Esepata

Buchseite und Rezensionen zu 'Esepata' von Stephanie Fuchs
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Esepata"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:320
Verlag: Knaur HC
EAN:9783426286180
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Rezensionen zu "Esepata"

  1. 5
    14. Mär 2023 

    Das Leben bei den Massai und das Erleben des Klimawandels

    Cover:
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    Die Autorin blickt ernst und auch mit einem gewissen Stolz in ihrer Massai-Gewandung dem Leser entgegen. Das passt zu dem Titel sehr gut, dass ihr Platz bei den Massai ist. Sie gehört zu ihnen. Mich hat das Titelbild sehr angesprochen, denn es ist ungewöhnlich für eine Europäerin, einen solchen Schritt zu wagen.

    Inhalt:
    -----------------
    Eigentlich wollte Stephanie Fuchs nur ein paar Monate Praktikum in Afrika machen, um ihr Studium der Fächer Biologie und Umweltschutz praktisch zu vertiefen. Ihr Ziel ist es, mehr über die Tiere und die Umweltgegebenheiten dort herauszufinden, um die Umwelt- und Tierschutz dort verbessern zu können. Doch dann trifft sie bei ihrer Arbeit auf den Massai Sokoine. Beide verlieben sich und trotz der kulturellen Differenzen wagen sie den Schritt zu heiraten und Stephanie zieht in sein Dorf in Tansania. Trotz vieler Problem lebt sie sich ein, bekommt mit Sokoine einen Sohn und lebt dort als Bestandteil der Dorfgemeinschaft. Von ihrem Leben dort und wie es dazu kam, erzählt sie in diesem Buch.

    Mein Eindruck:
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    "Ich wünschte, dass es anders gekommen wäre. Ich wünschte mir sehr, dass meine Mutter nicht krank gewesen wäre. Während ich von ihr Abschied nehme, gebe ich mir selbst ein Versprechen. Mein Leben nicht zu vergeuden, nicht zu verschenken, sondern seine Kostbarkeit zu spüren. In die Welt hinauszugehen und meine Aufgabe zu finden."

    Ich liebe Geschichten aus anderen Kulturen und ein Leben bei den Massai fällt für mich so vollkommen aus meinem Komfortzonenbereich, dass ich erst recht neugierig auf diese Geschichte war. Mich hat der ehrliche, selbstkritische und teils auch humorvolle Stil der Autorin direkt gefesselt. Sie beschreibt ihre Selbstzweifel, auch das Thema Ehe betreffend, denn aus ihrer eigenen Familiengeschichte hat sie einige seelische Narben davon getragen. Doch trotz Bedenken, kultureller Unterschiede, einiger Krankheiten im Busch und Eheproblemen hält sie durch. Die Probleme des Klimawandels sind hier hautnah zu spüren und die Not schweißt sie mit Sokoine wieder zusammen. Sie hält durch, kämpft mit den Massai ums Überleben und auch für ein besseres Leben. Sie geht in die sozialen Medien, regt Projekte an, die zur Verbesserung der Lebensumstände der Massai beitragen und packt selbst mit an, wo sie kann.

    "Es geht etwas Unschätzbares, Kostbares für immer verloren. Etwas, was man nie wieder zurückholen kann. Das will ich nicht miterleben und tatenlos dabei zuschauen.
    Diesen Gedanken muss ich weit wegschieben. Nicht stehen bleiben, nicht in Angst erstarren. Aktiv werden, Lösungen finden. Es muss doch verdammt noch mal etwas geben, was ich tun kann. Ich werde hier nicht im Busch sitzen und zusehen, wie die Menschen und die Kultur, die ich lieben gelernt habe, zu Grunde gehen."

    Man bekommt Einblicke in die guten, aber auch die schlechten Phasen, lernt viel über die Tierwelt Tansanias, das Leben der Massai und welche Auswirkungen der Klimawandel auf das Leben in Afrika hat. Das Buch regt zum Nachdenken an und dazu, sich selbst zu engagieren. Und es betont die Wichtigkeit von Toleranz gegenüber anderen Kulturen:

    "In der westlichen Welt wird uns beigebracht, dass wir bewerten müssen, um zu verstehen. Aber eigentlich ist der einzige Weg zu verstehen, Fragen zu stellen und manchmal auch, Fragen offen zu lassen. Man muss nicht immer Antworten auf alles haben. Und meistens lernt man erst dann wirklich etwas. [...] Wir sind alle Menschen. Wir können alle voneinander lernen."

