Jeder weiß, dass deine Mutter eine Hexe ist
Das Buch spielt auf zwei Zeitebenen, einmal in der Vergangenheit und einmal in der Gegenwart.
Den Vergangenheitsteil finde ich unheimlich toll. Man bekommt gut die Gegebenheiten des Landstrichs vermittelt, wie die Leute ticken und wie hart des bäuerliche Leben zu dieser Zeit gewesen sein muss. Und es wird sehr deutlich, wie schwer es vor allem für eine alleinstehende Frau gewesen sein muss, die es schafft einen Hof selbst zu führen und das auch erfolgreich. Abelkes Geschichte hat mich sehr fasziniert und ihr Schicksal mich sehr berührt. Die Ungerechtigkeiten, die ihr widerfahren, haben mich wütend gemacht und ich wäre am liebsten durch die Seiten gestiegen und hätte Abelke verteidigt.
Mit dem Gegenwartsteil habe ich so ein wenig meine Probleme. Er ist mir zu sehr gespickt mit Klischees. Das kann funktionieren, aber es fühlt sich für mich an wie eine Auflistung der größten Frauen-/Familienklischees, die man derzeit so finden kann. Dadurch fällt es mir unheimlich schwer, mich in Brittas Probleme hineinzuversetzen. Ich finde den überwiegenden Teil einfach ziemlich belanglos. Erst am Ende wird für mich ein bisschen dessen sichtbar, wie Brittas Geschichte auch hätte erzählt werden können. Ohne Klischees und ohne Feminismus-Keule.
Ich finde ja selten ein Nachwort wirklich spannend und meistens lese ich es auch tatsächlich nicht. Aber hier ist das Nachwort wirklich gut gemacht. Interessant und informativ, es hat mich wirklich sehr gelockt sich mit einem mir eher unbekannten Thema auseinanderzusetzen, tolle Anreize zur weiteren Lektüre.
Aber der Gegenwartsteil - der ist mir einfach zu platt, zu plakativ, zu klischeehaft und auch nicht wirklich interessant. Er kann für mich absolut nicht mit der Geschichte um Abelke Bleken mithalten. Aber alleine für diesen Teil würde ich das Buch noch einmal lesen.
Die Geografin Britta Stoever hat mit ihrer Familie in Hamburg gelebt und der Kinder wegen beruflich zurückgesteckt. Doch nun zieht sie ihrem Mann zuliebe ins Marschland. Das Energieeffizienzhaus, für das er sich ohne Britta entschieden hat, gefällt ihr nicht und auch sonst kommt sie nicht an. Als sie die Gegend erkunden will, fällt ihr ein Straßenschild „Abelke-Bleken-Ring“ ins Auge. Sie will wissen, wer diese Frau war und stößt bei ihren Recherchen auf eine Hexenverbrennung im 16. Jahrhundert.
Abelke war eine selbstbewusste und selbständige Frau, die sich von niemanden sagen lassen wollte, wie sie ihr Leben zu führen hat. Als Tochter eines reichen Bauern übernimmt sie den Hof nach seinem Tod und bewirtschaftet ihn ohne Ehemann. Das ist in jener Zeit ungewöhnlich und sie hat auch Neider, weil sie das erfolgreich macht. Doch dann schlägt die Natur zu und schnell ist eine Schuldige ausgemacht. Ein Scheiterhaufen wird aufgebaut und Abelke als Hexe verbrannt.
Je mehr Britta in die Geschichte von Abelke eintaucht, umso mehr erkennt sie, was in ihrem Leben nicht richtig läuft. Die Differenzen zwischen den Ehepartnern werden immer offensichtlicher und schon bald läuft alles auf eine Trennung hinaus.
Die Autorin Jarka Kubsova hat einen wunderbaren Roman geschrieben über zwei Frauen, die in unterschiedlichen Zeiten leben und beide ein selbstbestimmtes Leben führen möchten. Der Handlungsstrang um Abelke Bleken hat mir dabei viel besser gefallen als der um Britta Stoever. Abelke widersetzt sich den Gepflogenheiten ihrer Zeit und so kommt es, wie es damals kommen musste. Britta dagegen wollte Familie und Beruf unter einen Hut bringen, auch weil ihr Mann sie bedrängt hat, und hat sich dabei selbst vergessen. Beruflich hat sie durch ihre Auszeit keine Chance mehr in ihrem Job.
