Monschau

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Rezensionen zu "Monschau"

  1. 3
    01. Aug 2021 

    Der Ausbruch

    Im Jahr 1962 kann man so einiges von einer Geschäftsreise mitbringen, leider auch noch die Pocken. Und so passiert es einem Monteur der Monschauer Rither-Werke. Da er nur leicht erkrankt, wird er falsch diagnostiziert und geht bald wieder arbeiten. Als jedoch seine kleine Tochter schwerer erkrankt, wird ein Arzt aufmerksam und lässt sie nach Aachen in eine Klinik bringen, um sie zu isolieren. Dort jedoch weigert man sich, das Kind aufzunehmen und in Monschau muss eine provisorische Isolierstation aufgebaut werden. Aus Düsseldorf eilen Professor Stüttgen und sein junger Assistent herbei, die dafür sorgen sollen, Kranke in Quarantäne zu schicken und Ansteckungen zu verhindern.

    Ein historisches Ereignis wird hier romanhaft aufgearbeitet. Im Vergleich mit der heutigen Pandemie ist der Ausbruch der Pocken damals eher winzig. Die Reaktionen der Politiker, Industriellen, der Menschen, Mediziner und Kranken sind jedoch erschreckend ähnlich wie heute. Man darf sich also fragen, wie groß ein Lerneffekt ist. Eher klein, ist zu befürchten. So redeten die Politiker schon damals alles klein, die Fabrikanten wollten ihre Werke am Laufen halten, die Quarantäne war eher ungeliebt und die Monschauer im Umkreis unbeliebt und das im Karneval. Und doch bemüht sich das medizinische Personal mit Hilfe von Freiwilligen, die Ansteckungsgefahr zu gut wie möglich einzudämmen.

    Natürlich ist es gerade in der heutigen Pandemiezeit sehr interessant auf einen historisch belegten Krankheitsausbruch in einem beschaulichen Städtchen zu schauen. Spannend sind dabei auch Veröffentlichungen aus dem Internet, mit denen man einen Eindruck bekommt, wie genau der Autor recherchiert hat. Doch man bekommt das Gefühl, dass der Autor machmal etwas zu weit abschweift, mitunter anekdotisch oder auch zeitgeschichtlich, wodurch dann die eigentlichen Begebenheiten im Epilog abgehandelt werden. Auch wenn das Drumherum durchaus lesens- und wissenswert erscheint, hätte man gerne mehr über den Krankheitsausbruch und seine Auswirkungen auf die Monschauer gewusst. Auch wie die Ärzte ihre Aufgabe empfinden und wie sie mit ihren Patienten umgehen, hätte noch etwas eingehender geschildert werden können. Dennoch verarbeitet der Autor in seinem Roman ein spannendes Thema, das von Johann von Bülow sehr sympathisch vorgelesen wird.

    3,5 Sterne

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  1. Ärgerlich, unausgegoren und prätentiös

    Man stelle sich vor: Die Pocken grassieren im Kreis Monschau, in der beschaulichen Eifel. Das ist 1962 tatsächlich passiert, nicht im Mittelalter sondern 1962. Unglaublich.

    Damit beschäftigt sich dieses Buch, wird gelesen, gekauft und hoch gelobt. Ich habe keine Ahnung warum.
    Obwohl mich das Thema sehr interessiert und ich die Gegend gut genug kenne um zu wissen, dass mit „Lammerath“ Lammersdorf gemeint ist, fand ich das Buch eher ärgerlich.

    Erst einmal ist der Erzählstil gewöhnungsbedürftig. Er wechselt zwischen launiger Weitschweifigkeit mit solidem Altherrenhumor und referierenden Passagen im Nachrichtenstil. Natürlich transportiert es den Zeitgeist und ist authentisch, wenn sich jemand „ein Lungenbötchen reinpfeift“, nur ist die Zeit vorbei, wo man das lustig fand. Und hat sich wohl je eine junge Liebe so einen Dialog geliefert:

    "Wie hat sich Europa eigentlich auf dem Stier festgehalten?", flüsterte sie. "An den Hörnern, nehme ich an." "Und soll ich dich auch bei deinen Hörnern packen?" Willst du denn auf meinen Rücken steigen?" "Könntest du mich denn tragen?" "Wohin auch immer du willst. Auch ans Meer..."

    Hier ging der Versuch, sich in 60er Jahre Mentalität einzufühlen gründlich daneben. Natürlich rauchte da jeder, wo er ging und stand, aber die Sprache, die hier transportiert wird, scheint alten Fernsehserien entnommen zu sein, schlechten noch dazu.

    Eine Seuche und junge Liebe war dem Autor nicht genug. Er würzt das Ganze mit ordentlich Weltpolitik, verleiht den Protagonisten Familiengeschichten und Kriegshintergrund und verknüpft alles mit abenteuerlichen Wirren um die Führung einer Firma. Er erzählt ein bisschen von allem aber nichts richtig, was zwar gute Recherche dokumentiert aber nicht zwangläufig ein gutes Buch ausmacht.

    Ich bin sehr erstaunt über die vielen begeisterten Stimmen zu diesem Buch. Ich fand es ärgerlich, unausgegoren und prätentiös, mein erstes und mein letztes Buch dieses hochgelobten Autors.

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Das Orangenmädchen

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Isaac und das Ei: Roman

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Let's be bold: Roman (Be-Wild-Serie, Band 2)

Buchseite und Rezensionen zu 'Let's be bold: Roman (Be-Wild-Serie, Band 2)' von Nicole Böhm
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Let's be bold: Roman (Be-Wild-Serie, Band 2)"

Autor:
Format:Broschiert
Seiten:384
EAN:9783745703696
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Kontur eines Lebens: Roman

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Rezensionen zu "Kontur eines Lebens: Roman"

  1. 5
    30. Sep 2023 

    Eine ergreifende Geschichte

    Dies ist ein sehr anrührendes Leseerlebnis. Die Aufmachung ist sehr ästhetisch, vom Cover und dem schlichten, eleganten Titel bis hin zum Brief des Autors, den man mit dem Vorablese-Exemplar bekommt. Eine rundum gelungene und ansprechende Sache. Den Inhalt des Briefes fände ich für alle Leserinnen und Leser wichtig, vielleicht in einem Nachwort.

