Die Familien der anderen: Mein Leben in Büchern
Kurzmeinung: Wer sich gerne von Prominenten beraten lassen möchte ...
Christine Westermann ist mir ein Begriff durch die Sendung „Zimmer frei“ und ich habe ihr auch gerne im Literarischen Quartett zugehört. Ihr emotionaler Zugang zu Büchern war oft erfrischend gegenüber der intellektuell/abgehobenen Herangehensweise der anderen Teilnehmer in der Runde, die ich jedoch auch zu schätzen wusste.
Christine Westermann hat schon mehrere Bücher geschrieben und bei ihrem neuesten (2022) habe ich meiner Neugier nachgegeben und es aufgeschlagen und zu Ende gelesen. Außerdem brauchte ich Ablenkung von anderer schwerer literarischen Kost, ja, es war mir klar, ich hatte keine Hochliteratur zu erwarten. Trotzdem.
Ich mag Christine Westermann, ehrlich, aber ihr erstes Buch von ihr wird auch mein letztes bleiben. Dabei kann sie eigentlich erzählen. Ihr familiärer Hintergrund ist tatsächlich spannend, sie lässt ihn zuweilen einfließen. Und sie mag Bücher, insoweit muss sie ja als Mensch sympathisch sein. Aber wenn sich ein sowie so schon schmales Büchlein zu vier Fünftel mit Inhaltsangaben anderer Bücher/Romane beschäftigt, von denen ich manche gelesen habe, dann langweile ich mich. Sicher, es ist noch einigermaßen interessant, ob wir Schnittmengen haben und ob wir Literatur ähnlich oder ganz verschieden beurteilen, aber warum sollte ich ihre ein-Seitigen Zusammenfassungen von Romanen lesen wollen, da es zu jedem von ihr vorgestellten Romane wunderbare Rezensionen von geschätzten Rezensenten gibt, die wesentlich mehr aussagen? Und die mir näher stehen als Christine Westermann. Oder Elke Heidenreich. Same.
Aber dann wird mir klar, dass Christine gar keinen ROMAN geschrieben hat, sondern nur Buchempfehlungen gibt, so wie sie es in anderen Formaten auch macht/e, also ein Buch voller Leseappetithäppchen. Mag ich das? Nein, das mag ich nicht. 47 Kurzempfehlungen sind es insgesamt, Westermannsche Familenschnippsel dazwischen gestreut, und Ansichten über Lesereisen. Buchempfehlungen, egal, von wem, haben einen großen Nachteil: sie sind Schnee von gestern, weil sie das Buch von gestern empfehlen. Aber Bücher haben doch kein Verfallsdatum? Irgendwie inzwischen schon.
Und Thomas Manns „Zauberberg“, wenn wir schon beim Buch von vorvorgestern sind, dem Roman, mit dem sie sich während wir i h r Buch lesen, herumschlägt, echt, Christine, solche Kost muss man in jungen Jahren lesen oder gar nicht mehr. Oder man kommt zu unbilligen Ergebnissen. Und Proust muss man hören, nicht lesen. Es gibt eine ganz feine Hörausgabe davon. Ich nehme einmal an, Proust haben nicht viele Leute gelesen/gehört (muss man auch nicht), aber er hat schon mehr zu bieten als die Schilderung einer in Tee getunkten Madeleine (Gebäck aus Frankreich) und mich hat er fasziniert. Prousts Romane sind wie eine Zeichnung. Man sieht ein Gemälde einer vergangenen Epoche. Proust ist Kunst. Muss man aber nicht mögen.
Auch der Zauberberg hat mir seinerzeit gefallen. Mit Betonung auf „seinerzeit“. Das wäre heute nicht mehr so. Wenn man älter ist, wird die Lebenszeit knapp und auch die Lesezeit und man kann sich auf Wortanhäufungen nicht mehr so unbekümmert einlassen wie früher als man noch Zeit im Überfluss hatte, als man zwar intellektuell wusste, dass alle Lebenszeit eine endliche ist, aber glaubte, für einen selbst hätte diese Tatsache nichts zu bedeuten.
Lest darum die Klassiker am besten, solange ihr unter zwanzig seid, dann werdet ihr glücklich mit ihnen. Danach lasst besser die Finger davon. Querlesen bei Thomas Mann hieße, die Atmosphäre nicht in sich aufzunehmen. Und die ist das Wichtigste. Diese Morbidität. Diese Überheblichkeit. Diese Dekadenz. Jajaja. Man kann so darüber denken und so. Heutzutage lese ich keinen Thomas Mann mehr.
