Amundsens letzte Reise

Buchseite und Rezensionen zu 'Amundsens letzte Reise' von Monica Kristensen
4
4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Amundsens letzte Reise"

Am 18. Juni 1928 besteigt Roald Amundsen in Tromsö ein französisches Flugboot, eine Latham 47, mit Ziel Spitzbergen. Der Bezwinger des Südpols und norwegische Nationalheld macht sich auf, den italienischen Polarforscher Umberto Nobile zu retten, mit dem er zwei Jahre zuvor in einer spektakulären Fahrt den Nordpol angeflogen hatte. Nobiles Luftschiff ist bei einer neuerlichen Arktis-Expedition abgestürzt, seit Tagen treiben er und ein Teil seiner Mannschaft hilflos auf einer Eisscholle. Nobile wird einige Zeit später gerettet - jedoch nicht von Amundsen: Gegen 18.00 Uhr geht an jenem Tag ein Funkspruch von der Latham 47 ein – es sind die letzten Lebenszeichen Amundsens und der Crew. Bis heute fehlt jede Spur von ihnen. Was ist damals tatsächlich passiert? Warum musste ein Mann sterben, der als besonnen und überaus gründlich galt? Wusste er, welches Risiko er einging?

Basierend auf zum Teil bisher unveröffentlichten Quellen zeichnet die norwegische Polarforscherin und Schriftstellerin Monica Kristensen ein ebenso bewegendes wie scharfsichtiges Porträt Amundsens und erzählt zugleich eine höchst dramatische und unglaubliche Geschichte aus dem ewigen Eis.

Format:Kindle Ausgabe
Seiten:465
Verlag: btb Verlag
EAN:
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Rezensionen zu "Amundsens letzte Reise"

  1. Das rätselhafte Ende eines großen Polarhelden

    Der Ruhm dieses legendären Entdeckungsreisenden ist noch lange nicht verhallt, seine Taten und Erfolge bleiben unvergessen. In Norwegen ist er ein wahrer Volksheld, der schon längst zu einem Teil der nationalen Identität wurde: Jedes Kind kennt seinen Namen, Statuen und Plaketten in verschiedenen Städten beweisen, dass Norwegen seinen berühmten Sohn noch immer in Ehren hält.

    Roald Engelbregt Gravning Amundsen war ein Polarforscher, der auf seinen Expeditionen ein ruhmreiches Ziel nach dem anderen erreichte. So durchfuhr er als Erster die Nordwestpassage, erreichte als Erster den geographischen Südpol und war mit hoher Wahrscheinlichkeit der erste Mensch, der den Nordpol mit dem Flugzeug erreichte.

    Kurz gesagt war Amundsen ein Mensch wie einem Roman von Jules Verne entsprungen: wagemutig, entschlossen, ein Held alter Schule.
    Und so liest sich auch dieser Bericht seiner letzten Reise wie eine Abenteuergeschichte – fast zu abenteuerlich, um wahr zu sein.

    Erzählt werden die Umstände der Rettungsexpedition, die tragischer Weise zu Amundsens Schwanengesang wurde, von Monica Kristensen. Manchen Lesern ist sie vielleicht als Autorin von Kriminalromanen bekannt, die auf Spitzbergen spielen – wo viele der Ereignisse dieses Buches angesiedelt sind.

    Was Kristensen jedoch als geradezu perfekte Autorin für dieses Sachbuch empfiehlt, sind zwei Polarexpeditionen, die sie 1986/87 und 1993 leitete, um Amundsens Reise zum Südpol nachzuverfolgen. Wandelte sie auf diesen Experditionen noch im wahrsten Sinne des Worte auf Amundsens Spuren, zeichnet sie in “Amundsens letzte Reise” ein sehr vielschichtiges literarisches Porträt des Polarforschers und gibt einen ungemein detaillierten Einblick in die Umstände seines Verschwindens.

    Und es geht nicht nur um Amundsen, sondern allgemein um die verschiedenen Expeditionen und Aktionen, die 1928 zur Rettung von Umberto Nobile organisiert wurden.

    Die Unterzeichnung des Spitzbergenvertrags, der Norwegen die Souveränität über Spitzbergen einräumte, war erst wenige Jahre her, und diverse Länder, wie Italien, Schweden, Finnland und Russland, hatten ein Interesse daran, sich als nicht zu unterschätzende Macht im Polargebiet zu etablieren.

    Die Rettung Umberto Nobiles wurde daher quasi zu einem Wettlauf, in dem es nicht mehr ausschließlich um die Rettung von Menschenleben ging – zu einer Zurschaustellung der besten Pilote und Kapitäne, der arktistauglichsten Schiffe und Flugzeuge.

    Monica Kristensen stützt sich auf zahlreiche Quellen in diversen Sprachen, um ein möglichst umfassendes Bild zu zeichnen und das gelingt ihr zweifellos.

    Manchmal wäre für die Lesbarkeit weniger vielleicht mehr gewesen.
    Es wirkt in manchen Passagen etwas ermüdend, dass alles bis ins kleinste Detail aufgelistet wird: technische Spezifikationen der Schiffe und Flugzeuge, Funkfrequenzen, mitgeführter Proviant, die Namen zahlreicher Menschen, die in irgendeiner Form beteiligt waren… Da ist nicht immer einfach, das Gesamtbild im Blick zu behalten.

    Andererseits möchte ich die Gründlichkeit der Darstellung grundsätzlich nicht missen – diese ermöglicht es jedem Leser, so tief in die Materie einzutauchen, wie er das wünscht, denn im Zweifelsfall kann man über Einiges, was einen persönlich nicht interessiert, auch hinweglesen. Besonders interessant fand ich Monica Kristensens Einschätzung und Bewertung der bekannten Tatsachen.

    Die Person Amundsens gerät dahinter jedoch nie verloren.
    Man gewinnt als Leser den Eindruck, dass Amundsens Stern damals bereits im Sinken begriffen war, dass sein Tod möglicherweise sogar den Abstieg in das Vergessenwerden verhinderte. Bewog ihn das dazu, sein Leben für Nobile zu riskieren, mit dem er sich unbestritten verfeindet hatte? Seine Persönlichkeit ist schwer zu erfassen, aber was einen starken Nachhall in mir hervorrief, war seine unbestreitbare große Liebe zur Arktis.