    Das Buch behandelt ein sehr ernstes Thema, von dem vor allem Frauen sehr tief und absolut existentiell betroffen waren. Umso erstaunlicher finde ich es, wie es dem männlichen Autor gelingt, die breite Palette an Emotionen glaubhaft zu vermitteln. Er hat einen sehr einfühlsamen Stil, so elegant wie die gesamte Erscheinung des Buches. Und immer wieder beschleicht einen das Gefühl einer biographischen Erzählung.
    Es gibt auch Passagen, die ich etwas zu ausgedehnt bzw. nicht unbedingt nötig fand, diese beeinträchtigen aber nicht die gute und ergreifende Erzählung. Die Figuren sind sehr gut und überzeugend dargestellt. Auch die verschiedenen Lebensphasen kommen überzeugend heraus. Ganz ergriffen hat mich der Beginn der Geschichte, in dem Frieda sich in einem Seniorenheim zurecht finden muss - das ist so feinsinnig beobachtet und beschrieben, dass es beklemmend wirkt und sehr nachdenklich stimmt über diese Lebensphase.
    Ein sehr spannend geschriebenes und wichtiges Buch.

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  1. Unvergessene kleine Fußsohlen

    Mit Louis hat Frieda (Ida) es immer ‚gutgehabt‘! Sie hatte sich das Leben mit Louis und ihrem Sohn Tobias ‚übergestülpt‘, damit sie eine schicksalhafte Phase ihres Lebens verdrängen konnte: die Zeit mit Otto und die ungewollte Schwangerschaft.

    Inzwischen ist aber Louis gestorben und die 81-jährige Frieda wohnt im Pflegeheim, nachdem die liebevolle Pflege durch ihren Mann weggefiel. Tobias und seine schwangere Frau Nadine haben sich um den Umzug gekümmert und Tobias nimmt seiner leicht störrischen Mutter auch sonst vieles ab. Und endlich stellt Ida sich ihrer Vergangenheit!

    Wir tauchen mit ihr ab in die 60er Jahre, ihrer Zeit als junge Erwachsene (21 Jahre), Floristin in einem Blumenladen und frisch verliebt in den verheirateten Lepidopterologen Otto. Doch trotz der damals zur Verfügung stehenden Verhütungsmittel wird Ida schwanger!

    Bei der Beschreibung, was dann folgte – an vorderster Stelle das streng katholische Elternhaus und ihr Arbeitgeber - stellten sich mir die Nackenhaare auf, auch wenn ich diese Zeit aus eigener Erfahrung kenne. Mir war allerdings nicht bewusst, dass in den Niederlanden die gleichen strengen und verlogenen Moralvorstellungen herrschten: eine unverheiratete, schwangere Frau (noch dazu von einem verheirateten Mann) war ein No-Go - das durfte es einfach nicht geben und ‚die Suppe hatte die ledige Schwangere auszulöffeln‘.

    Die Beschreibung der Geburt und des anschließenden Krankenhausaufenthalts empfand ich als besonders heftig und das Verhalten des Arztes und der Nonnen wühlte mich wahnsinnig auf! Ebenso jedoch auch die mangelnde Privatsphäre und Einschränkung der Selbstbestimmung im Pflegeheim!

    Der niederländische Autor Jaap Robben hat mir mit dieser schmerzvollen Geschichte (übersetzt von Birgit Erdmann) ein sehr intensives Leseerlebnis geschenkt, denn er beschreibt sowohl die Vergangenheit als auch die Gegenwart sehr einfühlsam. Es ist eines meiner Lesehighlights des Jahres 2023! Fazit: fünf hoch verdiente Sterne und eine riesengroße Leseempfehlung!

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  1. Eine intensive und ganz besondere Geschichte!

    Klappentext:

    „Die junge Floristin Frieda wächst in den Sechzigerjahren in einem streng katholischen Umfeld auf. Als sie an einem späten Winternachmittag einen zugefrorenen Fluss betritt, weiß sie nicht, dass sich gleich alles für sie verändern wird. Auf dem Eis trifft sie den verheirateten Otto. Sie erleben eine Liebe, die stürmisch beginnt und schicksalhaft endet: Frieda wird schwanger – ein Skandal in der Welt, in der sie sich bewegt. Und so darf sie ihrem heimlichen Kind nie Mutter sein. Jahrzehntelang behält sie die Erinnerungen an diese Episode ihres Lebens für sich. Doch die Trauer um das verlorene Kind bleibt, trotz der späteren Heirat, trotz des Sohns, den sie noch bekommt. Im Alter von einundachtzig Jahren ist Frieda plötzlich wieder allein. Der stille Kummer kehrt mit Wucht zurück. Erst da wagt sie, sich ihrer Geschichte zu stellen – und sie zu teilen.“

    Der junge Autor Jaap Robben hat die Geschichte „Die Kontur eines Lebens“ verfasst. Allein der Buchtitel zeigt genau dad auf, um was es hier in seiner Geschichte geht. Seine Hauptprotagonistin Frieda zeichnet er voller Gefühl und Emotionen ohne dabei zu kitschig bzw. zu geschwollen zu erscheinen. Wir dürfen die Hauptprotagonistin im hohen Alter kennenlernen und sehen dabei zu, wie sie ins Pflegeheim einziehen muss. Das Alter hat zu große Spuren hinterlassen, die sie nun selbst nicht mehr ohne Hilfe von außen eindämmen kann. Sie trägt seit Jahrzehnten ein Geheimnis im Herzen, welches wir bereits im Klappentext erlesen durften und dabei ahnen können, wo der Autor uns hin entführen wird. Friedas Einsamkeit im Pflegeheim lässt sie in in diese alten Wunden wieder abtauchen und sich auch der Frage nach der Ehrlichkeit, dem Schneid stellen, wann sie endlich die Wahrheit sagen solle bzw. ob sie sie überhaupt erzählen solle…Keine leichte und einfach Entscheidung. Robben geht dabei einerseits unspektakulär aber wiederum auch einfach nur bestmöglich vor Friedas Geschichte zu erzählen: Frieda nimmt uns Leser gekonnt an die Hand, wir dürfen der Geschichte folgen ohne dabei wertend zu sein (es war schließlich keiner von uns damals dabei um diese ganze Geschichte je beurteilen zu können!) und somit bleibt immer genügend Raum für eigene Gedanken.

