Krüppelpassion: oder Vom Gehen (Gegenwarten)

Buchseite und Rezensionen zu 'Krüppelpassion: oder Vom Gehen (Gegenwarten)' von Jan Kuhlbrodt

Inhaltsangabe zu "Krüppelpassion: oder Vom Gehen (Gegenwarten)"

Diskussionen zu "Krüppelpassion: oder Vom Gehen (Gegenwarten)"

Format:Taschenbuch
Seiten:240
Verlag: Gans Verlag
EAN:9783946392347
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Dämmerung

Buchseite und Rezensionen zu 'Dämmerung' von Michael Kleeberg

Inhaltsangabe zu "Dämmerung"

Karlmann will’s noch mal wissen. Obwohl in die Jahre gekommen, zählt er sich) keineswegs zum alten Eisen. Jetzt, zu seinem 60sten, lädt er zur großen Sause. Und er zieht Zwischenbilanz, wie eh und je mit süffisantem Eigensinn, frei von Sentimentalität und nach wie vor nicht willens, klein beizugeben. Das, was sich für ihn wie eine zweite Jugend anfühlt, ist vom Gedanken an Unwiederbringliches überschattet. Doch gegen die Übermacht der Gefühle hat Charly Renn sich schon immer zu wappnen gewusst. Das ist auch bitter nötig. Denn sein Selbstbild wird nicht nur in der Corona-Zeit auf eine harte Probe gestellt, sondern auch in der des Abschiednehmens vom sterbenden Vater und in der Konfrontation mit den eigenen Kindern, die längst ihre eigenen Wege gehen. So nimmt er ein letztes Projekt in Angriff, eins, das ihm noch einmal all seine Steherqualitäten abverlangt. In einer Hamburger Kultureinrichtung wird er zum Aktivisten wider Willen, nur um am Ende festzustellen, dass eine neue, eine völlig andere Zeit angebrochen ist, die nicht mehr viel mit ihm zu tun hat. Im dritten und letzten Teil der »Karlmann«-Trilogie, die viele Jahrzehnte bundesrepublikanischer Gesellschaft erzählt, zeigt Michael Kleeberg seinen Protagonisten nun im reizvollen Licht der Dämmerung.

Diskussionen zu "Krüppelpassion: oder Vom Gehen (Gegenwarten)"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:480
EAN:9783328600114
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Knochenjob

Buchseite und Rezensionen zu 'Knochenjob' von Sarah Adler

Inhaltsangabe zu "Knochenjob"

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Autor:
Format:Kindle Ausgabe
Seiten:305
EAN:
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Niemehrzeit

Buchseite und Rezensionen zu 'Niemehrzeit' von Christian Dittloff
5
5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Niemehrzeit"

Diskussionen zu "Krüppelpassion: oder Vom Gehen (Gegenwarten)"

Format:Kindle Ausgabe
Seiten:220
EAN:
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Rezensionen zu "Niemehrzeit"

  1. Der Tod gehört zum Leben dazu...

    Ich gebe es ungern zu, aber auf dieses Buch bin ich nur durch Social Media gestoßen. Und ja ich bin sehr dankbar dafür.

    Der Autor Christian Dittloff hat kurz hintereinander Vater und Mutter verloren und schildert in diesem Werk seine Erlebnisse mit den Eltern, seine Trauer und wie es ist plötzlich "allein" zu sein.

    Das Besondere ist in jedem Fall, dass man selbst sofort zu grübeln beginnt und wie sehr es einen selbst treffen würde, wenn die eigenen Eltern nicht mehr wären.

    Ich fand spannend, dass ich bei der Lektüre auch immer mehr das Gefühl hatte meine Eltern wirklich nur zu kennen ab dem Zeitpunkt als es mich gab, aber das Davor einfach nur Rauchschwaden sind, die ich nur erahnen, aber nicht sehen kann.

    Das Geschriebene ist traurig, lustig, mitnehmend, unterhaltsam und einfach so real, dass man jedes Wort glaubt, denn ab einem gewissen Alter hat wohl jeder schon mal Schlimmes erlebt und einen liebgewonnen Menschen verloren. Man fühlt mit und kann sich sehr gut einfühlen.

    Für mich definitiv ein besonderes Buch mit Tiefgang, welches nicht jede Durchschnittsbuchhandlung oder Buchkette auf Vorrat liegen hat.

    Fazit: Ein Werk, das in mir noch lange nachklingen wird. Ich kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen. Klasse!

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  1. Von Tod, Trauer und Trost

    2018 sterben innerhalb von vier Monaten die Eltern des Autoren. Wie überlebt man solche Schicksalsschläge, wie geht man mit ihnen um? Darüber schreibt Christian Dittloff in seinem Buch "Niemehrzeit".

    Es ist ein in jeder Hinsicht bemerkenswertes Buch geworden: bemerkenswert ehrlich, bemerkenswert persönlich, bemerkenswert berührend - und bemerkenswert tröstlich. Denn der Autor lässt die Leser:innen unmittelbar teilhaben an seiner Trauer, aber auch an den Erinnerungen, der Liebe und Freude. Dabei schafft es Dittloff, dass sein Text von einer Melancholie und Nostalgie untermalt ist, die dennoch nie kitschig wirkt.

    Der Sprachstil ist zugänglich, angemessen, manchmal poetisch und verursachte bei mir in sehr vielen Momenten eine Gänsehaut. Gerade wenn man selbst seine Eltern verloren hat, ist dieses Buch ein hilfreicher und liebenswerter Begleiter. Denn so wie Christian Dittloff seinen Trost im Schreiben und Lesen sucht und findet, so erlebt man als betroffener Leser diesen unmittelbar in "Niemehrzeit" selbst.

    Dittloff ist ein sensibler und empathischer Erzähler, der sich nicht in den Vordergrund drängt, obwohl es seine so persönliche Geschichte ist. Er selbst sagt gegen Ende des Buches, es gehe ihm nicht um Mitleid, doch dieser Verdacht keimt ohnehin zu keiner Zeit auf.

    Es sind gerade die kleinen Momente, die mit ihrer Unmittelbarkeit anrühren. Wenn der Autor sich auf die Suche nach alten Fahrplänen begibt, um nachvollziehen zu können, in welcher S-Bahn sich seine Eltern wohl kennengelernt haben. Wenn er die Fernsehzeitung seiner Mutter durchstöbert, um zu begreifen, welche Sendung sie sich wohl vor ihrem Tod angesehen haben könnte. Oder wenn er eine "Faktenliste" über seinen Vater erstellt und dabei im ersten Punkt fast lapidar feststellt: "Mein Vater war lieb."