    Vor allem aber sollte man die Hoffnung nie aufgeben, denn "Esepata" bedeutet Hoffnung in der Sprache der Massai.

    Fazit:
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    Eindrucksvolle Lebens- und Liebesgeschichte, die Einblicke in die Kultur der Massai gibt und die Auswirkungen des Klimawandels spürbar macht

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Das Liebespaar des Jahrhunderts

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Liebespaar des Jahrhunderts' von Julia Schoch
3
3 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Das Liebespaar des Jahrhunderts"

Eine Frau will ihren Mann verlassen. Nach vielen Jahren Zusammenleben und Ehe ist sie entschlossen und bestürzt zugleich: Wie konnte es nur dazu kommen? Während sie ihr Fortgehen plant, begibt sie sich in ihren Gedanken weit zurück. Da waren die rauschhaften Jahre der Verliebtheit, an der Universität, zu zweit im Ausland und später mit den kleinen Kindern, aber da gab es auch die Kehrseite – Momente, die zu Wendepunkten wurden und das Scheitern schon vorausahnen ließen. Doch ist etwas überhaupt gescheitert, wenn es so lange dauert? Julia Schoch legt frei, was im Alltag eines Paares oft verborgen ist: die Liebesmuster, die Schönheit auch in der Ernüchterung. Ein Loblied auf die Liebe.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:192
EAN:9783423283335
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Rezensionen zu "Das Liebespaar des Jahrhunderts"

  1. Sezierung einer langjährigen Beziehung

    Julia Schoch, Jahrgang 1974, hat sich, noch mitten im Leben stehend, einer autofiktionalen Trilogie mit dem Untertitel „Biographie einer Frau“ verschrieben, deren erster Teil „Das Vorkommnis“ bereits Anfang 2022 erschienen ist. In diesem zweiten, im Februar 2023 veröffentlichten Teil steht ihre über 30 Jahre währende Beziehung zu ihrem Partner im Mittelpunkt. Der erste Satz des Buches wirkt wie ein Mantra: „Im Grunde ist es ganz einfach: Ich verlasse dich.“ Die Ich-Erzählerin lässt in Folge die komplette Paarbeziehung Revue passieren. Sie blickt zurück auf das Kennenlernen, den ersten Kuss, die Zeit der großen Leidenschaft. Im Laufe der Jahre kommen verschiedenen Auslandsaufenthalte und Lebensmittelpunkte dazu, man entscheidet sich für gemeinsame Kinder und teilt sich die Erziehungspflichten – wobei der Großteil davon von der Frau erledigt wird. Sie scheint sich überhaupt recht stark über ihren Partner zu definieren, vom anfänglichen Anhimmeln und Sich-seinen-Wünschen-Unterordnen ist etwas geblieben.

    Irgendwann schleicht sich der Alltag in die Liebe ein. Die Erzählerin beginnt zu zweifeln, entwirft Szenarien eines Lebens ohne ihren Partner. Trotz aller Unsicherheit wird sie zu der festen Überzeugung geführt, dass ihr nur eine Trennung Lebenszufriedenheit zurückgeben kann. Diese zerstörerischen Gedanken scheinen sie über Jahre zu begleiten. Ständig nimmt sie sich vor, dem Partner die Trennung zu verkünden, am Ende fehlt jedoch das letzte Quäntchen Mut oder Überzeugung, so dass der finale Satz ungesagt bleibt. Es ist eben nicht leicht, seine Vergangenheit zu verlassen (vgl. S. 25).

