen und Anton brachte mich sehr häufig zum Nachdenken, auch, als dieses Buch später verfilmt wurde. Wie konnte ein kleiner Junge wie Anton seine kranke Mutter versorgen? Er übernahm komplett den ganzen Haushalt, kochte für sie und half in einer Kneipe aus, in der die Mutter arbeitete. Um die Stelle nicht zu verlieren, ersetzte Anton auch hier seine kranke Mutter. Ein kleiner Erwachsener war er für mich und mir diese Rolle zu übertrieben erschien. Aber nun weiß ich, woher dieser Hintergrund stammt. Der kleine Erich hatte sich auch sehr häufig um seine kranke Mutter gekümmert und übernahm wie der kleine Anton jede Menge Aufgaben im Haushalt, bis die Mutter wieder bei Kräften war.

    Für mich und für meinen Lesekreis ist dies eine sehr interessante und sehr lesenswerte Autobiografie gewesen. Viele ältere Mitleserinnen konnten Parallelen zu ihrem eigenen Leben ziehen, und man dadurch leicht ins Gespräch kam. Es hat mir großen Spaß gemacht, das Buch mit meiner Runde zu lesen.

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Désirée: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Désirée: Roman' von Annemaire Selinko

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Einer der größten Unterhaltungsromane der deutschen Literatur mit einer Gesamtauflage von über 2,8 Millionen Exemplaren»Ich glaube, eine Frau kann viel leichter bei einem Mann etwas erreichen, wenn sie einen runden Busen hat. Deshalb habe ich mir vorgenommen, mir morgen vier Taschentücher in den Ausschnitt zu stopfen...«So beginnt Annemarie Selinkos großer historischer Roman, das fiktive Tagebuch der Désirée Clary, Seidenhändler-Tochter aus Marseille, die es tatsächlich zu etwas bringen und in die Weltgeschichte eingehen sollte. Sie war die erste Verlobte Napoleons, heiratete später den französischen Marschall Bernadotte, lebte in der Gunst des Kaisers in Paris und verließ Frankreich schließlich mit ihrem Mann, als der den schwedischen Thron bestieg.
Das Buch erreichte in kurzer Zeit Millionenauflagen und wurde in mehr als 25 Sprachen übersetzt. Der Hollywood-Film mit Jean Simmons als Désirée und und Marlon Brando als Napoleon wurde ebenfalls ein Welterfolg, und auch heute noch hat dieser historische Liebesroman nichts von seinem Zauber verloren.

Format:Kindle Edition
Seiten:623
EAN:
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Malala. Meine Geschichte

Buchseite und Rezensionen zu 'Malala. Meine Geschichte' von Malala Yousafzai

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MALALA YOUSAFZAI – AUSGEZEICHNET MIT DEM FRIEDENSNOBELPREIS 2014

Malalas Schicksal bewegt die Welt



Zum ersten Mal erzählt die jüngste Friedensnobelpreisträgerin nun ihr Leben für jugendliche Leser selbst – einfühlsam, aufrüttelnd und direkt. Die damals fünfzehnjährige Malala wollte einfach nur zur Schule gehen – doch für die Taliban haben Mädchen kein Recht auf Bildung. Am 9. Oktober 2012 schossen ihr Terroristen in den Kopf, als sie auf dem Weg von der Schule nach Hause war. Malala hat den Anschlag schwer verletzt überlebt, doch aufgegeben hat sie nicht. Sie setzt ihren Kampf für Bildung unermüdlich fort und ist damit zum Vorbild vieler Jugendlicher auf der ganzen Welt geworden. In einer einzigartigen Zusammenarbeit mit der Bestsellerautorin Patricia McCormick gelingt es Malala auf höchst bewegende Weise und anhand vieler persönlicher Fotos und Dokumente, ihren jungen Lesern ein authentisches Bild von ihrem Leben und den Ereignissen in Pakistan zu vermitteln. In ihrem Jugendbuch berichtet die Friedensnobelpreisträgerin 2014 von ihrer Schulzeit und ihren Freundinnen, davon, wie die Anfeindungen der Extremisten täglich zunahmen, wie sie Widerstand leistete und ihr Leben dadurch eine tragische Wendung nahm.