    »Oh! Wenn Sie nur wüssten, wie großartig es dort oben ist! Dort wünsche ich zu sterben, aber ich möchte, dass der Tod auf eine ritterliche Art und Weise zu mir kommt, dass er mich bei der Erfüllung einer großen Aufgabe holt, schnell und ohne viel zu leiden.«

    [ Ausschnitt aus dem letzten Interview, das Amundsen gab. Diese Aussage wird ihm oft als Todessehnsucht ausgelegt, da sich dieser Wunsch nur wenig später erfüllte, als er auf der Suche nach Nobile im ewigen Eis sein Leben ließ. ]

    Auch ansonsten behält Monica Kristensen die menschlichen Tragödien und Triumphe im Blick. Es ist unglaublich, was Menschen alles ertragen und überleben können, und die verschiedenen Schicksale haben mich geradezu ans Buch gefesselt.

    FAZIT

    Monica Kristensen erzählt eine wahre Geschichte, wie sie auch in einem Abenteuerroman von Jules Verne nicht fehl am Platz wäre:

    Edle Forscher, wagemutige Piloten, und als der italienische Polarforscher Umberto Nobile im Eis verschollen geht, wird dies zum Auftakt für eine Reihe von spektakulären Rettungsaktionen, in deren Verlauf der norwegische Volksheld Roald Amundsen, eigentlich ein Rivale von Nobile, sein Leben riskiert – und verliert.

    Monica Kristensen beschreibt die Ereignisse sehr ausführlich und detailliert, und dennoch bleibt dieses Sachbuch sehr spannend.

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Der Schwimmclub der traurigen Heldinnen

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Schwimmclub der traurigen Heldinnen' von Ruth Fitzmaurice
4
4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Schwimmclub der traurigen Heldinnen"

Format:Broschiert
Seiten:224
Verlag: Knaur HC
EAN:9783426214398
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Rezensionen zu "Der Schwimmclub der traurigen Heldinnen"

  1. 4
    02. Jan 2019 

    Wieviel Kraft kostet die Akzeptanz eines Todesurteils?

    Ein ergreifende wahre Lebensgeschichte aus Irland: Ruth Fitzmaurice, eine junge Ehefrau und Mutter, meistert mit der Kraft ihrer Liebe ein schweres Schicksal. Ihr geliebter Mann Simon leidet an der unheilbaren Motoneuron-Krankheit, an der auch Stephen Hawking litt. Ein berührendes irisches Familienschicksal!

    Als Ruth Fitzmaurices Mann Simon die Diagnose Motoneuron-Krankheit erhält, bricht für die junge irische Familie eine Welt zusammen. Die Ärzte geben ihm höchstens noch drei Jahre zu leben. Allen Warnungen zum Trotz, lässt Ruth ihren Mann zu Hause pflegen inmitten ihres Haushalts, der aus fünf Kindern unter zehn Jahren, einem alten Hund und bald auch einer Heerschar von Pflegern besteht. Doch Simons Zustand verschlechtert sich zusehends. Schließlich kann er nur noch mit seinen Augen via Computer kommunizieren. Aber er überlebt seine Drei-Jahres-Diagnose getragen von der Liebe seiner Frau und seinen Kindern. Für Ruth ist die Belastung enorm. Doch sie gibt nicht auf und findet ihren Platz zum Auftanken und Loslassen an der Greystone Bay. Dort trifft sich "der Schwimmclub der traurigen Heldinnen" fast täglich, um in die wilden Fluten der irischen See zu springen. Denn beim Schwimmen im eiskalten Wasser vergessen die Freundinnen ihre Trauer und ihre Sorgen und können dem Alltag danach mit neuer Kraft, Humor und Liebe begegnen. Die Geschichte einer bemerkenswert starken Frau, die unter die Haut geht und zum Nachdenken anregt.

    In kurzen Kapiteln lässt Ruth Fitzmaurice uns teilhaben an ihren Gedanken, Gefühlen, Abläufen in ihrem Leben. Seit der Nachricht, dass ihr Mann unheilbar an der Motoneuron-Krankheit leidet und voraussichtlich nur noch drei Jahre zu leben hat, steht die Welt der Familie Kopf. Trauer, Angst und Wut stehen im Widerstreit mit dem festen Willen alles zu tun, damit Simon in Würde leben kann, auch wenn sich sein Zustand zusehends verschlechtert - damit die Familie noch als Familie funktioniert, auch wenn sich Gruppen von Pflegern die Klinke in die Hand geben, damit Ruth selbst der Gegenwart und Zukunft mit Mut und Kraft begegnen kann, auch wenn sie dem Schicksal nicht entrinnen kann.

    Titel, Cover und Klappentext implizieren, dass besagter Schwimmclub der traurigen Heldinnen hier einen besonderen Stellenwert einnimmt. Dies stimmt jedoch nur bedingt. Eindeutig ist sowohl die Gemeinschaft der drei Freundinnen, die alle auf ihre Art traurig sind, als auch das eigentliche Schwimmen im Meer ein Bestandteil im Leben, der Ruth Kraft gibt. Dieses Schwimmen gibt dem Tag eine feste Struktur und sorgt gleichzeitig dafür, dass Ruth für einige Minuten ihre Gedanken loslassen kann und nur sie selbst ist. Doch nehmen die Schilderungen dieser Szenen nur einen kleinen Teil des Buches ein.

    Rasch aufeinanderfolgende Kapitel zeigen auf, wie sehr sich das Leben für Ruth - und für alle anderen in ihrer Familie - verändert hat seit der Diagnose. Das Bemühen, weiterhin positiv zu denken und stark zu sein - für Simon, für die fünf Kinder, für das Leben. Aber auch die grauen Tage, die Mutlosigkeit, die Trauer, der Blick auf das Unvermeidliche. Nicht chronologisch, sondern wild hin und her springend in den Zeiten - Szenen vor der Erkrankung, die allmähliche Verschlechterung von Simons Zustand, die Reaktionen der Kinder und von Simons Mutter, die Entscheidung, trotz fortgeschrittener Erkrankung ein weiteres Kind zu bekommen (es wurden dann Zwillinge), sowieso immer wieder ein: Trotzdem!

