Die Nickel Boys
„Wenn ich die Augen schließe, sehe ich sie wieder vor mir, die nächtlichen Straßen von London, damals in jenem heißen Juli“.“ (Zitat Seite 138)
Inhalt:
Nach einem Wochenend-Besuch bei ihren Eltern sitzt Cécile, 47 Jahre alt und eine erfolgreiche Geschäftsfrau, um 6 Uhr 41 im Frühzug zurück nach Paris. Der Platz neben ihr ist der letzte frei Platz im Waggon und ein Mann setzt sich neben sie. Es ist Philippe Leduc, der Mann, in den sie vor vielen Jahren verliebt war. Bis zu einer gemeinsamen Reise nach London und deren katastrophalem Ende. Siebenundzwanzig Jahre ist das nun her. Soll er sie ansprechen, hat sie ihn erkannt?
Thema und Genre:
In diesem Roman schauen zwei Menschen in Gedanken und unabhängig von einander zurück in ihre Jugend und eine Entscheidung, die sie damals getroffen haben. Beide erinnern sich und fragen sich auch, was wäre gewesen, wenn.
Handlung und Schreibstil:
Der Geschichte spielt im Zeitraum von weniger als zwei Stunden, nur die Länge einer Bahnfahrt. Durch die jeweiligen Gedanken der beiden Protagonisten ergeben sich erklärende Rückblenden in die Vergangenheit. Sie waren erst zwanzig Jahre alt, als ihre Beziehung in London abrupt zu Ende ging. Wir erfahren auch, wie es im Leben von Cécile und Philippe weiterging, wo sie heute stehen. Wobei beider Leben eine andere Entwicklung genommen hatte, als damals zu erwarten war. Die Spannung ergibt sich aus der Frage, ob die beiden doch noch miteinander reden, oder ob sie schweigend vorgeben, einander nicht erkannt zu haben.
Die Sprache ist leise und poetisch, aber auch präzise beobachtend und macht aus diesem Buch eine sehr angenehme Lektüre.
Fazit:
Zwei Menschenleben, die sich dem Leser nur durch die Gedanken der beiden Protagonisten erschließen, denn sie sitzen schweigend im Zug nebeneinander. Eine leise Geschichte, die nachdenklich stimmt.
Cécile, 47, hat das Wochenende bei den Eltern verbracht. Am Montagmorgen sitzt sie erschöpft - die Eltern werden auch immer anstrengender - im Frühzug und ärgert sich, dass sie nicht doch schon am Vorabend zurück zu Mann und Kind gereist ist.
Der Platz neben ihr ist frei, ein Mann setzt sich. Cécile erkennt ihn sofort: Philippe Leduc. Und auch Philippe hat Cécile gleich erkannt. Doch sie schweigen geschockt. Beide.
In den eineinhalb Stunden bis Paris erinnern sich Cécile und Philippe - jeder für sich -, wie verliebt sie vor fast dreißig Jahren waren, als sie zusammen ein romantsiches Wochenende in London verbringen wollten und dort alles aus den Fugen geriet...
Die Schatten der Vergangenheit.
Eine Situation, wie sie sich jeder vorstellen kann. Nichtsahnend und müde sitzt man da in einem Zugabteil und plötzlich setzt sich jemand neben einen, den man kennt und doch schon längst vergessen geglaubt hat. Wie aus einem früheren Leben.
Manche Begegnungen sind willkommen - andere eher nicht. Machen unsicher. Ansprechen? Ignorieren? Abrechnen? Genauso geht es Cécile und Philippe, die sich kennen und lieben lernten vor dreißig Jahren, bevor...
"Es geht sowieso immer alles sehr schnell vorbei, aber die Sache mit London ist immer noch da, selbst nach diesen siebenundzwanzig Jahren." (S. 103)
Diese Begegnung setzt ein Feuerwerk an Gedanken frei bei Cécile und Philippe, eine Gedankenreise zurück an die gemeinsame Zeit - aber auch an all die Zeit danach und auf das, was heute ist. Eine Bilanz.
"Für Überraschungen ist mit siebenundvierzig weniger Raum. Man rennt in seinem Hamsterrad, das einen überfordert - Ehe, Scheidung, Kinder, Job, gesellschaftliches Leben, Verpflichtungen. Nur schlaflose Nächte holen einen manchmal dort heraus, indem sie uns vor Augen führen, wie nichtig alles ist, was wir tun." (S. 62)
Kein schmeichelhafter Blick aufs Leben, schonungslos offen, auch selbstkritisch - und häufig mit depressivem Anklang, was die Stimmung auch beim Lesen drückt.
" Genauso wenig hat man uns gesagt, dass das Schwerste nicht etwa die Brüche sind, sondern die langsame Auflösung, die Dekadenz. Das Zerfallen von Beziehungen, Lebewesen, Vorlieben, Körpern, der Lust." (S. 67)
Blondel wechselt dabei abschnittsweise die Perspektive, so dass wir einen Einblick sowohl in Céciles als auch in Philippes Gedankenwelt bekommen. Und obwohl sich zwischen den Personen im Zug kaum etwas ereignet, baut sich eine ganz eigene Spannung auf.
