Keyserlings Geheimnis: Roman

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Der zerrissene Brief: Roman

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Rezensionen zu "Der zerrissene Brief: Roman"

  1. Im Erinnern wird die Vergangenheit noch einmal zur Gegenwart

    „Wahrsagende Begebenheiten – auf die kommt es an. Die kommen ganz überraschend und strahlen in alle Richtungen aus, auch in unsere Vergangenheit. Unsere Erinnerungen spulen sich um das, was gewesen ist, wie Eisenspäne um einen Magneten.“ (Pos. 1654)

    Inhalt
    Pauline ist siebzehn Jahre alt und lebt in dem kleinen Ort Treuchtlingen, als sie den dreißig Jahre älteren Max Lassenius, Weltreisenden, Fotograf, Kameramann, Sammler, kennenlernt. Dieser finanziert und ermöglicht ihr 1899 einen Aufenthalt in New York, über zwei Jahre lang arbeitet sie dort in den Botanic Garden in der Bronx. Anschließend heiraten sie. 1966 besucht Elsa, die in Frankfurt Biologie studiert, die nun vierundachtzig Jahre alte Pauline, bei der sie als Kind Ferien verbracht hatte. Elsa hat gerade eine Beziehung beendet und wird von Paulines Erinnerungen an die vielen intensiven Augenblicke eines abenteuerlichen, von Reisen in ferne Länder geprägten Lebens mit Max in eine völlig andere, vergangene Zeit entführt.

    Thema und Genre
    Dieser Roman erzählt eine spannende Lebensgeschichte, es geht um Erinnerungen, Erfahrungen, um Weltoffenheit, um Kultur und Natur, aber auch um Beziehung und Liebe.

    Charaktere
    Der Aufenthalt in New York bringt Pauline Selbstständigkeit und ein umfassendes Wissen und Bildung, was sie zur perfekten Gefährtin des gewandten Weltreisenden Max macht. Als Pauline später als Witwe wieder im Dorf ihrer Kindheit lebt, spürt sie keine Enge mehr, sie hat sich verändert, weil ihr Leben mit Erfahrungen und Erinnerungen gefüllt ist. Max kann sich durch die Heirat mit Pauline endlich aus der Umklammerung seiner Mutter lösen. Elsa besitzt die natürliche Neugierde einer Forscherin, sie stellt Fragen, kann aber auch zuhören.

    Handlung und Schreibstil
    Pauline erzählt ihr Leben nicht chronologisch, sondern in bruchstückhaften, Puzzleteilen gleichenden Erinnerungen, die plötzlich durch eine Bemerkung, eine Situation wieder lebendig werden. Die gemeinsame Zeit mit Max ergibt sich durch Antworten auf Elsas Fragen. Der Roman beginnt mit einem Brief Elsas an den Autor, in dem sie erklärt, woher sie Pauline kennt, wie sie zu deren umfangreichen Aufzeichnungen kam und der die Geschichten zu einem Ganzen schließt.
    Die Sprache ist in den Dialogen lebhaft, einfühlsam und passt zu den beiden Frauen. Die erzählenden Beschreibungen sind jedoch intensiv ausgeschmückt, kein Objekt darf in knappen Worten einfach sein, sondern wird dicht mit Adjektiven und Metaphern versehen. Dadurch verliert die Sprache hier die poetische Leichtigkeit der Dialoge. „Das Papiergeraschel der Blätter. Grüne Schattenfächer zerteilten den Widerschein schwach durchwindeter Wolken auf dem Wasser. In nervösen Wellen floss das Licht der Pappeln hinauf und ließ die Luft erzittern.“ (Zitat Pos. 1782) Schilderungen wie diese erzeugen in mir kein Bild der Szene, weil die Gedanken an den Sätzen festhängen.

    Fazit
    Dieser Roman erzählt das erfüllte, abenteuerliche Leben einer klugen, selbstbewussten Frau, das Erkunden ferner Länder und Kulturen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. „Als habe diese Geschichte nur darauf gewartet, einmal, ein einziges Mal erzählt zu werden“ (Zitat Pos. 2605) Durch das Erzählen und Teilen der eigenen Erinnerungen mit der nächsten Generation wird die Vergangenheit noch einmal zur Gegenwart.

