Das Trauma in dir

Wie abgebrüht muss man sein, um in dieser Pandemiezeit, die inzwischen alle Lebensbereiche beeinflusst und über die wir täglich in den Medien die neuesten Entwicklungen vernehmen, auch noch ein Sachbuch zu lesen, das sich mit Seuchen aller Art ausführlich beschäftigt? Nun ja, ziemlich!
Aber so panne ist es nun auch wieder nicht. Die Originalausgabe erschien 2011 unter dem Titel "The viral storm", 2012 dann auf deutsch und wurde jetzt im Juni 2020 vom Rowohlt Verlag, mit dem Rückentexthinweis auf Covid19 neu aufgelegt. Allerdings scheint nur der Umschlag einen neuen Anstrich bekommen zu haben, denn die Erzählungen brechen 2011 ab und es werden zwar erstaunlich gute Tipps für baldige zukünftige Pandemien gegeben, vieles scheint wie die Faust aufs Auge des Corona Virus aus 2019 zu passen, aber die aktuelle Lage wird nicht besprochen, das Virus hat sich nur namentlich aufs Cover verirrt.
Zuerst gibt es eine kleine Lektion in Biologie. Bakterien, Pilze und Pflanzen besitzen Zellen und können sich selbständig vermehren, Viren und Prionen sind auf Wirtszellen angewiesen, damit sie einen ordentlichen Stammbaum bekommen. Viele sind harmlos, manche sind sogar von Vorteil, ein paar krankmachende Rüpel aber verderben allen den Ruf. Die zu entdecken und zu bekämpfen, ohne auf allen Ebenen tabula rasa zu machen, das ist Wissenschaft.
Und die Wissenschaft musste sich anstrengen. Sie musste nicht nur im tiefsten Kongo schauen, welche Mikrobiome dort den Menschenaffen scheinbar verschonen, um dann beim Verzehr von Bushmeat beim Menschen gnadenlos zuzuschlagen, sie musste auch verstehen, was den Menschen so anfällig macht und was der Sapiens seitdem alles falsch macht.
Denn seien wir mal ehrlich, Seuchen hat es schon früher gegeben und aus heutiger Sicht fällt es uns leicht, mit dem Finger auf die Fehler zu zeigen, die uns jetzt niemals mehr unterlaufen würden... wenn es denn so einfach wäre und wir ab sofort auf Urlaub, Sofortlieferungen, Familienzuwachs und vieles mehr verzichten würden. Unsere Welt ist hoffnungslos vernetzt, unsere Wirtschaft hängt wie Bandsalat zusammen, immer mehr Menschen drängen sich auf engstem Raum und der größte Teil der Bevölkerung wird abgehängt. Abgehängt von sauberen Trinkwasser, abgehängt von Hygienestandards und medizinischer Vorsorge und abghängt von regulären Märkten. So enstehen Brennpunkte, in denen Seuchen ausbrechen und mit immer schnellerem Tempo die ganze Welt umrunden können.
Mit viel Sachverstand führt uns Wolfe durch die frühe Menschheitsgeschichte, klärt über Fachbegriffe auf, beschreibt, was er und seine Kollegen tun, damit Seuchen verstanden und eingedämmt werden können und macht Vorschläge, wie eine zukünftige, weil immer dringender werdende Arbeit der Länder und Behörden aussehen könnte. Aber ein Großteil des Buches befasst sich auch mit erstaunlichen Sidesteps, die mich auf den gut 300 Seiten bei Laune gehalten haben, zwar nur sekundär dem Thema geschuldet, aber für ein umfassendes Verständnis wirkungsvoll schienen.
Natürlich wirbt der Virologe Nathan Wolfe zum Schluss für mehr Geld und Aufmerksamkeit in seinem Fachgebiet (vermutlich fließt das Geld seit diesem Jahr). Die Wichtigkeit für Mensch und Wirtschaft dürfte inzwischen jedem einleuchten, aber sein Vorschlag sämtliche Social Media Kanäle zu überwachen und so zukünftige Ausbruchsherde schneller identifizieren zu können, hat dann doch bei mir einen kleinen roten Alarmknopf anspringen lassen.
Alles in allem aber ist es ein vernünftiges Buch von einem Fachmann, unaufgeregt, aber doch eindringlich und gänzlich ohne Verschwörungstheorien.