Mit vielen Fotos, Karten, Glossar und Zeittafel, um das Verständnis der komplexen Geschichte Pakistans und der Taliban zu erleichtern

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:272
Verlag: FISCHER KJB
EAN:9783596856602
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Grüne Glasscherben

Buchseite und Rezensionen zu 'Grüne Glasscherben' von Lonny Neumann
3
3 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Grüne Glasscherben"

»Lesen verdirbt den Charakter« und »Ruhe ist die erste Bürgerpflicht« sind Leitsätze der Großeltern - kleiner Leute - für die Erziehung von Lore, die mal was Besseres werden soll.
Je mehr sie aber behütet wird, umso mehr strebt sie >overkieksch< ein eigenes Leben an, Krieg und Nachkrieg bestimmen den Alltag der Heranwachsenden und lehren sie, dass auch der Satz der Vatergeneration »Mit den Wölfen muss man heulen« falsch ist.
Sie bricht aus der vorgegebenen Welt aus; engagierte Lehrer und geliebte Gedichte helfen ihr auf der Suche nach dem eigenen Weg.

Format:Kindle Edition
Seiten:147
EAN:
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Rezensionen zu "Grüne Glasscherben"

  1. 3
    19. Aug 2018 

    Biografie und Zeitgeschichte in einem...

    »Lesen verdirbt den Charakter« und »Ruhe ist die erste Bürgerpflicht« sind Leitsätze der Großeltern - kleiner Leute - für die Erziehung von Lore, die mal was Besseres werden soll. Je mehr sie aber behütet wird, umso mehr strebt sie >overkieksch< ein eigenes Leben an, Krieg und Nachkrieg bestimmen den Alltag der Heranwachsenden und lehren sie, dass auch der Satz der Vatergeneration »Mit den Wölfen muss man heulen« falsch ist. Sie bricht aus der vorgegebenen Welt aus; engagierte Lehrer und geliebte Gedichte helfen ihr auf der Suche nach dem eigenen Weg.

    Fast jede Nacht heulten die Sirenen. Großmutter riss das Kind mitten in der Nacht aus dem Schlaf. Lore sollte übereinander anziehen, was sie besaß: zwei Leibchen, zwei Kleider, den Wintermantel. Vor Müdigkeit zitternd, manchmal den großen Puppenjungen im Arm, folgte sie der Großmutter in den Keller.

    Ich lese ja gerne auch abseits des Mainstreams, und so griff ich zu, als ich zufällig auf dieses Buch stieß. Die Epoche zur Zeit des Nationalsozialismus interessiert mich nach wie vor, und da mein Vater im selben Jahr geboren wurde wie die Autorin, wurde ich neugierig. Kindheiten sind kaum miteinander vergleichbar, auch wenn sie sich in derselben Zeit vollziehen. Doch gibt es für diese Epoche sicher oftmals Parallelen - wie beispielsweise eine strenge Erziehung, ein Aufwachsen ohne Vater, da dieser an der Front, in Gefangenschaft oder gefallen war, karge Zeiten, in der der Hunger regierte, usw.

    Tatsächlich bietet diese Biografie einen interessanten Einblick in eine recht einsame Kindheit in der Uckermark zwischen 1934 und 1952, wobei die Zeitgeschichte immer auch eine Rolle spielte. Erzählt wird hier v.a. zu Beginn aus einer eher kindlichen Perspektive, die das gesellschaftliche Geschehen noch gar nicht einordnen kann und es kritiklos hinnimmt. Nur die Auswirkungen der gesellschaftlichen Entwicklung auf die Familie und die engere Nachbarschaft werden beobachtet und geschildert. Lore wächst jedoch heran - und mit ihr der Widerspruchsgeist. Die wie in Stein gemeißelten Erziehungs-Dogmata boykottiert das Mädchen immer wieder und nimmt dafür auch in Kauf, irgendwie nirgendwo richtig dazu zu gehören.