    So ist "Niemehrzeit" ein insgesamt beeindruckendes Buch, dessen mehrfache Lektüre zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Lebens sicherlich lohnenswert ist. Für mich persönlich war es eine wichtige Lektüre, die lange nachwirkt und der ich viele Leser:innen wünsche.

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Was am Ende wichtig ist: Geschichten vom Sterben

Buchseite und Rezensionen zu 'Was am Ende wichtig ist: Geschichten vom Sterben' von Petra Anwar

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Autor:
Format:Kindle Ausgabe
Seiten:241
Verlag: Piper ebooks
EAN:
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Baumgartner

Buchseite und Rezensionen zu 'Baumgartner' von Paul Auster
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Baumgartner"

Professor Seymour T. Baumgartner, unter Freunden Sy, ist ein über siebzigjähriger emeritierter Phänomenologe aus Princeton, der sich dem Schreiben philosophischer Bücher und, zunehmend, seinen Jugendreminiszenzen widmet: seiner kleinbürgerlichen Herkunft aus Newark; der schwierigen Ehe der Eltern, dem Collegebesuch und einem Studienaufenthalt in Paris; schließlich der wie ein Blitz einschlagenden Liebe zur Übersetzerin und Dichterin Anna, mit der er die glücklichsten Jahre verbrachte, bevor sie vor zehn Jahren einem Badeunfall zum Opfer fiel. Annas Tod hat ein tiefes Loch in seinem Leben hinterlassen, das aller Pragmatismus, alle Selbstironie nicht füllen kann. Denn Anna war wirklich das, was man seine bessere Hälfte nennt. Eines Tages, um sich zu trösten, wagt Sy sich endlich in ihr Arbeitszimmer, das er seit ihrem Tod nicht betreten hat.

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Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:208
EAN:9783498003937
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Rezensionen zu "Baumgartner"

  1. Eine Geschichte über das Leben

    „To live is to feel pain, he told himself, and to live in fear of pain is to refuse to live.“ (Zitat Seite 55)

    Inhalt
    Der Philosophieprofessor und bekannte Autor Seymour „Sy“ Baumgartner, Anfang siebzig, kann sich auch zehn Jahre nach dem plötzlichen Tod seiner Ehefrau Anna nicht damit abfinden, dass sie nicht mehr da ist. Alles in seinem Haus atmet die glücklichen Erinnerungen von vierzig gemeinsamen Jahren, manchmal glaubt er sogar noch ihr Tippen auf ihrer geliebten alten Schreibmaschine zu hören, das er seit ihrem Tod vermisst. Er liest in ihren alten Texten, während er an seinem neuesten Buch arbeitet. Bis er eines Nachts von Anna träumt und nach diesem Traum spürt er, wie sich seine innere Starre zu lösen beginnt.

    Thema und Genre
    In diesem Roman geht es um Liebe und Erinnerungen, um den plötzlichen Verlust eines geliebten Menschen nach einer langen Beziehung, um Philosophie, aber auch die kleinen Erlebnisse des Alltags.

    Erzählform und Sprache
    Sy Baumgartner steht im Mittelpunkt dieses personal erzählten Romans. Die Handlung verläuft in einem chronologischen Rahmen, wird jedoch durch Erinnerungen ergänzt und durch Lyrik und in sich geschlossene, kurze Geschichten. Austers Sprache ist einfühlsam und gleichzeitig präzise, von der ersten Seite an schaut man intensiv auf die Situation der Hauptfigur Sy Baumgartner, spürt sich tief in seine Gedanken, in seine Trauer, seinen Stillstand im Leben nach Annas Tod, folgt gespannt seinen Erinnerungen und vollzieht seine ungewöhnlichen philosophischen Ideen nach. Gleichzeitig nimmt man teil an den alltäglichen Ereignissen und Problemen im Alter, die nicht ohne Humor geschildert werden, so wie Sy selbst in seinen Gedanken seine Lebenssituation als aktiver Schriftsteller einerseits und andererseits als Professor auf dem Weg in den Ruhestand sieht. Die Sprache, ich habe das englische Original gelesen, vervollständigt das Lesevergnügen.

    Fazit
    Ein philosophischer Roman über das Leben, seine Herausforderungen und Fragen, über prägende Erinnerungen und die kleinen Alltagserlebnisse. Es ist die Geschichte über Verlust und Einsamkeit im Alter, einfühlsam und berührend.

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Nochmal von vorne: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Nochmal von vorne: Roman' von Dana von Suffrin
2.65
2.7 von 5 (6 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Nochmal von vorne: Roman"

Diskussionen zu "Krüppelpassion: oder Vom Gehen (Gegenwarten)"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:304
EAN:9783462002973
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Rezensionen zu "Nochmal von vorne: Roman"

  1. Die Botschaft kam leider nicht an

    Als Rosas Vater, Mordechai Jeruscher, seinem Krebsleiden erliegt, fällt es Rosa, seiner jüngsten Tochter, zu die Wohnung aufzulösen und sich um alles weitere zu kümmern. Eigentlich gibt es da ja noch ihre ältere Schwester Nadja, zu der sie aber nur sporadisch Kontakt hat, und die aktuelle Telefonnummer sucht sie vergebens in der Wohnung ihres Vaters.
    Rosa organisiert, räumt aus, wirft weg, und erinnert sich an ihre Kindheit. Eine Kindheit, geprägt von den Streitigkeiten der Eltern. Der Vater war Jude, die Mutter Katholikin, dass, was am Anfang schön war, wurde schnell zu einem Drama. Und mittendrin die beiden Mädchen…..

    Nadja war immer die rebellische der beiden Kinder. Sie hielt meist zur Mutter, die ebenfalls oft mit ihrem Verhalten provozierte. Rosa hielt hingegen eher zum Vater, sie war die stillere, und sie konnte es nicht ertragen wenn alle auf dem. Aber herumhackten, so dass sie sich eher auf seine Seite schlug. Es ist schlimm, wenn die Eltern nicht in der Lage sind ihre Differenzen ohne die Kinder auszutragen. Ebenso tragisch ist es, wenn Kinder sich gezwungen sehen Partei ergreifen zu müssen, was in dieser Familie leider an der Tagesordnung stand.