Dieser Roman lässt sich sehr angenehm lesen und hat mir gut gefallen.
Zwei Frauen, die 500 Jahre voneinander trennen, doch beide leben in den Vier- und Marschlanden in Ochsenwerder. Britta versucht ihren eigenen Weg zu finden und stößt dabei auf die schicksalhafte Geschichte von Abelke Bleken, die als alleinstehende Hofbesitzerin keinen leichten Stand in einer Gesellschaft voller alter Bräuche und Vorurteile hatte.
Jarka Kubsova hat einen unvergleichlichen Schreibstil. Besonders der Blick in die Vergangenheit nimmt einen gefangen und vermittelt ein Gefühl für das harte Leben auf dem Land. Man riecht förmlich den schweren Dunst in den Häusern, fühlt sich vom Nebel auf dem Land umfangen und empfindet die Last der Protagonisten. Was ein Brack ist, habe ich erst durch die anschauliche Beschreibung des von der Flut geschlagenen Wasserloches erfahren. Besonders aber die Frauen in Gegenwart und Vergangenheit spielen eine besondere Rolle.
Das Nachwort zum Roman hätte ich mir am Anfang als Einleitung gewünscht, da hier viele Erklärungen gegeben werden, warum der Blick auf die handelnden Frauen so besonders ist.
"Frauen erlitten im Zuge des Übergangs vom Feudalismus zum Kapitalismus einen einzigartigen Prozess sozialer Degradierung, der für das Funktionieren des Kapitalismus bis heute grundlegend ist."
1580 lebte Abelke Bleken als Hofbesitzerin in den Marschlanden. Zu dieser Zeit mehr als ungewöhnlich, dass eine unverheiratete Frau ein großes Hufnerhaus bewirtschaftete. Zudem war sie auch noch erfolgreich und durchaus den Männern in der Landwirtschaft qualitativ überlegen. Doch ihr Können in der Landwirtschaft und das Gespür für die Natur weckt auch Neider. Als eine große Flut viele Häuser und Ernten zerstört, kann Abelke ihr Getreide retten, weil sie rechtzeitig Vorkehrungen getroffen hat. Um so grausamer ist es, dass sie die geschuldete Deichreparatur in dem gesetzten Zeitraum nicht bewerkstelligen kann. Die darauf folgenden Ereignisse wirken in der heutigen Zeit albtraumhaft und beschämend.
In der Gegenwart zieht die Mittvierzigerin Britta mit ihrer Familie ins Vier- und Marschland nach Ochsenwerder. Die alten Geschichten vom Ort und die heimeligen historischen Häuser gefallen ihr sehr. Zufällig wird ihr Interesse für Abelke Bleken geweckt und sie beginnt mit eigenen Recherchen. Doch das vermeintlich wohltuende Landleben birgt auch negative Seiten. Immer öfter fühlt sich Britta allein in der fremden Umgebung. Ihre Bekannten aus Hamburg sind fern und ihr Mann zeigt wenig Verständnis für ihre Sorgen und Bedürfnisse. Anders als Abelke, die ihr Leben stets selbst in die Hand nehmen musste, wirkt Britta unselbstständig und hadert oft mit sich selbst.
Die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart gelingt nur bedingt. Abelkes Leben ist beeindruckend und ihr Schicksal zeigt, wie sehr die Obrigkeit mit Menschenleben gespielt hat, um eigene Interessen durchzusetzen. Bei Britta hatte ich teilweise das Gefühl, dass hier stark mit Klischees gearbeitet wurde. Sie konnte ihre beruflichen Ziele nicht verfolgen, weil sie sich um ihre Kinder kümmern musste und ihr Ehemann rücksichtslos eigene Interessen in den Vordergrund gestellt hat. Hier wurde allerdings nur oberflächlich geschildert, warum sie in diese Situation geraten ist. Für die Kinder haben sich beide entschieden und es fehlt eine Erklärung, warum Britta sich nicht rigoroser positioniert hat.