    Nicht immer chronologisch und auch oft wenig zusammenhängend, reiht die Autorin einzelne erinnerte Episoden aneinander. Hier hätte ich mir manchmal größere zusammenhängende Abschnitte gewünscht, denn oft genug wurde ich recht abrupt aus einer Szene herausgerissen ohne damit gerechnet zu haben. Insgesamt jedoch habe ich mir ein recht umfassendes Bild dieser Kindheit machen können, v.a. auch im Zusammenhang mit dem damaligen Zeitgeschehen. Und tatsächlich schweiften meine Gedanken oftmals ab zu meinem Vater und dessen Erzählungen aus dieser Zeit.

    Lonny Neumann versäumt es nicht, einen Brückenschlag in die jüngere Vergangenheit zu machen und die Schicksale einzelner Familienmitglieder weiter zu verfolgen. Dies rundet die Erzählung zusammen mit den plattdeutschen Einschüben und den zahlreichen Schwarz-Weiß-Fotos in meinen Augen gelungen ab.

    Die Geschichte einer Kindheit in schwierigen Zeiten - Biografie und Zeitgeschichte in einem. Sehr persönlich und authentisch.

    © Parden

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Die Kaiserin: Historischer Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Kaiserin: Historischer Roman' von Tessa Korber

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Theodora von Byzanz - eine starke Herrscherin und eine große Liebe.

Byzanz, 500 n. Chr.: In der brodelnden Hauptstadt des oströmischen Reiches wächst Theodora zu einer begabten Schauspielerin heran, die mit ihrer Truppe bis nach Alexandria und Antiochia reist. Dort trifft sie Justinian, den späteren Kaiser, und aus der einfachen Frau wird mit ihrer Heirat eine Herrscherin. Entschlossen greift Theodora in die Politik des riesigen Imperiums ein, schafft frauenfreundliche Gesetze, setzt ihr gewaltiges Vermögen für Stiftungen, Kirchen und Klöster ein. Mit aller Härte verteidigt sie aber auch ihre Position. Als es zu einem Aufstand kommt, rettet sie dem Kaiser den Thron. Doch eine leidenschaftliche Liebe bringt sie selbst in tödliche Gefahr ...

Ein opulenter historischer Roman, der mit liebevollen Details die Geschichte wiederauferstehen lässt - jetzt als eBook lesen und in eine Welt voller Sinnlichkeit und Intrigen eintauchen.

Autor:
Format:Kindle Edition
Seiten:519
EAN:
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ConCrafter: Hallo, mein Name ist Luca

Buchseite und Rezensionen zu 'ConCrafter: Hallo, mein Name ist Luca' von Concrafter

Inhaltsangabe zu "ConCrafter: Hallo, mein Name ist Luca"

Die unautorisierteste »autorisierte« Biographie, die es jemals gegeben haben wird – alles über LUCA a.k.a. ConCrafter!

Was passiert ist? Meine Mama hat ein Buch über mich geschrieben - und zwar ohne mir davon etwas zu erzählen! ich habe es nur zufällig gefunden und muss leider sagen: Hier steht ziemlich viel drin, was vorne und hinten nicht stimmt. Mama hat die meisten Geschichten mit unappetitlichen Details ausgeschmückt, die so natürlich überhaupt nicht passiert sind. Eigentlich ziemlich beeindruckend, dass sie genug Fantasie für 40 Geschichten hatte. Hätte ich ihr gar nicht unbedingt zugetraut. Na ja, die meisten Fotos sind jedenfalls auch gefälscht. So hässlich war ich als Kind nämlich gar nicht. Meine Mama hat mir also nicht nur die Möglichkeit genommen, meine eigene Biographie einmal selbst zu schreiben, sie hat auch noch ziemlich viel geschrieben, was so definitiv nicht vorgefallen ist. Ich hatte daher keine andere Wahl, als meine Kommentare daneben zu schreiben und Abschnitte herauszustreichen. Manche Sachen konnten aber so stehen bleiben – komischerweise haben all die Geschichten gestimmt, in denen ich Gutes tue und dabei ziemlich gut aussehe.