    Die Handlung verläuft nicht chronologisch. Mal erzählt Rosa von den Ereignissen kurz vorm Tod des Vaters, mal aus der Kindheit. Sie erzählt von Besuchen in Israel, bei der Großmutter, die mittlerweile im Heim lebt, weil Arie, der Onkel der Mädchen, sie dorthin abgeschoben hat. Mordechai hat starre Grundsätze, nicht nur was seine Religion angeht, es wirkt so, als erdrücke er die Familie mit seinen Grundsätzen.
    Er hatte große Pläne, als er nach Deutschland kam, doch seine Abschlüsse als Chemiker wurden nicht anerkannt, so dass er nun als einfacher Laborant arbeiten muss.
    Seine Frau verliert ihnen Job, weil sie sich daneben benimmt, provokant ist. Nun muss ein Gehalt der Kaufsucht der Mutter trotzen. Neuer Brennstoff für die eh schon gereizte Stimmung. Und dann irgendwann ging die Mutter……

    Für mich war es sehr anstrengend diesen Roman zu lesen. Die Dispute standen im Vordergrund, die schwierige Beziehung zwischen Nadja und Rosa, und der Tod des Vaters, der dieses Gedankenkarussel bei Rosa in Gang bringt.
    Durch eine Leserunde an der ich teilgenommen habe, kam die These auf, dass die Autorin mit dem Buch die jüdische Geschichte am Beispiel der Jeruschers aufarbeiten möchte. Für mich ließ sich dies allerdings nur am Rande erahnen und auch nur, weil ich quasi mit der Nase drauf gestoßen wurde. Schade, so war es lediglich eine Aneinanderreihung von unterschiedlichen Kränkungen, die sich die Familienmitglieder über die Jahre angetan haben.

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  1. 2
    25. Mär 2024 

    Sinn- und farbloses Terrazzo- Muster

    Ein Elternteil stirbt und eines der Kinder beginnt das Elternhaus zu räumen und sich zu erinnern. Das ist ein beliebter Ausgangspunkt für unzählige Romane, gelungene und missratene.
    Auch hier bei Dana von Suffrin steht der Tod des Vaters am Beginn und Rosa, die jüngere Tochter und Ich- Erzählerin, geht in Gedanken zurück und blättert nach und nach die Geschichte der Familie Jeruscher auf.
    Die Großeltern väterlicherseits sind von Rumänien nach Israel ausgewandert. Sie haben zwei Söhne, Arie und Mordechai. Letzterer geht nach Deutschland, stolpert über die Beine einer jungen Frau und heiratet kurz darauf deren Freundin. Die beiden bekommen zwei Töchter, Nadja und Rosa.
    Leider entwickelt sich daraus nicht eine vorbildliche Liebesgeschichte zwischen einem jungen Israeli und einer bayrischen Christin. Das Ehepaar streitet unablässig.
    „ Unsere Eltern …passten überhaupt nicht zueinander, und die Widersprüche zwischen beiden ließen sie beinahe jeden Tag aneinandergeraten. Sie versöhnten sich fast nie, sie sammelten nur in den kurzen Pausen, in denen sie nicht stritten oder schimpften, Kraft, um dann wieder übereinander herzufallen.“ Man fragt sich, warum die beiden zueinander fanden? War es die Schwangerschaft? Oder wollte die Mutter mit ihrer Obsession für den Holocaust mit ihrem jüdischen Ehemann ein Zeichen setzen? Ihr spießiges Nazi- Elternhaus schockieren? Man weiß es nicht. Tatsache ist, dass beide Elternteile zutiefst unzufrieden waren mit ihrem Leben. Die Mutter hat, nachdem sie durch eine Prüfung fiel, das Studium abgebrochen, um fortan mit ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter zu hadern. Als die Töchter älter sind, verlässt sie alle und findet auf ihrem Ego-Trip in Thailand ( vermutlich) den Tod. Aber auch der Vater, zusätzlich traumatisiert von seinen Erlebnissen im Jom Kippur Krieg, ist vom Leben enttäuscht . Seine beruflichen Träume muss er begraben; stattdessen arbeitet er jahrzehntelang als Laborant bei den Stadtwerken. Die ständigen Zwistigkeiten zwischen den Eltern führen aber nicht dazu, dass die Schwestern sich verbünden. Nein, auch hier gekränkte Gefühle. Rosa fühlt sich von der rebellischen Schwester im Stich gelassen. Und auch die Mutter Zsazsa in Israel lässt kein gutes Haar an ihrer deutschen Schwiegertochter , die umgekehrt über ihre Schwiegermutter lästert. Eine dysfunktionale Familie wie aus dem Bilderbuch.
    So weit, so gut. Was die Lektüre dieses Romans so quälend macht ist weniger der Inhalt, sondern vor allem die Erzählweise. Die Autorin berichtet nicht chronologisch, sondern springt zwischen den Zeitebenen hin und her. Das ist noch kein Problem, so etwas kennt man als Leser zeitgenössischer Literatur. Rosa erinnert sich assoziativ, aber auch ein solcher Gedankenstrom kann fesseln. Doch Dana von Suffrin verpackt ihre Erinnerungen in ellenlange Sätze, sie kommt vom Hölzchen auf Stöckchen und am Ende dieser endlosen Monologe kann man sich kaum erinnern, was einem hier erzählt werden soll. So viel Banales wird ausgebreitet, manche Dinge einfach mehrmals wieder aufgegriffen. Und man fragt sich ziemlich ratlos, was hier die Aussage sein soll. Auch dass in dieser Familie „ ein ganzes Jahrhundert voller Gewalt und Vertreibung nachwirkt“ -wie der Klappentext behauptet- wird kaum deutlich.
    Die Autorin, eine promovierte Historikerin, setzt an den Anfang und das Ende des Romans, sowie irgendwo dazwischen, kurze historische Exkurse. Lässt sich die Bedeutung dahinter zu Beginn noch erschließen, so lässt sich das später nur mit sehr viel gutem Willen. Allerdings hat sich bis dahin der gute Wille des Lesers längst aufgebraucht.
    Sicher, es gibt einige schöne Formulierungen, doch die können das Buch auch nicht retten. So z.B. „… und der Boden war wie überall in Israel aus Terrazzo, und genauso wie er bestand Zsazsas Erinnerung nur aus braunen, roten und weißen Steinchen, die man in neuen Formationen sortieren konnte, die aber letztlich nie einen Sinn ergaben.“ So besteht der ganze Roman aus vielen Steinchen, nur selten aus farbigen, sondern aus vielen farblosen und sie ergeben auch keinen Boden.
    Schade! Mein Erwartungen an den zweiten Roman von Dana von Suffrin waren hoch, hat mir doch ihr Debut „ Otto“ sehr gut gefallen. Auch dort haben wir es mit einem Vater und zwei Töchtern zu tun, allerdings wird jene Geschichte originell und witzig erzählt.
    Meine Empfehlung: lesen Sie „ Otto“ !

