Finding Cinderella: Roman
Auf das Buch bin ich vor allem durch das auffällige Cover aufmerksam geworden. Ein Krokodil, dessen Zähne ausschließlich aus Gewehrpatronen bestehen, das sieht man doch eher selten.
In der Geschichte geht es um Pearl und ihre Mutter Margot, die seit Jahren als Obdachlose in einem Auto leben. Während draußen im Trailerpark die Waffen regieren, herrschen im Inneren des Wagens die Träume vor. Was wird das Leben für die beiden Träumerinnen parat halten?
Jennifer Clement schafft es durch ihre sehr bildhafte Sprache den Leser direkt einzufangen. Auch wenn die Gegend noch so trostlos ist, kann man sie sich anhand von Vergleichen und sprachlichen Bildern sofort vorstellen.
Die Autorin zeichnet das Bild der heutigen Gesellschaft in Amerika, in der Waffen zum Alltag gehören. Manche Passagen lesen sich eher wie eine Art Karrikatur, sind aber dennoch so voller Wahrheit, dass es einem beim Lesen beinahe schmerzt.
Pearl hat mich bereits auf den ersten Seiten für sich einnehmen können, denn ihr trostloses Leben ist schon sehr bedrückend. Am liebsten würde man sie immer wieder in den Arm nehmen und sie trösten wollen.
An Mutter Margot mochte ich ihre Zuversicht und dass sie trotz allem das Träumen nicht aufgegeben hat.
Als besonderer Charakter ist mir zudem Noelle aufgefallen, die ich sehr mochte, die mir aber zur selben Zeit auch Gänsehaut verschafft hat.
Das Ende ist offen, viele Fragen bleiben ungeklärt. Das sorgt dafür, dass man noch lange über das Buch nachdenkt und sich im Geiste die Geschichte weiterspinnt wie es einem als Leser am angenehmsten ist.
Fazit: Gesellschaftskritik par excellence. Ich habe mich richtig gut unterhalten gefühlt, auch wenn mich die Lektüre doch sehr traurig gestimmt hat.
Mit "Die Wahrheit über Dinge die einfach passieren" (Originaltitel: The Thing about Jellyfish) ist Alison (Ali) Benjamin ein ganz besonderes Romandebüt gelungen. In diesem Jugendbuch geht es um die 12jährige Suzy, deren beste Freundin aus Kindertagen in den Sommerferien ertrunken ist. Franny, so der Name besagter Freundin, war schon immer eine bemerkenswert gute und sichere Schwimmerin und so kann es Suzy einfach nicht akzeptieren, dass der Badeunfall so völlig ohne Grund passiert sein soll. Ihrer Meinung nach muss dem Ertrinken ein Stich durch eine giftige Qualle vorangegangen sein.
Und so investiert sie viel Zeit und Mühe um im Zuge eines Schulreferats nach wissenschaftlichen Fakten über Quallen zu recherchieren, in dessen Genuss ebenfalls der Leser im Laufe des Romans kommt.
Suzy war schon immer ein ganz besonderes Kind und auch während der Pubertät bleibt sie sich und ihrer nachdenklichen Art zu leben und Dinge kritisch zu hinterfragen, treu. Ganz im Gegensatz zu Franny, die immer mehr und mehr zu einem typischen Teenager mutiert, sich dem allgemeingültigen Gruppenzwang unterwirft und immer banaler und oberflächlicher wird.
Die schleichende Entfremdung der beiden Mädchen scheint unerlässlich, denn sie haben mittlerweile kein einziges gemeinsames Gesprächsthema mehr.
Suzy ist durch ihre Art eh schon immer der geborene Aussenseiter gewesen und so zieht sie sich nach Frannys Tod - gebeutelt von Selbstvorwürfen und sozial einsamer als jemals zuvor - tief in ihr Inneres zurück und stellt das Sprechen fast komplett ein. Die richtigen Worte zu finden, sich so mitzuteilen, dass ihre Mitmenschen sie inhaltlich zweifelsfrei verstehen, fiel ihr schon immer schwer. Und so erscheint ihr die Stille des Nichtsprechens die deutlich bessere Wahl zu sein.