Den Ansatz der Autorin, Frauenschicksale aus der Vergangenheit mit der Gegenwart zu verknüpfen, finde ich sehr gelungen, um das Interesse an feministischen Themen zu wecken und zur Diskussion anzuregen. In diesem Roman hätte mir Abelkes Geschichte ausgereicht, die von einer Erzählerin begleitet und Vergleiche zur heutigen Zeit ziehen könnte.
Kurzmeinung: Misogynie durch alle Zeiten hindurch
In dem Roman „Marschlande“ zeichnet die Autorin wie schon in ihrem Debütroman „Bergland,“ zwei, chronologisch versetzte Frauenschicksale in eine bestimmte Landschaft.
In dem Roman „Marschlande“ wendet sich Jarka Kubsova diesmal dem Deichland zu, irgendwo hinter Hamburg,. Die Landschaft ist karg, der Boden ist es nicht. Die Höfe hinter den Deichen, in den Marschen sind jedoch von Wind, Wetter und vor allem den Sturmfluten der Nordsee bedroht. Mensch und Natur. Wessen Interessen behalten die Oberhand?
Der Kommentar:
Während in dem Roman „Bergland“ die Belegschaft des zu bewirtschaftenden Innerleithofs quasi dieselbe bleibt in Vergangenheit und Gegenwart und nur die Generationen wechseln, gibt es in den Marschlanden keine organische Weiterführung eines Marschhofes.
Abelke Bleken, eine selbständige Bäuerin aus dem 16. Jahrhundert, hat keine Nachkommen. Sie führt ihren Hof alleine und vor allem erfolgreich und wird mittels der schändlichen Praxis von Aberglauben und Verleumdung der Hexerei angeklagt, enteignet, gefoltert, verbrannt. Ihr Land geht an die Deichgrafen. Missgunst, Misogynie und Neid führten zu ihrem Untergang, sowie eine Rechtsprechung, die mit Gerechtigkeit nichts am Hut hat.
Dass wirtschaftliche Interessen sowie die übliche Misogynie aller Zeiten die treibende Kraft waren an der tragischen Ermordung der Abelke Bleken, ist im Nachwort von „Marschlande“ sehr schön nachzulesen
„Frauen erlitten im Zuge des Übergangs vom Feudalismus zum Kapitalismus einen einzigartigen Prozeß sozialer Degradierung, der für das Funktionieren des Kapitalismus bis heute grundlegend ist. Sie wurden zunehmend auf Reproduktionsarbeit – also auf Kindererziehung, Kochen, Haushaltsführung – festgelegt. Und das geschah parallel zu einer vollständigen Abwertung dieser Tätigkeiten.“
Während der Roman „Bergland“ mich von vorne bis hinten faszinierte, konnte mich „Marschlande“ nicht völlig abholen. Zum einen finde ich Romane über Hexenverfolgung zutiefst anstrengend, problematisch und kaum zu ertragen, zum anderen ist der Gegenwartsstrang etwas blass. Die Stoevers, die in die Marschlande zugezogen sind, vertragen sich nicht mehr so richtig. Britta Stoever tut sich schwer mit dem Ankommen, tut sich schwer in ihrer Ehe, tut sich schwer in der Konfrontation mit ihrem zum Macho mutierenden Ehemann etc. Im Zuge ihrer Emanzipierung verfolgt sie die Geschichte der Abelke Bleken. Das ist der Zusammenhang. Das ist nicht schlecht gewählt, nur Britta selbst lässt sich erstaunlicherweise lange Zeit so ziemlich alles gefallen.
Weil die Gemeinheiten im 16. Jahrhundert und seine Brutalität schwer zu ertragen sind, ist der zweite gegenwärtige Erzählstrang durchaus auch ein Mittel, die Leser durchatmen zu lassen und ihnen eine Pause zu gönnen, aber eigenartiger Weise gehen die Themen der Zeit, - Klima, Migration, Wokeismus, etc. etc. - an den Marschländern völlig vorbei; sie beschäftigen sich immer noch mit den gängigen Rollen der Geschlechter und arbeiten sich daran ab. Leben die Marschländer hinter dem Deich oder hinter dem Mond?