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  1. Zerstückelte Familiengeschichte

    Ich hatte etwas Probleme in diese Geschichte hineinzufinden, da die Zeitebenen hin- und herspringen. Der Roman beginnt recht humorvoll mit dem Treffen verschiedener Außenminister im Jahr 1940, die über die Region Siebenbürgen entscheiden - ein Treffen, das tatsächlich stattgefunden hat.
    Die Region, in der die Großeltern der Protagonistin leben, wird Ungarn zugesprochen.
    Im 1.Kapitel erfährt Rosa in ihrem Viererbüro, dass ihr Vater im Krankenhaus gestorben ist. Danach ist sie "in dem Zustand (...), den (sie sich) mir immer gewünscht ha(t): an gar nichts denkend, vollkommen leer." (S.13)

    Während sie an ihre ältere Schwester Nadja denkt, wird sie wütend, da diese sich der Familie regelrecht entzogen hat, sie sei verantwortungslos, aber nicht abgestumpft. Nachdem sie im Krankenhaus war, fährt Rosa in die Wohnung ihres Vaters, der in einem Mietshaus gewohnt hat, in dem auch viele Studenten leben, und offensichtlich ein komischer Kauz gewesen ist:
    "Mein Vater muss den Nachbarn als Sonderling gegolten haben, als alter, dürrer Typ, der kein >>ch<< ansprechen konnte (und der, wenn er in Wut geriet, ständig alle Buchstaben verwechselte, worüber wir früher in einer grenzenlose, unsinnige Heiterkeit verfallen waren)" (S.22); "Er lebte wie ein Schatten" (S.23).

    Insgesamt entsteht der Eindruck einer dysfunktionalen Familie, die rebellische Schwester Nadja, der schwermütige Vater und die Mutter, die ihre Familie verlassen hat, und irgendwo dazwischen steht Rosa.
    Ihr jüdischer Vater, der in Israel groß geworden ist, ist zwar Chemiker, seine Abschlüsse wurden in Deutschland jedoch nicht anerkannt, so dass er als Laborant arbeiten muss und die Familie nur wenig Geld zur Verfügung hat. Sein Bruder Arie ist in Israel geblieben, Rosas Oma Zsazsa ist in einem Altenheim in Tel Aviv untergebracht.
    Die Erinnerungen Rosas sind sehr assoziativ - erzählt wird im inneren Monolog, teilweise mit langen, verschachtelten Sätzen. Ausgehend vom Tod denkt Rosa an alles Mögliche zurück. Wie ihre Eltern sich kennengelernt haben, wie chaotisch das Familienleben verlaufen ist. In ihrer Erinnerung streiten immer alle miteinander. Die Mutter, die aus Bayern stammt und ihr Studium nicht abgeschlossen hat, ist unzufrieden mit ihrem Leben als Mutter und Hausfrau. Es bleibt die Frage, warum die Eltern geheiratet haben, wenn sie sich doch offenkundig nicht mögen. Konsequenterweise verlässt Veronika die Familie, kurz bevor auch Nadja auszieht und Rosa mit dem Vater allein lässt. Obwohl Rosa positive Kindheitserinnerungen an ihre Schwester hat, denkt sie in der Gegenwart stets negativ an Nadja.
    Nebenbei werden auch geschichtliche Ereignisse eingeflochten - der Jom Kippur Krieg in Israel und das Ende der deutschen Besatzung in Siebenbürgen, das den jüdischen Großeltern die Freiheit zurückgebracht hat.
    Im Versuch den Inhalt zusammenzufassen, wird wieder deutlich, wie zerstückelt alles erzählt wird und wie es zunehmend schwieriger wird, das Puzzle vollständig zusammenzusetzen. Hinzu kommt, dass vorwiegend Banales erzählt wird, Nebensächlichkeiten, die in jeder Familie vorkommen können. Das einzig Besondere scheint zu sein, dass Rosa in einer halbjüdischen Familie aufgewachsen, einer Familie, deren jüdischer Teil von der Shoa geprägt ist. Es gelingt der Autorin jedoch nicht, die Bedeutung der Shoa auch für die kommenden Generationen greifbar zu machen.
    Trotz der teilweise recht ansprechenden Sprache hat mich der Roman v.a. im Mittelteil gelangweilt, im letzten Teil steigert er sich dadurch wieder, dass die Schwestern sich erneut begegnen und einige Fragen geklärt werden.
    Insgesamt hat mich der Roman jedoch nicht überzeugt, so dass ich ihn auch nicht weiter empfehlen kann.

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  1. Nochmal von vorne?

    Lieber nicht! Denn die im Klappentext angekündigten Streitereien, versuchten und gelungenen Fluchten, Sehnsüchte und enttäuschten Hoffnungen sind durchaus als buchfüllend ernstzunehmen.
    Frau von Suffrin nimmt uns mit in die Familie Jeruscher, oder vielmehr stellt sie uns Rosa Jeruscher vor, die vor der Aufgabe steht, die Wohnung ihres verstorbenen Vaters aufzulösen. Die Mutter ist schon ein paar Jahre tot, allerdings verließ sie vorher ihre Familie für einen neuen Lebensentwurf. Rosa hat noch eine ältere Schwester, Nadja. Sie scheint sich auch diesesmal vor aller Verantwortung zu drücken. Außerdem kennt Rosa ihr Telefonnummer nicht. Auf der Suche nach einer Nummer in der Münchner Wohnung des Vaters, hängt Rosa ihren Gedanken nach und rekonstruiert nach und nach ihre Familiengeschichte für uns Leser.
    Die deutsch-jüdische Ehe stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Mordechais Eltern stammten ursprünglich aus einem Dorf in Rumänien, dass im 2.WK mit einem Strich auf der Landkarte Ungarn zugesprochen wurde. Die Shoah vertrieb sie nach Israel, der jüngere Sohn Mordechai wanderte als junger Mann dann nach Deutschland aus. Die erhoffte Berufskarriere begrub er bald, heiratete dafür die christliche Bayerin Veronika, die wiederum den älteren Bruder Arie bei einem Kibbuzaufenthalt in Israel kennengelernt hatte. Zsazsa Jeruscher, die Mutter Mordechais und Aries bombardiert diese Verbindung mit herablassenden Sprüchen und Verachtung.
    Aber auch innerhalb der Münchner Familie läuft es nicht. Nadja ist mit ihrer Volljährigkeit regelrecht geflohen, Rosa fühlte sich daraufhin im Stich gelassen. Die Mutter haut ab und der Vater ist unzufrieden mit seinem Beruf, seiner Familie und seinem Leben.
    Wir erfahren von zänkischen Auseinandersetzungen, aber auch von den kleinen schönen Momenten. Das Problem sind die geschichtlichen Einschübe der Shoah und das Schlusskapitel einer rumänischen Aufarbeitung. Sie stehen mahnend, aber völlig isoliert im Raum. Eine Zusammenführung der Ereignisse, eine Erklärung für den durchblitzenden Hass bekommt der Leser nicht. Es fällt schwer, diese Arbeit selbst zu leisten, eine Hilfestellung seitens der Autorin wäre schön gewesen. Der Text selbst hat auffällig viele Fehler, sodass der Eindruck entsteht, dass er nicht der Mühe wert war. Schade, denn ein Verständnis für jüdisches Empfinden wird so nicht gefördert.