Autor:
Format:Kindle Edition
Seiten:208
EAN:
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Newton und der Apfel der Erkenntnis

Buchseite und Rezensionen zu 'Newton und der Apfel der Erkenntnis' von Luca Novelli
4
4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Newton und der Apfel der Erkenntnis"

70 Min.
Audio CD
Sein Gravitationsgesetz revolutionierte die menschliche Sicht auf das Universum. Der Forscher Newton, Vater der klassischen Mechanik und der Himmelsmechanik, Pionier in Mathematik und Optik, gilt als einer der herausragendsten Wissenschaftler aller Zeiten. Luca Novelli beschreibt das Leben des Genies von den Schultagen auf dem Land über das Studium im ehrwürdigen Cambridge, die großen Entdeckungen, Widrigkeiten und Auseinandersetzungen mit Kollegen bis hin zu seiner Tätigkeit als hochgeschätzter Beamter
im Dienst des Könighauses. Mit Glossar im Booklet

Autor:
Format:Audio CD
Seiten:1
Verlag: Audiolino
EAN:9783867371339
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Rezensionen zu "Newton und der Apfel der Erkenntnis"

  1. 4
    29. Mär 2018 

    Das Leben und Wirken Isaac Newtons...

    Sein Gravitationsgesetz revolutionierte die menschliche Sicht auf das Universum. Der Forscher Newton, Vater der klassischen Mechanik und der Himmelsmechanik, Pionier in Mathematik und Optik, gilt als einer der herausragendsten Wissenschaftler aller Zeiten. Luca Novelli beschreibt das Leben des Genies von den Schultagen auf dem Land über das Studium im ehrwürdigen Cambridge, die großen Entdeckungen, Widrigkeiten und Auseinandersetzungen mit Kollegen bis hin zu seiner Tätigkeit als hochgeschätzter Beamter im Dienst des Könighauses.

    Dieses Hörbuch ist Teil einer ganzen Serie über das Leben und Wirken berühmter Wissenschaftler. Diese Serie ist dazu gedacht, Jugendlichen einen Einstieg in die Naturwissenschaften zu erleichtern und bekannte Personen und deren Entdeckungen kennenzulernen. Empfohlen wird dieses Hörbuch für Kinder zwischen 10 und 12 Jahren - als kurzweilige und informative Lektüre für die Ohren.

    Das Leben Isaac Newtons (1642-1726) wird hier kurzweilig und verständlich dargestellt, indem abwechselnd Newton selbst zu Wort kommt und ein Erzähler Wesentliches zusammenfasst. Gelegentlich kommen auch andere Stimmen - Zeitgenossen Newtons - zu Wort. Die einzelnen Szenen werden von leiser barocker Gitarrenmusik untermalt, was der Epoche Newtons entspricht. Der Werdegang Newtons als Sohn eines Bauern, der Analphabet war, war jedenfalls ganz erstaunlich - und seine Entdeckungen um so mehr. Sein wichtigstes Erbe ist sicherlich das Gravitationsgesetz, das hier ebenfalls in aller Kürze dargestellt wird, doch benötigen Kinder hier vermutlich doch noch einmal die Erläuterung durch einen Erwachsenen, um die einzelnen Sätze wirklich verstehen zu können.

    Neben der gelungenen Inszenierung hat mir auch gefallen, dass hier die historische Verankerung des Zeitgeschehens Newtons berücksichtigt wird. So wird auf wissenschaftliche Vorgänger Newtons verwiesen, auf bedeutsame historische Ereignisse seiner Zeit, die sein Leben und Wirken beeinflussen, sowie auf die damaligen gesellschaftlichen Gegebenheiten, die Newtons Erfolg noch erstaunlicher wirken lassen.