Doch sowohl in dem einen wie in dem anderen Erzählstrang geht es um Misogynie, das eine Mal ganz unverholen, das zweite Mal etwas abgefedert, aber immer noch gesellschaftlich gebilligt.
Im Prinzip habe ich außer der Genderei des Nachworts kaum etwas zu kritisieren, grundsätzlich mag ich die Marschlande, ich frage mich freilich, ob diese Doppelchroniken von „Frau/en in Landschaft“ das Genre ist, auf das sich die Autorin spezialisiert. Sie macht das sehr gut, ohne Frage, doch ich würde gerne mal noch etwas anders von ihr lesen.
Fazit: Gut. Aber schwer zu ertragen. Das genderte Nachwort gibt Punktabzug. Wieder die Frage: wer gendert hier, die Autorin oder die Lektorin?
Kategorie: Historischer Roman
Verlag: S. Fischer
Jarka Kubsova gelang mit ihrem Debut „ Bergland“ ein fulminanter Erfolg. Ich war von diesem Buch ebenfalls sehr begeistert, dementsprechend hoch waren meine Erwartungen und sie sind nicht enttäuscht worden.
Auch im neuen Roman stehen wieder zwei starke Frauen im Zentrum der Geschichte, doch dieses Mal trennen sie Jahrhunderte.
Britta, eine Frau Mitte Vierzig, ist gerade mit ihrem Mann Philipp und den beiden Kindern in die Marschlande vor den Toren Hamburgs gezogen. Obwohl mit dem eigenen Haus auf dem Land eigentlich ein Traum in Erfüllung gegangen ist, fühlt sich Britta nicht wohl hier. Sie hat Schwierigkeiten im Dorf anzukommen und ihre Arbeit als Teilzeitkraft füllt sie nicht aus. Ziellos beginnt sie die Umgebung zu erkunden. Dabei stößt sie auf das Schicksal von Abelke Bleken, die im selben Ort lebte und im Jahr 1583 als Hexe verurteilt und verbrannt wurde. Britta beginnt zu recherchieren und entdeckt dabei Parallelen zu ihrem eigenen Leben.
Kapitelweise wechselt Jarka Kubsova von der Gegenwart in die Vergangenheit. Schon die Eingangsszene, in der der Aufbau des Scheiterhaufens beschrieben wird, erschüttert und packt gleichermaßen.
Abelke war eine stolze und eigensinnige Frau, die ohne einen Mann ihren großen Hof bewirtschaftete. Neidisch und voller Misstrauen wird ihr Erfolg von der männlichen Nachbarschaft beäugt. Kann das mit rechten Dingen zugehen? Intrigen sorgen dafür, dass Abelke ihren Hof verliert, doch sie will sich davon nicht unterkriegen lassen. Aber ihre Gegner geben nicht auf und denunzieren sie als Hexe. Damit ist Abelkes Untergang besiegelt.
Die Autorin hat für diesen Roman intensiv recherchiert. So gelingen ihr nun eindrucksvolle Bilder und Szenen vom Alltagsleben und den dörflichen Strukturen zu jener Zeit. Die Bauern hier hatten es nicht leicht. Überschwemmungen, Hagel und Frost machten oft ihre ganze Arbeit wieder zunichte. Doch für eine Frau war es noch ungleich härter. Sie musste zwar genauso zupacken wie mancher Mann, doch dabei sollte sie brav und geduldig im Hintergrund bleiben. „ Die Sache ist die: Man kann Frauen viel wegnehmen, man kann ihnen sehr viel antun, aber solange sie das mit sich machen lassen, bleibt es dabei.“ heißt es im Roman. Und weiter: „ Der gefährliche Moment für Frauen ist oft erst der, wenn sie anfangen, sich zu wehren.“
Die Lebenssituation von damals kann man nicht mit der von heute vergleichen. Aber Britta stellt durch die „ Bekanntschaft“ mit Abelke ihr eigenes Leben zusehends in Frage. Hat sie nicht für die Familie ihre eigene Hochschulkarriere als Geographin geopfert? Und wird das überhaupt von ihrer Umgebung gewürdigt? Ungleichheit und Benachteiligungen erleben Frauen auch heute noch. Und sie stoßen oft auf Unverständnis, wenn sie aus ihrer Rolle fallen und Neues wagen möchten.