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  1. 4
    26. Mär 2020 

    Die Begleiterin

    In der Liebe schwer enttäuscht fährt Elsa zu ihrer alten Freundin Pauline. Ein paar Mal hat Elsa die Ferien bei Pauline verbracht und danach standen sie in lockerem Briefkontakt. Obwohl sie sich nicht so häufig sahen, findet Elsa bei Pauline Trost. Einmal muss sich die junge Frau alles von der Seele reden. Doch je länger sich die beiden unterhalten, desto mehr Erinnerungen kommen bei Pauline auf, an ihrem Max und das ungewöhnliche Leben, dass ihnen vergönnt war. Max war es, der Pauline ermöglichte im Alter von 17 Jahren nach New York zu reisen. Dies ist im Jahr 1899 mehr als außergewöhnlich.

    Zwei auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Frauen, die eine jung, die andere alt, gewähren einen Einblick in ihr Leben. Wobei die junge Elsa der verlorenen Liebe nachtrauert, ihr aber klar ist, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat. Die ältere Pauline wird durch Elsa Erzählungen angeregt, über ihre langjährige ungewöhnliche Beziehung zu Max zu sprechen. Sie war seine Lebensbegleiterin, seine Begleiterin auf Reisen der Erbauung und der Erforschung. Kleine Stichworte lösen Erzählungen aus über ein besonderes Leben, das eine Erlebnisfülle hat, die ihresgleichen sucht. Da wurde der große Altersunterschied zwischen Max und Pauline bald zur Nebensache.

    Dieses Buch nimmt einen mit auf eine bezaubernde Lebensreise, während der Altersunterschiede unwichtig werden. So wie zwischen Max und Pauline ein großer Altersunterschied besteht, besteht dieser auch zwischen Pauline und Elsa. Nun ist Pauline die Ältere, die von ihren reichen Erinnerungen erzählt. Erstaunlich sind ihre Erzählungen, in diesen Jahren allein in New York und dann als Begleiterin von Max eine Weltreisende. Man wäre gerne dabei gewesen. Natürlich ist nicht immer alles leicht, aber Paulines starker Charakter, ihre Lebensfreude wirken ansteckend. Ein paar melancholische Momente gehören wie im richtigen Leben auch dazu, doch löst der Schriftsteller mit seinem Roman eine positive Stimmung aus. Ein Bild starker Frauen, das fasziniert.