    Insgesamt ein gelungenes Hörwerk von 70 Minuten, bei dem Wissensvermittlung ansprechend dargeboten wird.

    © Parden

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Die Rothaarige

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Rothaarige' von James Ellroy
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Rothaarige"

Ein ungelöster Mord wird zum tragischen Beginn eines Schriftstellerlebens Geneva »Jean« Ellroy wurde 1958 in einem schäbigen Vorort von L.A. vergewaltigt und ermordet. Der Täter wurde nie gefasst, die Ermittlungen eingestellt und der Fall als tragischer Ausgang einer durchzechten Nacht ad acta gelegt. James Ellroy war damals zehn Jahre alt. Der Mord an seiner Mutter wurde seine Obsession. In den kommenden Jahrzehnten hat er die verstörenden Erinnerungen abwechselnd verdrängt und im Schreiben heraufbeschworen. Erst 1994 stellt er sich dem Trauma seines Lebens. Zusammen mit dem pensionierten Detective Bill Stoner begibt Ellroy sich auf die Suche: nach seiner Mutter, ihrem Mörder – und seiner Erlösung.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:528
EAN:9783550050329
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Rezensionen zu "Die Rothaarige"

  1. 5
    29. Mär 2018 

    Nichts ist schlimmer als die Wirklichkeit

    "Ellroy ist der wohl wahnsinnigste unter den lebenden Dichtern und Triebtätern der amerikanischen Literatur." (Süddeutsche Zeitung)

    "Er schreibt die blutigsten Krimis Amerikas." (ZEITmagazin)

    "Anarchisch kaputt, sexbesessen und mit einem unheimlichen Gespür für alles Pathologische, Zerstörerische ... Aus seinen Büchern weht der Wind des Bösen." (Bücherjournal)

    Nimmt man die Pressemeldungen für bare Münze, scheint James Ellroy auf der dunklen Seite der Literatur zu leben. Seine Romane sind düster, brutal, verstörend, Angst einflößend. In ihnen scheint Ellroy den schwarzen Teil seiner Seele auszuleben. Welche Motivation ihn dabei antreibt, schildert er in seinem autobiografischen Roman "Die Rothaarige". Die Geschichte, die er hier erzählt, ist einfach unvorstellbar: Als Ellroy 8 Jahre alt ist, wird seine Mutter brutal ermordet. Ihr Tod wurde nie aufgeklärt. Nach ca. 40 Jahren entschließt sich nun Ellroy, die Aufklärung selbst in die Hand zu nehmen. Von diesem Aufklärungsversuch und den Hintergründen des Verbrechens handelt dieser Roman.

    "Ich dachte, ich würde dich kennen. Ich tat meinen kindischen Hass als intimes Wissen ab. Ich habe nie um dich getrauert. Ich habe die Erinnerung an dich bekämpft." (S. 118)

    Der Roman ist in 4 Teile gegliedert:

    1. Der Mord
    Im Juni 1958 wird die Leiche von Jean Ellroy gefunden. Sie wurde vergewaltigt und erdrosselt. Die Hintergründe der Tat sind unbekannt. Potenzielle Täter gibt es einige. Zeugenbefragungen bringen ein paar Spuren, die jedoch im Sande verlaufen. Dieser Teil des Romanes liest sich wie ein Polizeibericht und liefert ein genaues Bild der Polizeiarbeit im früheren Los Angeles. Bezeichnend für die Polizei der damaligen Zeit war ein hohes Maß an Korruption und das Verfolgen persönlicher Interessen. Die Verbrechensquote war extrem hoch, die Aufklärungsquote relativ gering. Die Polizei ertrank förmlich in Mordfällen, so dass ein Mord wie der an Jean Ellroy schnell ad acta gelegt wurde. Man konzentrierte sich lieber auf Mordfälle, die eine höhere Chance einer Aufklärung boten. Ellroy vermittelt dabei ein hässliches Bild von Los Angeles, das wenig mit der schillernden und glamourösen Stadt der Engel zu tun hat.
    In diesem ersten Teil nimmt James Ellroy eine Nebenrolle ein. Trotzdem er der kleine Junge ist, dessen Mutter gerade ermordet wurde, bleibt er im Hintergrund. Man erfährt nichts über sein Seelenleben. Bestenfalls präsentiert er sich bei den Ermittlungsarbeiten als einer von vielen Zeugen. Denn er wird von der Polizei wiederholt zu dem Verhältnis seiner Eltern befragt. Das Foto des Buchcovers zeigt im Übrigen den kleinen James in einer, von der Presse konstruierten Situation, zu einem Zeitpunkt, an dem das Verbrechen an Ellroys Mutter noch von öffentlichem Interesse war. Doch dieses Interesse hielt leider nicht lange an. Erst Jahre später, als Ellroy als Schriftsteller bekannt ist, kommt dieses Interesse wieder hoch.

