Die Unzertrennlichen: Roman
Im Palast nebenan ist die älteste Tochter, Caterina, endlich nach Hause gekehrt. Der Conte stellt zu seinem eigenen Befremden fest, dass er sich plötzlich mit Heiratsgedanken trägt und sich verliebt hat. Doch Caterinas Vater hat andere Pläne; sie wird die Frau des jüngeren Bruders des Conte. Während der Conte sich damit tröstet, dass er Andrea und sein künstlerisches Talent fördert, verlieben sich Caterina und ihr Cicisbeo unsterblich ineinander -- aber ihr Glück ist nicht von langer Dauer. Denn als der Conte dies erfährt, weiß er etwas dagegen zu unternehmen....
Ein nettes Buch, das sich vor allem durch eine schöne, dem Sujet, der gezeigten Gesellschaftsschicht und der Zeit angepassten Sprache auszeichnet. Die Geschichte selbst holpert hin und wieder; die Herkunft Andreas, sein angeblich so außergewöhnliches Talent -- und dabei seine Unfähigkeit, zu erkennen, woher er eigentlich ist -- passen irgendwie nicht richtig zusammen. Auch seine Bindung an den Conte erscheint ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Wirklich wunderbar beschrieben sind jedoch die Bilder, und Andreas Ausführungen zu dem, was er vor sich sieht -- vor allem die Beschreibungen dessen, was er gemalt hatte, als er schon im Gefängnis saß.... Insgesamt gute Unterhaltung, die aber nicht unbedingt ein zweites Mal gelesen werden muss. --Daniela Ecker
»Die Wiederentdeckung dieses Buches und die grandiose Übertragung von Pieke Biermann ist ein Glücksfall.« Max Czollek
Christine ist sechzehn, hat eine schwarze Mutter und einen jüdischen weißen Vater und wächst auf in Philadelphia, verspottet als »Oreo« (wie der Keks) – eine doppelte Außenseiterin. Der Vater hat sich früh aus dem Staub gemacht und ihr ein Geheimnis hinterlassen, für dessen Lösung sie ihn finden muss. Auf nach New York!
Unterwegs trifft sie unglaubliche Leute: einen schwulen »Reisehenker«, der anonym Manager feuert, einen Radio-Macher, der nicht spricht, einen grotesk tumben Zuhälter und endlich auch ihren Vater. Nicht jeder ist ihr wohlgesinnt. Aber Oreo überlebt alle und alles dank ihres selbsterdachten Kampfstports WITZ, getreu ihrem Motto: »Niemand reizt mich ungestraft.«
Oreo folgt der Theseus-Sage mit all ihren Volten bis zum letzten irrwitzigen Twist, dem Vatergeheimnis. Aber der antike Held ist heute jüdisch, schwarz und weiblich.
Immer wieder habe ich mir vorgenommen diesen besonderen Weihnachtsroman endlich mal zu lesen und dann war Weihnachten doch wieder zu stressig. Aber nun ist es mir ja gelungen und ich kann zur sagen: herrlich wie Missverständnisse einen in die Bredouille bringen können.
In der Geschichte geht es um Sandra und Thomas, bei denen an Heiligabend noch schnell ein Doppelbett abgeholt werden soll, bevor es dann endlich weihnachtlich werden soll. Doch die vermeintlichen Käufer machen es sich mit Alkohol im Wohnzimmer gemütlich und scheinen mehr Interesse an ihnen als Paar als an dem Bett zu haben. Was geht hier nur vor?
Als Leser bekommt man mit der Zeit tiefe Einblicke in die Beziehung der jeweiligen Paare. Während Leo und Elisabeth mit sich und der Welt zufrieden sind, scheinen Thomas und Sandra schon seit Jahren eher nur so neben einander her zu leben. Wo sind Liebe und Leidenschaft abgeblieben?
Das herrliche an dem Roman ist gewiss das Missverständnis, was sich sehr lange nicht aufklärt und nur der Leser weiß die ganze Zeit über alles Bescheid, was es so urkomisch macht. Auch die Marotten der Pärchen, wie sie sich gängeln, welche Schwächen und Macken sie haben, das liest sich einfach nur ungemein amüsant und als Leser findet man sich da durchaus wieder.
Ich bin kein Fan von Weihnachten, aber dieses weihnachtliche Setting war einfach nur herrlich.
Fazit: Eine Weihnachtsgeschichte, die an Ideenreichtum und Witzigkeit Ihresgleichen sucht. Uneingeschränkte Leseempfehlung. Klasse!
Sandra und Thomas sind mit ihren Weihnachtsvorbereitungen beschäftigt. Zum ersten Mal fahren sie Heilig Abend nicht zur Familie. Ausgerechnet an diesem Tag hat das schon lang inserierte Doppelbett einen Interessenten gefunden und als es klingelt, bittet Sandra das Paar herein um alles abzuwickeln. Doch Elisabeth und Leo packen erst mal eine Flasche Prosecco aus und wollen gar nicht so schnell auf das Thema Bett kommen.