Die Story spielt im Amerika unserer heutigen Zeit und wird aus Sicht der Protagonistin erzählt. Suzy lässt den Leser teilhaben an ihrer reichhaltigen Gedanken- und Gefühlswelt, aber auch an den quasi Zwiegesprächen, die sie mit ihrer verstorbenen Freundin führt.
Es geht in diesem Roman, in dem der Leser das Erwachsenwerden der Protagonistin mitverfolgt, um so wichtige Themen wie Freundschaft, Selbstfindung, dem Sinn des Lebens und auch darum, Dinge manchmal einfach so hinnehmen zu müssen wie sie sind, weil sie einfach so - ohne wirklichen Grund, dem puren Zufall geschuldet - geschehen.
Das eigentliche Zielpublikum sind eindeutig Jugendliche, dennoch habe ich mich - diesem Alter längst entwachsen - sehr gut unterhalten gefühlt und war regelrecht fasziniert von der wirklich gelungenen Umsetzung. Einzig mit dem Ende hadere ich ein klein wenig, wie so oft bei ansonsten wirklich guten Geschichten. Dafür dass die ersten rund 80% des Romans dermaßen tiefschürfend und sehr ausführlich vor dem Leser aufgerollt werden, erscheint mir das Ende doch ein wenig zu schnell abgehandelt zu werden. Wie gesagt, dass empfinde ich bei wirklich vielen Romanen so und letztendlich führt dieser Umstand dann auch in seiner Konsequenz zum Punktabzug in meinem Gesamteindruck. Dennoch gebe ich diesem Roman eine eindeutige Leseempfehlung!
Das außergewöhnliche Cover hat mich auf dieses Buch aufmerksam werden lassen und ich muss vorweg schon sagen: es handelt sich hier nicht um ein typisches Kinder- und Jugendbuch, sondern um etwas ganz Besonderes.
In der Geschichte geht es um die 12- jährige Su, die den Verlust ihrer Freundin verarbeiten muss, die einfach so Suzys Leben fern bleibt, obwohl die beiden noch eine Auseinandersetzung offen hatten. Wird sich diese große Lücke in ihrem Leben jemals wieder schließen?
Durch die Handlung führt uns Suzy als Ich- Erzählerin und sie lässt uns sowohl an der Gegenwart, in der sie trauert, als auch an der Vergangenheit, der Freundschaft zu Franny, teilhaben.
Das Besondere sind vor allem die sehr gefühlvollen Gedankengänge, die Su dabei hegt. Es ist schon schwer als Erwachsener den Verlust eines geliebten Menschen wegzustecken, aber als Kind noch viel mehr und das kann man mit Hilfe dieses Buches intensiv nachempfinden.
Mir hat die 12-Jährige als Charakter unglaublich gut gefallen, denn man kann nachempfinden wie schwer es ihr fallen muss das Schicksal anzunehmen und ihre ersten Erfahrungen mit dem harten, realen Leben zu machen. Ich mochte es, dass sie ein Außenseiter ist, an sich zweifelt und dennoch ihren eigenen Weg geht ohne darauf zu achten was die anderen denken. Su ist eine starke Persönlichkeit, wie es sicher jeder gern von uns wäre.
Ich habe zu keiner Zeit gespürt, dass es sich hier um ein Debüt handelt. Die Worte sind sehr bedacht gewählt und die Autorin beschönigt nichts.
Richtig klasse fand ich die vielen Infos zu Quallen und auch anderen Tieren und Begebenheiten in der Natur. Das hat sich spannend lesen lassen und sorgte zusätzlich für Abwechslung.
Für mein Empfinden würde ich das Buch eher Jugendlichen ab 14 Jahren empfehlen, da ich mir unsicher bin, ob jüngere Kinder das Thema vollumfänglich verstehen würden. Als Erwachsene hat sich der Roman unglaublich gut lesen lassen, einfach weil er so emotional und gefühlvoll ist.