    Mit der Bewertung derartiger Bücher tue ich mich immer wieder schwer. Die Art des Springens in den Zeiten sowie häufig auch von einem Gedanken zu einem ganz anderen Thema empfand ich oftmals als verwirrend, kann aber nachvollziehen, dass Erinnerungen, Empfindungen, Gedankenfetzen sprunghaft kommen und die Art der Darstellung insofern wieder passend ist. Der Schreibstil ist eher einfach, und immer wieder schleichen sich Wiederholungen ein - aber kommt es bei einem solchen Erfahrungsbericht wirklich darauf an? In jedem Fall gehört eine gewaltige Portion Mut dazu, sich nicht nur der Krankheit - und hier gibt es kein Happy End - zu stellen, sondern diese und das eigene Leben auch einem Publikum zu präsentieren. Sicher eine Form der Trauerbewältigung für Ruth Fitzmaurice, aber vielleicht auch etwas, das anderen Betroffenen Mut machen kann. Denn Ruth hat überlebt.

    Bei allem Elend vermeidet es die Autorin jedenfalls, auf die Tränendrüse zu drücken. Es geht ihr nicht darum bemitleidet zu werden, es geht ihr darum, Stärke zu demonstrieren, zu zeigen, wozu Liebe in der Lage ist und was Zusammenhalt bedeutet. Natürlich gibt es auch berührende Szenen, vor allem gegen Ende, und es ist zu ahnen, wie schwer ihr allein die Erinnerungen gefallen sein müssen. Aber letztlich ist es wirklich das Buch einer Überlebenden, einer Kämpferin, einer starken Frau. Und dafür zolle ich ihr meine Hochachtung...

    © Parden

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Queen Victoria

Buchseite und Rezensionen zu 'Queen Victoria' von Julia Baird
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4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Queen Victoria"

Queen Victoria gilt als prüde, ewig trauernde und zurückgezogene Matrone - war sie das wirklich? Mit nur 18 Jahren bestieg sie den Thron. Mit 20 heiratete sie Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, mit dem sie neun Kinder hatte. Sie liebte Sex. Und sie setzte ihre Macht bewusst ein. Sie überschritt konventionelle Grenzen, äußerte klar ihre Meinung - und begann nach dem Tod ihres geliebten Albert eine intime Beziehung mit ihrem Diener John Brown. Die Frau, die schon zu Lebzeiten einem ganzen Zeitalter ihren Namen gab, verkörperte selbst gerade nicht die bürgerlichen Traditionen und Konventionen, für die das viktorianische Zeitalter steht.
Julia Baird schreibt mit großer erzählerischer Kraft die bewegende Geschichte einer Frau, die neben den wichtigen politischen Fragen ihrer Zeit mit vielen durchaus heutigen Probleme konfrontiert war: der Balance zwischen Arbeit und Familie, den Schwierigkeiten der Kindererziehung, Ehekrisen, Verlustängsten und Selbstzweifeln.


Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:596
EAN:9783806237849
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Rezensionen zu "Queen Victoria"

  1. Eine brillante und sehr gut recherchierte Biographie der Queen.

    Julia Bairds bebilderte Biographie „Queen Victoria. Das kühne Leben einer außergewöhnlichen Frau“ ist 2018 bei wbgThaiss erschienen und umfasst 597 Seiten.
    Über ein Viertel der Weltbevölkerung herrschte sie und ein ganzes Zeitalter, nämlich das Viktorianische, wurde nach ihr benannt, noch heute ist sie in aller Munde: Queen Victoria. Sie war die letzte Königin, die sich wirklich als Regentin betrachtete und sich in die täglichen Regierungsgeschäfte einmischte. Dennoch kennen wir das Leben dieser Monarchin, um das sich so viele Mythen ranken, hinter dem ihr wahres Bild verborgen bleibt, bis heute kaum. Mit ihrer umfangreichen Biographie versucht die australische Historikerin, ein ausführliches und realitätsnahes Bild dieser legendären Queen zu zeichnen.
    Die eigentliche Lebensbeschreibung ist gerahmt von einem Inhaltsverzeichnis und einer Einleitung zu Beginn sowie einem umfangreichen Anhang, bestehend aus einem Nachwort, in dem die Autorin auf ihrer Arbeitsweise und Schwierigkeiten bei ihren Recherchen eingeht, einer Danksagung, Anmerkungen mit Angaben zu den Fußnoten, einer sehr ausführlichen Bibliographie, unterteilt in Primär- und Sekundärquellen, und einem Register. Ein Familienstammbaum der Queen sowie zahlreiche Karten und Abbildungen innerhalb des Buches helfen, sich beim Lesen zu orientieren. Die Biographie selbst hat Baird logisch in fünf Teile gegliedert, die Victorias Kindheit und Jugend, ihre ersten Jahre als Herrscherin, ihr Ehejahre mit Albert, ihre Zeit als Witwe und schließlich ihre letzten Lebensjahre als Königin des Empires und Kaiserin von Indien behandeln. Die einzelnen Buchteile werden durch ansprechende Bilder, die Kapitel durch passende Zitate von Zeitgenossen eingeleitet.
    Da es Bairds Ziel war und ist, mit Mythen um Victoria aufzuräumen, geht die Verfasserin in ihrer Darstellung immer wieder auf unterschiedene Quelle ein, vergleicht sie miteinander und wägt ab, um dann zu einem für sie stimmigen Bild zu gelangen. Dieses motiviert die Leser/innen, ihre Gedanken nachzuvollziehen und sich eigene Gedanken zu machen bzw. Schlussfolgerungen zu ziehen. Sehr ausführlich widmet sich die Historikerin zudem den geschichtlichen, sozialen und politischen Hintergründen der Epoche, wobei logischerweise die englischen dominieren. An manchen Stellen fordert dieses die Leser/innen, die mit dieser Materie nicht so vertraut sind, heraus, animiert aber auch, sich mit dem England und Europa des 19. Jahrhunderts näher zu beschäftigen. Eine Zeittafel zur Geschichte des 19. Jahrhunderts, die wenigstens die für die Lebensbeschreibung wichtigsten Punkte enthält, wäre hier hilfreich gewesen. Auch Widersprüche in Victorias Denken und Handeln werden deutlich, wenn es z.B. um die soziale Frage der Industrialisierung, die Frauenbewegung oder den Kolonialismus geht. In diesen Bereichen hat Victoria bei mir ein zwiespältiges Bild hinterlassen.
    Bairds Sprache und Stil richten sich an ein breites Publikum und sind entsprechend leicht und flüssig zu lesen, an manchen Stellen allerdings etwas ausschweifend, was es dann beim Lesen doch schwierig macht, zwischen Mythos und Wahrheit zu unterscheiden. Auch schmückt Baird einige Details m. E. zu sehr aus und räumt so Vermutungen, die nie wirklich bewiesen worden sind (z.B. Victorias Verhältnis zu Brown, die angebliche Homosexualität ihres Mannes) großen Raum zu, ohne wirklich Fakten zu liefern. Für eine wissenschaftliche, objektive Darstellung ist dieses meiner Meinung nach weniger angebracht. Auch die an manchen Stellen sehr ausführliche und fast schon poetische Schreibweise stehen diesem im Wege.
    Insgesamt liefert Julia Baird mit dieser hier vorliegenden, äußerst gut recherchierten Biographie ein umfassendes Bild Victorias und ihres Zeitalters. Die Leser/innen werden in ihr Leben und das Viktorianische Zeitalter entführt und lernen auf unterhaltsame Weise, was für eine Frau hinter dem Mythos stand. Ich selbst habe aus diesem Werk reiches Wissen geschöpft und kann es allen Interessierten ruhigen Gewissens als Lektüre empfehlen.