    Bereits am Anfang räumt die Erzählerin ein: „Diese Erzählung erscheint mir wie eine Zusammenfassung eines Films, den ich vor langer Zeit (…) gesehen habe. Ich kann nur einzelne Szenen wiedergeben, während mir die Gesamtdramaturgie entfallen ist.“ (S.12) Hierin sehe ich eine große Schwäche. Die einzelnen Szenen sind durchaus sauber herausgearbeitet. Die Autorin lässt uns tief ins Innere ihrer Figur blicken. Jedoch ergibt sich daraus kein stimmiges Gesamtbild, dem ich als Leserin ohne Schwierigkeiten hätte folgen können. Es geht zwar äußerlich um Liebe, geschildert werden aber überwiegend eine diffuse Fremdheit, sich einschleichendes Misstrauen und wachsende Distanz, für die es so recht keine konkreten Ursachen gibt. Es gibt kaum klärende Gespräche zwischen den Partnern, die über Alltäglichkeiten und Organisatorisches hinausgehen. Ebenso bleiben konkrete Konflikte und Auseinandersetzungen weitgehend außen vor (dass es gar keine gab, kann man sich kaum vorstellen). Vor dem Hintergrund der Autofiktion und dem damit einhergehenden Wunsch, die noch lebenden Angehörigen zu schützen (alle Figuren bleiben namenlos und anonym), mag das plausibel sein, doch hat das die wachsende geschilderte Entfremdung für mich schwer nachvollziehbar gemacht. „Das Unglück ist nicht auf uns herabgestürzt, nicht über uns hereingebrochen, es ist langsam in uns eingedrungen, beinahe sanft hat es sich eingeschlichen.“ (S. 151)

    Es liegt in der Natur der Sache, dass man nur eine Perspektive beschrieben bekommt. Die Erzählerin hinterfragt verschiedenste Begebenheiten, formuliert dabei sehr lebenskluge Gedanken und analysiert ihre Partnerschaft. Dabei haben die Grübeleien aus meiner Sicht eindeutig selbst- und liebeszerstörerische Tendenzen. Die Entscheidung scheint unumstößlich getroffen zu sein – wird aber trotzdem kontinuierlich überprüft und vertagt. Der Partner ist eher der Stoiker, einer, der an der einmal getroffenen Entscheidung festhält und nach eigener Aussage nichts vom Unglücklichsein hält. Auch der Familienalltag bildet nur einen Hintergrund. Herausforderungen aufwachsender Kinder werden nur gestreift, ebenso eine offenbar depressive Phase der Erzählerin.
    Die Erzählerin resümiert nicht nur über Trennendes sondern auch über Gemeinsamkeiten, zu denen insbesondere das Aufwachsen in der ehemaligen DDR gehört: „Auch wenn die Diktatur abgeschafft war, war sie noch immer zu spüren. So was bleibt länger, als man denkt. Es steckt in den Menschen drin…“ (S.51) Ebenso stellt sie die Verbundenheit durch gemeinsame Jahre heraus.

    Ich habe diese intensive Innenschau leider überwiegend als sehr kühl und distanziert empfunden. Das Lesen erforderte nicht nur Aufmerksamkeit, sondern große Mühe, weil meine Gedanken zum Abschweifen neigten. Ich kann diese komplizierten Beschreibungen und Schlussfolgerungen einfach nicht nachvollziehen. Vielleicht bin ich auch eher die Stoikerin, die mit der einmal getroffenen Lebensentscheidung nicht hadert? Insofern glaube ich, dass das Buch bei anderen Leser/innen auf größere Gegenliebe stoßen wird. Seine Stärke liegt zweifellos in der sprachlichen Ausgestaltung. Julia Schoch kann exzellent schreiben und ihre Gedanken in wunderbare Worte und Bilder kleiden, die mich beeindruckt haben. Hier eine Auswahl:

    „Sich dauernd zu trennen und wieder zu verlieben ist, als sähe man Hunderte Filmanfänge, aber keinen Film zu Ende.“ (S. 49)
    „Ich habe einen Wimpernschlag gebraucht, mich in dich zu verlieben, und dreißig Jahre, um Gründe dagegen zu sammeln.“ (S. 65)
    „Aber stimmt das Bild? Nimmt eine Beziehung Fahrt auf, je länger sie dauert? Ist sie nicht eher ein Schleppnetz, in dem mit den Jahren immer mehr hängen bleibt und das vor lauter Prallheit irgendwann zu reißen droht?“ (S. 112)