    Friedas Erziehung bzw. ihr Aufwachsen in eben jenem katholischen Umfeld hat selbstredend Spuren hinterlassen aber wie bei allem und überall im Leben macht sie sich selbst dazu Gedanken, ein Bild von allem, und ihre Seele reift heran wie sich damit vereinbaren und wohlfühlen kann. Was dann aber sie Konsequenz mit ihrer Affäre rund um Otto zeigt, holt sie ihr Umfeld dennoch wie ein schwerer, feuchter und von Motten zerfressener Mantel wieder ein, der nur vor Kälte nötigst schützt aber er schützt. Seelisch ist es für Frieda alles andere als ein Schutz. Es wird ihr größter Kampf. Friedas Kind wird kein leichtes Schicksal ereilen…Als Leser hat man schwer zu kämpfen mit all den Entwicklungen rund um Frieda, Otto und ihren Sohn aber es gibt auch sehr witzige und humorvolle Momente die das Gesamtbild wahrlich rund zeichnen. All die „Erziehungsmethoden“ scheinen aus einen anderen Zeit aber es ist nunmal nicht zu verleugnen, solche Geschichten gab es definitiv! Jaap Robben hat hier sprachlich aber auch emotional ein sehr stimmiges Werk verfasst, welches eine spannende, mitfiebernde aber auch dennoch humorvolle Geschichte aufzeigt der man gerne folgt. 5 ausgezeichnete Sterne gibt es hier von mir!

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  1. Lange her und doch nicht vergessen

    Nach dem Tod ihres Mannes kann Frida Tendeloo nicht mehr alleine leben und zieht in ein Pflegeheim. Mit dieser Veränderung in ihrem Leben kommen auch Erinnerungen hoch, die Frida sehr beschäftigen. Sie denkt an ihren verheirateten Liebhaber Otto, mit dem sie ein Kind bekam, für das sie nie da sein durfte. Obwohl ihr Leben später in geordneten Bahnen verlief, waren da immer Trauer und Zorn. Ihr Geheimnis hat sie nie jemanden anvertraut, auch ihrem Mann nicht. Doch nun hat sie den Mut, sich ihrer Vergangenheit zu stellen.
    Dies ist ein sehr berührender Roman, der authentisch die Werte und Regeln der damaligen Zeit beleuchtet. Da ich selbst in der Zeit aufgewachsen bin, kenne ich auch diese Enge, in der die Regeln der Kirche, Anständigkeit und die Meinung anderer das Maß der Dinge waren. Wer unehelich schwanger wurde, war in Augen der Menschen und der Kirche unten durch. Selbst in den Familien fanden nicht verheiratete schwangere Frauen keinen Halt und keine Unterstützung. Auch Frida muss dieses Ausgestoßensein miterleben.
    Ich konnte Fridas Gefühle, ihre Trauer und Leiden gut nachvollziehen. Frida steht hier für so viele junge Frauen in jener Zeit. Was sie erlitten hat, ist kaum zu ertragen und ich kann nicht fassen, wie Menschen sich so verhalten können. Auf der einen Seite wird Nächstenliebe gepredigt, auf der anderen Seite wird ein Mensch aus der Gemeinschaft ausgestoßen, nur weil er sich nicht so verhalten hat, wie alle es erwarten. Doch Frida ist stark. Sie erträgt es und hat später noch ein Familienleben, auch wenn ich die Beziehung zu ihrem Sohn recht kühl finde.
    Ein toller und authentischer Roman, der mir unter die Haut gegangen ist. Empfehlenswert!

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Das Buch der vergessenen Artisten: Roman

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Der dunkle Sog des Meeres

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Die Dauer der Liebe: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Dauer der Liebe: Roman' von Sabine Gruber
5
5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Dauer der Liebe: Roman"

Die Übersetzerin Renata verliert jäh ihren Lebensgefährten und wird mit gänzlich unerwarteten Konflikten konfrontiert. Sie muss sich außerdem selbst ins Leben zurückkämpfen und die Frage beantworten, ob Konrad, ihr Partner, Geheimnisse vor ihr hatte? Sabine Grubers Roman Die Dauer der Liebe ist ein ergreifendes, gelegentlich zorniges und manchmal auch komisches Buch. Ein morgendliches Klopfen an der Tür zu ihrer Wiener Wohnung, die Übersetzerin Renata Spaziani öffnet, und die Nachricht, die ihr ein Polizist überbringt, ändert alles: Konrad Grasmann, mit dem sie die letzten fünfundzwanzig Jahre zusammengelebt hat, die Liebe ihres Lebens, ist, erst Anfang sechzig, schon am vorigen Tag auf einem Parkplatz gestorben. Seine Herkunftsfamilie war verständigt worden, Renata aber nicht. Und während sie den Schock des jähen Endes ihrer innigen Partnerschaft verkraften muss, Konrad am liebsten nachsterben will und sich doch ins Leben zurückkämpft, muss sie aushalten, dass Konrads Familie diese Partnerschaft nicht respektiert. Renata und Konrad waren nicht verheiratet, ihr Gefährte hat kein rechtsgültiges Testament hinterlassen. Renata wird doppelt beraubt ... Bei den Erinnerungen an Konrad, einem Architekten und Fotokünstler, bei den Aufräumarbeiten und Auseinandersetzungen mit seiner Familie stößt Renata auf Ungereimtheiten in seinem Leben. Hat er ihr etwas verschwiegen? Ihren Erlebnissen mit Konrad und seinen ästhetischen Vorlieben nachspürend und gestützt von ihren Freunden, fasst Renata allmählich wieder Fuß in einem Dasein, das sie nun neu, anders entwerfen muss. Wer soll dazu gehören? Ergreifend, poetisch und klug, gelegentlich zornig und auch komisch erzählt Sabine Gruber in «Die Dauer der Liebe» davon, wie es ist, ohne den anderen weiterleben zu müssen.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:251
Verlag: C.H.Beck
EAN:9783406806964
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Rezensionen zu "Die Dauer der Liebe: Roman"

  1. 5
    04. Jan 2024 

    Lebensechte Geschichte meisterhaft erzählt

    Eine unerwartete, schreckliche Nachricht unterbricht Renatas morgendliche Routine; an ihrer Wohnungstür steht ein Polizist, der sie über den plötzlichen Tod ihres Lebensgefährten Konrad informiert. Renata und Konrad lebten seit fünfundzwanzig Jahren zusammen, glücklich und immer noch ineinander verliebt.
    Von der schockierenden Nachricht erstarrt, will Renata sie nicht wahrhaben: „löscht das Gehörte in ihrem Kopf, vergisst gleichmäßig zu atmen“ (12)
    Der Verlustschmerz ist unermesslich, sie denkt dann an ihren eigenen Tod, würde gerne dem geliebten Konrad ins Jenseits folgen.