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  1. 4
    23. Mär 2020 

    Gespräche zweier Frauen

    Hanns Zischler, berühmter Schauspieler, Schriftsteller und Photograph, hat nun mit 72 Jahren seinen ersten Roman vorgelegt. Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit.
    Wir sind im Sommer 1966 in einem kleinen Dorf im Fränkischen. Elsa, eine junge Studentin, hat gerade eine unglückselige Affäre mit einem verheirateten Professor hinter sich. Nun besucht sie die über 80jährige Pauline. Die beiden kennen sich seit Jahren, standen stets auch in brieflichem Kontakt. Als 8jährige kam Elsa nach dem Krieg hierher und Pauline hat sie gewissermaßen adoptiert.
    Die Gespräche dieser beiden Frauen, der jungen und der alten, führen weit in die Vergangenheit Paulines zurück.
    Diese, 1882 geboren, war mit fünf Jahren Vollwaise und kam deshalb zu ihrem Patenonkel. Mit 17 Jahren lernt sie auf einem Jahrmarkt den wesentlich älteren Max kennen und die beiden verlieben sich . Max, Nachkomme litauischer Pelzhändler, ist als Photograph für die Brüder Lumiere unterwegs. Der ältere Liebhaber, klug und weltgewandt, schickt nun seine junge Geliebte mit 2000 Goldmark allein auf eine Reise nach New York. Hier soll sie 2 Jahre bleiben, danach wird er sie heiraten. „Ein Erziehungsprogramm“ für Pauline - „ in bester Absicht....und nicht ohne egoistischen Hintersinn“. Und die Rechnung geht auf. „Ich bin in seine Arme zurückgekehrt, aber ich war eine andere Frau geworden, als die, die er kannte.“ bekennt Pauline gegenüber Elsa. Aus dem unbedarften Mädchen aus der Provinz wurde eine selbstbewusste Frau. Sie hat im Botanischen Garten in der Bronx das Botanisieren für sich entdeckt.
    Das Ehepaar reist nun gemeinsam nach Russland, Japan und bis Alaska.Pauline teilt mit ihrem Mann die Lust am Entdecken, hat Verständnis für seinen „ Raumhunger“. Doch Max war kein Eroberer. „Was er auf seinen Reisen suchte, war das Konkrete und Individuelle. Die Vielgestaltigkeit der Landschaften wie der Menschen ...“ Davon zeigen zahlreiche Gegenstände, v.a. Masken und Idole, die Max sammelte.
    Hanns Zischler erzählt uns diese Lebensgeschichte aber nicht chronologisch, sondern entwickelt sie episodenhaft im Gespräch der zwei Frauen. Auslöser dafür sind meist irgendwelche Sachen, wie Briefe, alte Photos, Zeitungsausschnitte und ähnliches. Denn „ ...- die Erinnerung geht nie der Reihe nach....Unsere Erinnerungen spulen sich um das, was gewesen ist, wie Eisenspäne um einen Magneten.“
    Der Autor findet für seine Geschichte eine passende Sprache - bilderreich, voller Metaphern und literarischer Anspielungen, Wörter aus einer vergangenen Zeit. Treffend ist z.B. der Ausdruck „ Efeumutter“ für Max‘ besitzergreifende Mutter.
    Nicht alle Exkurse ( literarischer, volkskundlicher u.ä. Art) sind gleichermaßen interessant. Sehr gut gefallen haben mir die Gedanken über die Schönheit in der Natur. Die lässt sich nicht immer zweckmäßig begründen. Denn oft „ gibt es nur einen einzigen Grund... Weil die Natur spielt.“ So wie hier auch Hanns Zischler.
    „Der zerrissene Brief“ ist ein Buch für Leser, die Gefallen finden an interessantenFrauenbiographien ( wobei die Weltgeschichte nur ganz am Rande vorkommt ) und eine ruhige Erzählweise mögen.

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Raffael - Das Lächeln der Madonna

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Rezensionen zu "Raffael - Das Lächeln der Madonna"