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Ein Ire in Paris: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Ein Ire in Paris: Roman' von Jo Baker
NAN
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Inhaltsangabe zu "Ein Ire in Paris: Roman"

Gebundenes Buch
Über die Kraft des Schreibens - Samuel Becketts Kriegsjahre

Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, hält sich der Schriftsteller in seinem Elternhaus in Irland auf. Die Mutter ist froh, sie möchte den Sohn immer in ihrer Nähe wissen. Trotzdem verlässt der junge Mann seine sichere Heimat und kehrt zum Künstlerkreis um James Joyce und Marcel Duchamp und zu seiner Geliebten nach Paris zurück. Als seine Freunde nach und nach verschwinden, schließt er sich der Résistance an. Jo Baker nähert sich dem rätselhaften Samuel Beckett über die dunklen Jahre seiner künstlerischen Anfänge und zeigt, wie die entbehrungsreichen Kriegsjahre und das endlose Warten auf ein Ende sein Werk prägten, das Jahrzehnte später weltbekannt wurde.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:352
EAN:9783813507546
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Winston Churchill

Buchseite und Rezensionen zu 'Winston Churchill' von Sebastian Haffner
NAN
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Inhaltsangabe zu "Winston Churchill"

Format:Taschenbuch
Seiten:208
EAN:9783499613548
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Hippie

Buchseite und Rezensionen zu 'Hippie' von Paulo Coelho
4.65
4.7 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Hippie"

Buch mit Leinen-Einband
Als der rebellische junge Paulo aus Brasilien und die Holländerin Karla sich in Amsterdam begegnen, trifft sie die Liebe wie ein Blitz. Sie beschließen, gemeinsam aufzubrechen und als Reisende auf dem Hippie-Trail Erfahrungen zu sammeln, nach eigenen Werten zu suchen und danach zu leben. Mit an Bord sind ihre Freunde Rahul, Ryan und Mirthe sowie die Musik, die damals die Welt aus den Angeln hob. Eine inspirierende Reise von Amsterdam nach Kathmandu, an Bord des 'Magic Bus'. Geschrieben von Paulo Coelho, der uns an einem unbekannten, frühen Kapitel seines Lebens teilhaben lässt.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:320
Verlag: Diogenes
EAN:9783257070491
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Rezensionen zu "Hippie"

  1. 4
    25. Jan 2019 

    eine Reise im Magic Bus

    Was für den Einen heutzutage der Jakobsweg ist, war für den Anderen in den 60er und 70ern der Hippie Trail. Dieser führte von Europa auf dem Landweg nach Südostasien. Endstation war Kathmandu.
    Es gehörte zum guten Ton des Hippie-Lebens, diese Reise durchzuführen. Denn am Ende stand die Aussicht auf Erfüllung? Ein Leben in Frieden und Freiheit? Selbstverwirklichung? Was auch immer. Mögen diejenigen, die sich auf den Hippie Trail begaben, am Ende das gefunden haben, was sie sich erhofft hatten.

    Auch Paulo Coelho war Hippie aus Überzeugung, wie so viele junge Leute in der damaligen Zeit.
    In seinem autobiografischen Roman "Hippie" beschreibt er durch den Protagonisten Paulo, seine eigene Reise von Amsterdam in Richtung Kathmandu im sogenannten Magic Bus, einem alten klapperigen Bus, der zwischen Amsterdam und Kathmandu pendelte. Man ahnt es. Mit einem klimatisierten Luxusreisebus hatte dieser Magic Bus herzlich wenig zu tun. Doch dafür war die Reise günstig.

    "Viele, denen Karla und Paulo begegneten, trugen ebenfalls Blumen im Haar. Einige spielten Blockflöte, andere Geige, Gitarre oder Sitar. Ein bunter Klangteppich lag über allem, ... . Einige boten Weihrauchstäbchen, Armbänder, bunte Jacken feil, die wahrscheinlich in Peru oder Bolivien hergestellt worden waren, und er hätte ihnen am liebsten alles abgekauft, weil sie sein Lächeln erwiderten und ihn nicht wie die Verkäufer in den Läden zum Kaufen drängten."