Mit diesem feministischen Ansatz verknüpft die Autorin die beiden Lebensläufe.
Die Geschehnisse in der Vergangenheit haben mich dabei stärker berührt. Es ist erschreckend zu lesen, was Abelke ertragen musste. Dabei spielen Neid und Missgunst der Nachbarn sowie der damalige Aberglaube eine große Rolle. Die tiefer liegende Motivation war aber die Gier der Oberen nach Landbesitz.
Die Figur der Abelke Bleken ist historisch verbürgt; mehr zum historischen Hintergrund erfährt der Leser im äußerst informativen Nachwort der Autorin.
Der Roman liest sich leicht, plastische Szenen und eindrucksvolle Landschaftsbeschreibungen sorgen für Atmosphäre.
„ Marschlande“ ist ein spannender und bewegender Roman über zwei selbstbewusste Frauen, dem ich viele Leser wünsche.
Das Buch ist sehr geschmackvoll gestaltet. Der Titel ist gut gewählt und das Titelfoto passt ausgesprochen gut zum behandelten Stoff. Das Thema des Buches ist meines Erachtens sehr aktuell und sehr wichtig.
Britta ist eine moderne, gut qualifizierte Frau Mitte Vierzig und durchlebt ein typisches Frauenschicksal unserer Zeit: Sie heiratet, bekommt Kinder und damit beginnt die berufliche Gefährdung sowie in gewisser Weise auch ein sozialer Abstieg, die zeitliche und finanzielle Abhängigkeit vom Ehemann im repräsentativen Job. Der Umzug heraus aus Hamburg in die Marschlande verschärft diese Situation. Am neuen Wohnort entdeckt sie zunehmend die Geschichte der Frauen in diesem Landstrich, allen voran von Abelke, die im 16. Jahrhundert als Hexe verbrannt wurde.
Die Autorin erzählt abwechselnd aus Brittas und Abelkes Perspektive und die zwei erzählten Zeiten entfalten immer mehr Parallelen. Inhaltlich ist die Entwicklung der Geschichte sehr überzeugend und leider auch sehr realistisch. Eine sehr deutliche Herausarbeitung der Tatsache, dass Frauen seit Beginn der frühen Neuzeit, teils wie selbstverständlich und teils bewusst, in existenzgefährdenden Situationen hineingetrieben werden. Es wird auch deutlich, dass trotz gewisser Errungenschaften, sich am grundsätzlichen Problem nicht viel geändert hat. Aus der Erzählung, wie auch aus dem sehr ausführlichen und sehr guten Nachwort, geht hervor, dass die Frauensolidarität historisch schon immer da gewesen ist, nur bewusst unterbunden worden bzw. durch Anpassungsverhalten und erst Recht in unseren individualistischen Zeiten wieder verloren gegangen ist. Sie ist jedoch wichtig, um an der grundsätzlichen Wahrnehmung und Stellung von Frauen - sowohl historisch betrachtet als auch für die Gegenwart - etwas verändern zu können.
Jarka Kubsova hat ein wichtiges Buch geschrieben mit einem sehr guten Ansatz. Lediglich die stilistische Umsetzung hat mich mit voranschreitendem Lesen nicht fesseln können. Sie schafft über detaillierte Beschreibungen einerseits eine sehr dichte und sensible Atmosphäre. Andererseits fehlte mir etwas die Abwechslung in der Schreibweise. Sehr angenehm finde ich, dass es kein militant-feministisches Buch geworden ist. Die genaue Beschreibung dessen, was war bzw. ist, reicht schon aus, um zu berühren und sich auch evtl. wiederzufinden. Sehr gute Idee, das Thema im Nachwort noch außerhalb der Erzählung zu erläutern. Insgesamt eine Leseempfehlung meinerseits.