    Am Ende liest sich der Roman keinesfalls als Gebrauchsanweisung für eine Trennung - auch wenn so vieles darum kreist - sondern vielmehr als Ode an die lebenslange Partnerschaft, die nicht unbedingt einen Trauschein braucht. Für mich vielleicht das falsche Buch zur falschen Zeit. Es konnte mich einfach nicht erreichen, auch wenn es viele starke Passagen enthält. Wem „Das Vorkommnis“ gefallen hat, dem wird auch der zweite Teil der Trilogie zusagen. Davon bin ich nach einer Leseprobe überzeugt. Von mir an dieser Stelle leider nur eine eingeschränkte Lese-Empfehlung.

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Das Land am anderen Ende des Meeres

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Land am anderen Ende des Meeres' von Jürgen Rath
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Das Land am anderen Ende des Meeres"

Autor:
Format:Broschiert
Seiten:310
Verlag: edition karo
EAN:9783945961278
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Rezensionen zu "Das Land am anderen Ende des Meeres"

  1. Ein bewegtes (Seemann-)Leben

    Cover:
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    Das Titelbild zeigt ein Segelschiff auf leicht unruhiger See. Im Hintergrund Berge und dunkelblauer Himmel. Man riecht beim Anblick förmlich das Abenteuer und hat Lust, ferne Welten und dieses Leben zu erkunden.

    Inhalt:
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    "Ich hab so viel Lebenserfahrung in den letzten neunzig Jahren angesammelt. Also nicht bewusst angesammelt, das Leben ist so auf mich heruntergekommen. Und das soll alles umsonst gewesen sein? Ich verabschiede mich bald von dieser Welt und werde nichts weitergeben. Es ist alles urplötzlich verschwunden und vernichtet."
    Jutta Steinkamp überlegt, sie zögert einen Augenblick, dann sagt sie es doch: "Glauben Sie, dass die Welt nicht weiter existieren wird, wenn Sie nicht mehr da sind?"
    "Das ist ja das Problem! Ich bin weg und keiner merkt es. Nein, es ist schlimmer: Niemand weiß, dass ich jemals gelebt habe." Der alte Mann räuspert sich wieder, er wischt ziellos über die Tischdecke. "Wahrscheinlich unterscheiden wir uns nicht von den Ameisen. Wenn eine totgetreten wird, nimmt eine andere ihren Platz ein. Und wenn ich in der Kiste liege, zieht hier ein anderer alter Knacker ein, und alles geht weiter wie bisher - nur ich bin nicht mehr da."
    "Das ist der Lauf des Lebens."
    "Ja, das ist er wohl. Aber lohnt es sich, dafür so zu strampeln und zu kämpfen?"
    Die junge Frau legt ihre Hand auf das Aufnahmegerät. "Immerhin haben wir Ihre Lebensgeschichte hier auf Kassette. Das macht Sie unsterblich."
    (S. 100)

    1981 hat der Autor im Seemannsaltenheim in Hamburg ein Interview mit dem damals 92-jährigen Hans S. geführt. Dieses Interview dauerte nur 2,5 Stunden, bot aber so viel Stoff, dass er viele Jahre später daraus dieses Buch schrieb. In dieser Romanbiografie führt ein weiblicher Gegenpart in Person der Studentin Jutta Steinkamp das Interview und dies sorgt an manchen Stellen für einen spannenden Dialog.