    Amsterdam war zur damaligen Zeit eine Anlaufstelle für Hippies aus aller Welt. Die Niederlande waren und sind für ihren toleranten Umgang mit Drogen bekannt. Drogen waren für Hippies ein probates Mittel, um das Leben zu genießen. Daher wundert es nicht, dass hier viele Hippies ihre Zelte aufschlugen. Für viele von ihnen war Amsterdam eine Zwischenstation auf ihrem Weg nach Südostasien. So auch für den Protagonisten Paulo. Auf der Suche nach seinem Ich will er die Welt bereisen, bis ihm das Geld ausgeht.

    Die Lebensphilosophie, welche die Hippies verfolgten, hatte durchaus ihren Charme: ein Leben, frei von Zwängen und Tabus; ein Leben in einer "alternativen" Lebensform; ein Leben in Frieden; ein Leben, in dem sich jeder selbst verwirklichen kann.

    Mit diesem Anspruch ist auch der junge Brasilianer Paulo unterwegs. In Amsterdam lernt er die Holländerin Karla kennen. Die beiden fühlen sich zueinander hingezogen. Aber irgendwie fehlt ihnen der letzte Schritt zu einer Beziehung. So geht ihr Umgang miteinander nicht über ein freundschaftliches Verhältnis hinaus, auch wenn jeder von den beiden insgeheim zu mehr bereit wäre, dies aber nicht wahrhaben möchte.

    "Sie waren - wieder einmal - in gegensätzliche Richtungen aufgebrochen, sosehr sie auch versuchten, einander zu begegnen."

    Karla und Paulo zieht es nach Südostasien. Also finden sie sich eines Tages im Magic Bus nach Kathmandu wieder, zusammen mit anderen Gleichgesinnten, deren Hintergründe im Verlauf der Handlung nach und nach von Coelho beschrieben werden. Die Route führt über den Balkan bis nach Istanbul, wo Paulo und Klara eine einschneidende Erfahrung machen, die Einfluss auf den Fortgang der Reise hat.

    Der brasilianische Erfolgsautor Paulo Coelho, der für seine spirituellen Romane und Erzählungen berühmt geworden ist, polarisiert. Die Themen seiner Werke sind i. d. R. die Liebe, die Suche nach dem Sinn des Lebens sowie die Selbstfindung. Seine Fans lieben seine Bücher gerade wegen dieses spirituellen Aspekts. Nicht selten werden diese Bücher als Seelenratgeber wahrgenommen. Dann gibt es aber Leser wie mich, die nichts mit dieser Art von Literatur anfangen können.

    Stellt sich natürlich die Frage, warum ich mir "Hippie" vorgenommen habe. Ganz einfach. Als Jugendliche habe ich die Hippie-Bewegung in den 70er Jahren bewusst wahrgenommen. Leute meiner Generation waren der Hippie-Faszination erlegen und sind es wahrscheinlich immer noch, unabhängig davon, ob sie selbst in das Hippie-Leben schlüpfen konnten bzw. durften. Daher war meine nostalgische Erinnnerung an die damalige Zeit Motiv genug, um zu diesem Roman zu greifen.
    Und ich wurde nicht enttäuscht. Coelho hat mit diesem Roman eine unterhaltsame Abhandlung über das damalige Hippie-Dasein geschrieben, in dem er nichts zu diesem Thema auslässt. Er liefert interessante Hintergründe zu dieser Bewegung. Sehr schnell stellt man fest, dass sich ein Hippie nicht auf Flower Power, Musik und Drogen reduzieren lässt. Coelho beleuchtet das damalige Hippie-Leben aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Dabei macht er auch nicht vor bekannten Vorurteilen halt und stellt diese richtig.
    Diese detailreichen und faszinierenden Schilderungen haben das Buch zu etwas Besonderem für mich gemacht. Mein Durst nach Hippie-Nostalgie wurde vollends gestillt.

    Aber der Coelho wäre kein Coelho, wenn man nicht auch in diesem Roman einige seiner Lebensweisheiten finden würde. So werden auch seine Fans mit diesem Buch nicht zu kurz kommen. Denn, wenn man will, kann man sich intensiver mit dem spirituellen Aspekt dieses Romans auseinander setzen. Muss man aber nicht.

    Wer also ein bisschen Hippie-Spirit schnuppern und in Nostalgie schwelgen möchte, ist mit diesem Buch bestens bedient. Wer dieses Buch unter einem spirituellen Aspekt lesen möchte, wird ebenfalls auf seine Kosten kommen.

    © Renie

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  1. Sei mal wieder etwas Hippie

    Ich bin in die Hippiezeit hinein geboren und habe sie nur als Kind erlebt. Was die Erwachsenen oder die Pubertierenden in dieser Zeit erlebt haben, welche Abenteuer sie bestanden haben, davon hatte ich keine Ahnung. Was mir in Erinnerung verblieben ist, ist die Musik. Pauolo Coelho zeigt mir was ich nicht wusste, nimmt mich mit auf eine Reise zu bunten Klamotten und Schlaghosen. Coelho ließ mich mit diesem Roman einige Lücken füllen und nicht nur das. Der Autor hat hier eine Biografie seiner jüngeren Zeit geschrieben.
    Das Buch:
    Der Brasiliener Paulo ist, neben der Holländerin Karla, die Hauptfigur. Er gehört zu der Hippiescene und ist auf seinem Findungstripp, erst in den Anden und dann in Europa unterwegs, wo Paulo auf Karla trifft. Es gab damals eine „unsichtbare Zeitung“ (Mundpropaganda), die davon berichtete, dass der wichtigste Ort zu dieser Zeit, entweder der Piccadilly Circus oder der Dam in Amsterdam waren. Der Treffpunkt aller Hippies der Welt. Startpunkt einer Reise im Magic Bus auf dem Hippie Trail, der sie quer durch Europa nach Indien führte.
    Paulo und Karla machen sich auf diese Reise und erhoffen sich Erleuchtung, trafen auf die Liebe und auf Menschen, die ihnen gleichgesinnt waren.