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  1. 2
    18. Mär 2024 

    Wirrer Gedankenstrom, langweilig, ohne erkennbare Aussage

    Wirre Erinnerungen einer Tochter an die unglückliche Ehe der deutschen Mutter mit einem israelischen Vater, dazu Schwestern-Probleme

    Selten hat mich ein Buch so gelangweilt, selten empfand ich ein Buch als so nichtssagend wie dieses. Und daran ist nicht die karge Handlung Schuld, die schnell erzählt ist:

    Der aus Israel stammende Vater der Ich-Erzählerin Rosa ist nach schwerer Krankheit gestorben. Die Tochter muss sich um Begräbnis und Wohnungsauflösung alleine kümmern, obwohl es noch eine Schwester gibt, die Rosa später besucht.

    Was ist es dann, das mich das Buch so negativ sehen lässt? Während Rosa sich nach dem Tod des einsamen unglücklichen Vaters um einige Formalitäten kümmert – die Mutter scheint in Thailand ums Leben gekommen zu sein - gehen ihr '1000 Gedanken' durch den Kopf und der Leser erfährt - verstreut in den Text, in ihrem Gedankenfluss - einiges über sie und ihre Familie, 'den kleinen, grotesken Familienkosmos, der psychologischer Studien würdig wäre' (14).

    Der Vater leidet möglicherweise an einem Kriegstrauma (Jom-Kippur-Krieg) und an der Tatsache, dass er als ausgebildeter Chemiker lediglich im Labor Arbeit findet; die Mutter hat zwar ihr Studium nach Schwierigkeiten doch noch beendet, sich dann aber der Erziehung der beiden Töchter gewidmet und ist damit überaus unzufrieden. Rosa beschreibt ihre Mutter als 'giftig, melancholisch' und 'in einer einer traurigen Gedankenwelt' lebend. Die ältere Schwester Nadja verlässt die Familie mit 18 Jahren, zwei Monate später geht auch die Mutter. Bis dahin haben sich die Eltern täglich gestritten und der Leser fragt sich, warum sie überhaupt geheiratet haben. Es sind Bösartigkeiten, die sie sich gegenseitig an den Kopf werfen, z.b. der Vater: Rosa habe 'von der Mutter die Dummheit geerbt' (60), die Mutter: Vater sei 'emotional verkrüppelt' (71). Aber auch die beiden Schwestern haben kein gutes Verhältnis zueinander und Rosa bricht den Kontakt mehrfach ab.

    Es ist sehr schwierig, im Wirrwarr dieser familiären Erinnerungen und Banalitäten nachzuvollziehen, warum Personen so und nicht anders handeln oder beschrieben werden. Für mich als Leser ergeben sich keine einleuchtenden Erklärungen. So ist überhaupt nicht klar, warum Rosa ihre Großmutter in Israel so negativ darstellt (Brüste wie Kürbisse, etc.) und vieles andere wird auch nicht geklärt. Es gibt inhaltliche Unstimmigkeiten und Klischeesätze und -vorstellungen: 'Vom Tod aus betrachtet, ist das Leben eine Aneinanderreihung letzter Male' (99) oder die reichen Senioren mit Alfa Romeos (139). Bei einigen Kapiteln ist die Funktion völlig unklar, z.B. eines über Trumpeldor oder das Ende.

    Fazit

    Wie man unschwer erkennen kann, hat mir das Buch überhaupt nicht zugesagt. Daran ist noch nicht mal der Gedankenstrom mit seinen Erinnerungsfetzen und Gedankensprüngen Schuld. Ich kann keine Aussage erkennen, nichts, was das Buch mir gegeben hätte, keine Anregungen zum Nachdenken, keine Sprache, die mir gefällt, einfach nichts, nur endlose Berichte von Streitereien und Banalitäten. Gelesen und schon wieder alles vergessen, ohne einen Eindruck hinterlassen zu haben außer Ärger und Widerwillen. Ein Satz hat mir gefallen und der passt zum Buch: 'Zsazsas Erinnerung bestand aus braunen, roten und weißen Steinchen, die man in neuen Formationen sortieren konnte, die aber letztlich nie einen Sinn ergaben.' (176)

    Für mich ergibt das ganze Buch keinen Sinn.

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  1. Nachwirkungen

    Kurzmeinung: Kein großer Roman - aber ein wichtiger.

    „Noch mal von vorne, aber bitte ganz anders“, so könnte Rosa denken, die Erzählerin dieses Romans von Dana von Suffrin. Sie kommt gerade aus dem Krankenhaus, ihr Vater ist vor einigen Stunden verstorben. In dessen Wohnung überkommen sie die Erinnerungen an ihre dysfunktionale Familie. Oder ist ihre Familie gar nicht dysfunktional gewesen, sondern einfach nur „normal unglücklich?“

    DER KOMEMNTAR UND DAS LESERLEBNIS:
    Um den Roman „Nochmal von vorne“ entweder zu entschlüsseln oder ihm einen Sinn zuzuschreiben, muss man zwischen den Zeilen lesen und ihn interpretieren. Macht man das nicht, bleibt er verschlossen und leider auch langweilig.
    Vordergründig erinnert sich Rosa wahllos in einem endlosen breiförmigen Bewusstseinsstrom an ihre unfrohe Kindheit. Es reiht sich Erinnerung an Erinnerung, beziehungsweise ihre Erinnerungen reihen sich nicht, sie purzeln durcheinander. Das allerbanalste Geschehen ist für Rosa erinnerungswürdig. Oder war es gar nicht so banal, letztendlich?
    Hintergründig ist die Familie Jeruscher nämlich durch die wie ein Nebel über der Familie hängende Depression des Vaters eine beschädigte Familie. Der Vater ist Jude, zweite Generation nach der Shoah, Mutter und Großvater wurden aus Rumänien vertrieben; haben unter dem dortigen Regime gelitten und der Großvater wurde gefoltert. Die Familie wanderte nach Israel aus. Der Vater Rosas, der gerade verstorbene Mordechai Jeruscher, kam zum Studium nach Deutschland und blieb dort hängen, heiratete eine Nichtjüdin, nämlich die lebensfrohe Bayerin Veronika, bekam 2 Töchter, eine davon ist die Erzählerin Rosa. Die Familie reist von München aus in größeren Abständen nach Israel, um die Großmutter und den Vaterbruder zu besuchen. So weit. So gut.