Sanny Regen
Diverse Töne Rot;
Starks Sture Verlag
Autor: Geboren 1985, durchlebt die Autorin Sanny Regen eine schwere Kindheit und Jugend. Mit 28 Jahren, auf dem Höhepunkt einer erfolgreichen Banker-Karriere und mitten in den Planungen ihrer Hochzeit, wird sie durch einen Verkehrsunfall mit körperlichen und seelischen Folgen aus dem scheinbar gefestigten Leben gerissen. Es folgen zahlreiche Diagnosen psychischer Erkrankungen, so auch die Diagnose Borderline-Persönlichkeitsstörung. Die Erinnerungen der von Missbrauch geprägten Kindheit brechen hervor. Weil die Autorin zunächst nicht über die Dämonen ihrer Vergangenheit sprechen kann, entscheidet sie sich, ihr Trauma niederzuschreiben. Sie schafft es, die quälenden Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen und ihnen auf Papier Raum zu geben. Aus Erinnerungen werden Texte, aus den Texten entsteht ein Erfahrungsbericht, welcher im Frühjahr 2017 unter dem Titel „Diverse Töne Rot;“ im Starks-Sture Verlag erscheint. (Quelle: Starks Sture Verlag)
Anmerkung: Auf die Zusammenfassung des Inhalts verzichte ich bei diesem Buch, da sich diese nicht so leicht in von mir gewohnter Form verfassen lässt. Als kurze Einführung möchte ich an dieser Stelle lediglich erwähnen, dass Sanny Regen an Borderline erkrankt ist und über ihre Vergangenheit spricht bzw. schreibt.
Das Buch besteht aus insgesamt 6 Kapiteln, die alle eine eigene Überschrift bekommen haben. Diese Überschriften stehen jeweils dick gedruckt zu Beginn eines jeden neuen Kapitels. Außerdem ist das Buch in 35 verschiedene Teile unterteilt. Dabei ist die Nummerierung der Teile im Buch fortlaufend und beginnt nicht immer wieder neu, sobald ein neues Kapitel beginnt.
Schlagen wir das Buch auf, so fällt gleich zu Beginn eine Erklärung auf, die sich um das Semikolon dreht. Dieses Semikolon taucht ebenfalls im Titel des Buches auf. Die Bedeutung eben diesen Semikolons wird uns in der Erklärung gegeben.
Die Geschichte im Buch wird uns aus zwei Perspektiven geschrieben. Da haben wir einem die Gegenwart, die in der dritten Person erzählt wird. Gleichzeitig bekommen wir es aber auch mit Sannys Vergangenheit zu tun, die in der ich Perspektive erzählt wird. Außerdem sind diese Absätze in kursiv gedruckt und heben sich gut vom Rest des Textes ab. Die Vergangenheit ist dabei sehr ausführlich beschrieben. Dies führt zu einem Wechselbad an Gefühlen. Von Trauer bis hin zur Wut über das Verhalten des Vaters hat sich alles beim Lesen bemerkbar gemacht. Nicht selten habe ich das Buch für einige Momente weggelegt, um die geschilderten Momente zu überdenken und zu verarbeiten. Auch erkennt man, dass jede Handlung die man im Leben macht, Konsequenzen für sich oder im schlimmsten Fall für andere hat. In diesem Punkt schafft es das Buch den Leser zum Nachdenken über sich selbst zu bringen.
Cover: Die Grundfarbe des Covers ist Weiß bis Grau. Auf der Vorderseite sehen wir ein Gesicht, welches hinter einer Maske verborgen liegt. Die Maske wirkt wie eine Art mechanisches Bauteil. Außerdem bewahrt sie dem Träger davor, sein wahres Ich zu zeigen (eventuell bedeutet das sogar, dass man fast mechanisch handelt). Unter diesem Gesicht steht der Titel des Buches, welcher sich dank der roten Farbe, gut vom Hintergrund abhebt.
Fazit: Mit Sicherheit ist dieses Buch keine leichte Kost, was hauptsächlich an dem Thema bzw. der erzählten Geschichte liegt. Kaum haben sich beim Lesen eines Buches, so viele Emotionen in mir bemerkbar gemacht. Sicherlich ist dieses Buch nicht nur für Betroffene geeignet, sondern auch für das Umfeld von Betroffenen. Von mir bekommt das Buch klare 5/5 Sternen.