  1. Ein opulentes Gemälde der Renaissance

    Er gilt als das Wunderkind der Renaissance: Raffael Santi. Das Leben und Umfeld dieses Künstlers hat Noah Martins 640-seitiger historischer Roman „Raffael. Das Lächeln der Madonna“, erschienen im März 2020 bei Droemer, zum Thema.
    Raffael ist elf Jahre alt, als sein Vater stirbt. Als er es einige Jahre schafft, sich selbst in Urbino einen Namen zu machen, muss er aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen fliehen. Unterwegs lernt er die schöne Bäckerin Margherita kennen, die jedoch einen anderen, weitaus Mächtigeren zum Mann nehmen muss. Schließlich kommt Raffael nach Rom, wo er sich neben da Vinci und Michelangelo als dritter großer Künstler etablieren kann. Doch es sind schwierige, blutige Zeiten, in denen er lebt. Und so bleibt ihm nichts anderes übrig, als in den Machtkämpfen und Intrigen der Herrschenden mitzumischen.
    Noah Martin hat es geschafft, die Zeit der Renaissance wieder lebendig werden zu lassen: Sei es, dass Leserinnen und Leser an großen, blutigen Schlachten teilnehmen, dass sie das Leid des „kleinen Mannes“ miterleben oder dass sie am oft ausschweifenden und dekadenten Leben im Vatikan teilhaben. Doch nicht nur die Kirche, auch die Welt der Schönen Künste steckt voller Missgunst und Neid, wie man vor allem dem Verhältnis zwischen Raffael, da Vinci, Michelangelo und Sebastiano Luciani entnehmen kann. Man reist gemeinsam mit Raffael durch das Italien des noch jungen 16. Jahrhunderts und begegnet zahlreichen historisch belegten Persönlichkeiten. Dieses macht den Roman zwar zu einem sehr komplexen Werk, jedoch helfen ein Personenregister zu Beginn des Buches, in dem fiktive und historische Personen gekennzeichnet sind, eine Landkarten in der inneren Buchklappe sowie eindeutige Kapitelüberschriften bei der geografischen und historischen Einordnung des Gelesenen.
    Einen großen Raum in diesem Roman nehmen die Romanze Raffaels mit Margherita Luti sowie die Querelen im Vatikan ein. Auch wenn vieles davon historisch belegt ist, entfernt sich der Autor immer wieder aus dramaturgischen Gründen von den historischen Fakten, was ich persönlich schade finde. Natürlich nimmt die Fiktion in einem historischen Roman viel Platz ein, aber ich wäre der Historie gerne noch näher gekommen.
    Dass der Autor selbst Kunsthistoriker ist und gut recherchiert hat, kann man vor allem aus den Szenen in den Kunstwerkstätten und an den Arbeitsstätten der Künstler ersehen. Hier darf man sich als Leser/in auf reichen Wissenszuwachs freuen.
    Liest man dieses Werk, so kann man an der Aufrichtigkeit der Menschen zweifeln. Entsprechend sind die meisten Charaktere, einschließlich Raffael, eher hart und boshaft gezeichnet. Lediglich Raffaels Jugendfreund Daniele, einer der wenigen aufrichtigen Priester im Vatikan, bildet hier eine Ausnahme: Trotz seiner oft zwielichtigen und unlauteren Aufträge bleibt er sich selbst und seinem Glauben treu und ist mir somit ans Herz gewachsen.
    Martins Sprache ist gut zu lesen, italienische und antiquiert anmutende Ausdrücke verleihen dem Werk Realitätsnähe. Sehr plastische Beschreibungen rufen in den Lesenden lebendige Bilder wach, sodass man das Buch beim Lesen kaum aus der Hand legen mag.
    Das Cover ist ein Blickfang: Es basiert auf Raffaels bekanntes Werk „Madonna del Prato“ und sticht gleich ins Auge.
    Insgesamt hat mir die Lektüre dieses Buches sehr gefallen, nur fiel es mir – trotz den Nachworts – teilweise schwer zu unterscheiden, wo es sich um historisch Belegtes, wo es sich um Fiktion handelt. Außerdem rückt mir persönlich Raffael stellenweise zu sehr aus dem Blickfeld. Dennoch empfehle ich aufgrund seiner schönen Bilder dieses Buch gerne allen Freund/innen historischer Romane zur Lektüre weiter.

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Ein Zimmer ohne Aussicht

Buchseite und Rezensionen zu 'Ein Zimmer ohne Aussicht' von Jan Holmes

Inhaltsangabe zu "Ein Zimmer ohne Aussicht"

Hattest du eine glückliche Kindheit?

Diese harmlose Frage in einem harmlosen Spiel unter Freunden schickt Bruno weit in seine Vergangenheit zurück.

Er wächst nach dem Tod seines Vaters unter den strengen Augen seiner Mutter auf. Diese versucht beinahe fanatisch, ihre Kinder von der Außenwelt fernzuhalten, die sie als feindlich empfindet.
Durch seine Großmutter lernt er jedoch eine andere Wirklichkeit kennen, die größer und freier ist als alles, was er sich jemals vorstellen konnte.

Ein Roman über die Hoffnung und die Suche nach dem Glück in einer Welt voller Zweifel.

Autor:
Format:Kindle Ausgabe
Seiten:224
Verlag: epubli
EAN:
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Graubart Boulevard

Buchseite und Rezensionen zu 'Graubart Boulevard' von Christoph W. Bauer
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Graubart Boulevard"

November 1938: Der jüdische Kaufmann Richard Graubart wird in seinem Haus von einem Rollkommando der SS ermordet. Seine Familie wird nach Wien ausgewiesen, von dort wird ihr - wie Graubarts Bruder Siegfried, einem führenden Mitglied der zionistischen Bewegung - die Flucht ins Exil gelingen.
Auf der anderen Seite: Ein Innsbrucker Hoteliersohn und Schilehrer, als SS-Hauptsturmführer einer der Täter. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs vor Gericht gestellt, flieht er ins Ausland. 1959 kehrt er nach Österreich zurück und wird nach nur zweijähriger Haft als freier Mann entlassen.
Schnörkellos und leidenschaftlich begibt sich Christoph W. Bauer anhand von Originaldokumenten, Briefen und Archivmaterialien auf eine literarische Spurensuche durch die Lebens- und Leidenswege der Familie Graubart und erzählt damit zugleich zwei exemplarische Geschichten aus der jüngeren Vergangenheit Österreichs: Die Geschichte der Täter und die der Opfer, die durch den Nazi-Terror alles verloren haben: ihre Heimat, ihr Eigentum, ihre Familien - und ihr Leben.