Fazit: Ich mag Christine Westermann, ehrlich, aber eine große Literatin ist sie meiner Meinung nach nicht. Für Vielleser ist ihr Buch überhaupt nix. Für Manchmalleser ist es nett, mehr nicht. Meine Sympathie für Westermanns Humor ist ungebrochen, aber lesen muss ich nichts mehr von ihr.
Kategorie: Launige Buchempfehlungen. Leichte Unterhaltung.
Verlag: Kiwi, 2022
Die Autorin spürt ihrer Familiengeschichte nach, indem sie den Fluchtweg ihres damals neunjährigen Vaters aus Schlesien allein und zu Fuß nachgeht. Sie trifft auf dem Weg in Polen und Tschechien Menschen, mit denen sie über Flucht und Vertreibung redet und bei der Gelegenheit über deren eigene Herkunft aus dem Osten Polens und der Ukraine erfährt. Parallel erzählt sie ihre eigene Familiengeschichte, die geprägt ist von Traumata und Verdrängung, der Suche nach Heimat und dem Wunsch, dazuzugehören. Im Mittelteil werden auch die geschichtlichen Hintergründe beleuchtet, das Potsdamer Abkommen, die Oder-Neiße-Linie, die Umsiedelungen.
Dabei findet Frau Hoffmann eingängige Bilder für Orte und Menschen und beschreibt in einer fast poetischen Sprache ihre Gefühle und Empfindungen sowie ihr Familien-„Gepäck“ eines Flüchtlingskinds. Die Ebene wechselt immer wieder entlang des Wegs von der Gegenwart in die Vergangenheit, vom eigenen Wandern in den Flüchtlingstreck, von eigener Erfahrung ins Allgemeine. Interessant fand ich vor allem, dass gerade in Polen bei der älteren Generation die Angst vor Russland vorherrschte, gar nicht mal die negativen Gefühle den Deutschen gegenüber; man war ja aus Ostpolen selbst in den Westen des Landes zwangsumgesiedelt worden.
Ich habe ein E-Book aus der Onleihe gelesen, empfehle das Buch und vergebe fünf Sterne.
Die Autorin ist heute stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung.
"Kurze Haare, Fußballspielen, keine Röcke - ich habe schon immer kein typisches Mädchen sein wollen. [...] Eine innere Stimme zeigte mir den Weg, wusste, dass ich anders bin, ließ mich herausfinden, wo die Reise hingehen soll." (S. 29)
Viele kennen Ulrike Folkerts als Hauptkommissarin Lena Odenthal. Doch wenige kennen die private Seite der Schauspielerin. In diesem Buch erzählt sie ihre ganz persönliche Geschichte. Wie sie schon als junges Mädchen gemerkt hat, dass sie kein typisches Mädchen ist und des Öfteren auch bei anderen Mainstreamthemen aneckt. Aber auch, wie sie schließlich ihren Weg findet, mit sich selbst ins Reine kommt und wie u. a. die Schauspielerei ihr dabei hilft.
Mir gefiel dabei ihre Offenheit und Ehrlichkeit. Sie schildert nicht nur ihre glücklichen Momente, sondern auch ungeschönt ihre Höhen und Tiefen und wie sie sich mit ihren Prinzipien und ihrer Sturheit oft selbst im Weg stand. Ich hatte mich mit der Person Ulrike Folkerts bislang noch nicht viel befasst und beim Lesen viele neue und interessante Aspekte über sie erfahren. So wusste ich nicht, dass sie auch viel in Theatern gespielt hat und welche anderen Rollen sie spielte. Auch die Schilderung ihrer nicht ganz unproblematischen Kindheit, die Suche nach der sexuellen Orientierung und einige andere Schicksalsschläge waren sehr aufschlussreich.
Besonders beeindruckend war für mich aber, dass sie sich trotz allem nicht hat unterkriegen lassen und auch immer den Mut hatte, Neues zu wagen und Risiken dabei einzugehen.
Der Titel "Ich muss raus" ist auf vielfältige Weise zutreffend: Sie muss raus aus Zwängen und Klischees der Gesellschaft, muss raus in die Natur, muss raus, um Sport zu treiben und muss raus, um auch mal ihre eigene Persönlichkeit für andere Rollen zu verlassen. Sie bricht auf viele Weise aus, um letztendlich bei ihr anzukommen.
Neben den persönlichen Dingen erfährt man aber natürlich auch einige Geschichten und Anekdoten aus dem Fernseh- und Theatergeschäft, die sehr unterhaltsam von der Autorin eingeflochten werden.