    „Wenn ich vor dir tot sein sollte, werde ich aus Sehnsucht nach dir im Jenseits noch einmal sterben.“ (27)

    Nur ihren engsten Freunden, die sie unterstützen, verdankt sie eine langsame Rückkehr ins Leben. Konrads Familie, besonders seine Mutter, hat sie nie respektiert, und als eine „unverheiratete Witwe“ - ohne ein rechtsgültiges Testament - hat sie auch kein Recht auf Konrads Hinterlassenschaft. Konrads Familie ist hier skrupellos, sie räumt alles im wahrsten Sinne des Wortes ab.
    Beim Aussortieren von Konrads Sachen entdeckt Renata Hinweise, die womöglich auf ein Geheimnis in seinem Leben deuten würden. Diese Entdeckung und die stetige Unterstützung ihrer Freunde geben ihr die Kraft der Sache nachzugehen und für die Klarheit zu sorgen. Und mit der Zeit, nach und nach, beginnt Renata ihr eigenes Leben neu zu gestalten.

    In ihrem ergreifenden Roman erzählt Sabine Gruber über den größten Verlust, den man im Leben erleiden kann. Es ist der Tod eines geliebten Menschen, ein Verlust, den man trotz aller Widersprüche erdulden und akzeptieren muss. Diese Erfahrung macht Renata, die ihren langjährigen, geliebten Lebenspartner plötzlich und völlig unerwartet verliert.
    Behutsam und voller Empathie erzählt sie über das schmerzliche Ereignis und Renatas Trauerbewältigung. Es bewegt und rührt oft zum Tränen, wie Renata mit ihrem Verlust umzugehen versucht; es macht zornig und wütend, wie Konrads Familie sie behandelt und beraubt.
    Interessant sind Renatas Recherchen nach dunklen Seiten in Konrads Leben, sowie die Versuche ihr Leben neu zu gestalten.
    „Die Dauer der Liebe“ ist eine sehr schön erzählte lebensechte Geschichte, die ich gerne gelesen habe.
    Wärmstens zu empfehlen!

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  1. Vom Trauern und Loslassen

    „Es klopft, Renata sitzt am offenen Fenster, die Platanenblätter versperren den Blick zum Kanal.“ (Erster Satz) Vor der Tür steht ein Polizist und teilt Renata mit, dass ihr geliebter Lebensgefährte Konrad plötzlich verstorben ist. Seit 25 Jahren waren die beiden ein Paar, allerdings ohne Trauschein – eine Entscheidung, die sich nun rächen soll, denn Konrad hatte keine Vorsorge für den Ernstfall getroffen, sein niedergeschriebenes Testament ist nicht rechtsgültig. Als wäre Renata nicht schon durch den schweren Verlust hart genug getroffen, drängt sich nun noch die Herkunftsfamilie des Verstorbenen massiv auf: Sie beansprucht nicht nur dessen materiellen Besitz, sondern missachtet auch seine Wünsche bezüglich Bestattung und letzter Verfügungen. „Sie lassen dich nicht mehr fort, sagt Renata zu Konrad. Sie behalten dich für immer dort, wo du nie begraben sein wolltest.“ (S. 65) Weder Renata noch ihre Trauer werden akzeptiert. Ohne Empathie oder Rücksicht formuliert man eigene Wahrheiten und will ihr sogar letzte Erinnerungen entreißen.

    Es ist bemerkenswert, wie tief sich die Autorin in diese trauernde Frau, in ihren Kummer und ihre schlaflosen Nächte, hineinversetzen und diese in einfühlsame Worte kleiden kann. Als Leser empfindet man diese Gefühle zwischen Schmerz, Zorn, Wut und Galgenhumor intensiv nach. Man ist zudem sprachlos angesichts der Pietät- und Gefühllosigkeit, der die Protagonistin andauernd ausgesetzt ist. Es ist vollkommen nachvollziehbar, dass Renata nach dem ersten Schock erst einmal mit sich selbst ins Reine kommen muss und sich nicht mit den habgierigen Angehörigen befassen kann. „Totschweigen ist Ruhe. Totschweigen ist Schonung. Der Schmerz ist schon groß genug.“ (S. 181)

    Mit Hilfe ihres engen Freundeskreises taucht Renata aus dem Tal der Trauer auf, ganz langsam begibt sie sich wieder ans Licht und wendet sich dem Leben zu. Dabei erinnert sie sich auch an gemeinsame Reisen und Unternehmungen, die sie oft nach Italien geführt haben. Konrad war Architekt und Fotokünstler, der sich insbesondere mit faschistischer Architektur beschäftigt hat, über die man im Roman einiges erfährt. Mit gewonnenem Abstand ist es Renata endlich möglich, den künstlerischen Nachlass zu sortieren. Dabei stößt sie auf Notizen, die sie misstrauisch machen, die möglicherweise etwas freilegen, das Konrad vor ihr geheim gehalten hat… „Verlassenschaften führen die Hinterbliebenen auf Spuren, denen sie besser nie gefolgt wären.“ (S.62) Renata stellt sich dieser emotionalen Herausforderung.

    Sabine Gruber ist eine Sprachvirtuosin. Ihr Text verfügt über wunderschöne poetische Bilder. Er ist facettenreich gestaltet, zahlreiche Formulierungen haben mich in ihrer Tiefenschärfe und Ausdruckskraft berührt und begeistert. Die Autorin nähert sich ihrer Hauptfigur mit großem Respekt und psychologischem Einfühlungsvermögen, wodurch man die verschiedenen Stimmungen im Rahmen der Trauerarbeit sehr intensiv nachempfinden kann. Die ernste Thematik wirkt trotzdem zu keinem Zeitpunkt niederdrückend oder deprimierend. Sowohl die Entwicklung der Hauptfigur als auch die nebengelagerten Handlungsfäden rund um Konrad und seine Familie bringen die Geschichte voran. Man liest den Roman mit latenter Spannung.

    Für mich war dieses Buch ein Highlight. Man spürt, dass die Autorin bereits persönliche Erfahrungen mit Verlust und Tod hat machen müssen, sonst wäre der hohe Grad an Authentizität möglicherweise nicht zu erreichen gewesen. Etwas stören tut mich die alte Deutsche Rechtschreibung, die sich nach rund 25 Jahren allmählich überholt haben sollte.

    Ansonsten aber bin ich sehr begeistert und spreche eine riesige Leseempfehlung für „Die Dauer der Liebe“ aus, einem Roman von Tod und Trauer, aber ebenso vom Loslassen und Weiterleben. Ein Buch mit Tiefe, das einen zum Nachdenken bringt über die Dinge, die wirklich wichtig sind im Leben. Vielleicht kann dieses Buch sogar Trost spenden. Ein großer Wurf!

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Die Leuchtturmwärter: Roman

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Rezensionen zu "Die Leuchtturmwärter: Roman"

  1. Das Verschwinden der Leuchtturmwärter

    Cover:
    ---
    Das Cover wirkt schlicht in seinem Dunkelblau und dennoch wirkt die Zeichnung des Leuchtturms im tosenden Meer sehr eindringlich und mythisch. Es zieht den Leser auf magische Weise an, das Buch in die Hand zu nehmen.