Klappentext: Sanny Regen ist dreißig. Viele würden sie als einen ganz normalen Durchschnittsmenschen bezeichnen. Dabei kann sich niemand vorstellen, wie krank sie wirklich ist. In Sannys Leben gibt es keine Grautöne. Schwarz und weiß sind die Kategorien, die ihren Alltag bestimmen, in dem jeder Tag erneut Kampf bedeutet, bei dem sie nicht einen Wimpernschlag lang unaufmerksam sein darf. Manchmal gewinnt sie den Kampf gegen sich selbst, doch viel zu oft gewinnen die Stimmen in ihrem Kopf. Und plötzlich wird ihr bewusst, dass das Schweigen ein Ende haben muss. Sanny beschließt, sich den Dämonen der Vergangenheit zu stellen und ihr Leben in einem Buch zu rekapitulieren. Ein Schrei in die Welt, der ihr sagt, dass sie noch lebt, auch wenn sie dies nicht immer wollte.
Sie beginnt zu verstehen, warum sie heute krank ist und lernt dabei, sich nicht mehr zu hassen für das, was sie ist.
*****
Dieses Buch soll ein Zeichen sein für alle, die schweigen. Für alle Opfer, die ein ewiges Geheimnis mit sich führen. (Quelle: Starks Sture Verlag)
Autor: Sanny Regen
Titel: Diverse Töne Rot;
Verlag: Starks Sture Verlag
Genre: Roman
Seiten: 168
Preis: 11,90
ISBN: 9783939586258
http://wurm200.blogspot.de/
Große Gefühle vor der beeindruckenden Kulisse Neuseelands
Ein Unfall hat Madeleines Leben dramatisch verändert. Um sich über einiges klar zu werden, braucht sie dringend einen Tapetenwechsel. Da kommt ihr das Angebot von Victoria Hall gerade recht. Die ältere Dame lebt auf einer Farm in Neuseeland und sucht über eine Anzeige in der Zeitung nach einer Betreuerin. Kurzerhand packt Madeleine ihre Sachen und macht sich auf den Weg ans andere Ende der Welt. Dort angekommen trifft sie nicht nur auf ihre geheimnisvolle neue Chefin, sondern auch auf deren verschlossenen Enkelsohn Matthew. Obwohl Matt unter seiner Vergangenheit leidet, kommen die beiden sich schließlich näher. Doch schnell wird klar, dass die Halls etwas verbergen. Und unversehens kommt Madeleine einem alten Familiengeheimnis auf die Spur …
Ein Roman mit großen Gefühlen, Abenteuern und Geheimnissen vor der beeindruckenden Kulisse Neuseelands.
Nach einem Unfall hat sich das Leben von Krankenschwester Madeleine Schumann total verändert. Nichts ist mehr wie vorher und dann wird sie auch noch enttäuscht. Da kommt ihr eine Zeitungsanzeige gerade Recht, die ältere Dame Victoria Hall aus Neuseeland sucht eine rheinländische Gesellschafterin. Und so lässt sie alles hinter sich und beschließt einen neuen Anfang in Neuseeland, auch wenn sie nicht recht weiß, ob sie dem körperlich gewachsen ist. Den der Unfall hat ihr ganzes Leben verändert und immer öfters kommt sie mit ihrer Behinderung an Grenzen. Doch das hat Victoria Hall nicht gestört und deshalb freut sich Madeleine auf ihre neue Beschäftigung. Lediglich vor ihrem Enkel Matthew ist ihr etwas Bange, den auf ihn ist sie bei ihren Recherchen im Internet gestoßen, jedoch Mrs. Hall kann ihre Zweifel wieder etwas beruhigen. Als sie dann in Halls Eden ankommt, ist sie so fasziniert von der Schönheit der Natur und auch Matthew Halls Anblick zieht sie sofort in ihren Bann. Kann es sein das sie in diesen Mann, vor dem sie Angst hatte, verliebt ist? Und was für ein Geheimnis umgibt Halls Eden und Victoria Hall?