    Mein Eindruck:
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    Mich hat der Roman von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Zum einen ist das Leben des Protagonisten Hans so umfangreich und aufregend, dass man kaum glauben kann, dass er alles tatsächlich so erlebt hat. Schon mit 13 Jahren wollte er zur See fahren, war aber noch zu klein und fing stattdessen an, als Nietjunge zu arbeiten. Ein sehr gefährlicher Job!
    Aber auch seine anderen Tätigkeiten waren nicht ohne, sowohl auf See als auch an Land erlebt er unglaubliche Abenteuer, überlebt mehrere Kriege und wechselt sogar mehrfach seine Staatsbürgerschaft. Er hat wahrlich mehrere Leben in einem gelebt! Die Form des Interviews mit der Studentin ist sehr gut gewählt. So wirken die Erzählungen authentisch und sowohl die Konstellation Mann-Frau als auch ältere versus jüngerer Generation sorgen für einige humorvolle, aber auch tiefgründige Dialoge zwischen den beiden.
    Dass das Originalinterview des Autors nur 2,5 Stunden dauerte, merkt man dem Roman nicht an. Neben dem sehr gefüllten und erfüllten Leben von Hans hat der Autor aus seinen eigenen Recherchen und Erfahrungen Text zum historischen Kontext und der Seefahrt beigesteuert und dies geschickt in die Handlung eingewoben, sodass alles zu einem großen Ganzen harmoniert.
    Ich habe diesen Roman sehr genossen, mit Hans mitgelitten und mitgelacht und viel über das damalige (Seemann-)Leben gelernt und auch über die entsprechenden historischen Ereignisse.

    Fazit:
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    Mitreißende Romanbiografie mit Humor, Gefühl und gut recherchierten Hintergründen

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Meine Reise zum Regenbogen

Buchseite und Rezensionen zu 'Meine Reise zum Regenbogen' von Bernhard Paul
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Meine Reise zum Regenbogen"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:288
EAN:9783710606465
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Rezensionen zu "Meine Reise zum Regenbogen"

  1. 5
    20. Feb 2023 

    Verwirklichte Lebensträume...

    Bernhard Paul hat uns das Träumen geschenkt. Mit dem Circus Roncalli gelang ihm die Neuerfindung des Zirkusses in einer Welt, die die Kraft der Fantasie vergessen hat. Erstmals erzählt der Erfinder der Traumfabrik Roncalli nun auch offen und tabulos von den Abgründen seiner Kindheit und von seiner Rettung. Seine Autobiografie ist ein Plädoyer für das Miteinander von Menschen aus aller Welt, für Kreativität und grenzenloses Denken. Der Zirkusdirektor und beliebte Clown Zippo nimmt uns mit in das Wien der 70er Jahre an der Seite von Manfred Deix und Gottfried Helnwein, erzählt über seine Freundschaft und den Bruch mit André Heller, über seine Begegnungen mit Stars und Politikern. Vor allem aber schreibt er eine große Menschheitsparabel über die Bedeutung der Kreativität in einer Welt, die uns immer verrückter und komplexer erscheint. (Klappentext)

    Eine liebevoll gestaltete Autobiografie des bekannten Gründers des Circus Roncalli präsentiert der Brandstätter Verlag hier, erfreulicherweise gespickt mit zahllosen Fotos, die noch einmal ganz andere Einblicke liefern. Unterteilt in thematische Kapitel erzählt Bernhard Paul hier meist chronologisch aus seinem Leben, das 1947 in einer kleinen Stadt in Niederösterreich in Armut und mit wenig elterlicher Liebe begann. Vor allem zu seiner Mutter hatte er zeitlebens ein gespaltenes Verhältnis. Doch schon früh zeigte sich: hier ist einer, der weiß, was er will!

    "Der Circus gab mir die Möglichkeit, Clownerie, Architektur und Kunst, Musik, Abenteuer und Regie, Sammelleidenschaft, Fantasie und Humor unter ein Zelt zu bringen. Und dieses Zelt nenne ich bis heute meine Familie und mein Zuhause: Roncalli." (S. 7)

    Schon als Kind erwachte die Liebe zum Zirkus, der Wunsch dazuzugehören, Teil der bunten Traumwelt zu werden. Und auch wenn das Leben Umwege für Bernhard Paul bereithielt, fügte sich letztlich alles so, dass er es für die Verwirklichung seines Traums gebrauchen konnte. Leidenschaft und Lust, Zähigkeit und eiserner Wille sind einige der Zutaten, mit denen es dem Visionär schließlich gelang, auch gegen den Widerstand etablierter traditionsreicher Zirkusse seinen eigenen Circus ins Leben zu rufen. Seit 1976 gibt es nun den Circus Roncalli, der seither schilllernde Traumwelten verkauft, ganz ohne Tiere und, ja, auch plastikfrei. Wichtig ist Bernhard Paul v.a. die Atmosphäre, das Nostalgische. Hinter den Kulissen dann modernste Technik, die beispielsweise den Einsatz von Hologrammen in der Manege ermöglicht.