    Inhalt:
    ---
    Im Dezember 1900 verschwanden drei Wärter von einem abgelegenen Leuchtturm auf der Insel Eilean Mòr in den Äußeren Hebriden. Was genau passiert ist, weiß bis heute niemand. Aus dieser Geschichte entstanden bereits Romane und auch ein Film. Emma Stonex hat diese Geschichte als Vorlage für eine neue Handlung genutzt, die zwar von diesem Ereignis inspiriert, aber eine fiktionale Geschichte ist, die im Jahr 1972 stattfindet und keine Ähnlichkeit mit dem Leben und der Persönlichkeit der Personen aus der Ursprungsgeschichte hat. In diesem Roman haben die drei Männer Arthur, Bill und Vincent gemeinsam Wache. Als die Ablösung für einen der drei eintrifft, ist die Tür jedoch von innen verschlossen, beim Eindringen in den Leuchtturm ist kein Mensch anwesend und alle Uhren sind um Viertel vor Neun stehen geblieben. Was ist mit den Männern geschehen? 20 Jahre später versucht ein Schriftsteller durch Interviews mit Menschen, die diese Männer kannten, vor allem mit den drei Frauen der Männer, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

    Mein Eindruck:
    ---
    Der Aufbau des Romans erscheint anfangs sehr verworren. Die Geschichte spielt im Wesentlichen auf den beiden Zeitebenen 1972, in dem die Männer verschwanden und 1992, dem Jahr, in dem der Schriftsteller sich auf Spurensuche begibt. Zudem Wechseln die Perspektiven der Personen innerhalb einer Zeitebene. Nach und nach erfährt der Leser durch die Interviews und Erinnerungen sowie die Erzählungen im Jahr des Verschwindens mehr über die einzelnen Protagonisten und ihre Beziehungen zueinander. Helen ist schon lange mit Arthur Black verheiratet, der sich mittlerweile zum Oberwärter hochgearbeitet hat. Die beiden haben keine Kinder, doch in ihrer Ehe gibt es ein schweres Geheimnis, dass die beiden mehr und mehr auseinanderbringt. Arthurs Freund und Wärter William "Bill" Walker hat mit seiner Frau Jenny drei Kinder, doch glücklich ist vor allem Bill nicht in der Beziehung. Hilfswärter Vincent Bourne ist frisch verliebt und kann sich, obwohl er eine dunkle Vergangenheit hat, eine gute Zukunft mit seiner Freundin Michelle vorstellen.
    Durch die Wechselschicht der drei Männer und die erzwungene Gemeinschaft der an Land zurückbleibenden Frauen entwickeln sich ihre Beziehungen zueinander in einer gewissen Eigendynamik. Jeder hat seine (dunklen) Geheimnisse, die durch die Interviews mit dem Schriftsteller schrittweise gelüftet werden. Nicht zuletzt wird am Ende auch der Schriftsteller selbst "enttarnt". Der Roman spielt mit der Tatsache, dass jeder seine eigenen Wahrheiten hat bzw. eine Geschichte immer aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden kann. Dadurch hat das Buch für mich einen richtigen Sog entwickelt, ich konnte es kaum aus der Hand legen. Verstärkt wurde dieser Sog-Effekt auch durch die fast poetische Sprache, die dem Leser viele Denkanstöße liefert.

    S. 161 [Helen] "Mein Mann ist tot, aber ich nicht. Auch Jenny nicht. Und was uns miteinander verbindet, ist nicht tot, es lebt, und wenn das so ist, kann es sich ändern, es kann wachsen, es kann einen Ausweg finden. Von Tod und Verlust habe ich genug, ich will das nicht mehr. Ich habe Ihnen letztes Mal vom Garten erzählt. Davon, dass das Leben wieder und wieder aus der Kälte zurückkehrt. Das ist es, worauf ich hoffe. Das ist es, was ich will."

    Liebe, Verlust, Trauer, Vergeben können und nach vorne sehen, das sind die wichtigen Themen dieses Romans, eingewoben in die spannende Ergründung von persönlichen Geheimnissen und Wissen zur Arbeit von Leuchtturmwärtern.
    Zugegebenermaßen ist ein konzentriertes Lesen erforderlich, um den Durchblick zu behalten, auch wenn durch Überschriften die Zeit- und Personenebenen klar voneinander abgetrennt sind. Doch es lohnt sich auf jeden Fall!

    Fazit:
    ---
    Ein spannender und poetisch geschriebener Roman über das Leben von Leuchtturmwärtern und der Frage, wie viele Wahrheiten eine Geschichte haben kann

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  1. Im Meer der Einsamkeit

    Cornwall, Ende Dezember 1972: Von einem einsamen Leuchtturm verschwinden in einer Nacht drei Männer. Der Tisch ist gedeckt, die Uhren sind zur selben Zeit stehen geblieben, die Tür von innen verschlossen. Was ist in dieser Nacht passiert mit den drei Leuchtturmwärtern Arthur, Bill und Vince? Und wie gehen die Frauen mit diesem Verlust um? 20 Jahre später entschließt sich Romanautor Dan Sharp, mit einem Buch Licht ins Dunkel zu bringen.

    Emma Stonex' "Die Leuchtturmwärter" ist gerade in atmosphärischer Hinsicht ein wirklich guter Roman geworden. Das Buch wechselt in Abschnitten zwischen den Jahren 1972 und 1992 hin und her, wobei vor allem die Passagen auf dem Leuchtturm überzeugen. Die Einsamkeit der Männer, ihre Ängste und Zweifel, aber auch die sich androhenden Konflikte - das erzählt Emma Stonex in rauer, aber dennoch poetischer Sprache. Die Umgebung des wilden Meeres, die Begegnungen mit Tieren und die zunehmend aufkommenden Zweifel am Verstand der Männer sind grandios dargestellt und wagen sich teilweise ins Gefilde der klassischen Schauergeschichte vor.

    Die Interviews, die Dan Sharp 20 Jahre später mit den Frauen führt, sind wahrlich nicht uninteressant, können aber mit der literarischen Qualität der 1972er-Passagen nicht ganz mithalten. Auch die Frauenfiguren schienen mir nicht so greifbar, was auch daran liegen könnte, dass sie über weite Strecken immer nur Andeutungen machen - einerseits, um sich ihre Geheimnisse zu bewahren, andererseits um das Interesse der Leser:innen nicht schwinden zu lassen. Stonex setzt dies zwar fast erschöpfend ein, was mich allerdings nicht wirklich störte, da im Verbund mit den Leuchtturm-Passagen so ein wirklich rätselhafter Sog entsteht.