Fazit: Trauer ist kein schönes Gefühl, gehört aber zum Leben dazu wie uns dieses geschriebene Kleinod ansprechend vermittelt. Ich kann nur eine Leseempfehlung aussprechen, klasse!
Da mir bereits „Am Ende der Welt traf ich Noah“ von der Autorin sehr gut gefiel, war ich sehr gespannt auf ihr neustes Werk.
In der Geschichte geht es um Leander und Jonas, beste Freunde für immer und Sprayer aus Leidenschaft. Graffiti sind ihr Leben, jede freie Minute verbringen sich mit dem Zeichnen von neuen Entwürfen. Doch dann tritt das Mädchen Rapunzel in das Leben der Jungs und nichts ist mehr wie es vorher war. Wird Rapunzel ihr Leben bereichern oder eher zerstören?
Die Handlung wird uns über zwei Erzählstränge nahegebracht. Zum einen fungiert Leander als Ich- Erzähler und lässt uns an seinem Leben mit Kumpel Jonas als Sprayer teilhaben. Hier erfährt man wirklich viel über die Kunst der Graffiti, über Farben und vieles mehr, was mir gut gefallen hat. Zum anderen fungiert das Mädchen Lila als Ich- Erzählerin. Dieser Erzählstrang ist später anzusiedeln, als der von Leander, mindestens sechs Monate nach dem Handlungsstrang um die beiden Jungs. Lila lässt uns teilhaben wie sie Leander kennenlernt und wie schrittweise ihre Neugier und ihre Gefühle ihm gegenüber immer größer werden.
Der Start ins Buch fiel nicht ganz leicht, da ich nicht sofort erkannt habe, dass es sich bei der zweiten Perspektive um Lila handelt und dass dieser Part nicht parallel zum ersten verläuft.
Die Sprayerszene wird sehr interessant dargestellt. Mir war nicht klar, dass es dort Teams gibt, die miteinander an Kunstwerken arbeiten und auch nicht, dass sie durchaus miteinander konkurrieren. Auch klasse, dass es so viele unterschiedliche Farbtöne gibt, darüber hatte ich mir vorher nie Gedanken gemacht.
Klasse fand ich die zahlreichen sprachlichen Bilder und schönen Sätze wie z.B.: „…im Kühlschrank der Erinnerungen…“, „…schüttelte sie wie ein euphorischer kubanischer Straßenmusiker…“ oder "Ich male, weil ich Leben spüren will, bevor ich auf die andere Seite trete."
Der Part um Lila hat mir persönlich besser gefallen, einfach weil ich mich mehr mit ihr identifizieren und mich besser in sie hineinversetzen konnte. Sie ist so ein mutiges Mädchen. Gerade am Ende des Buches wächst sie über sich hinaus.
Die Jungs empfand ich auch als angenehm, nur fehlte mir da irgendwie die Tiefe. Alles um sie herum wird eher oberflächlich abgehandelt und in die Gefühlswelt wird gar nicht so richtig vorgedrungen.
Der Jugendroman hat es mir echt nicht leichtgemacht. Fand ich den Einstieg noch recht interessant, plätscherte die Handlung in der Mitte doch eher vor sich hin und konnte mich nicht so recht in seinen Bann ziehen. Erst die letzten hundert Seiten boten dann das, was ich von diesem Buch erwartet habe.
Die Auflösung warum Leander so verschlossen ist, war nachvollziehbar und hat mich berührt. Gut dass er dann in der Kunst Halt gefunden hat. Der Schluss war mir dann teilweise etwas zu kitschig.
Fazit: Ein solides Jugendbuch, welches noch Potential gehabt hätte. Kann für meinen Geschmack nicht mit „Am Ende traf ich Noah“ mithalten. Gute Unterhaltung, aber kein Lesehighlight.
Johannes Wiedlich
CHAINS Lass [nicht] los!