Als besonderes Highlight sollte noch die Buchgestaltung erwähnt werden: Hardcover mit Lesebändchen sowie viele Farbfotografien, die nicht nur in der Mitte des Buches, sondern an den passenden Stellen über das ganze Buch verteilt zu finden sind.
Fazit:
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Wunderschön gestaltete und mutmachende Biographie der Tatort-Schauspielerin!
Klappentext:
„Eine Würdigung der Jahrhundertkanzlerin Angela Merkel prägte eine ganze Generation in Deutschland und Europa. Wer ist die Frau, die sechzehn Jahre lang unsere Geschicke leitete? Biographien gibt es viele. Aber was sagen ihre Weggefährten und politischen Gesprächspartner? Prominente Persönlichkeiten ziehen Bilanz: u.a. Emmanuel Macron, Annalena Baerbock, Philipp Lahm, Christine Lagarde, Ulrich Matthes und Daniel Barenboim.Die Ära Angela Merkel Als Bundeskanzlerin und Vorsitzende der CDU hat Angela Merkel Deutschland und die Europäische Union durch viele fundamentale Krisen und Umbrüche geführt. In diesen Krisen beweist sich, ob eine Regierung Vertrauen genießt. Ob Fukushima, die Euro- und Finanzkrise, der Brexit, der Ukraine-Konflikt, die Flüchtlingskrise 2015 oder zuletzt die Corona Krise: Angela Merkel besitzt in der Bevölkerung bis heute höchstes Ansehen trotz der bisweilen harschen Kritik aus Teilen der Bevölkerung.Die hohe Kunst der Politik Dieses Buch beleuchtet zentrale politische Themen aus diesen 16 Jahren. Prominente Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft erzählen über ihre Zusammenarbeit mit der Kanzlerin. Diese persönlichen Erfahrungsberichte veranschaulichen die hohe Kunst der Politik Angela Merkels sowie ihre Haltungen und Prioritäten. Emmanuel Macron skizziert die deutsch-französische Freundschaft Annalena Baerbock schreibt über Frauen und Macht. Philipp Lahm beschäftigt sich mit Angela Merkels Liebe zum Fußball, Donald Tusk beschreibt Angela Merkels Rolle in der Weltpolitik. Ulrich Matthes erzählt von seinen Begegnungen mit der Kanzlerin, Ottmar Edenhofer erläutert die hohe Kunst der Klimapolitik u.v.m.. Erzählerisch, analytisch, politisch, eindringlich, persönlich – so sind die Blicke auf Angela Merkel in den Texten dieses Buches. Es entsteht eine beeindruckende Bilanz dieser politischen Ära und die Würdigung einer außergewöhnlichen Frau.“
Wenn eine Freundin einen beschreiben soll, fallen zumeist nur positive Gedanken und Worte. Negatives wird bei solchen Beschreibungen gern vermieden oder komplett ausgeblendet. Anette Schavan ist die Herausgeberin dieses Buches und diese würdigt damit die Altkanzlerin Angela Merkel. Ihre Reflexion der letzten 16 Jahre unter ihrer Regentschaft wird komplett aufgearbeitet und wie konnte es anders sein, nur das Gute wird beleuchtet. Merkels Fans werden diese Buch gern lesen aber dennoch, genau wie ich, mit einem gewissen Unterton betrachten. Jeder macht Fehler, keiner ist vollkommen, auch Angela Merkel nicht und genau das sollte auch benannt werden. Das Schavan und Merkel schon seit langer Zeit eine Freundschaft pflegen, ist vielen bekannt und anderen nicht. In diesem Buch kommen aber auch noch anderen Personen zu Wort so zum Beispiel Siegmar Gabriel oder Henriette Reker.
Ja es ist ein persönliches Buch, das merkt man in jeder Zeile. Ich hätte hier nur gern mehr Objektivität gelesen. Auch ich bin ein großer Fan Merkels aber nochmal, alles war auch nicht immer glänzend in ihrer Amtszeit. Aber wer ist schon perfekt?
Ich vergebe hier 3 von 5 Sterne.
Du darfst nicht alles glauben, was du denkst. Ja, so oder ähnlich sage ich mir das auch manchmal. Denkschleifen bis zum Morgengrauen - ja , kenne ich auch. Also an dieser Stelle schon mal einen Dankesgruß an den Autor. Schön zu wissen, dass man damit nicht alleine ist, dass es anderen auch so geht. Und egal , wo und wie oft man sich in diesem Buch selber wiederfindet, damit alleine hat der Autor sein Ziel schon mal erreicht. Ein passender Titel wäre vielleicht auch" Du bist nicht allein". Ich fand es gut, dass er nur erzählt, keinerlei Hilfestellungen oder Tipps gibt, denn dafür braucht man tatsächlich einen Profi.