    Auch formal hat mich "Die Leuchtturmwärter" überzeugt: die Interviews, die in Monologform dargestellt werden, die Gedanken der Leuchtturmwärter, eine Prise Poesie, Briefe, Verhörprotokolle - Stonex findet eine abwechslungsreiche und aufregende Mischung.

    Leider war das Finale für mich jedoch eine herbe Enttäuschung. Die Auflösung, auf die ich verständlicherweise nicht näher eingehen kann, wirkt konstruiert und wie ein Verrat an den Figuren. Fast schien es mir so, als würde Stonex hier stark auf das Wohlgefallen der Leser:innen hoffen. Im "Schlusspunkt" genannten letzten Kapitel wird es gar so kitschig, dass ich mich wie im Cornwall einer anderen großen britischen Schriftstellerin fühlte. Zudem gibt es im Hinblick auf Autor Dan Sharp noch eine Enthüllung, auf die lange hingearbeitet wird, aber letztlich wahnsinnig unspektakulär ist.

    Insgesamt habe ich die Lektüre des Buches sehr genossen, so dass ich das in meinen Augen misslungene Ende umso ärgerlicher fand. Trotzdem ist "Die Leuchtturmwärter" eine lohnenswerte Lektüre - auch für Menschen, die wie Emma Stonex und ich schon immer fasziniert von Leuchttürmen waren.

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  1. 3
    27. Aug 2021 

    Das letzte Geheimnis

    Im Jahr 1972 verschwinden drei Leuchtturmwärter vor der englischen Küste spurlos. Es sieht so auch als sei der Leuchtturm eben verlassen worden. Die Ehefrauen der Wärter sind schockiert und die Chefs entsetzt. Der Leuchtturm steht zwar komplett in der See und ist damit schwer zugänglich, aber er ist doch sicher. Die drei Männer bleiben unauffindbar und die Frauen bleiben zurück, einigermaßen abgesichert durch den Arbeitgeber der Männer. Zwanzig Jahre später beginnt ein Schriftsteller, in der Sache von Neuem nachzuforschen. Er beginnt mit den ehemaligen Beteiligten zu reden, wobei er besonders den Frauen das Wort gönnt.

    Auf den beiden Zeitebenen 1972 und 1992 ist die Handlung dieses Romans angesiedelt. Jenny, Hanna und Michelle müssen mit dem Verlust ihrer Männer leben. Der Schock und die Trauer bleiben bestimmend für die Hinterbliebenen. Auch zwanzig Jahre später sind die Ereignisse so gegenwärtig als seien sie gerade erst geschehen. Vielleicht liegt es daran, dass das Verschwinden ihrer Männer nie richtig aufgeklärt wurde. Natürlich ist das Leben irgendwie weitergegangen, aber es ist doch eine späte Genugtuung, dass sie jetzt ihre Gedanken mit dem fremden Autor teilen können. Was hat den Schriftsteller dazu bewogen, sich gerade dieses Themas anzunehmen?

    Vage auf einem wahren Geschehen beruhend ist die Idee zu diesem Roman sehr spannend und dramatisch. Wie ergeht es Menschen, die nach einem solchen Ereignis, dass keinen richtigen Abschluss hat. Gedanken nach dem wirklichen Geschehen, die nie vergehen. Nach langer Zeit ein Ansatz, ein Versuch zu einer späten Klärung zu kommen. Leider jedoch ist besonders der Beginn des Romans etwas langatmig, für einen Familienroman zu distanziert, für einen Kriminalroman nicht so packend. Gefühlt erst nach der Hälfte wird es fesselnder, weil sich ein paar neue Informationen ergeben. Wegen der durchgängigen Berichte auf beiden Zeitebenen und der kürzeren Kapitel beginnt man die Dramatik des Geschehens nachzuempfinden. Was ist die Wahrheit, was glauben die Überlebenden. Können sie sich schließlich doch noch arrangieren? Eine Idee, die neugierig macht und die bald in einem spannenden Roman mündet.

    3,5 Sterne

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  1. Das Meer mit all seiner Kraft

    Emma Stonex orientiert sich bei ihrem Debüt-Roman auf eine wahre Geschichte, die sich im Jahr 1900 auf dem Flannan Isles Leuchtturm zugetragen hatte, nämlich, dass die damaligen Leuchtturmwärter auf rätselhafte Weise verschwunden waren. Emma Stonex Geschichte ist aber dennoch fiktiv, sie hat sich lediglich von der alten Geschichte inspirieren lassen.

    1972: Drei Leuchtturmwärter vom Maiden Rock Leuchtturm (im Internet findet man übrigens spektakuläre Fotos) verschwinden spurlos. Die schwere Zutrittstüre des Leuchtturms ist von innen verschlossen, zwei Uhren sind auf die Sekunde genau, zur gleichen Zeit stehengeblieben. Was genau ist mit den Personen in der maritimen Abgeschiedenheit geschehen? Natürlich ist dieses unglaubliche Szenario ein Nährboden für etwaige Verschwörungstheorien.

    1992: 20 Jahre sind seit dem Unglück vergangen. Ein Autor interessiert sich für das Verschwinden der Männer und im Zuge seiner Recherchen interviewt er die hinterbliebenen Frauen der Wärter. Jede der Frauen stand damals in einer anderen Lebensphase, somit entstehen die unterschiedlichsten Blickwinkel auf die damalige Zeit und auf das Verschwinden der Männer, auch weil jede der Frauen anders mit der eigenen Trauer und dem Verlust ihres Lebensgefährten in den letzten Jahren umgegangen ist. Logbucheinträge, sowie offizielle Schreiben der Leuchtturmgesellschaft, runden die Erzählung ab, sodass man der Lösung Schritt für Schritt näher kommt.

    Emma Stonex hat sich sehr viel Mühe mit ihren Charakteren gemacht. Man lernt die Frauen, aber auch die Männer, nach und nach kennen. Als Leser verfolgt man deren Lebenswege und entdeckt die feinen Verstrickungen die von der Autorin geschickt platziert wurden, sodass ein feines Netz um die Erzählung gesponnen wurde.