Thekla Verlag
Autor: Johannes Wiedlich wurde Anfang der 80er Jahre in der Nähe von Darmstadt geboren und wuchs im Odenwald auf. Bereits als Jugendlicher war er ein Querdenker und benutzte Text und Musik, um seine Meinung zu äußern, Fragen aufzuwerfen oder Reaktionen zu provozieren. Nach Abschluss eines geisteswissenschaftlichen Studiums lebt und arbeitet der Autor nun in Südhessen. (Quelle: Thekla Verlag)
Matthew ist für im Semester im Ausland und wohnt dort mit anderen Personen und einer Katze in einer WG. Seine Mitbewohner sind alle recht unterschiedliche Charaktere, wie Matthew schnell feststellt. Diese machen das Zusammenleben zu einer Herausforderung, allen voran sein Mitbewohner Luka, der ihm gehörig auf die Probe stellt.
Das Buch besteht aus 5 Kapiteln, wobei jedes Kapitel nochmals in einige Abschnitte unterteilt ist. Zu Beginn eines neuen Kapitels steht immer die Kapitelziffer, welche aussehen, als wären sie mit einem Pinsel geschrieben. Ein neuer Abschnitt beginnt immer mit 3 Kreisen (eventuell auch Sterne?!), welche vom Stil her den Kapitelziffern ähneln.
Der Schreibstil des Autors ist sehr detailliert und flüssig zu lesen, so bekommt der Leser ein recht genaues Bild von den auftretenden Charakteren. Stets wird so viel über die Charaktere verraten, dass man noch motiviert ist, weiterzulesen, um alles über die jeweiligen Personen und ihre Entwicklung im Laufe des Buches zu erfahren. Leider hätte hier der Autor etwas genauer und tiefgründiger werden können, besonders im Hinblick auf die beiden Hauptcharaktere und Ihre Hintergründe.
Manchmal wird im Buch Englisch gesprochen, was besonders zum Handlungsort der Geschichte passt. Jedoch könnten hier Leser ohne Englischkenntnisse leicht Probleme bekommen, auch wenn man sich die Bedeutung recht gut aus dem Kontext erklären kann. Neben den Dialogen, welche die Charaktere von Person zu Person führen, gibt es auch noch Konversationen am Handy (per WahatsApp zum Beispiel). Diese Passagen lassen sich recht gut erkennen, denn dort steht der Dialog jeweils in kleinen Kästchen. Dies gefällt mir sehr gut und sorgt ebenfalls für das richtige Gefühl beim Lesen (das man gerade am Handy liest und eben nicht einen gesprochenen Dialog). Zum Ende hin wird das Buch dann recht emotional und viele Hintergründe der Charaktere werden aufgelöst (wie oben geschrieben hätte es hier jedoch deutlich mehr Details geben können) und man wünscht sich, das Buch wäre länger (ich hatte zumindest das Gefühl, hier hätte noch deutlich etwas mehr geschrieben werden können).
Cover: Grundsätzlich ist das Cover des Buches in Schwarz und Weiß gehalten. Einige Merkmale sind jedoch in Farbe (Rot) gedruckt und stechen deshalb vom Cover ab. Wir sehen auf der Vorderseite den Teil einer Person, welcher in seiner Hand einen angebissenen Apfel hält. Dieser Apfel ist in Rot und Hochglanz gedruckt und hebt sich deshalb vom Hintergrund ab. Dieser angebissene Apfel nimmt Bezug zum Inhalt, direkter gesagt sogar zum Spitznamen des Hauptcharakters, welcher “Schneewittchen” genant wird. Ebenfalls sehen wir in der Farbe Rot und auch in hochglanz gedruckt den Titel des Buches, welcher wohl passender kaum sein könnte. Chains steht für Ketten und diese kommen im Buch sehr oft vor (auf dem Coverbild sind Ketten ja ebenfalls zu sehen). Dabei geht es jedoch nicht allein um die physischen Ketten. Der Untertitel ist dann jedoch in Weiß gedruckt, wobei das Wort “nicht” in eckigen Klammern steht. Auch hier finden wir beide Versionen des Untertitels im Buch wieder, denn das (nicht) loslassen ist in diesem Buch allgegenwärtig. Beim lesen des Buches wird auch schnell deutlich, welche(n) der Charaktere auf dem Cover abgebildet ist/sind.