Format:Kindle Ausgabe
Seiten:297
Verlag: Haymon Verlag
EAN:
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Rezensionen zu "Graubart Boulevard"

  1. Beeindruckend, sprachlich großartig

    „Die Museumsstraße entlang und immer tiefer hinein in die Geschichte einer Familie, von der ich zunächst nichts anderes wusste als das Datum der Ermordung Richard Graubarts.“ (Zitat Seite 73)

    Inhalt
    1878 kommt der junge Simon Graubart nach Wien, ab 1880 hilft er seinem Onkel in Langen am Arlberg, den Arbeitern beim Tunnelbau Kleider und Schuhe zu verkaufen und 1888 eröffnet er sein erstes Schuhgeschäft in Innsbruck. Seine drei Söhne Siegfried, Alfred und Richard, der jüngste, kämpfen im ersten Weltkrieg für Österreich. Aus dem ersten Geschäft wird eine Kette von Schuhgeschäften.
    In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, die Geschäfte sind längst arisiert, die Koffer sind bereits für die Abschiebung nach Wien gepackt, dringen Mitglieder der SS unter der Führung eines bekannten Innsbrucker Hotelierssohnes und Schilehrers auch in das Haus der Familie Graubart ein und Richard wird ermordet. Seine Tochter Vera ist gerade vier Jahre alt. Jahre später haben alle Beteiligten des SS Rollkommandos nur ihre Pflicht getan, Befehle befolgt, ohnedies helfen wollen und niemand übernimmt die Verantwortung für den Mord.

    Thema und Genre
    Dieser zeitgeschichtlich-biografische Roman spielt in Österreich, mit Schwerpunkt Tirol und Innsbruck. Am Beispiel der großen jüdischen Familie Graubart wird die Geschichte Österreichs ab 1888, der erste Weltkrieg, die politischen Unruhen der Zwischenkriegszeit und die NS-Zeit geschildert.

    Was mit einer Geschichte über die Ermordung Richard Graubarts begann, wird die Geschichte von mehreren Generationen einer Familie und dieser Jahre, über die viele nur von den großen Ereignissen, den Eckdaten wissen. Diese Geschichte einer Familie ist symbolisch für die Geschichte vieler Familien von Opfern, verbunden für immer mit den Tätern, die einst Nachbarn, Geschäftsfreunde waren.

    Der Roman erzählt die Vergangenheit chronologisch, unterbrochen durch die Berichte des Autors in „Ich-Form“ über die umfassende Recherchearbeit, von der Suche nach möglichen Spuren, um Licht in die Geschehnisse der Nacht des Novemberpogroms zu bringen, Morde, die nie aufgeklärt wurden. Geschildert wird, wie sich aus Berichten, Erzählungen, Gesprächen langsam ein Gesamtbild formt, immer noch mit vielen Lücken. Ein entscheidender Schritt ist die Kontaktaufnahme mit den Nachkommen. Denn möglich wurde dieses Buch wohl erst dadurch, dass Mitglieder der Familie Graubart bereit waren, ihre Familiengeschichte, soweit aus Erzählungen und alten Unterlagen noch bekannt, mit dem Autor zu teilen.

    Fazit
    Dieser Roman, eigentlich eine zeitgeschichtliche Dokumentation in Romansprache, ist auf eine leise Weise einprägsam, beklemmend und macht nachdenklich. Denn abseits der bekannten Namen zeigt er am Beispiel einer altösterreichischen Kaufmannsfamilie, wie Menschen von nebenan, Freunde, Nachbarn, plötzlich auf Grund ihrer Religion ihre Heimat, ihr Eigentum und auch ihr Leben verlieren. Was besonders beeindruckt, ist der Mut dieser Familie und die positive, offene Lebenshaltung. Ein großartiges Buch, das mich sehr beeindruckt hat und das man gelesen haben sollte.