    Interessant empfand ich an diesem Roman die Art und Weise wie er geschrieben wurde. Der ständige Wechsel zwischen den unterschiedlichen Erzählformen ist zwar manchmal etwas verwirrend aber lockert die Geschichte auf. Die Geschichten der Männer haben mich etwas mehr angesprochen, ich konnte mir dadurch die Arbeit, aber vor allem die psychische Belastung auf einem Leuchtturm sehr gut vorstellen. Die Einsamkeit auf nur wenigen Quadratmetern auf offener See ohne Privatsphäre muss erdrückend gewesen sein. Auch die Interviews des Autors fand ich sehr gut gelungen. Diese lesen sich mehr wie ein Monolog, da man die Fragen des Autors nicht zu lesen bekommt, aber man hat dennoch eine sehr gute Vorstellung des Gespräches.

    Das Meer mit all seiner Kraft ist ein wichtiger Bestandteil dieser Geschichte. Emma Stonex macht es bis zum Schluss spannend, tatsächlich hatte ich bis zum Ende keine Vorstellung was mit den Männern geschehen sein könnte. Starke Gefühle, tolle Figuren, interessante Dialoge bzw. Monologe sowie ein ruhiger Aufbau mit leisen Tönen, lässt einen in die Geschichte eintauchen. Leider wurden aus meiner Sicht nicht alle Fragen lückenlos aufgeklärt, ein Puzzle wie dieses hätte vielleicht eine klarere Auflösung verdient.

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  1. Was damals wirklich geschah...

    Das schlichte Cover und der Klappentext hatten so etwas Magisches an sich, dass meine Neugier geweckt war.

    In der Geschichte geht es um ein Mysterium, denn vor 20 Jahren, genau gesagt 1972, verschwanden in der Silvesternacht drei Leuchtturmwärter spurlos von ihrem Turm. Seitdem wurde keiner von ihnen mehr gesehen. Was ist damals tatsächlich geschehen?

    Das Besondere an dem Roman ist, dass wir als Leser in unterschiedlichen Zeiten bei unterschiedlichen Figuren wandeln. 1972 sind wir auf dem Leuchtturm auf dem Meer bei den drei Wärtern. 1992 sind wir bei deren Frauen an Land, die nun ohne ihre Männer klar kommen müssen. Durch diese Perspektivwahl hat der Leser immer mehr Wissen als die Figuren selbst und man würde am liebsten den ein oder anderen Protagonisten schütteln, um ihn auf die richtige Spur zu bringen.

    Von den Figuren ist jeder für sich speziell, weshalb ich keinen besonderen Liebling habe. Ich muss jedoch gestehen, dass ich lieber vom Leben auf dem Turm gelesen habe und wie die Männer mit der Enge und der Einsamkeit umgehen.

    Der Schreibstil der Autorin ist angenehm zu lesen und ich mochte ihre sprachlichen Bilder sehr. Wenn das Meer schmatzt und schlürft, dann weiß man wie es sich gibt.

    Etwas verwirrt hat mich, dass sich das Geheimnis um die Männer ganze 300 Seiten aufbaut und man fürchtet, dass es zu keiner Auflösung kommen wird, denn es werden so viele Gerüchte gestreut und mystische Ereignisse thematisiert, dass man bald nicht mehr weiß was eingebildet und was wahr sein könnte.

    Die Auflösung kommt dann Knall auf Fall und überrollt den Leser. Der Schluss ist durchaus schlüssig und nachvollziehbar, ich hatte dennoch einen größeren Showdown erwartet.

    Fazit: Ein Roman, der zu fesseln weiß und mich gut unterhalten hat. Gern spreche ich eine Empfehlung aus. Gelungen!

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  1. Zu viel Spökenkiekerei

    Klappentext:

    „In der Silvesternacht verschwinden vor der Küste Cornwalls drei Männer spurlos von einem Leuchtturm. Die Tür ist von innen verschlossen. Der zum Abendessen gedeckte Tisch unberührt. Die Uhren sind stehen geblieben.

    Zurück bleiben drei Frauen, die auch zwei Jahrzehnte später von dem rätselhaften Geschehen verfolgt werden. Die Tragödie hätte Helen, Jenny und Michelle zusammenbringen sollen, hat sie aber auseinandergerissen. Als sie zum ersten Mal ihre Seite der Geschichte erzählen, kommt ein Leben voller Entbehrungen zutage – des monatelangen Getrenntseins, des Sehnens und Hoffens. Und je tiefer sie hinabtauchen, desto dichter wird das Geflecht aus Geheimnissen und Lügen, Realität und Einbildung.“

    Emma Stonex hat den Roman „Die Leuchtturmwärter“ verfasst. Sie schafft es, das Feeling des Meeres gerade zu Beginn des Buches sehr gekonnt und authentisch einzufangen. Ihre Beschreibungen gehen unter die Haut, ebenso die Beschreibungen ihrer Charaktere. Egal ob die Wärter oder deren Partnerinnen - wir lernen sie alle kennen und werden so zu einem gewissen Teil der Geschichte. Stonex hat dabei einen besonderen Schreibstil: wenn jeder der Darsteller seine Geschichte erzählt, muss man genau lesen und auf viele Parts achten, um nicht den Faden zu verlieren oder gar wichtige Details zu überlesen. Hier öffnen sich Seelen und der aufmerksame Leser wird hier in gewisser Weise belohnt, wenn er die Chance nutzt und diese analysiert. Die Sichtweisen der Herren und der Damen zu erlesen war recht interessant und gestaltet sich für analytische Leser als Leckerbissen. Hier sind die Seelen geschunden und das rein nur vom Meer, vom Leuchtturm und von dem kargen, einsamen Leben. Man muss am Meer mit dem Meer leben, sonst ist man verloren….

    Wie viele wissen, lese ich gern zwischen den Zeilen und so ist auch hier und da etwas zu finden, das die Geschichte besonders macht. Aber ab der Mitte des Buches verläuft sich aber meine Begeisterung im Sande, denn Stonex schweift mir dann einfach zu sehr ins Fantasy-Milieu ab und versucht den Leser bewusst unbewusst hinters Licht zu führen und eigentlich tut es der Geschichte gar nicht nötig, denn jeder realistische Leser, ahnt, was damals wie passiert sein könnte/muss. Hier an der Küste würden wir von Spökenkiekerei sprechen… Man wartet auf die Auflösung des Verschwindens und erhält ein Ende, das sich die Autorin lieber gespart hätte. Hier quillt leider der Kitsch heraus und die Gischt des Meeres vernebelt dem Leser die Sicht. Es gibt hier und da ein paar bildhafte Punkte, die man der nautischen Mystik zuordnen kann, wenn man sich damit auskennt. Wer dies nicht tut, wird für immer ein offenes Ende haben und unbefriedigt zurück bleiben. Dass sich dann die „verhassten“ Damen….egal…das wäre gespoilert um hier weiter ins Detail zu gehen. Schlussendlich hat mir persönlich das Ende die komplette Geschichte etwas verhagelt. Ich vergebe gute 3 von 5 Sterne, aber mehr werden es definitiv nicht.