Ein grandioses Missverständnis das sich nur allmählich löst. Elisabeth und Leo haben sich in der Hausnummer geirrt, ist wollen das Paar aufsuchen, mit dem sie sich in einem Swinger Forum verabredet haben. Doch seltsam – je länger die Paare miteinander sprechen, umso weniger eilt es mit der Verabschiedung.
Der Klappentext klingt wie eine Screwball Komödie, sexy und schnell – aber es wäre nicht der Autor René Freund, wenn er es dabei beließe. Ganz allmählich und immer sehr unterhaltsam für den Leser, geht er den Persönlichkeiten auf den Grund. Wenn die tiefschürfendsten Gespräche eines Paares um die Vorzüge von Bio-Salat und Grammatikfehler geht, merkt man sehr schnell die Vermeidungsstrategie.
Schicht um Schicht fällt der Schutz, den sich das Paar geschaffen hat und allmählich müssen sie sich unangenehmen Wahrheiten stellen. Es geht natürlich um Sex, aber auch um Vertrauen, Liebe und geheime Sehnsüchte. Renè Freund beschreibt das alles sehr witzig und mit Augenzwinkern, aber auch mit tiefen Verständnis für die Wirrungen seiner Figuren. Er lässt dabei keinen Stein auf dem anderem und mit den Protagonisten setzt auch beim Leser ein Gedankenspiel ein.
Ich habe mich bestens unterhalten und doch auch sehr mit dem Paar Sandra und Thomas mitgefühlt. Das liegt sicher am – von einigen Lesern so genannten – René Freund Gen, das seine Bücher ausgezeichnet. Amüsant und liebenswert und immer mit dem Blick auf den Menschen.
Eine Weihnachtsgeschichte der anderen Art, aber ehrlich und passend zum Fest der Liebe.
Frech, laut, unerschrocken, Oreo
Das englische Original von „Oreo“ erschien bereits im Jahr 1974. Das erstaunt aus einem gewichtigen Grund: die fünfzehnjährige Heldin der Geschichte ist schwarz (mütterlicherseits), jüdisch (väterlicherseits), kompromisslos selbstbewusst (ihrerseits) und bietet den Vorurteilen der überwiegend von Weißen regierten Gesellschaft mit rotzfrecher Traute die Stirn. Das war in der Literatur der Zeit beileibe keine Selbstverständlichkeit – dass die afroamerikanische Autorin Fran Ross dafür einen Verleger fand, grenzt an ein Wunder.
Dass sie ihre gemischtrassige Protagonistin ausgerechnet auf den Spuren Theseus‘ wandeln lässt, dieses weißen Ur-Helden westlicher Mythologie, erstaunt da kaum noch. Warum auch nicht? Eine schwarze Heldin und ihre schwarze Erschafferin erobern sich ein Stück Identität, indem sie einem patriarchalischen weißen Mythos ihren eigenen Stempel aufdrücken. Seht her, wir sind auch noch da.
Der Roman ist keine direkte Neuerzählung der Sage, aber deren Themen ziehen sich durchs ganze Buch und einige der Charaktere finden ihre Entsprechung in den Menschen, die Oreo trifft.
Die Themen lassen sich daher grob aufteilen in drei Gebiete:
1) Der persönliche Kosmos der jungen Heldin: Ethnizität, Sexualität, Identität.
2) Die Gesellschaft (nicht nur) der 70er Jahre: Normen, Erwartungen, Vorurteile, Klassendenken.
3) Und letztendlich: die griechische Mythologie, auf deren Basis alle diese Themen zu einer satirischen Geschichte verwoben werden, die ihrer Zeit weit voraus war.
Oreo weiß, dass ihr ihr nichts geschenkt wird und sie als Tochter gemischtrassiger Eltern sogar um ihre Identität kämpfen muss. Also tut sie das – mit allen Mitteln, unverfroren und ohne Pardon. Sie ist größer, bunter, lauter als das Leben, das ihr zugedacht wird.
An diese Stelle möchte ich eines direkt vorwegschieben:
Ich verneige mich vor dem Mut der Autorin, die leider schon 1985 an Krebs verstarb. Sie schrieb an gegen Rassismus, Sexismus, Klassizismus, indem sie entsprechende Ideen und jegliche Klischees mit gnadenlosem Humor ad Absurdum führte. Ich erkenne die Bedeutung des Buches für die afroamerikanische Literatur im Allgemeinen und für Leser gemischter Ethnie im Besonderen an. Oreo gab und gibt marginalisierten Menschen eine Identifikationsfigur.Ich ziehe meinen Hut vor der Komplexität und dem Einfallsreichtum des Werkes. Es ist zutiefst intelligent und versteckt in seinem schrillen Witz einen großen Tiefgang.
Dennoch tat ich mich über lange Passagen schwer.
Mit dem Humor konnte ich mal umgehen, dann wieder nicht, was von der Autorin aber sicher ganz bewusst ausgereizt wurde.
Es ist großartig, wie sie rassistische Klischees immer wieder gnadenlos umdreht und dem Leser damit deren Absurdität vor Augen führt, aber vieles war für mich persönlich zu überzogen – zu viel, zu bemüht, zu anstrengend.