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Alter Rabe Alkohol: Einsichten aus einem Entzug

Buchseite und Rezensionen zu 'Alter Rabe Alkohol: Einsichten aus einem Entzug' von Heyne Winterfeldt
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Alter Rabe Alkohol: Einsichten aus einem Entzug"

Warum trinken, wenn man doch davon betrunken wird? Natürlich gerade deshalb, als Wahrnehmungsfilter. Wir alle müssen trinken. Aber saufen wir uns auch alle die Sinne zu? Wo ist die Grenze, der schmale Grat zwischen Genuss und Sucht und wo führt das hin und was steckt dahinter? Gibt es eine Philosophie des Saufens? Wie oft trinkst du? Was hast du mit Alkohol zu tun? Und wer von deinen Freunden, Kollegen, Bekannten oder in deiner Familie, schaut gern mal zu tief in die Flasche? Kann man aus der Sucht, dem unstillbaren Verlangen, wieder herausklettern? Und wieso hilft Laufen gegen das Saufen?

Freundlich textet der zahnlose Bettnachbar mit Berliner Akzent den frisch eingelieferten Patienten zu. Die Oberschwester berichtet über den charmanten, aber doch unnahbaren Chefarzt der Entzugsklinik, der selber gern mal einen Wein trinkt und Genussraucher ist. Die Anwältin, Dr. jur., die sich für was besseres hält, schimpft über ihren Mann und erzählt, was sie sich für die Zeit nach dem Entzug vorgenommen hat. Natürlich muss sich was ändern. - Und wer trifft sich noch im geistigen Zentrum der Klinik in der Raucherecke? Oder was denkt die Putzfrau über die Sauereien, die sie tagtäglich wegmachen muss?

Ein Erfahrungsbericht? Hat denn nicht jeder Erfahrung mit dem Alten Raben Alkohol? Flog er vorbei? Ist es ein Sachbuch? - Vielleicht eher ein poetischer Reiseführer durch die Entzugsklinik Grauenbrietzen bis hin zur Stammkneipe des Schreibers und seiner Wohnung als Rückzugshöhle während der nassen Bommerlunderwochen. Aber auch im Lehrerzimmer der Entgiftung gilt es, die blaue Fahne zu verbergen...

"Alter Rabe Alkohol" beschreibt die Sucht poetisch und amüsant aus zehn Blickwinkeln von Menschen, die mit der Klinik und dem Alkohol zu tun haben. Dazwischen sind wunderbare Gedichte vom Suff eingestreut. Der Autor war Quartalssäufer und legt mit diesem Buch sein fulminantes Debüt vor.

Format:Kindle Ausgabe
Seiten:248
EAN:
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Rezensionen zu "Alter Rabe Alkohol: Einsichten aus einem Entzug"

  1. 5
    31. Mär 2019 

    Einblicke, die nachdenklich stimmen...

    Ich weiß nicht, wie es anderen geht. Aber mich persönlich macht der Umgang mit einem Alkoholiker hilflos. Den ersten Obdachlosen, der mitten auf dem Bürgersteig eingeschlafen war, erlebte ich fassungslos als Kind - und die Reaktionen der Erwachsenen um mich herum machten mich nicht weniger fassungslos. Später sind mir noch einige Alkoholiker im Bekanntenkreis begegnet, vielleicht auch im Verwandtenkreis - und unter Kollegen.

    Eine Kollegin war denn auch der Grund, weshalb ich mich für dieses Buch interessierte. Stets die Hilflosigkeit im Gepäck, wusste niemand so recht mit der Alkoholkrankheit der Kollegin umzugehen, die sie zu verheimlichen suchte, die aber offensichtlich war - und uns auf eine gewisse Art und Weise auch zu Co-Abhängigen machte. Für niemanden eine schöne Situation, und die Gefühle dazu waren sehr widersprüchlicher Natur: Mitleid, Unverständnis, das Gefühl, beschützen zu müssen, Wut, Hilflosigkeit, Ohnmacht. Eine Situation, die das Arbeitsklima lange belastet hat - bis die Kollegin in Rente ging.