Auf der Rückseite des Covers sehen wir den roten Apfel (unangebissen), welcher auf einem Haufen Ketten liegt.
Fazit: Ein Buch das sich anfangs, wie ein relativ normales Buch über Teenager liest, entwickelt sich im Laufe des Buches zu einem recht tiefgründigen Roman. Die Entwicklung der Charaktere lässt sich gut verfolgen und man erfährt stets genug, um der Handlung zu folgen. Leider bleibt am Ende jedoch das Gefühl, es hätte ruhig etwas mehr sein können. Von mir gibt es 4/5 Sterne.
Klappentext: Schneewittchen? Was? Du kannst mich mal! Ich hatte mit Idioten gerechnet, nicht mit der blauhaarigen Pestilenz. Ich hatte mit Konflikten gerechnet, nicht mit dem Kampf um meinen Verstand. Was hat mich meine Vergangenheit also gelehrt? [nichts!]
Matthew zieht für ein Austauschsemester in eine Wohngemeinschaft, die kaum nerviger sein könnte. Seine Mitbewohnerin Sirin entpuppt sich bereits innerhalb der ersten Woche als zwangsneurotischer Hausdrache. Mit Robert kann man zwar ganz gut klarkommen, aber Rückendeckung darf man von ihm nicht erwarten, und Karla glänzt hauptsächlich durch Abwesenheit. Doch am schlimmsten scheint Luka. Der Typ, der keinen Mustern folgt, nach keinen Regeln spielt und offenbar Spaß daran hat, Matthew immer wieder an seine Grenzen zu treiben. Ein Jugendroman über Freundschaft und Feindschaft, und wie nah beides beieinander liegen kann. (Quelle: Thekla Verlag)
Autor: Johannes Wiedlich
Titel: CHAINS Lass [nicht] los!
Verlag: Thekla Verlag
Genre: Roman
Seiten: 240
Preis: 11,98
ISBN: 9783945711149
http://wurm200.blogspot.de/
Klappentext:
Kalte Sophie - den Namen hat Max sich einfallen lassen, Max, der Schwarm aller Mädchen. Sophie, neu im Internat, hat schnell begriffen, dass hier nur zurechtkommt, wer cool sein kann, keine Schwächen und Gefühle zeigt. Wer aus der Reihe tanzt, so wie Kerstin, dem hilft die Gemeinschaft nicht. Sophie will da nicht mitmachen. Kerstin braucht Wärme und Zuneigung. Und sie selbst, sucht sie nicht auch eine Freundin?
Meine Meinung:
Sophie kommt auf Schloss Altenbronn in eine Welt, die nicht ihre ist. Die Schülerschaft wird beherrscht von einer Clique von Jungen und Mädchen aus reichem Hause, die von klein auf dazu erzogen worden sind, ihre Interessen über die aller anderen zu stellen und rücksichtslos durchzudrücken. Dagmar Kekulé beschreibt Max und seine Freunde als Jungen, die ganz genau wissen, dass ihnen nichts passieren kann, solange die Eltern sich der Schule gegenüber spendabel zeigen, und sich einen Dreck um Regeln scheren. Sophie, die als Ich-Erzählerin fungiert, ist schnell genervt von den Intrigen, und geht auf Distanz. Oft flüchtet sie sich in Zynismus oder Trotz. Die Autorin gibt einen tiefen Einblick in die Seele einer Sechzehnjährigen, die sich aufreibt zwischen Ansprüchen von außen und ihrer eigenen Suche nach echter Freundschaft und dabei stark bleiben will für sich und ihre schüchterne Zimmergenossin Kerstin, für die sie vielleicht der letzte Strohhalm ist.
Fazit:
Auch wenn die Antagonisten etwas überzeichnet scheinen, eine hervorragende Geschichte, die gerade durch die Ich-Perspektive beklemmend nachvollziehbar wird.