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Die Bücherjägerin: Roman

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Rezensionen zu "Die Bücherjägerin: Roman"

  1. Ein Wohlfühlbuch

    Nach dem Tod ihrer Eltern leben die beiden Geschwister Sarah und Milena bei ihrer Tante Amalia in Köln. Amalia nimmt sich ihren Nichten an und geht liebevoll, vor allem auf Sarahs Eigenarten ein. Später als die beiden bereits erwachsen sind, wird Sarah ebenfalls Restauratorin von alten Büchern und arbeitet mit ihrer Tante zusammen.
    Als Amalia plötzlich stirbt bleibt die junge Frau mit Amalias Schildkröten und einer Menge ausstehender Zahlungen alleine in der Villa zurück. Bis ein junger Mann an ihrer Tür klingelt und sie bittet, ihr bei der Suche nach einer verschollenen und sehr alten römischen Karte zu helfen. Anscheinend hatte ihre Tante bereits eine heiße Spur. Gemeinsam machen sich die beiden auf die Suche voller Abenteuer.

    Elisabeth Beer gelingt mit ihrem Debüt ein gelungener Auftakt. Als Leser ist man sogleich im Geschehen und an Sarahs Seite. Eine lange Einführung spart sich die Autorin. Die Geschichte nimmt zügig Fahrt auf, Geschehnisse aus der Vergangenheit, die bedeutend für die aktuelle Situation sind, werden mit in die Handlung eingebaut. So erklären sich die Zusammenhänge nach und nach von selbst. Das hat mir gut gefallen.
    Schwierigen Themen wie der Tod eines geliebten Menschen, einen Platz im Leben bzw. in der Gesellschaft finden oder zu sich selbst als Person zu stehen, nähert sich Elisabeth Beer respektvoll und mit Bedacht. Manche Passagen gehen wirklich zu Herzen, doch bevor die Schilderungen drohen ins Sentimentale abzurutschen, fließt die Geschichte weiter.
    Auch die Charaktere gewinnen schnell die Herzen der Leserschaft. Es macht Spaß mit ihnen in die Handlung einzutauchen und mit ihnen auf Schatzsuche zu gehen.
    Der Roman ist ein absolutes Wohlfühlbuch, bei dem man nicht rechnen muss plötzlich mit etwas sehr Unangenehmen konfrontiert zu werden. Das einzige Manko ist, dass die Handlung stellenweise vor sich hin plätschert. Wenn man dann nicht aufpasst und sich konzentriert, verpasst man den Anschluss.

    Fazit:
    Eine Geschichte wie eine kuschelige Decke an kalten Regentagen. Reinkuscheln und entspannen.

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  1. Spannendes Lesevergnügen

    „Die Sache mit alten Landkarten ist, dass sie einen in die Irre führen. Die Sache mit der Kartografie insgesamt ist, dass sie die Dinge in einem Maßstab darstellt, der natürlich nicht der Realität entspricht.“ (Zitat Pos. 29)

    Inhalt
    Sarah ist beinahe zehn Jahre alt, ihre Schwester Milena sieben, als ihre Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommen. Sie wachsen bei Amalia von Richtershofen, der Schwester ihrer Mutter, in einer Villa bei Köln auf, mit einem Garten, groß wie ein Park. Tante Amalia ist eine Bücherjägerin und Kartensammlerin und Sarah teilt ihre Liebe zu Büchern. Heute ist Sarah ebenfalls eine Bücherjägerin, Kartensammlerin und Restauratorin von alten Büchern und Dokumenten. Seit dem Tod von Tante Amalia vor sechs Monaten lebt sie zurückgezogen allein in der Villa, umgeben von Büchern. Bis eines Tages nicht der Postbote an der Tür klingelt, sondern Benjamin Ballantyne, Wissenschaftler und Bibliothekar der British Library in London. Kurz vor ihrem Tod hatte Amalia die Britische Bibliothek kontaktiert, es ging um das seit Jahrhunderten verlorene erste Segment der Tabula Peutingeriana. Ben kann Sarah überreden, ihm bei der Suche zu helfen. Der Weg führt sie zu einem Weingut in der Champagne, nach London, und zu einem Landsitz in Essex.

    Thema und Genre
    In diesem Roman geht es um alte Bücher und besonders um die Suche nach dem ersten Segment der insgesamt zwölf Segmente umfassenden mittelalterlichen Kopie einer ursprünglich spätrömischen Straßenkarte, um Verlust, Trauer, aber auch um die vielen Facetten und Probleme zwischenmenschlicher Beziehungen.

    Charaktere
    In der Familie galt Amalia als schwierig und exzentrisch, doch nun ist sie Mutter und Familie für ihre beiden Nichten. Ihr Satz „Das kriegen wir schon hin“ bleibt in all den Jahren eine sichere Konstante zwischen Amalia, Sarah und Milena. Nicht erst seit dem Verlust ihrer Tante Amalia zieht sich Sarah in die magische Welt der Bücher zurück, das tat sie schon immer, wenn ihr das reale Leben, die Menschen und die Umgebung zu laut wurden. Als sie auf den Engländer Ben trifft, der Deutsch spricht, als hätte er die Sprache mit Goethe und Schiller gelernt, merkt sie rasch, dass er sie so respektiert, wie sie ist.

    Erzählform und Sprache
    Sarah erzählt die Geschichte dieser Schatzsuche und gleichzeitig auch die Geschichte ihres bisherigen Lebens, daher ist der Roman in der Ich-Form geschrieben. Die Recherchen und die Reise auf den Spuren von diesem besonderen historischen Artefakt werden chronologisch geschildert. „Eine Karte also voller Abenteuer und Geschichten, deren verlorener erster Teil definitiv einige Umstände und eine plötzliche Reise wert ist.“ (Zitat Pos. 710). Ergänzt werden die aktuellen Ereignisse durch viele Rückblicke in Form von Sarahs Erinnerungen an prägende Erlebnisse ihrer Jugend, und vor allem an ihre Tante Amalia. Als sie den wenigen, kryptischen Notizen von Amalia folgen, tauchen sie auch in deren Vergangenheit ein. Die Sprache ist einfühlsam, humorvoll und angenehm zu lesen.

    Fazit
    Eine interessante, spannende Suche nach einem wertvollen alten Dokument, dazu sympathische Charaktere, dies ergibt in Summe eine rundum gelungene Geschichte, Lesevergnügen garantiert.

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