    "Wir sind hier, weil es letztich kein Entrinnen vor uns selbst gibt. Solange der Mensch sich nicht selbst in den Augen und Herzen seiner Mitmenschen begegnet, ist er auf der Flucht. Solange er nicht zuläßt, daß seine Mitmenschen an seinem Innersten teilhaben, gibt es für ihn keine Geborgenheit. Solange er sich fürchtet, durchschaut zu werden, kann er weder sich noch andere erkennen - er wird allein sein." [Richard Beauvais, 1964] (S. 31)

    Von diesem Buch erhoffte ich mir zumindest einen Einblick in die Erfahrungswelt eines Alkoholikers, und den bekam ich auch - und gleichzeitig noch viel mehr.

    Dieses Buch ist mehr als ein Erfahrungsbe richt - aber dies ist es eben auch. Der Autor ist / war ein sogenannter Epsilon-Alkoholiker, im Volksmund auch bekannt als 'Quartalssäufer'. Er schildert seinen letzten Entzug in einer Suchtklinik, bietet aber auch Einblicke in das Leben als Alkoholiker. 'Einsichten aus einem Entzug' lautet denn auch der Untertitel - und doch fasst es das auch nicht komplett.

    Es ist kein Ratgeber für Betroffene oder Angehörige, es ist auch kein Sachbuch, das über Symptome aufklärt oder über die verschiedenen Arten von Alkoholismus. In diesem Buch gewährt ein Alkoholiker einen Einblick in sein Leben - aber ohne Tränendrüse, Selbstmitleid oder halbherzige Erklärungen. Und er präsentiert dies auf eine unerwartet poetische Art, mit dazwischengeschobenen Versen, philosophischen Anklängen - und gnadenlos ehrlich.

    Dabei erzählt Heyne Winterfeldt keineswegs nur aus seiner eigenen Perspektive. Er fühlt sich erstaunlich sensibel in die verschiedensten Rollen ein - in die anderer Betroffener, in die der Nachtschwester, der Oberschwester, des leitenden Arztes, des Kneipenbesitzers, der Putzfrau - und konfrontiert den Leser so nicht nur mit den Dunkelkammern des Lebens, sondern ebenso mit der Hilflosigkeit der Gesellschaft (können Entzugskliniken wirklich mehr erreichen, als einen Ertrinkenden kurzzeitig aufs Trockene zu holen?) und womöglich auch mit seinen eigenen Gedanken.

    "Jedes Tier läuft in seiner Furcht fort und verbirgt sich, wenn es Angst hat und verletzt wurde. Der Mensch harrt aus. Bis alle Kräfte verschlissen sind und die entzündete Seele geflutet wird. Dann endlich treibt einen das Gift sicher fort, aber es spült einen ins Abseits. Mit dem Fluch, daß noch nie gefunden wurde, was man anzusteuern meinte." (S. 231)

    Mich konnte diese Mischung beeindrucken, wobei die Ohnmacht des Süchtigen, seine Verzweiflung am Leben, die Sackgasse, die er sehenden Auges einschlägt, erlebbar wird - aber gleichzeitig auch Poesie, (Selbst-)Ironie, ein Augenzwinkern und Humor ihren Raum finden. Die verschiedenen Blickwinkel auf die Erkrankung machten mich immer wieder nachdenklich, und auch wenn ich nie viele Seiten am Stück lesen konnte, weil die Melancholie doch oft greifbar war, bin ich dankbar für diesen Einblick.

    © Parden

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Im Herzen der Gewalt: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Im Herzen der Gewalt: Roman' von Édouard Louis

Inhaltsangabe zu "Im Herzen der Gewalt: Roman"

In seinem autobiographischen Roman ›Im Herzen der Gewalt‹ rekonstruiert der französische Bestsellerautor Édouard Louis die Geschehnisse einer dramatischen Nacht, die sein Leben auf den Kopf stellt.