    Der unreflektierte Bewusstseinsstrom Rosas ist anstrengend, das soll nicht verhehlt werden. Die Einzelheiten, die sie erzählt, sind an sich unbedeutend, Ausflüge, gemeinsames Fernsehen, Abende mit der Familie, der Vater bringt sie zur Schule und ist peinlich, die Schwester ist unnahbar schon von Kind an. In einem ständigen larmoyanten Gedankenfluss gehen wichtige Informationen unter: Rosa arbeitet sich an dem Benehmen ihrer älteren Schwester ab, die sich der Familie frühzeitig entzog, und Rosa im Stich ließ, der Vater hat nie gelernt, Gefühle auszudrücken, daran scheitert die Ehe, obwohl Rosa die Schuld der Mutter gibt. Die Mutter argwöhnt, dass ihre eigenen Eltern NaziSympathisanten waren und hält ihre Ehe für eine Fehlentscheidung, sie ist eine unbeholfene Israelsympathisantin, kann sich aber mit niemandem adäquat austauschen über die Shoah, die sie nicht loslässt. Manchmal verhält sich die Mutter inadäquat. Da hat Rosa ganz recht, trotzdem ist sie noch die sympathischste in der Familie.
    Die Autorin macht es der Leserschaft mit ihrer quengeligen Protagonistin Rosa schwer, Sympathie für die Familie Jeruscher, für Rosa, für die Story selbst aufzubringen. Ganz willkürlich werden da und dort Unterkapitel eingeschoben, was im Zweiten Weltkrieg so passiert ist, Geschehnisse, die auf den ersten Blick gar nichts mit den Jeruschers zu tun haben, aber es ist immer ungerechtfertigtes Leid, das Juden zugefügt wurde. Nur dadurch wird es klar, dass wir es mit dem Trauma der Shoah zu tun haben. Ihren Nachwirkungen. Weder Rosa noch die Familie thematisieren, dass sie die dritte Generation der Überlebenden sind. Oder realisieren die Schatten der Shoah. Aber wir wissen es. Und die Autorin weiß es.

    Fazit: Die Auswirkungen der Shoah sind nicht zu unterschätzen. Sie wirken bis heute nach. Meistens unbewusst.
    Niemals vergessen, das ist unsere Aufgabe. Dass sich die Autorin in Andeutungen erschöpft und niemals ganz deutlich sagt, was Sache ist, ist ein guten Kniff. Mir hat er gefallen.

    Kategorie: anspruchsvolle Literatur
    Verlag: Kiwi, 2024

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Apeirogon

Buchseite und Rezensionen zu 'Apeirogon' von Colum McCann
5
5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Apeirogon"

Diskussionen zu "Krüppelpassion: oder Vom Gehen (Gegenwarten)"

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:608
EAN:9783499271878
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Rezensionen zu "Apeirogon"

  1. Es gibt immer zwei Seiten, immer

    „Ein Stein führt zu einer Kugel. Der nächste Selbstmordanschlag führt zum nächsten Luftangriff. Und immer so weiter.“ (Zitat Seite 288)

    Inhalt
    Abir Aramin, ein Mädchen aus Palästina, ist erst zehn Jahre alt, als sie von einem jungen israelischen Grenzpolizisten erschossen wird. Zehn Jahre davor war die junge israelische Studentin Smadar Elhanan bei einem Anschlag von drei Selbstmordattentätern getötet worden. Bassam Aramin, Abirs Vater, und Rami Elhanan, Smadars Vater, treffen zum ersten Mal in einer Gruppe von trauernden Menschen aufeinander, Israelis und Palästinenser, die nahe Angehörige und Freunde in diesen langen Jahren des Nahost-Konflikts verloren haben. Sie erkennen, dass sie eine gemeinsame, tiefe Trauer eint, und der Wunsch nach Frieden. Das ist der Beginn einer Freundschaft und des gemeinsamen, unermüdlichen Einsatzes für den Frieden.

    Thema und Genre
    Diese Geschichte ist ein facettenreicher politischer Roman, geschrieben in einer sehr poetischen Erzählsprache. Die Figuren sind fiktiv und stehen dennoch für ungezählte reale Schicksale, wie sie in diesem Konflikt täglich passieren. Es geht um Palästina und die israelische Besatzung. Dieser zeitlos aktuelle Roman ist 2020 erschienen, doch hat er in diesen Wochen eine nochmals neue Brisanz erhalten. Diese Geschichte ist ein Plädoyer dafür, friedlich Seite an Seite zu leben, zu lernen, miteinander auszukommen.

    Erzählform und Sprache
    Ein Apeirogon ist eine Figur mit einer zählbar unendlichen Menge an Seiten. So wird auch diese Geschichte in zwei Mal fünfhundert kurzen Kapiteln mit vielen unterschiedlichen Themen und Informationen geschildert, der erste Teil in einer Aufwärtsbewegung von eins bis fünfhundert Abschnitten, der zweite Teil als Abwärtsbewegung von fünfhundert bis zurück zu eins. Erzählt wird jedoch nicht nur die Geschichte von Rami und Bassam, sondern diese ist eingebettet in eine weite Fülle von Ideenschnipseln, sei es die politische Lage betreffend, die Geschichte Palästinas, die Menschen, aber auch die Natur, immer wieder taucht das Thema Zugvögel auf, die Schwingen der Freiheit über die von Menschen errichteten Mauern hinweg. Die Sprache ist bilderreich, intensiv, poetisch und beeindruckend.