Meine Meinung:
Nach "Tage mit dir" ist dies der zweite Roman der Autorin, den ich gelesen habe. Wieder bin ich fasziniert von der Ideenvielfältigkeit und der Schreibweise dieser Geschichte. Diese ist so geschrieben, dass mir alles bildhaft vor Augen ist und ich wieder einmal völlig in den Bann gezogen wurde. Ich hatte das Gefühl mit Madeleine eins zu sein und war sehr traurig, als diese Geschichte zu Ende war. So sollte ein Roman sein, das man das Gefühl hat selbst einer der Protagonisten zu sein und das Chapeau hat Kate Dakota wieder einmal bei mir geschafft. Die Beschreibungen des Landes waren so eindrucksvoll, das ich am liebsten sofort meine Koffer gepackt hätte. Das wunderschöne Cover spiegelt dabei nur ein bisschen diese Schönheit dieses Landes wider. Die Mischung aus Liebes-, Abenteuer- und teils historischen Roman fand ich gut gelungen und ausgewogen. So ist dieses Buch nicht nur emotional, es ist auch spannend, vielfältig was die Beschreibungen und Recherchen anbelangt. Hineingezogen wurde ich auch in ein großes Geheimnis aus der Vergangenheit Neuseelands, das die Autorin sehr gut wiedergegeben hat. Das Ende war mir dann fast ein wenig zu schnell und abrupt, so das ich mich sehr freuen würde, wenn es eine Fortsetzung oder Wiedersehen der Familie geben würde. Ein Buch, das ich wärmstens empfehlen kann und von mir 5 von 5 Sterne bekommt.
Mit seinem Buch "Morgen ist leider auch noch ein Tag. - Irgendwie hatte ich von meiner Depression mehr erwartet" legt der Autor Tobi Katze einen äußerst intimen Erfahrungsbericht über den Umgang mit der Krankheit Depression vor. Er gibt dafür viel von sich und seinem Leidensweg preis. Tobi Katze schreibt offen und ehrlich auch über weniger nette Reaktionen aus seiner Umwelt. Und doch schreibt er überwiegend in einem humorvollen bis sarkastischen Stil, der trotz der Schwere des Themas, mich als Leserin, oft schmunzeln lässt.
Ich als Betroffene habe mich selbst oft in Tobi Katzes Schilderungen wieder entdeckt und muss sagen, dass mir sein Buch auch durchaus Hoffnung gegeben hat und mich ein wenig wachrütteln konnte.
Gerne vergebe ich diesem Sachbuch seine verdienten fünf von fünf möglichen Sternen und möchte es weiter empfehlen an Betroffene und Interessierte, sich mit dem Thema Depression auseinander zu setzen. Depression ist eine Krankheit und sollte als solche behandelt werden, ganz ohne negativen Touch, der leider in manchen Köpfen fest zu sitzen scheint.
Die Befreiung des verbannten Kindes
Hier bekommt der geneigte Leser einen allumfassenden Überblick über das Thema Traumata und die dazugehörigen Therapien.
Zu Beginn – finde ich – muss man ein wenig durchhalten; sehr viele Erläuterungen und Erklärungen machen diesen Teil ein wenig langatmig und hier kann man selber für sich wenig mitnehmen.
Toll sind die Erklärungen trotzdem. Leicht verständlich und sehr empathisch beschrieben. Und praxisnah.
Was mich ehrlich gesagt erstaunt hat, ist die Tatsache, das selbst Vollprofis in Sachen Psychotherapie, wie eben der Autor, nicht genau wissen, wie alles genau zusammenhängt und man den behandlungsbedürftigen Menschen nur vor die Stirn schauen kann. Und nicht direkt in die Seele.
Insgesamt fand ich dieses Buch sehr ausführlich und umfassend und sowohl für Laien als auch für Fachpersonal geeignet. Ich konnte selbst einiges mitnehmen aus diesem Buch , vor allem die persönlichen Patientenberichte haben mich sehr berührt. Alles in allem war es für mich ein Hauch zu viel an Kriegsveteranen, wobei dies ein großes Thema des Autors ist, und von daher verständlich, dass er so viel darüber schreibt.
Einige Berichte haben mich sowohl getriggert als auch beruhigt. Was mir sehr geholfen hat. Mein inneres Kind ist - Gott sei Dank - behütet und beschützt, es ist allerdings jeden Tag ein Kampf diesen Zustand beizubehalten.
Ich fühlte mich mit diesem Buch sehr verbunden, da ich selber eine Vorgeschichte mein Eigen nenne. Allerdings hat mich meine Lebensgeschichte zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin und ich liebe mich genau so.
Fazit: Man braucht etwas Geduld für dieses umfangreiche Buch, aber es lohnt sich. Danke.
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