Und gefährlich finde ich dieses Buch auch – für den Autor. Er gibt sich tatsächlich schutzlos preis, in den anonymen Weiten der heutigen globalen Sternchen und gefällt mir Bewertungswelt. Meine Hochachtung dafür. Den Schreibstil fand ich manchmal ein wenig zu flapsig , was zur Folge hatte , dass sich viele Aussagen von selber relativiert oder gar negiert haben. Gerade in Bezug auf das Thema : Weinen. Da hätte ein Punkt statt eines Kommas oft schon viel geholfen, um Gefühle besser zu beschreiben und darzustellen. Auch hatte ich den Eindruck , dass der Autor, trotz aller Beteuerungen perfekt zwischen sich selber und seinem Alter Ego Kurt trennen zu können, dies im Buch oft nicht geschafft hat. Gerade auch sprachlich. Dadurch geht dem Buch eine Menge an emotionaler Tiefe und Vielfalt verloren.
Und ich als Leser habe mich oft gefragt: Und was ist jetzt mit dem vorherigen Thema . Mir war das alles ein wenig zu oberflächlich beschrieben. Ich denke hier hätte der Autor gerne noch ein paar wenige , aber gezielte Anhaltspunkte geben können. Da reichen ja minimale Sätze, wie zum Beispiel:" Ein großer Stressfaktor war für mich immer: ........" so blieben mir die wirklichen Hintergründe ein wenig zu larifari oberflächlich. Und für ein " Betroffenenbuch" doch ein wenig zu angezogen. Also im Sinne von nackig machen. Ich fand es ehrlich gesagt ein wenig unglaubwürdig, dass der Autor mal eben 10 Tage zu Hause keinen Alkohol angerührt hat, und dann für immer sorgenfrei clean sein soll. Es war auch im Buch nie wieder Thema, dass den Autor dieses Thema schmerzhaft berührt hätte, auf Feiern z. B.:
Sprachlich hat mich dieses Buch eher genervt als berührt, weil für mich die Zusammenhänge völlig falsch rübergekommen sind. z. B. wird im gesamten Buch von " alleinerziehender" Kinderbetreuung gesprochen, und doch stellt sich in Nebensätzen immer wieder heraus: Alle Mamis der Kinder helfen mit, die Mama des Autors wohnt mit im Haus , es gibt ein Kindermädchen.... okay, Thema verfehlt. Nicht lustig für alle, die tatsächlich alleinerziehend sind.Und nicht in eine Klinik gehen können , weil sie schlichtweg niemanden zur Kinderbetreuung haben. Da hätte ich mir tatsächlich vorab sprachliche Aufklärung gewünscht.
Fazit: Fünf Sterne, für den Mut dieses Promis, mit seinem Leben - und Krankheitsweg schonungslos an die Öffentlichkeit zu gehen, um anderen Mut zu machen und sie für dieses Thema zu sensibilisieren. Ein Punkt Abzug für einen Schreibstil , der durch seine Unstrukturiertheit in Bezug auf Nebenprotagonisten den Autor ein wenig unschmeichelhaft dastehen lässt.
Ich habe das Buch teils gelesen, teils als Hörbuch gehört und das nicht weil ich großer Krömer Fan bin, sondern weil mich die Thematik "Depression" gereizt hat, da ich bereits selbst betroffen war und ich auch einige kenne, die es auch getroffen hat.
Anders als im Comedybereich beschreibt Kurt Krömer zwar auch in launiger Manier, aber nicht so derbe und heftig, wie man es aus dem TV kennt, was ich gut finde, da mir der "normale" Krömer Humor zu heftig ist.
Das Geschilderte hat mir nicht nur eine Gänsehaut verschafft, weil es so viele Aha- Momente des Wiedererkennens gab (ja genauso hab ich auch gefühlt), sondern auch noch viel mehr für Verständnis gesorgt, denn Depression funktioniert nicht nach Schema F. Das was bei einem selbst so und so war, kann bei dem Nächsten sich schon wieder ganz anders zeigen und dennoch wird klar: jeder Betroffene leidet und du bist nicht alleine.
Da ich eine Kombination aus selber lesen und Hören gemacht habe, war das Erlebnis für mich noch intensiver irgendwie, weil ich die Stimme des Autors so immer im Kopf hatte.
Das Geschilderte hat mich berührt, mir Mut gemacht und mich eher aufgebaut als runtergezogen, denn meist muss man bei Themen, die einen triggern ja doll aufpassen, dass sie einen nicht in ein dunkles Loch ziehen, aber hier war das nicht der Fall.