    Von interessanten Begegnungen erzählt der Autor hier, von Schlüsselerlebnissen, Freunden, Lebensbegleitern, Familie. Vor allem aber von seinen großen Leidenschaften und dem unbedingten Willen, diese in seinem Leben fest zu verankern und ihnen einen würdigen Raum zu verschaffen. So träumt der heute 75Jährige noch davon, ein Museum zu verwirklichen, in dem seine diversen Sammlungen zur Geltung kommen und ihn überdauern können. Der Circus Roncalli ist längst in die Hände seiner Kinder gelegt, auch wenn Bernhard Paul es sich nicht nehmen lässt, immer noch ein Wörtchen mitzureden.

    Auf der offiziellen Roncalli-Seite äußert der Circus-Gründer selbst: "Ich bin einer von den Unkaputtbaren. Kreativität und Kunst kennen kein Alter. Picasso malte noch mit 90 Jahren und unser Schutzheiliger Charlie Chaplin machte noch mit weit über 80 Jahren Filme. Udo Lindenberg und der Rolling Stones Gitarrist Ron Wood sind so alt sind wie ich und auch noch schwer aktiv. Uns alle beflügelt halt dieser Rock and Roll des Lebens..."

    Vielleicht ist der Umgang mit diesem starrsinnigen Bernhard Paul nicht immer einfach für andere. Aber ohne diesen Starrsinn, seine Kreativität, seine Leidenschaft und seinen ungebrochenen Idealismus gäbe es Roncalli nicht, wäre das Projekt an vielen Hürden gescheitert, ein Traum begraben worden. Doch so kann der langjährige Circus-Direktor, der Clown Zippo, der Begleiter zum Regenbogen stolz auf sein Lebenswerk schauen, das nie aufhören wird sich zu wandeln. Beeindruckend!

    Ich habe dieses Buch nun weiterverschenkt an wohl einen der größten Roncalli-Fans und dafür schon im Vorfeld Seufzer des Entzückens geerntet. Eine Autobiografie, die nicht hochtrabend daherkommt, sondern kleine Einblicke in ein interessantes und abwechlsungsreiches Leben vermittelt. Hier ist einer, der genügend Biss hatte (und weiterhin hat), um seine Lebensträume zu verwirklichen. Davor ziehe ich meinen Hut.

    © Parden

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Die Verräter

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Verräter' von Artur Weigandt
NAN
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Inhaltsangabe zu "Die Verräter"

Artur Weigandt schreibt als Chronist der Heimatlosen über den Zusammenbruch der Sowjetunion, die Suche nach der eigenen Herkunft und den Krieg in der Ukraine. Uspenka, ein Plandorf in der weiten Steppe im heutigen Kasachstan, in dem alles parallel zueinander läuft: Straßen, Menschen, Kühe. Alles, was in Uspenka geschah, könnte auch im Rest der UdSSR so geschehen sein: die Repressionen, der Zwang, die Deportationen. Mit dem Zerfall der Sowjetunion verwaiste Uspenka. Viele Menschen gingen weg und begannen ein neues Leben in der Fremde. Und wurden damit zu Verrätern ihrer Heimat. Artur Weigandt, selbst in Uspenka geboren, hat einen journalistischen Heimatroman geschrieben, über ein Dorf, das für den Lauf der Geschichte nie eine Rolle spielte, und über die Menschen, in deren Erinnerungen das Dorf weiterlebt. Mit diesen Menschen spricht er, und er folgt den Spuren, die Flucht und Vertreibung in seiner eigenen Familie hinterlassen haben. Nur um am Ende festzustellen, wie sehr der russische Angriff auf die Ukraine seine Identität infrage stellt.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:160
Verlag: Hanser Berlin
EAN:9783446275904
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