Auf der Pariser Place de la République begegnet Édouard in einer Dezembernacht einem jungen Mann. Eigentlich will er nach Hause, aber sie kommen ins Gespräch. Es ist schnell klar, es ist eine spontane Begegnung, Édouard nimmt ihn, Reda, einen Immigrantensohn mit Wurzeln in Algerien, mit in seine kleine Wohnung. Aber was als zarter Flirt beginnt, schlägt um in eine Nacht, an deren Ende Reda Édouard mit einer Waffe bedrohen wird.
Indem er von Kindheit, Begehren, Migration und Rassismus erzählt, macht Louis unsichtbare Formen der Gewalt sichtbar. Ein Roman, der wie schon ›Das Ende von Eddy‹ mitten ins Herz unserer Gegenwart zielt – politisch, mitreißend, hellwach.

Format:Kindle Edition
Seiten:224
EAN:
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Désirée: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Désirée: Roman' von Annemaire Selinko

Inhaltsangabe zu "Désirée: Roman"

Einer der größten Unterhaltungsromane der deutschen Literatur mit einer Gesamtauflage von über 2,8 Millionen Exemplaren»Ich glaube, eine Frau kann viel leichter bei einem Mann etwas erreichen, wenn sie einen runden Busen hat. Deshalb habe ich mir vorgenommen, mir morgen vier Taschentücher in den Ausschnitt zu stopfen...«So beginnt Annemarie Selinkos großer historischer Roman, das fiktive Tagebuch der Désirée Clary, Seidenhändler-Tochter aus Marseille, die es tatsächlich zu etwas bringen und in die Weltgeschichte eingehen sollte. Sie war die erste Verlobte Napoleons, heiratete später den französischen Marschall Bernadotte, lebte in der Gunst des Kaisers in Paris und verließ Frankreich schließlich mit ihrem Mann, als der den schwedischen Thron bestieg.
Das Buch erreichte in kurzer Zeit Millionenauflagen und wurde in mehr als 25 Sprachen übersetzt. Der Hollywood-Film mit Jean Simmons als Désirée und und Marlon Brando als Napoleon wurde ebenfalls ein Welterfolg, und auch heute noch hat dieser historische Liebesroman nichts von seinem Zauber verloren.

Format:Kindle Edition
Seiten:623
EAN:
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Zwischen uns die Ewigkeit

Buchseite und Rezensionen zu 'Zwischen uns die Ewigkeit' von Barbara Brolli

Inhaltsangabe zu "Zwischen uns die Ewigkeit"

"Unter seiner Berührung fühlte sie sich stark und bestätigt. Sie würde ihn nicht aufgeben, alles für ihn tun und riskieren."
"Zwischen uns die Ewigkeit" erzählt von Anna, einem dickköpfigen schlesischen Mädchen, das die Liebe in Form eines fremden Soldaten kennenlernt. Die Probleme, die damit einhergehen, scheinen unüberwindbar, aber sie ist bereit, für das, was sie will, zu kämpfen. Doch plötzlich ändert sich alles und Anna muss lernen, was Verlust wirklich bedeutet.
Eine Geschichte über Liebe, Schmerz und Hoffnung, basierend auf einer wahren Begebenheit.

Format:Kindle Edition
Seiten:254
EAN:
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Die Kaiserin: Historischer Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Kaiserin: Historischer Roman' von Tessa Korber

Inhaltsangabe zu "Die Kaiserin: Historischer Roman"

Theodora von Byzanz - eine starke Herrscherin und eine große Liebe.

Byzanz, 500 n. Chr.: In der brodelnden Hauptstadt des oströmischen Reiches wächst Theodora zu einer begabten Schauspielerin heran, die mit ihrer Truppe bis nach Alexandria und Antiochia reist. Dort trifft sie Justinian, den späteren Kaiser, und aus der einfachen Frau wird mit ihrer Heirat eine Herrscherin. Entschlossen greift Theodora in die Politik des riesigen Imperiums ein, schafft frauenfreundliche Gesetze, setzt ihr gewaltiges Vermögen für Stiftungen, Kirchen und Klöster ein. Mit aller Härte verteidigt sie aber auch ihre Position. Als es zu einem Aufstand kommt, rettet sie dem Kaiser den Thron. Doch eine leidenschaftliche Liebe bringt sie selbst in tödliche Gefahr ...

Ein opulenter historischer Roman, der mit liebevollen Details die Geschichte wiederauferstehen lässt - jetzt als eBook lesen und in eine Welt voller Sinnlichkeit und Intrigen eintauchen.

Autor:
Format:Kindle Edition
Seiten:519
EAN:
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