Inhalt:
Lucas und Fey begegnen sich das erste Mal auf einer Party. Es knistert zwischen Ihnen, doch weiter geht es mit einem Knall. Bei einem Motorradrennen zwischen Lucas und seinem Freund Ben kommt es zum Unfall und im geschädigten Auto sitzt ausgerechnet Fey. Sie und ihre Freundin werden schwer verletzt. Einige Wochen später treffen sich Lucas und Fey wieder. Fey möchte Lucas hassen, doch was der Kopf sagt und das Herz will sind oft zwei unterschiedliche Dinge.
Meine Meinung:
Dieses Buch landete direkt nach der Programm Sichtung auf der Wunschliste. Der Klappentext machte mich sehr neugierig. Umso mehr freute ich mich als es ganz unerwartet in meinem Briefkasten landete.
Was direkt auffällt ist die Haptik des Buches. Es ist ein Altpapier graues Cover mit lila metallic glänzender Schrift und Blumen. Alles etwas eingestanzt und gehalten von einem Gewebeklebeband. Es ist das ungewöhnlichste aber auch mit das schönste Cover und das obwohl es so schlicht gehalten ist. Keine extra Folienbeschichtung nicht bunt. Einfach auf wesentlichste beschränkt. Wirklich sehr schön, viel schöner als es ein Bild am PC zeigen kann.
Nun war ich natürlich auch auf die Geschichte zwischen den Buchdeckeln gespannt und wurde auch hier nicht enttäuscht.
Der Rückentext sagt gar nicht so viel über die Ereignisse zu Beginn aus. Da ich den Programmtext nicht mehr so im Kopf hatte gab es schon zu Beginn einige Überraschungen für mich. Die Geschichte gestaltete sich von Anfang an spannend und fesselnd und wurde auch im Laufe der Zeit nie langweilig. Dafür vorhersehbar, denn das Ende war schon abzusehen, doch bis dahin gab es einige Wendungen die das Lesen interessant hielten.
Die Figuren sind Klasse und mit viel Tiefe beschrieben. Trotz ihrer Art mochte ich beide Figuren sehr gerne und konnte mich hier in alle Figuren gut rein versetzen.
Während es im Programm den Eindruck machte als ob die Geschichte aus Feys Sicht geschrieben wäre war es tatsächlich Lucas den wir die ganze Zeit begleiten. Man merkt wie er versucht wieder auf die Beine zu kommen und das, wenn es nach Außen vielleicht auch so aussieht, man einen Unfall nicht so schnell abschüttelt. Seine Gefühlswelt empfand ich als gut und passend beschrieben und das in allen Stationen der Verarbeitung.
Fey kommt hin und wieder zu Wort und das immer an den wichtigen Stellen. So erkennt man recht schnell das mehr hinter ihrer Kratzbürstigkeit steckt. Das sie einen guten Grund hat Lucas so zu behandeln wie sie es tut. Und während ich bei manchen Büchern sowas eher nervig finde, passte es hier perfekt. Fey überraschte mich immer wieder in dieser Geschichte. Sie handelte vollkommen unvorhersehbar und machte damit die ganze Story sehr interessant.
Ben ist auch eine wichtige Nebenfigur. Nicht nur weil er das Rennen mit Lucas gefahren ist und er sein bester Freund ist. Er ist ein echter Freund und brachte ein wenig Realität und normales Leben in die Geschichte.
Am Ende durfte ich ein Buch zu klappen das mich von Anfang bis Ende fesselte. Das ich für meine momentanen Verhältnisse nahezu verschlungen habe und das ich gerne weiter empfehlen möchte. Egal ob es um die sehr ungewöhnliche Liebesgeschichte ging oder eben um die Verarbeitung des Unfalls. Beides ist hier untrennbar verwoben und macht das Buch so interessant.