    "Ein Mann mit einer Kamera ging mit mir nach hinten zu Mr. Kryckis Geräteschuppen. Er drückte mir eine Ahle in die Hand und stellte mich an eine Werkbank. Ich hielt einen kleinen Holzblock fest und tat so, als würde ich ihn bearbeiten. Ich schaute in die Kamera - ohne zu blinzeln, zu lächeln, zu weinen oder zu zeigen, wie gut es mir ging." (S. 120)

    2. James Ellroys Kindheit und sein Weg zum Schriftsteller
    Der persönlichste und emotionalste Teil dieses Romans: Ellroy war ein Scheidungskind, instrumentalisiert von seinen Eltern, um ihn gegen den jeweils anderen Elternteil aufzubringen. Sein Vater hatte dabei die größere Überzeugungskraft und konnte James mit seiner Ablehnung und seiner Wut auf Mutter Jean anstecken. Anfangs himmelt James seinen Vater an. Erst Jahre später begreift er, dass sein Vater zeitlebens ein Schwätzer war, der sich sein berufliches wie menschliches Versagen schön reden konnte. Nach dem Tod seiner Mutter entwickelt sich James zu einem schwierigen Kind und Jugendlichen, der nach Aufmerksamkeit lechzt, indem er andere mit rassistischen Ansichten schockiert. Sein Rassismus ist für ihn lediglich Mittel zum Zweck. Ob seine Äußerungen im Widerspruch zu seiner tatsächlichen Überzeugung stehen, ist für mich leider nicht deutlich geworden. Sein Vater ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt, so dass er nicht mitbekommt, dass sein Sohn immer mehr abdriftet: Alkoholismus, Drogenabhängigkeit, Strafvollzug. James Ellroy nimmt alles mit und landet in der Gosse. Dass er schließlich wieder die Kurve kriegt und Schriftsteller wird, liegt unter Anderem an seiner Liebe zu Kriminalromanen, die er bereits in seiner Kindheit verschlungen hat und die seine Fantasie beflügelt haben. Die Verbrechen, von denen er liest, beschäftigen ihn. Er träumt sich eine brutale Wirklichkeit zurecht, in der seine Mutter nicht selten eine Rolle spielt. Es ist seine Art, sich seiner Mutter anzunähern. Dabei erkennt er, dass er sehr wenig über seine Mutter weiß. Das Bild, das er von ihr hatte, indoktriniert durch seinen Vater, erweist sich als zweifelhaft. Daran hat er Jahre zu knabbern. Vierzig Jahre später erkennt er, dass der einzige Weg, seine Mutter zu verstehen darin liegt, dass Verbrechen an ihr aufzuklären. Im Zuge der Nachforschungen erhofft er sich, dass ihm der Mensch Jean Ellroy näherkommt.

