Die Kreuzzüge

Dieses Buch ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch der fantastischen Beck-Wissen-Reihe manchmal Fehlgriffe passieren. Was mich hier am meisten stört, ist, dass dieses Büchlein eigentlich nur eine Ereignisgeschichte mit Fokus auf der Abfolge von Schlachten, Kämpfen und Kriegen ist, während hingegen Militärtechnik, Strategien, Logistik und all die anderen Dinge viel zu kurz kommen. Meine persönliche Erwartungshaltung wurde somit nicht erfüllt, aber vielleicht gibt es ja Leser, die genau das wollen.
Mein zweiter Kritikpunkt betrifft die geographische Eingrenzung. Ich finde es sehr schade, dass der Fokus auf Frankreich, England, Deutschland und Italien beschränkt wurde, wobei England und Italien auch noch sehr kurz kommen. Statt einer trockenen Ereignisgeschichte hätte ich mir einen größeren geographischen Blickwinkel gewünscht mit eben der militärischen Differenzierung. So aber habe ich das alles als relativ uninteressant empfunden.
Fazit: Nicht zu empfehlen, außer man interessiert sich für genau dieses spezielle Thema.
Die nachfolgende Rezension ist am 31.10.2011 bei den Buchgesichtern erschienen. Ich hatte mir das in meiner Ausgabe dreibändige Taschenbuch gekauft und erst beim lesen festgestellt, das ist ja "uralt". Aber um so interessanter wurde die Lektüre.
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Das hier aufgeführte Buch wurde dreibändig bereit im Jahre 1884, schon da eine Neuauflage, herausgeben. Es ist also noch älter. Die Ausgabe ist relativ reich illustriert, die Bilder stammen von einem Gustav Doré.
Die Reprint Taschenbuchausgabe legte ich mir vor einigen Jahren zu. Nach einigen Seiten schaute ich erst nach dem Impressum. Aha, kein Wunder. Die Sicht auf die Dinge, also Kreuzzüge und die Kultur dieser Zeit, war die des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Zum Beispiel führte der konsequente Gebrauch der Bezeichnung MOHAMMEDANER für MUSLIME zum stutzen.
Der Schweitzer Philosoph und Historiker OTTO HENN AM RHYN lebte von 1828 bis 1914. In einem Internetbeitrag steht auch, er wäre Freimaurer gewesen.
Er muss sehr produktiv gewesen sein. Sein Hauptaugenwerk galt dabei wohl dem Rittertum und den Kreuzzügen und das ist hier sehr allgemein ausgedrückt. Allein die Reihe in dieser Datenbank hier werden viele Bücher genannt.
In zehn "Büchern" beschreibt der Autor umfassend die Geschichte der Kreuzzüge und geht dabei umfassend auch auf die kulturellen Gegebenheiten ein. Allerdings haben wir es hier nicht mit einem Lexikon zu tun. Es ist ein Sachbuch, das in nicht unbedingt modernen Stil eine Epoche beschreibt. Interessant und vielseitig ist es allemal.
Politische und religiöse Ursachen, Ablauf, die Schlachten, handelnde Personen, die Kreuzfahrerstaaten und manches mehr werden ausführlich beschrieben. Für den Interessenten ein sehr wichtiges Buch.
"Wie lange der anfangs religiöse, dann immer mehr und jetzt weit vorwiegend politisch-soziale Kampf zwischen den Anhängern der beiden Weltreligionen des Westens noch dauern und wie er enden wird, wer kann es wissen? Heute spricht Alles für einen den christlichen Mächten günstigen Ausgang und für einen fortlaufenden unheilbaren Zerfall der Macht des Islams." (Der Verfasser im Vorwort - 1884)
So? Da scheint wohl doch viel Wasser den Rhein herunter gelaufen zu sein, seitdem diese Sätze des Autors Feder verlassen haben. Unheilbarer Zerfall des Islams…
Trotzdem ist das Buch lesenswert, denn es zeigt uns nicht nur die Geschichte, sondern auch die Veränderung von Geschichtsauffassungen.
Grundsolide
Jonathan Riley-Smiths "Die Kreuzzüge" ist nicht die erste und vielleicht auch nicht die letzte Darstellung dieses Aspekts der mittelalterlichen Geschichte, die ich gelesen habe. Ich halte sie für grundsolide, aber sie kommt nicht an der schon als Klassiker zu bezeichnenden "Geschichte der Kreuzzüge" von Steven Runciman heran, auch nicht an modernere Monographie "Die Kreuzzüge" von Thomas Asbridge. Diese beiden Darstellungen widmen sich ausführlich und sehr detailreich den "bewaffneten Wallfahrten" ins heilige Land und enden dementsprechend mit dem Fall von Akkon, dem letzten europäischen Vorposten in Pälastina. Das wird natürlich auch bei Riley-Smith angesprochen, aber etwas knapper und grüßzügiger. Dafür liegen die Stärken aber woanders. Riley -Smith fasst den Krezugsbegriff sowohl inhaltlich als auch zeitlich weiter, sodass auch innereuropäische Kreuzzüge, wie etwa die gegen die Katharer, die Stedinger oder die Hussiten angesprchen werden, zudem erläutert er intensiv die sich ändernde Haltung der katholischen Kirche zur Frage der Legitimität von Gewalt. Und er zeigt auf, dass die Idee des Kreuzzuges nicht mit dem Mittelalter vorbei war. Die Auseinandersetzungen der ost und südosteuropäischen Staaten mit dem Osmanischen Reich in der frühen Neuzeit sind ebenso Beweis dafür wie religiös motivierte Begründungen aus der Zeit des Imperialismus. Und zu guter letzt geht er auch auf den mödernen Dschihad ein, der sich argumentativ der Kreuzzugsbewegung des Mittelalters bedient. Das alles macht die Studie lesens- und lohnenswert.
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