Gerade erst ist Atticus Turner von der Armee zurückgekehrt. Der Koreakrieg ist vorbei und so richtig weiß Atticus noch nicht, was werden soll. Da erhält er die Nachricht, dass sein Vater verschwunden ist und obwohl er sich mit dem Vater nicht immer einig war, macht er sich sofort auf den Weg in die Heimat. Sein Onkel George und Letitia helfen, Atticus’ Vater auf die Spur zu kommen. Die wenigen Hinweise führen die Drei ins „Lovecraft Country“, wo die Rassentrennung noch besonders groß geschrieben wird. Dort treffen sie Caleb Braithwhite, der in seiner rassischen Geheimloge zu großer Macht gelangen will.
Atticus Turner und seine Familie sind zum Glück auf dem Teppich geblieben, sonst könnten sie Abenteuer, mit denen sie konfrontiert werden, wohl kaum überstehen. Schon auf dem Weg zu Braithwhites Anwesen müssen sie feindliches Gebiet durchqueren. Da kann es schnell gefährlich werden, wenn der Sheriff meint, der schwarze Fahrer eines normalen Fahrzeuges, kann nur irgendetwas im Schilde führen. Mit welcher Gewaltbereitschaft die Polizisten ihr Revier verteidigen und die Schwarzen vertreiben, ist schon erstaunlich. Man hofft, die Turners mögen wenigsten an ihrem ersten Ziel unversehrt ankommen. Unerwartet bekommen sie auf ihrer Reise Hilfe von unbekannter Seite.
Eine Genremix, der doch mal anders ist, als das, woran man sich sonst so rantraut. Ein historischer Familienroman mit Krimi- und Horrorelementen. Mit Überraschung stellt man fest, dass diese Mischung, die auch die Lage der schwarzen Bevölkerung in den 1950er Jahren schonungslos darstellt, sehr interessant ist. Die episodenhaften Handlungen innerhalb der Kapitel werden hauptsächlich durch die Auftritte der verschiedenen Mitglieder oder Freunde der Turners zusammengehalten. Das geht ein wenig zulasten der fortlaufenden Handlung. Die Kapitel wirken manchmal in sich abgeschlossen. Dennoch ist der Roman spannend, informativ und unterhaltsam, ohne den Ernst der Lage der Afroamerikaner zu verkennen. Die Geschichten des Autors sind bereits in einer gleichnamigen TV-Serie verfilmt worden.
3,5 Sterne
Bei „OSHO Weisheiten für dich!“ handelt es sich um ein hochwertiges Set aus 49 Karten mit Zitaten von OSHO. Osho war ein indischer Philosoph, der mit seinen spirituellen Lehren tausende Menschen begeistert hat. Auch heute noch regen seine Lehren die Menschen zum Denken an.
Die Karten sind sehr hochwertig und wunderschön gestaltet – ein echter Hingucker. Jede Karte gehört zu einem bestimmten Themengebiet, das Impulse geben soll, wie wir frei – furchtlos – kreativ – weise – achtsam – rebellisch und liebevoll leben können. Neben den Karten erhält man auch ein kleines Booklet, was die verschiedenen Themengebiete nochmal tieferlegt. Verpackt sind die Karten und das Booklet in einem stabilen Pappkarton, der ebenso schön gestaltet ist.
Die Karten haben mir sehr gut gefallen und ich ziehe Zeit 5 Tagen immer eine Tageskarte und versuche die Aussage für mich zu interpretieren und in meinen Alltag zu integrieren. Das Booklet lieferte mir ergänzende Informationen zu den zentralen Themen der Karte und war wirklich gut und auf den Punkt beschrieben.
Besonders gut gefallen hat mir, dass keine Vorgabe zur Nutzung der Karten gemacht wurde, sondern lediglich Impulse. Von mir gibt es die volle Punktzahl und ich kann die Karten guten Gewissens empfehlen.
Eigentlich wollte ich mir für meine Rezension zwischendurch Notizen zu diesem Buch machen, bin aber letztlich gar nicht dazu gekommen, weil mich der Inhalt durchgehend an sich gefesselt hat. Es fiel mir sogar schwer, auch mal innezuhalten, um über das Gelesene nachzudenken, da ich wahnsinnig neugierig war, was es als nächstes zu lesen gibt. Aber genau das sollte man laut Autorin unbedingt tun: sich beim Lesen Zeit lassen. Also: nur ein Stück lesen, das Buch liegen lassen, darüber nachdenken und erst dann weiterlesen.