Gun Love von Jennifer Clement
Pearl lebt seit ihrer Geburt vor auf den Vordersitzen im Auto auf dem Besucherparkplatz eines Trailerparks im Nirgenwo in Florida, ihre Mutter Margot, eine Ausreißerin aus gutem Hause, wohnt auf der Rückbank. Umgeben von schießwütigen Waffennarren, Waffenschmugglern, falschen katholischen Priestern, verseuchten Müllbergen in der wohl hässlichsten Gegend Floridas, Hoffnungslosigkeit und Armut herrscht im Inneren des Ford Mercury eine kleine heile Welt, geschaffen von der Pearls Mutter und ihren Träumen, die sich wie Zuckerguss über die raue Wirklichkeit außerhalb der Windschutzscheibe legt. Mutter und Tochter kramen in schönen alten Dingen aus Margots früheren Leben, das sich im Kofferraum des Ford versteckt, üben Rachmaninow-Klavierkonzerte auf dem Armaturenbrett, essen mit Silberbesteck von Limoges-Porzellan und spielen Ausflug mit dem Auto. Margot hofft seit ihrer Flucht von zu Hause vor den Fliegenklatschen ihres Vaters, eines Tages dem Leben im Auto zu entfliehen und einen richtigen Wohnsitz zu finden. All das endet, als die Waffen im Ford Mercury einziehen in Gestalt von „Mr Bad“ und seinen Pistolen, in den sich Pearls zuckersüße Mutter Margot verliebt und der den Zauber zwischen Mutter und Tochter, der aus Liebe und süßen Träumen bestand, zerstört und statt dessen die omnipräsenten Waffen und die Gewalt und das Verbrechen in den Ford bringt.
Die Geschichte liest sich wie eine Mischung aus zucker-süßen Countrysongs und grausamen Märchen, erzählt aus der Sicht von Pearl mit all ihrer Verträumtheit und jugendlichen schonungslosen Direktheit, sie strotzt vor Armut und Elend, liebenswert-verrückten und unmenschlich verbrecherischen Charakteren in Dickens‘scher Manier, für die es allesamt kein Entkommen aus der Waffenhölle gibt. Anfangs tauchen Waffen nur indirekt auf, später nimmt die Allgegenwärtigkeit von Pistolen und Co und die Waffenverliebtheit fast epische Ausmaße an. Da schenkt ein Mann seiner Angebeteten als Zeichen seiner höchsten Liebe und seines Vertrauens eine Pistole, ein Priester führt eine Kampagne „Gebt Gott eure Waffen“, die Vorwand zum Waffenschmuggel ist, immer und überall finden Schießübungen statt und Gläubige gehen mit geschultertem Gewehr zum sonntäglichen Gottesdienst.
Mit gutem Grund handelt das Buch in Florida, im hässlichen Teil, wo die Zahl der „vertretbaren Tötungen“ seit dem Inkrafttreten des „Stand-Your-Ground“ - Gesetzes enorm anstieg. Die im Buch wie selbstverständlich wirkende Alltagsgewalt, von brutalen Männern gegenüber Frauen ausgeübt, Obdachlosigkeit, Hoffnungslosigkeit am Rand des amerikanischen Traumes können auch von Träumen und Liebe nicht übertüncht werden, und das schmerzt beim Lesen. Letztlich siegt die brutale männliche Gewalt über weibliche träumerische Mutterliebe, Margot stirbt im Kugelhagel und Pearl greift später auch zur Waffe, um Rache zu nehmen.
Auch wenn manchmal sprachlich manchmal an der Grenze zum Kitsch bezüglich der Liebessongs und Kalendersprüche vermittelt das Buch für mich eine äußerst intensive und eindringliche Botschaft hinsichtlich der für uns Mitteleuropäer nicht nachvollziehbaren mythischen Waffenverliebtheit der Amerikaner, bezüglich Gewalt und amerikanischem Albtraum, in der Waffen das einzige Machtmittel und die einzige Sicherheit der ohnmächtig am Rande der Gesellschaft Lebenden zu sein scheint.
Unbedingte Leseempfehlung, für mich war es ein Lese-Highlight.
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