    Fazit
    Apeirogon ist ein eindringlicher Roman mit einer zeitlos beklemmenden Aktualität. Kurz gesagt geht es darum, dass es immer zwei Seiten gibt, immer. „Jenseits von Richtig und Falsch liegt ein Ort; dort treffen wir uns.“ Diese auf Seite 312 zitierte Aussage stammt von dem persischsprachigen Dichter und Gelehrten Dschalāl ad-Dīn Muhammad Rūmī und besser, als mit dieser Aussage, kann der Inhalt dieses epischen Romans nicht zusammengefasst werden. Wer dieses Buch noch nicht gelesen hat, sollte dies tun, jetzt, genau jetzt.

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  1. Plädoyer gegen Israels Besatzung des Westjordanlands

    Apeirogon habe ich vor zwei Jahren gelesen und rezensiert.

    Private Trauer und das Engagement zweier Väter (Palästinenser, Israeli) zeigen die Mechanismen der Unterdrückung und die Vorausetzungen für Frieden

    Apeirogon – was ist das denn? Klingt griechisch und nach Geometrie (Oktogon) … ich komme darauf zurück.

    Geht es euch auch so? Je mehr man versucht, einen der vielen Konflikte in der Welt zu verstehen, desto mehr Verwirrung. Alles ist so kompliziert, so unüberschaubar, so verworren, alles hat so viele Seiten... so viele Seiten und Ecken wie ein Apeirogon (griech.), eine mathematisch unendlich zählbare Figur.

    So ist es auch mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt, der seine Wurzeln zudem tief in der Vergangenheit hat. Man fragt sich, wie man das verstehen oder erklären soll. Es wird nicht gehen und so hat es wohl auch der Autor Colum McCann empfunden, der das für seinen Roman aber auf grandiose Weise gelöst hat. So wie dieser Konflikt aus vielen Facetten oder Mosaiksteinchen besteht, so auch dieser Roman: 1001 kleine Kapitel, oft nur ein Satz oder ein Foto.

    Das ist auch der Grund, warum man die vielen Seiten schneller gelesen hat als man denkt. Allerdings liest es sich nur mengenmäßig leicht, inhaltlich dagegen weniger, denn es ist bedrückend und traurig, was wir alles erfahren.

    Es geht um die Unterdrückung und Demütigung der Palästinenser, exemplarisch am Schicksal zweier Familien, zweier Väter dargestellt, die beide ihre Töchter durch Gewalt verloren haben: Smadar wurde bei einem palästinensischen Selbstmord-Attentat getötet, Abir von einem jungen israelischen Grenzsoldaten.

    Anstatt aber mit Hass zu reagieren und auf Rache zu sinnen, freunden sich der Palästinenser Bassam Aramin und der 20 Jahre ältere Israeli jüdischen Glaubens Rami Elhanan an – beide übrigens reale Personen – und engagieren sich für das Ende der israelischen Besatzung des Westjordanlandes, das sie für das Haupthindernis für Friedensgespräche halten.

    'Es wird erst vorbei sein, wenn wir reden.' (Kap. 1)
    Eindringlich schildert McCann an Alltagsszenen, wie es für Palästinenser ist, unter der Besatzung zu leben, mit all' ihren Einschränkungen und demütigenden Vorfällen. Man muss sich allerdings darüber im Klaren sein, dass der Autor etwas einseitig Partei ergreift – so sehe ich es zumindest. Das ist keine Kritik, sondern eher ein Punkt, über den zu diskutieren wäre wie überhaupt über so viele Sätze in diesem Buch, das einen Teil der Problematik eines Zusammenlebens zeigt.

    Colum Mc Cann hat eine ungewöhnliche Art des Erzählens gewählt: 1001 Kapitel und Kapitelchen, in denen viel Wissenswertes und viel Interessantes vermittelt wird und wo wir oft durch Wiederholungen eindringlich an der Lebensgeschichte der Hauptpersonen teilnehmen. Ich habe nun ein besseres Bild dieses kleinen militarisierten Landes mit seiner Mauer, die je nach Einstellung Schutz- oder Friedensmauer oder rassistisch und Schandmauer genannt wird.

    Es wird aus dem Briefwechsel zwischen Freud und Einstein zitiert und die Frage aufgeworfen, was man tun könne, um die Aggressionen der Menschen zu unterdrücken und Kriege zu verhindern.

    'Alles, was Gemeinsamkeiten zwischen den Menschen schafft, wirkt dem Krieg zwangsläufig entgegen.' (Freud / eBook 254)

    Das klingt alles großartig und nachdenkenswert – warum dann nur 4 Sterne statt 5? Mir ist klar, dass der Autor wegen der Komplexität des Themas nicht alle Aspekte berücksichtigen kann, aber ich hätte mir trotzdem gewünscht, er hätte einige Kapitel weggelassen und statt dessen andere Mosaiksteinchen ausgesucht, um auf die Zahl 1001 zu kommen. So interessiert mich eine Aufzählung von Vogelnamen oder Patiencen viel weniger als die Rolle, die andere Länder in diesem Konflikt spielen. Nur in ein paar ganz wenigen Sätzen wird die Rolle der USA (Geldgeber, Waffenlieferant, etc.) genannt und die eines ganz großen Waffenexporteurs (die BRD) gar nicht.

    Noch viel wäre zu sagen, zu fragen, vieles gäbe es zu diskutieren. Am besten liest jeder dieses Buch selbst, denn trotz meiner kleinen Kritikpunkte kann ich nur eine klare Leseempfehlung aussprechen und dieses Buch jedem ans Herz legen.

    P.S. Ich habe meine Bewertung auf 5 Sterne angehoben.

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Eine Frau flieht vor einer Nachricht

Buchseite und Rezensionen zu 'Eine Frau flieht vor einer Nachricht' von David Grossman

Inhaltsangabe zu "Eine Frau flieht vor einer Nachricht"

Diskussionen zu "Krüppelpassion: oder Vom Gehen (Gegenwarten)"

Format:Taschenbuch
Seiten:736
EAN:9783423148597
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Selbst in dunkelster Nacht

Buchseite und Rezensionen zu 'Selbst in dunkelster Nacht' von Ali Kassemyar
2.5
2.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Selbst in dunkelster Nacht"

Diskussionen zu "Krüppelpassion: oder Vom Gehen (Gegenwarten)"

Format:Broschiert
Seiten:320
Verlag: reverie
EAN:9783745704105
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Rezensionen zu "Selbst in dunkelster Nacht"