In »Die Wolfsfrau«, von der ich erst gedacht habe, dass es ein Roman ist, tatsächlich aber als ein psychologischer und spiritueller Ratgeber (für Frauen) durchgeht, geht es, erst mal grob gesagt, um die Wildnatur der Frauen, um ihre Urinstinkte und die weibliche Intuition. Wie schon aus der Buchbeschreibung zu entnehmen ist, weist die Autorin in ihrem Werk darauf hin, dass moderne Frauen von heute durch unsere Zivilisation und die Gesellschaft in starre Rollen gedrängt werden, sie also meistens etwas vorgeben zu sein, was sie ursprünglich nicht sind: angepasst, gehorsam, fügsam, untergeordnet und still. Das, was die Frau eigentlich ist, ihre Wildnatur, wird erfolgreich unterdrückt. Damit verdrängt sie allerdings gleichzeitig auch ihre Kreativität, ihr Selbstbewusstsein und ihre sprühende Lebensfreude. - Das ist der Preis, den sie bezahlen muss. Clarissa Pinkola Estés findet, dass es höchste Zeit ist, den Frauen zu sagen und zu zeigen, wie sie zu ihrer instinktiven Natur zurückfinden – zur Wolfsfrau – um der wilden, ungezähmten Urfrau in ihr wieder Raum zu geben.
Ihr seht, »Die Wolfsfrau« ist vorrangig ein Buch für Frauen, nichtsdestotrotz finde ich, dass auch Männer vom Inhalt profitieren können – um das weibliche Geschlecht besser zu verstehen.
~ Eine von ihren Urinstinkten abgeschnittene Frau hungert aus und flüchtet sich dann in ein Suchtverhalten, von dem sie unter Umständen vollkommen beherrscht wird. ~
(S. 266)
Was können nun die typischen Symptome einer Frau sein, die eine gestörte Beziehung zu der Frau hat, die sie im tiefen Inneren eigentlich ist? - Sie fühlt sich ausgelaugt und verletzlich. Ist deprimiert, verwirrt, lustlos, machtlos, ängstlich und verunsichert. Ist unfähig, selbst etwas auf die Beine zu stellen oder sich zu zeigen, wie sie ist. Sie fühlt sich uninspiriert, hässlich, schuldbewusst und steif. Sie hat eine ständige Wut im Bauch. Sie könnte durchdrehen. Ist unkreativ und bedrückt. Sie zweifelt, jammert, zieht nichts durch, überlässt anderen die kreativen Aufgaben, ist defensiv, und kann sich auf keine tieferen Beziehungen einlassen. Sie fühlt sich kraft- oder elanlos, sie ist viel zu lieb und nett. Sie bringt es nicht fertig, etwas Neues zu versuchen oder fürchtet sich davor, etwas allein zu unternehmen/auf Reisen zu gehen. Sie hat Angst davor, die eigenen unvollkommenen Werke vorzuzeigen, bevor sie als Meisterstücke gelten können.
Genau genommen, hat die Autorin noch viele weitere Symptome aufgelistet. Als ich mir das alles so durchgelesen habe, musste ich feststellen, dass ehrlicherweise auch auf mich einige der genannten Symptome zutreffen und dann wusste ich: das ist genau das richtige Buch für mich.