Im Grunde ist „Oreo“ ein klassischer Schelmenroman, der den Humor jedoch oft in unerwarteter Manier auf die Spitze treibt – von fein-satirisch bis hin zu derbe, grotesk und vulgär. Hier ist alles erlaubt, und da bin ich das ein oder andere Mal fast ausgestiegen. Haarscharf am Abbruch vorbeigeschlittert.
Auch der Schreibstil beziehungsweise die Übersetzung machten es mir nicht immer leicht.
Oreo ist ein Kind zweier ganz unterschiedlicher Kulturen und damit verbundenen Sprachgebrauchs. Das Jiddische spielt immer wieder eine Rolle, und im Original liest sich die Sprache mancher schwarzer Charaktere wie eine Form von „Black English Vernacular“, einer speziellen Form des afroamerikanischen Englisch.
Dieser Sprachmix geht in der Übersetzung natürlich zwangsläufig ein Stück weit verloren. Ich habe ein paar Probekapitel im englischen Original gelesen und würde sagen, dass Sound und Rhythmus der Sprache im Deutschen etwas an Lebendigkeit und Wirkung einbüßen.
Dazu kommen Fremdwörter und Wortneuschöpfungen. Oreo ist sehr kreativ darin, sich ihre Welt mit Sprache untertan zu machen, und das war mir gleichzeitig eine Freude und verursachte graue Haare. Auch aus Sicht anderer Charaktere knallt Fran Ross dem Leser die Worte ungebremst an die Stirn.
In vielen Kapiteln habe ich das geliebt, in anderen war ich versucht, das Buch aus dem Fenster zu schmeißen. Ein Beispiel, bei dem ich kurz davor war, mit einem Teelöffel Harakiri zu begehen:
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»Was, was, was, woher ha’m Sie das?« Moe wollte das ganze Couplet für sich kapern und verriet damit einen egoistischen Zug. Mit dem würde sich Flo später, in den gemeinsamen choliambischen Jahren, wenn es skazonierend dem Lebensende entgegenging, wohl oder übel arrangieren müssen
In wie viele Zäsuren wird ein so undisziplinierter Versefex wie Moe wohl mit fliegenden Fahnen rennen?, überlegte Oreo. Wie viele Katalexe werden akatalektieren, wie viele Spondeen amphimazerieren dank seinem Drang, ganz allein Reime zu schmieden (…)?
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Zuguterletzt lief mir die Geschichte streckenweise zu sehr ins Ungewisse. Einige Kapitel lang mäanderte sie in alle möglichen Richtungen. Es tauchten Charaktere auf, die keine weitere Rolle spielten, Oreos Erlebnisse schienen planlos und nicht in der Handlung verankert – ein grandioses Durcheinander.
Aber dann nahm die Geschichte zunehmend Struktur an, erinnerte immer deutlicher an die Theseus-Sage, ohne sie schlicht als Blaupause zu nehmen. Bei der ein oder anderen Umsetzung eines der Charaktere der Sage musste ich laut lachen, weil die Autorin hier sowohl ihren Witz als auch ihre Intelligenz spielen ließ. Aus dem Chaos kristallisierte sich ein klassisches Schema heraus – quasi Oreos persönliche Heldenreise, im Oreo-Stil.
Ab da fand ich das Buch wieder großartig, doch im Rückblick pendelt sich meine Gesamtmeinung auf eine Art Mittelmaß ein: Ein bedeutendes Buch, das ich mir aber mit Zähnen und Klauen erkämpfen musste und daher unter Ermüdungserscheinungen litt… Mehr mein Fehler als der des Buches.
Fazit
„Oreo“ erschien im Jahr 1974, und seine Heldin war das genaue Gegenteil des damals üblichen Romanhelden: nämlich weiblich, jüdisch, schwarz. Ihre Suche nach ihrem abgängigen Vater beruht lose auf der Theseus-Sage, hat aber stilistisch nur wenig damit zu tun. Die Geschichte wird getrieben von einem derben Humor, der gnadenlos ausgereizt wird, und erzählt in einer Sprache, die es dem Leser in vielerlei Hinsicht oft nicht einfach macht.
Die Bedeutung des Buches liegt in meinen Augen zum einen darin, dass es in einer Zeit erschien, als marginalisierte Menschen noch nicht allzu oft in der Literatur repräsentiert wurden (obwohl im gleichen Jahr auch „Roots“ von Alex Haley erschien), und zum anderen in der Art und Weise, wie es Missstände und Klischees durch Übertreibung und Umkehrung der Verhältnisse anprangert. So wird ein schwarzer Charakter aus Judenhass geizig, kleinlich, heimtückisch und geldgierig – also zum Inbegriff des antisemitischen Klischees, an das er selbst glaubt.
Einfach zu lesen fand ich es jedoch nicht. Viel ist sicher auch „lost in translation“, da die Sprache des Originals mit Fremdwörtern und Wortneuschöpfungen spielt.
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