    Was ich gelesen habe:
    Während ich in dem Buch las und mich verlor, fand ich immer wieder wunderbare Sätze. Nachdenklich saß ich ein ums andere Mal und habe darüber nachgedacht, was ich da gerade gelesen habe. Sätze wie:

    „Beide sehnten sich nach Unendlichkeit. Und es war einfach, diese Sehnsucht zu stillen – man musste nur zulassen, dass das Unendliche sich offenbarte. Und dazu brauchten sie keinen besonderen Ort, nur das eigene Herz und den Glauben, dass es eine gestaltlose Kraft gibt, die alles durchdringt und in sich das trägt, was die Alchimisten Anima Mundi, die Weltenseele, nennen“ (seite 241)

    verzauberten mich. Auf vielen Seiten findet man die Liebe zu sich selber. Coelho schreibt einem das Leben und die Liebe nahe. Er beschreibt Wege, die zur Erleuchtung führen sollen und lässt seine Protagonisten wachsen. Alles ist so wunderbar bunt, poetisch und leicht. Willkommen zu einer Reise der Selbsterkenntnis!

    Ein wundervolles Buch!

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  1. Eine poetische Reise und eine spirituelle Sinnsuche

    „Wir können nicht wählen, was mit uns geschieht, aber wir können wählen, wie wir damit umgehen.“ (Zitat Seite 57)

    Inhalt:
    Paulo, ein junger Brasilianer, besucht auf seiner Weltreise Amsterdam und sein nächstes Ziel wird der Piccadilly Circus in London sein. Doch in Amsterdam lernt er die Holländerin Karla kennen und sie überredet ihn, sie auf einer Busreise nach Nepal zu begleiten, entlang des Hippie Trails. Da er sich in Karla verliebt hat und die gesamte Reise im Magic Bus nur 70 US-Dollar kostet, ändert er seine Pläne und kommt mit. In Istanbul ist ein Halt von einer Woche vorgesehen und Paulo ist begeistert, da er unbedingt mehr über die Spiritualität der Sufis lernen will. Er ist auf der Suche – wird er in Istanbul Antworten finden?

    Thema und Genre
    Geschrieben als Roman, ist die Geschichte stark autobiografisch. Es geht auch um die Liebe, vor allem aber um spirituelle Antworten auf Fragen des Lebens, denen Coelho später als Schriftsteller jeweils einen ganzen Roman gewidmet hat. Er wird ein Pilger des Lichts, was zum Krieger des Lichts führt, es geht um Entscheidungen und die Sehnsucht wie im Alchimisten und diese Reise des jungen Paulo im Magic Bus führte ihn Jahre später auf den Jakobsweg. Ein Thema ist natürlich auch die Geschichte der Hippie-Bewegung.

    Charaktere:
    Hauptprotagonist ist der junge Paulo, eigenwillig und unangepasst, auf der Suche nach sich selbst. Karla wiederum will unbedingt nach Kathmandu reisen, will aber die weite Busreise nicht ohne Begleiter unternehmen. Auch für sie bringt diese Reise eine überraschende Erkenntnis. Auch auf weitere Mitreisende und ihre persönlichen Themen geht der Autor näher ein.

    Handlung und Schreibstil:
    Der Autor erzählt die Geschichte dieser Reise chronologisch, mit einigen erklärenden Rückblenden. Er schreibt in der dritten Person, wechselt aber zwischen den einzelnen Charakteren, die er jeweils in den Mittelpunkt stellt. Seine Sprache ist leise und eindringlich, seine Aussagen bringen uns Leser zum Nachdenken.

    Fazit:
    Ein poetischer Roman, in dem es um wesentlich mehr geht, als um die Hippie-Bewegung und Jugend im Aufbruch. Der Autor zeigt in seiner typischen Sprache der leisen Töne unterschiedliche spirituelle Themen und Sichtweisen auf und regt so den Leser zum Weiterdenken an.

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Befreit: Wie Bildung mir die Welt erschloss

Buchseite und Rezensionen zu 'Befreit: Wie Bildung mir die Welt erschloss' von Tara Westover
4
4 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Befreit: Wie Bildung mir die Welt erschloss"

Wie Bildung mir die Welt erschloss
Gebundenes Buch
Von den Bergen Idahos nach Cambridge - der unwahrscheinliche "Bildungsweg" der Tara Westover.
Tara Westover ist 17 Jahre alt, als sie zum ersten Mal eine Schulklasse betritt. Zehn Jahre später kann sie eine beeindruckende akademische Laufbahn vorweisen. Aufgewachsen im ländlichen Amerika, befreit sie sich aus einer ärmlichen, archaischen und von Paranoia und Gewalt geprägten Welt durch - Bildung, durch die Aneignung von Wissen, das ihr so lange vorenthalten worden war. Die Berge Idahos sind Taras Heimat, sie lebt als Kind im Einklang mit der grandiosen Natur, mit dem Wechsel der Jahreszeiten - und mit den Gesetzen, die ihr Vater aufstellt. Er ist ein fundamentalistischer Mormone, vom baldigen Ende der Welt überzeugt und voller Misstrauen gegenüber dem Staat, von dem er sich verfolgt sieht. Tara und ihre Geschwister gehen nicht zur Schule, sie haben keine Geburtsurkunden, und ein Arzt wird selbst bei fürchterlichsten Verletzungen nicht gerufen. Und die kommen häufig vor, denn die Kinder müssen bei der schweren Arbeit auf Vaters Schrottplatz helfen, um über die Runden zu kommen. Taras Mutter, die einzige Hebamme in der Gegend, heilt die Wunden mit ihren Kräutern. Nichts ist dieser Welt ferner als Bildung. Und doch findet Tara die Kraft, sich auf die Aufnahmeprüfung fürs College vorzubereiten, auch wenn sie quasi bei null anfangen muss ... Wie Tara Westover sich aus dieser Welt befreit, überhaupt erst einmal ein Bewusstsein von sich selbst entwickelt, um den schmerzhaften Abnabelungsprozess von ihrer Familie bewältigen zu können, das beschreibt sie in diesem ergreifenden und wunderbar poetischen Buch.
" Befreit wirft ein Licht auf einen Teil unseres Landes, den wir zu oft übersehen. Tara Westovers eindringliche Erzählung - davon, einen Platz für sich selbst in der Welt zu finden, ohne die Verbindung zu ihrer Familie und ihrer geliebten Heimat zu verlieren - verdient es, weithin gelesen zu...