  1. „Es war ein Auf und Ab.“ – Kieran hatte Recht

    Über die Aufmachung des Buches gibt es nicht viel zu sagen, da mir sowohl die Gestaltung des Covers, als auch das weiche Material sehr gefallen. Den eintönigen Farbschnitt hätte ich persönlich nicht gebraucht, aber er hat mich auch nicht gestört.
    Der Inhalt des Buches hat mich größtenteils auch begeistert, vor allem, da wichtige Themen sensibel aufgegriffen und somit keineswegs verharmlost werden. Die Zweifel der beiden Protagonisten und die Spuren der Vergangenheit werden nicht heruntergespielt, sondern ziehen sich von Anfang bis Ende durch die Geschichte und machen die Charaktere zwar verletzlich, aber deswegen auch so nahbar und authentisch. Liora und Kieran sind zwei wundervoll ausgearbeitete Protagonisten mit gut durchdachten Tiefen und nachvollziehbarem Verhalten, die man trotz ihrer Unterschiedlichkeit einfach lieben muss. Toll finde ich hierbei vor allem, dass die beiden ein sehr erwachsenes Verhalten aufzeigen, da man ja oft genug schon von jugendlicher Naivität und Stimmungsschwankungen gelesen hat. Somit waren die Zwei sehr erfrischend und auch die Dynamik zwischen ihnen hat mich sehr berührt. Dem kommt natürlich auch das ganze Setting zugute, dass durch die Verortung im Blumengeschäft eine komplett neue Idee ist, die aber nicht nur am Rande hin und wieder erwähnt wird, sondern auch die Bedeutung der Blumen und die Leidenschaft der Beiden gut aufgreift. Positiv fand ich zudem die Erzählung aus beiden Perspektiven, da man besser nachvollziehen konnte, warum sie so mit sich selbst hadern, wobei dennoch Spannung aufgebaut wurde, da immer nur Bruchstücke seiner Vergangenheit präsentiert wurden. Zugegeben war die Auflösung am Ende jedoch keine große Überraschung, da man seine unerklärliche Aufmerksamkeit und Zuneigung für eine gewisse andere Person mit ein wenig Fantasie sofort in das Rätsel integrieren konnte und sich somit denken konnte, wie das alles zusammenhängt. Dennoch kann ich das Ende an sich absolut nicht kritisieren. Obwohl die Auflösung der Vergangenheit keine Überraschung war, so wurde die Spannung am Ende noch einmal enorm in die Höhe getrieben und hat für einen absolut gemeinen Cliffhanger gesorgt. Dabei muss ich auch einfach hervorheben, wie sehr mir der Schreibstil gefallen hat. Er war an den richtigen Stellen ruhig, konnte aber auch am Ende den Puls zum Rasen bringen, weil man so mit Kieran und Liora mitfiebert. Anzumerken ist jedoch, dass das Buch zwar sehr emotional ausgerichtet ist, es aber auch nicht an der ein oder anderen lustigen Stelle gefehlt hat. So fand ich insbesondere das Flirtgespräch mit Luke einfach großartig und sehr abwechslungsreich!

    Nun aber zu dem großen Kritikpunkt, der es mir trotz fantastischem Schreibstil schwer gemacht hat, das Buch von Anfang an bis zum Ende durchzusuchten. Mir hat es schlicht und ergreifend an Spannung gefehlt. Klar handelt es sich hier um einen Roman, der sich auf innere Konflikte bezieht, aber da es nur ab und an, insbesondere im Mittelteil, Momente gab, welche für Spannung gesorgt haben, war mir das Ganze einfach zu langatmig, weshalb ich auch sehr lange gebraucht habe, um das Buch zu lesen. Mir persönlich hat es an einem Anreiz gefehlt, das Buch immer wieder in die Hand zu nehmen, weil man unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht. Vermutlich ist das aber auch nur Geschmackssache und spricht hingegen Lesende an, die einfach eine Lektüre mit emotionalen Tiefen und Auseinandersetzungen genießen wollen. Grundsätzlich kann ich auch keinesfalls von dem Buch abraten, immerhin hat es viele starke Aspekte, welche ich bereits benannt habe, aber wer einen Pageturner mit unvorhersehbaren Momenten erwartet, ist hier an der falschen Adresse.

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  1. Langatmig und viel Drama

    Optisch ist das Buch ein Highlight, dass muss ich zugeben. Dieses schöne dunkle Blau gefällt mir unheimlich gut. Und wenn schon ein Farbschnitt, dann doch bitte auch einer der zum Gesamtbild des Buches passt. Der Punkt ist also wirklich gelungen. Und trotzdem bin ich froh das Buch nur geliehen und nicht gekauft zu haben. Aus dem einfachen Grund, weil es sich für mich als überwiegend langweilig entpuppt hat. Viel Drama um (fast) nichts. Und für meinen Geschmack ein paar zu viele Klischees. Dabei hätte es sich bei beiden Figuren sehr angeboten, mal andere Ideen zu verfolgen. Liora wurde in ihrer Schulzeit gemobbt, weil sie – fast schon vorhersehbar – übergewichtig war. Das die betroffenen Personen damit häufig ein Leben lang zu kämpfen haben ist durchaus realistisch erzählt. Liora wird aber in meinen Augen als so perfekt und gutherzig dargestellt, dass sie dadurch schon wieder langweilig wirkt. Immer verständnisvoll, immer die passenden Worte zur Hand, immer die Emotionen im Griff.
    Kieran ist auch eher schwammig gezeichnet. Ich weiß nicht einmal so wirklich, was er darstellen soll. Der gepeinigte Badguy mit dem goldenen Herzen? Es wird ewig lange um Kierans Geheimnis herumgeschlichen. Natürlich kann man sich recht bald denken, worum es geht. Aber bis zu diesem Punkt ist es einfach viel Drama. Kierans Geheimnis ist wirklich eine starke Belastung, daran gibt es für mich keinen Zweifel. Aber sein Umgang damit... Bei jeder Gelegenheit abzuhauen ist letztlich auch nicht sonderlich erwachsen oder zielorientiert. Kurzum: sehr viel Drama, für mich zu viel.

    Es ist aber nicht alles doof. Mir hat zB sehr gefallen wie der Umgang mit dem Verlust von nahestehenden Person thematisiert wurde. Das war sehr behutsam dargestellt. Auch die Umgebung des Blumenladens fand ich schön.

    Für mich hat sich die Geschichte ewig hingezogen und trat auf der Stelle. Trotz des Cliffhangers, möchte ich einen zweiten Teil ehrlicherweise nicht lesen. Ich hätte mir mal Abwechslung zu den vorherrschenden Klischees gewünscht. So bleibt es leider weit hinter den Möglichkeiten zurück und ist für mich bestenfalls Durchschnitt.
    Und was ich nicht so ganz verstehe: wenn es schon eine Triggerwarnung gibt, warum wird sie ans Ende des Buches gestellt?

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