Clarissa Pinkola Estés hat eine starke Affinität, Geschichten zu erzählen und wird deswegen als Cantadora – Märchenerzählerin – bezeichnet. Geschichten als Medizin – das ist es, wovon Estés überzeugt ist. Außerdem ist das Geschichtenerzählen eine der ältesten Traditionen ihrer Familie und aus diesem Grund hat die Autorin in ihrem Buch auch einige Märchen, Geschichten und Mythen eingebaut. Ein paar sind bekannt, so zum Beispiel »Das hässliche Entlein«, »Die roten Schuhe« oder »Blaubart«, andere sind Geschichten, die die Autorin von den verschiedensten Leuten während ihrer Recherchen erzählt bekommen und in diesem Buch wiedergegeben hat. Nun ist Estés ja auch ausgebildete Psychoanalytikerin und hat den Inhalt eines jeden Märchens/einer jeden Geschichte gleich danach genau auseinandergenommen, analysiert und interpretiert. Die Autorin lässt sich dafür viel Zeit, beschreibt ausführlichst die Hintergründe der Handlungen und ihre Bedeutungen für die weibliche Psyche. – Manchmal auch in Form von Traumdeutungen. In vielen Geschichten habe ich mich selbst wiederentdeckt, deshalb konnte ich persönlich einiges daraus mitnehmen.
~ Die Metaphern in dieser Geschichte sind Wegweiser, die verdeutlichen, wie eine Frau zu ihrem innewohnenden Instinktleben zurückfinden kann. ~
(S. 48)
Ich habe das Werk beendet und das erste, was ich gedacht habe, war: Das ist ein Buch, das JEDE Frau gelesen haben sollte, denn durch den Inhalt fühlt man sich in seiner Situation schlicht und einfach verstanden. Außerdem bietet es Frauen, zwar nicht ganz direkt, Anregungen und Lösungsvorschläge, aus der momentanen Lebenslage/dem IST-Zustand auszubrechen oder ihn zu verändern. Warum nicht ganz direkt? - Weil jeder Mensch/jede Frau ein Individuum ist und es keine Globallösung gibt. Aber das sollte klar sein. Mit seiner Intuition, seiner inneren Stimme und der eigenen ursprünglichen Natur kann jede Frau ihren individuellen Weg finden!
Interessant, nachdenklich stimmend
In dem Roman „Marschlande“ erzählt Jarka Kubsova über zwei Frauen aus dem Hamburger Marschland.
Eine von ihnen ist die Hufnerin Abelke Bleken, die im 16. Jahrhundert einen großen Hof von ihren Eltern übernommen hatte. Sie liebte ihre Heimat und lebte für ihre Aufgaben als Bäuerin. Ihr florierender Bauernhof war dem anderen Dorfbauern ein Dorn im Auge, der Neid um ihren Erfolg und Besitz wuchs.
Ein neues Zuhause findet im Marschland Britta Stöver, die mit ihrem Mann und zwei Kindern nach Ochsenwerder zieht. Ihre Geschichte spielt in der Gegenwart. Britta, die ihren Job als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geographie aufgegeben hat, um sich der Familie zu widmen, ist zuerst mit dem neuen Zuhause und ihren Aufgaben als nur Hausfrau und Mutter unzufrieden. Doch dann entdeckt sie die Hinweise auf das Leben von Abelke Bleken. Die Geschichte der starken Frau, die sich gegen alle Widrigkeiten ihrer Epoche und dem Hass der Mitmenschen stellen musste, fasziniert Britta.
Es gibt einige Parallelen in den Geschichten der beiden Frauen. Beide mussten um ihre Ziele und Überzeugungen kämpfen, beide zahlten einen hohen Preis dafür.
Besonders interessant fand ich die Geschichte über die Hufnerin Abelke, die auf historischen Tatsachen beruht. Im Nachwort zum Buch schreibt die Autorin ausführlich darüber. Nicht nur das Schicksal der Bäuerin hat mich bewegt; auch viele historischen Fakten, wie das damalige Deichrecht oder die Enteignung der Bauern, weckten mein Interesse.
Etwas mehr dagegen hätte ich von der Geschichte über Britta erwartet. Ich hätte viel mehr über ihr bisheriges Leben, über Beweggründe für ihre Entscheidungen erfahren wollen.
Genossen habe ich die bildhafte Schreibweise der Autorin, die ausdrucksvoll über die Marschlandschaft schreibt:
(ein) Stück Land, in dem Glück und Unglück sich abwechselten, wie die Gezeiten,
wo Überfluss und Verderben kamen und gingen, wie Ebbe und Flut.“ (103)
„Marschlande“ ist ein hochinteressanter, nachdenklich stimmender Roman, sehr zu empfehlen!