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:448
EAN:9783462050127
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Rezensionen zu "Befreit: Wie Bildung mir die Welt erschloss"

  1. Blick in eine Parallelwelt

    Schlimmer kann man es wohl nicht erwischen. Tara Westover ist im tiefsten Idaho in einer extrem gläubigen Mormonenfamilie aufgewachsen, die ihre Glaubensgrundsätze über jede Vernunft stellten und mit aller Brutalität durchsetzten. Sie durfte keine Schule und keine Ärzte besuchen und war den Launen ihres verrückten Vaters und Bruders hilflos ausgesetzt. Schlimme körperliche Verletzungen waren gottgegeben und wurden von ihrer Mutter mit Kräutern behandelt.

    Sehr nachvollziehbar erzählt sie, wie es sich in so einer Familie lebt und wie sie sich daraus befreit hat. Es dauert lange, bis sie überhaupt merkt, dass etwas nicht in Ordnung ist und noch länger dauert es, bis sie daran etwas ändern kann. Diese Gehirnwäsche ist nachhaltig.

    Dieses Buch ist schonungslos, erklärt aber auch Unerklärliches, erzählt von einem bewegenden Schicksal und schafft es dabei, objektiv zu bleiben. Tara musste viel erleiden, liebte aber auch ihre Familie. Ein Zwiespalt, der es noch einmal schwerer machte, sich zu emanzipieren.

    Ein erschütterndes und erhellendes Buch, ein verstörender Blick in eine Parallelwelt und die Geschichte einer bewundernswerten Frau.

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  1. Erschreckend und unglaublich

    Tara wächst als jüngstes Kind von sieben in der Einöde Idahos auf. Ihr Leben ist geprägt vom religiösen Fanatismus und paranoiden Wahnvorstellungen des Vaters. Gene Westover lässt seine Kinder lieber auf seinem Schrottplatz schuften statt ihnen Schulbildung zu ermöglichen. Nicht einmal eine Geburtsurkunde existiert für Tara bis sie neun ist. Alles was der Familie zustößt ist von Gott gewollt, Frauen und Mädchen zählen nichts, schon eine entblößte Schulter ist unsittsam und macht Tara zur „Dirne“. Erst kurz vor dem Erwachsenwerden kann Tara durchsetzen, eine Schule zu besuchen. Bildung macht es der jungen Frau möglich, aus einem Leben voller Einschränkungen auszubrechen und ihren eigenen selbstbestimmten Weg zu gehen.
    Es ist eine unglaubliche Geschichte, dass so ein Leben in unserer Zeit, in einem entwickelten, voll industrialisierten Land überhaupt möglich ist. Zornig machte mich Taras Lebensgeschichte. Frauenleben, die nichts wert sind, ausgeliefert einem religiösen Spinner und was ich eigentlich noch viel gefährlicher hielt, dem vollkommen irren und aggressiven Bruder. Wo waren hier die existierenden Großeltern, der Priester aus der Kirchengemeinde, die Nachbarn.
    Manches an der Geschichte ließ mich allerdings auch zweifeln. Die Familienmitglieder überleben zum Teil bizarre Unfälle mit lebensgefährlichen Verletzungen. Ereignisse, die durchaus nach außen drangen und niemand, keine Einsatzkräfte, keine Unfallzeugen, bezieht Position. Schwerste Verbrennungen heilen mit Homöopathie und Kräuterölen – weil Gott es so will? Als Tara dann das kirchliche College besucht, weiß sie nicht, was der Holocaust ist oder dass Europa ein Kontinent ist, graduiert aber bald darauf in Philosophie? Nicht auf alles in dieser erschreckenden Biografie konnte ich mir einen Reim machen.

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Das rote Notizbuch: Wahre Geschichten

Buchseite und Rezensionen zu 'Das rote Notizbuch: Wahre Geschichten' von Paul Auster
NAN
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Wahre Geschichten
Gebundenes Buch
Dies ist Paul Austers legendäres "Red Notebook" von 1995, erstmals vollständig auf Deutsch, in bibliophiler Ausstattung.
Wie wirkt der Zufall auf unser Leben, und was steckt hinter dieser seltsamen Macht? Diese Fragen durchziehen Paul Austers gesamtes schriftstellerisches Werk. In einem roten Notizbuch hat er über die Jahre wahre Geschichten aus seinem Leben und aus dem von Freunden und Bekannten festgehalten, in denen die unvorhersehbare, wechselhafte, ja bisweilen paradoxe Natur der menschlichen Erfahrung deutlich zutage tritt: fünfundzwanzig unglaubliche Erzählungen, wahr und doch so phantastisch, dass man sie am liebsten einer durchtriebenen Schriftstellerphantasie zuschreiben möchte, um sich nicht von ihrer Magie erschrecken zu lassen. Ein verbrannter Zwiebelkuchen, eine falsche Telefonnummer, ein vom Blitz getroffener Junge, ein in einem Pariser Hotelzimmer vergessener Zettel - sie und anderes lösen merkwürdige Ereignisse aus und führen nebenbei zu einer einzigartigen Ars poetica, einem literarischen Manifest, das in die unveränderliche Form reinsten Erzählens gebracht wurde.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:112
EAN:9783498074029
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In Transit: Roman (suhrkamp taschenbuch)

Buchseite und Rezensionen zu 'In Transit: Roman (suhrkamp taschenbuch)' von Rachel Cusk
NAN
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Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:237
EAN:9783518468562
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Mein wunderbares Bücherboot

Buchseite und Rezensionen zu 'Mein wunderbares Bücherboot' von Sarah Henshaw
3
3 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Mein wunderbares Bücherboot"

Ein Memoir
Gebundenes Buch
Die Britin Sarah Henshaw liebt Bücher und hat eine ungewöhnliche Idee: Sie träumt von einer Buchhandlung auf einem Boot! Obwohl die Suche nach Investoren zäh verläuft und die Buchbranche nicht gerade ihre beste Zeit erlebt, kann die ehemalige Journalistin ihren Traum verwirklichen. Sarah macht sich mit ihrem schwimmenden Bücherparadies auf zu einer abenteuerlichen Reise durch Großbritanniens Kanallandschaft.