Was ist in London geschehen? Werden die beiden im Zug miteinander reden - oder gehen sie nach der Fahrt auseinander, immer noch vorgebend, einander nicht erkannt zu haben? Gehen sie trotz der Gedankenreise unverändert in ihr Leben zurück?
Ein interessantes Kammerspiel im Zugabteil präsentiert uns Jean-Philippe Blondel da. Nur Zufall, dass einer der Hauptcharaktere seinen Vornamen trägt und im selben Alter ist wie er?
Trotz der depressiven Note hat mir das schmale Buch gefallen. Der Schreibstil ist flüssig, gefällig, lässt einen durch die Gedankenwelten treiben - und stößt eigene Gedankenreisen an.
Eine Entdeckung!
© Parden
„Da haben wir uns ein paar Jahre lang ziemlich nah beieinander die Hintern plattgesessen. Das nennt man Pech.“ (Zitat Seite 135)
Inhalt
Der junge Morseassistent Léon Le Gall ist siebzehn Jahre alt, als er Louise Janvier im Frühling 1918 kennenlernt. Pfingsten 1918 hat er drei Tage dienstfrei und er fährt mit ihr an den Ozean. Auf der Heimfahrt geraden sie in einen Angriff der Deutschen, Léon wird schwer verletzt und er erhält die Nachricht, Louise habe nicht überlebt. Auch Louise sagt man, dass Léon tot sei. 1928 begegnen sie einander zufällig in Paris wieder, doch Léon ist inzwischen mit Yvonne verheiratet und Vater, obwohl er nie aufgehört hat, an Louise zu denken.
Thema und Genre
In diesem Roman geht es um eine große Liebe, die sich durch ein ganzes Menschenleben zieht, die durch schicksalshafte Ereignisse jedoch nur heimlich gelebt werden kann, mit jeweils jahrelangen Unterbrechungen. Es geht um Familie, Verantwortung und Entscheidungen. Gleichzeitig ist dies die Geschichte Frankreichs während der beiden Weltkriege.
Erzählform und Sprache
Es ist der Enkel von Léon Le Gall, der die Lebensgeschichte seines Großvaters schildert, aktuell beginnend mit den Ereignissen vom 16. April 1986, an dem eine Frau eine Fahrradklingel in den Sarg seines Großvaters legt. Von hier aus schwenkt die Geschichte direkt in die Vergangenheit und beginnt mit dem Tag, an dem der junge Léon dieses besondere Mädchen mit der gepunkteten Bluse zum ersten Mal sieht. Von da an zieht sich diese besondere Liebesgeschichte durch das ganze Leben von Léon und Louise und wird durch Details aus der großen Familie Le Gall auch zu einer Generationengeschichte. Die fiktiven Ereignisse fügen sich in die historischen Fakten ein, besonders in die Zeit der beiden Weltkriege und damit verbunden, das Leben in Paris während der deutschen Besatzung. Die Sprache erzählt eindrücklich, einfühlsam, doch immer mit leichtem Humor und niemals kitschig.
Fazit
Eine ungewöhnliche, mit charmanter Leichtigkeit erzählte Liebes- und Lebensgeschichte, deren Ereignisse eingebettet sind in den realen historischen Hintergrund Frankreichs im 20. Jahrhundert.
Zielgruppengerechtes, vergnügliches Raten für zwischendurch
Über den Autor (Quelle: Amazon, Zusammenfassung):
Jens Klausnitzer schrieb zunächst nebenberuflich für Tageszeitungen und Wochenmagazine. Inzwischen verfasst er als freier Autor Bücher, dazu Geschichten für Zeitungen, Zeitschriften, Webseiten sowie Hörspiele und Fernsehbeiträge.
Persönlicher Eindruck:
Das Buch besteht aus 24 kurzen Kriminalgeschichten rund um vier Nachwuchsdetektive um die elf Jahre. Jede Geschichte endet mit einer Rätselfrage, deren Lösung sich aus der Geschichte ergibt.
Eines der Kinder fungiert als Ich-Erzählerin, die den Leser teilweise auch direkt anspricht. Der Tonfall ist locker und der jungen Zielgruppe angepasst. Die kleinen Schwächen der Protagonisten werden mitunter ironisch aufs Korn genommen.
Die Rätsel sind leicht genug, dass Kinder sie einigermaßen schnell lösen können. An der einen oder anderen Stelle treten die entscheidenden Hinweise in der Geschichte für meinen Geschmack allerdings zu deutlich hervor. Unglücklich fand ich auch die Auflösungen, die sich teilweise recht kompliziert lesen. Außerdem musste ich beim Lesen auf dem Handy aufpassen, dass ich am Ende einer Geschichte nicht zu schnell scrolle und dadurch die Lösung vorzeitig sehe.
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