    "Mein Vater war ein Lügner. Meine Mutter eine Schwindlerin. Ich hatte sie sechs Jahre zusammen und vier Jahre getrennt erlebt. Ich verbrachte weitere sieben Jahre mit meinem Vater. Immer wieder fing er von meiner Mutter an, nur um vernichtend über sie herzuziehen. Seine Tiraden waren selbstgefällig und gehässig. Seine Tiraden waren suspekt. Die letzten sieben Jahre seines Lebens verleumdete er meine Mutter bei jeder Gelegenheit." (S. 465)

    3. Bill Stoner
    Bill Stoner ist der Kriminalbeamte, mit dem James Ellroy versucht, das 40 Jahre zurückliegende Verbrechen an seiner Mutter aufzuklären. Anhand des langjährigen Polizeidienstes von Stoner, präsentiert Ellroy wie im ersten Teil ein Stück amerikanischer Polizeigeschichte. Bill Stoner geht in den Ruhestand. In den letzten Jahren hat er in der Abteilung für ungelöste Mordfälle gewirkt, wo er auch einige beachtliche Erfolge erzielen konnte. Der Leser lernt Stoner als einen erfahrenen, besonnenen und hartnäckigen Polizisten kennen, der sich an einem Mordfall festbeißen kann. Und solch einen Menschen braucht Ellroy, um an sein Ziel zu kommen.

    4. Die Aufklärung des Mordes an Jean Ellroy
    Stoner und Ellroy schweißt die lang andauernde Suche nach Jeans Mörder zusammen. Es gibt Momente der Hoffnung, aber auch der Verzweiflung. Viele Spuren erweisen sich als Sackgasse. Und trotzdem geben die beiden nie auf. Es ist schon faszinierend, wie es ihnen gelingt, ein Ermittlungspuzzle zusammenzusetzen, das seit über 40 Jahren herumliegt und dessen Einzelteile in großen Teilen Amerikas verstreut sind.

    "Wir bekamen Namen aus der Akte. Wir bekamen Namen von alten Cops. Wir bekamen Namen von alten Kneipenhockern und Leuten, die ihr Leben lang nicht aus El Monte herausgekommen waren. Wir arbeiteten acht Monate lang an dem Fall. Wir säten Namen und ernteten Namen. Wir brachten keinen immer größer werdenden Kreis von Namen zustande. Wir hatten es mit einem ausgedehnten Ort und einem großen Abschnitt verlorener Zeit zu tun. Wir gaben nicht auf. (S. 409)

    An diesem Roman hat mich zunächst die Idee fasziniert, ein Verbrechen, das 40 Jahre zurückliegt, aufklären zu wollen. Die größere Faszination ging jedoch im Verlauf der Handlung von James Ellroys Sprachstil aus.
    Im ersten Teil wirkt der Roman wie der Text eines Polizeiberichtes: eine Aneinanderreihung von Fakten, sehr nüchtern dargestellt. Da dieser erste Teil auch gleichzeitig ein Bericht über die Ermittlungsarbeit ist, ging ich davon aus, dass sich der Sprachstil mit der Zeit ändern wird. Fehlanzeige! James Ellroy hat diesen Sprachstil beibehalten. Nun sollte man meinen, dass ein nüchterner und emotionsloser Sprachstil nicht gerade das probate Mittel ist, um Spannung zu vermitteln und den Leser zu fesseln. Wieder Fehlanzeige. Man wird sich wundern, wie wenig Stilmittel nötig sind, um den Leser zu packen und emotional zu berühren: James Ellroy konzentriert sich auf das Wesentliche. Keine Ausschmückungen, Adjektive oder bildhafte Sprache. Subjekt - Prädikat - Objekt ... mehr braucht James Ellroy nicht, um deutlich zu machen, dass nichts schlimmer sein kann als die Realität. Denn das muss man sich bei diesem Buch immer wieder vor Augen führen: James Ellroy berichtet über Fakten.

    Fazit:
    Ein faszinierender Roman, der mich durch die persönliche Geschichte des Autors überzeugt hat sowie dem fast unmöglichen Versuch, ein 40 Jahre altes Verbrechen aufzuklären. Hinzu kommt der unglaubliche Sprachstil des Autors, der mit ganz wenigen sprachlichen Mitteln eine ungeheure Spannung erzeugen kann. Leseempfehlung!

    © Renie

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