Unterwegs trifft sie auf allerlei Hindernisse, lernt aber auch außergewöhnliche Menschen kennen und gerät in so manch aberwitzige Situation. Von einem überfluteten Maschinenraum über ein Ankerverbot im Hafen Bristols bis hin zu kreativen Tauschgeschäften à la Buch gegen Dusche - das Memoir versammelt jede Menge spannende Anekdoten rund um Sarahs schwimmenden Buchladen und bietet kurzweilige Unterhaltung nicht nur für Literaturfans.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:256
EAN:9783959101813
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Rezensionen zu "Mein wunderbares Bücherboot"

  1. Mit dem Bücherboot quer durch England

    Cover:
    ---------------
    Das Titelbild wirkt wie ein Buch aus den 50er Jahren auf mich. Bei diesem Stil wird einem warm ums Herz, es wirkt liebevoll und harmonisch. Die Gestaltung lässt jedoch eher einen Roman als einen Reisebericht vermuten und führt so anfangs den Leser in die Irre. Ein großer Pluspunkt ist das Lesebändchen, das das Hardcover perfekt ergänzt. Im Buchladen hätte ich sofort zugegriffen.

    Inhalt:
    ---------------
    Die große Leidenschaft der Engländerin Sarah Henshaw sind Bücher und ihr Traum eine eigene Buchhandlung. Kurzerhand erfüllt sie sich ihren Traum, indem sie ein altes Boot kauft, mit Hilfe ihres Freundes zur Buchhandlung umbaut und nach Trennung desselben Freundes auf Selbstfindungstrip mit ihrem "wunderbaren Bücherboot" geht. Ihr Weg führt sie durch halb England, durch viele Schleusen und an skurrilen sowie interessanten Menschen vorbei. Dabei versucht sie, dem Untergang der konventionellen Buchhandlungen mit kreativen Ideen entgegenzuwirken.

    Mein Eindruck:
    ---------------

    "Diese Geschichte handelt von einer Reise, auf der ich Bücher gegen Essen, gegen Badbenutzung oder gegen ein Bett tausche. Insofern handelt es sich um eine Reihe äußerst kurzer, ziemlich intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen mit Leuten, die ich danach nie wiedersehe.Quasi eine Art überlanges Taylor-Swift-Album." (S. 37)

    Der Einstieg gefiel mir sehr gut. Die Kapitel sind so kurz gehalten, dass man immer weiter lesen möchte. Die Autorin ist sehr belesen und streut ihre Literaturkenntnisse in ihren Erzählungen mal auf humorvolle, mal auf nachdenkliche Weise ein. Sie selbst agiert oft noch kindlich naiv, manchmal auch trotzig und selbst mitleidig. Man merkt an vielen Stellen, dass sie mit sich selbst nicht ganz im Reinen ist. Anfangs war sie mir sehr sympathisch, ihr Humor gefiel mir und vor allem nahm sie sich selbst nicht so ganz ernst, im späteren Verlauf der Handlung nervten mich einige wiederkehrende Verhaltensweisen von ihr.

    "Als ich Joseph erstmals erblickte, hatte ich das Gefühl, dass er einen Traum in sich trug. Räuberhöhlen funktionieren nach demselben Prinzip. Sie sind im engeren Sinne keine Behausungen - sind nicht funktional, sauber und stabil -, sondern Orte, die wir wegen dem bewohnen, wozu sie imstande sind. Sie transportieren uns in eine andere Welt. Sie sind Orte, die uns davontragen." (S. 137)"

    Das Buch wirkt wie eine Aneinanderreihung vieler kleiner Anekdoten, ähnlich wie Tagebucheinträge. In diesen erfährt man viel über ihr erstes Date mit ihrem Boot Joseph, skurrile Buchhandelskunden, Hintergrundwissen zu Literatur sowie Erinnerungen aus ihrer Kindheit und ihrem Leben mit ihrem (Ex)Partner. Leider springt sie zuweilen gedanklich oft hin und her, so dass man ihr nicht immer folgen kann bzw. Erzählungslücken zeitweise auftreten. Die Erzählung ihrer Reise ist zwar die Stationen betreffend chronologisch aufgebaut, jedoch fehlen Zeitangaben, so dass man schwer einordnen kann, wie lange sich Sarah an einigen Orten aufgehalten hat.

    Oft habe ich mich gut amüsiert und Neues entdeckt, teilweise habe ich mich aber auch gefragt, warum sie bestimmte Dinge so detailgetreu erzählt bzw. was ich mit dieser Geschichte überhaupt anfangen soll. So wechselten sich gute mit weniger guten Passagen ab. Gegen Ende hatte ich das Gefühl, dass die Autorin das Buch schnell beenden wollte, so dass viele Fragezeichen zurückblieben und die Leselust gegen Ende stark nachließ. Zudem hatte ich leider nicht das Gefühl, dass Sarah Konsequenzen aus ihrer Reise gezogen hat und eine persönliche Entwicklung hatte offenbar kaum bei ihr stattgefunden.
    Entgegen vieler anderen Reiseberichte gibt es hier keine Fotos, die ich jedoch aufgrund der Erzählweise auch gar nicht vermisst habe, denn es ist eher eine Geschichte als ein Reisebericht.

    Fazit:
    ---------------
    Mal humorvoll, mal nachdenklich, mal nichtssagend - Trotzdem eine gut zu lesende Hommage an den klassischen Buchhandel!

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