Nach der Lektüre war mir klar warum der Titel seit Wochen auf der Bestsellerliste steht: Weil das Thema nicht länger Tabu sein sollte, sondern in den Fokus gehört.
Gut gefallen hat mir zudem, dass man durch die Erzählungen aus Krömers Alltag auch nochmal recherchiert nach alten Folgen "Chez Krömer" und Co und mit dem im Buch erworbenen Wissen schaut man die Folgen mit ganz anderen Augen.
Fazit: Für mich war dieses ehrliche Sachbuch eine Achterbahnfahrt der Gefühle und ich bin Alexander Bojcan sehr dankbar dafür, dass er die Hosen runtergelassen hat. Klare Lese- und/ oder Hörempfehlung. Spitzenklasse!
Eine unterhaltsame Reise durch ein Leben mit Büchern
„Das Leben der anderen, da möchte ich reingucken, das ist es vielleicht auch, was mich zu Büchern hinzieht. Lesen, wie es auch gehen kann mit dem Leben.“ (Zitat Pos. 129)
Inhalt
In fünfzehn Kapiteln, von denen jedes als Überschrift ein Zitat von einem Schriftsteller oder einer Schriftstellerinnen zum Thema Bücher trägt, schreibt Christine Westermann über ihr Leben. Ihre Geschichte beginnt mit den zwei sehr unterschiedlichen Bücherregalen ihrer Kindheit und Jugend, eines in der Wohnung ihrer Mutter und das andere in der Wohnung ihres Vaters. Sie schildert ihren Werdegang als Journalistin, wobei sie ursprünglich nicht damit gerechnet hatte, dass ihre beruflichen Wege sie zu den Büchern führen würden und dass es ihr gelingen würde, Menschen für Bücher zu begeistern. Ihr Schwerpunkt waren immer Romane, in denen es um Menschen, Familien, Beziehungen ging und siebenundvierzig davon stellt sie in diesem Buch vor. Sie hat nie negative Bewertungen geschrieben, ihr war und ist es wichtig, Bücher zu empfehlen und dabei zu erklären, warum ihr ein Roman gefallen hat und ihre Gedanken und Eindrücke während des Lesens zu schildern.
Umsetzung
Mir gefällt die ungewöhnliche Art, wie Christine Westermann ihr Buch aufgebaut hat. Viele Jahrzehnte lang hat sie sich buchstäblich um den dicken Wälzer hinter Glas im Regal herumgeschlichen, „Der Zauberberg“ von Thomas Mann. Als sie begonnen hat, an diesem Buch zu schreiben, hat sie auch begonnen, "Der Zauberberg" zu lesen, in kleinen Schritten, mit Unterbrechungen, knapp vor dem Scheitern und dies ist so etwas wie eine Rahmenhandlung zu den Geschichten ihres Lebens in Büchern. Christine Westermann berichtet über Erlebnisse während ihrer Lesereisen, über die vier Jahre als Mitglied des „Literarischen Quartett“, über ihre Sendungen in Radio und Fernsehen, ihre Kolumnen. Sehr spannend und interessant ist das Kapitel über ihre Teilnahme am Deutschen Literaturpreis als Mitglied der Jury. Ich konnte mir nie vorstellen, wie es funktioniert, im ersten Durchgang Hunderte von Büchern zu lesen, hier bekommt man einen Einblick und sieht die Arbeit der Jury und die komplizierten Auswahlverfahren der einzelnen Listen nun mit anderen Augen.
Die siebenundvierzig in diesem Buch besprochenen Romane sind je nach Stichwort in die Texte eingebunden, im Anhang findet sich eine Liste aller Romane, geordnet in der Reihenfolge, in der sie im Buch vorgestellt werden. Das Kapitel fünfzehn beginnt mit folgendem Zitat: „Wenn der Funke nicht überspringt, ist nichts zu machen. Die Klassiker liest man nicht aus Pflicht oder Respekt, sondern nur aus Liebe.“ Italo Calvino (Zitat Pos. 2159). Damit schließt sich der Kreis zu Thomas Mann und dem Zauberberg.
Fazit
Eine unterhaltsame, interessante Zeitreise durch die Geschichten eines Lebens als Journalistin, Moderatorin, Autorin, Leserin und Vorleserin. Die Art, wie sie Bücher vorstellt, macht neugierig auf jene Romane, die man noch nicht kennt, die persönliche Wunschliste wird auch mit diesem Buch wieder länger – und bei mir der Vorsatz, trotzdem, den Zauberberg auch aus meinem Regal zu nehmen und endlich zu lesen.
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