Victor Jara - Nein zur Diktatur
Die legendäre Heavy Metal Band "Iron Maiden" wurde 1975 gegründet. Seit dieser Zeit gab es ein ständiges Kommen und Gehen, was die Mitglieder der Band angeht. Bruce Dickinson ist der aktuelle Sänger und gehört seit 1981 zu der Band (mit einer kurzen Unterbrechung).
Als Rocksänger erlebt man Einiges. Als Rocksänger und Pilot erlebt man noch mehr. Als Rocksänger, Pilot, Fechter, Bierbrauer, Romanautor, Radiomoderator, Drehbuchautor etc. erlebt man noch viel viel mehr. Grund genug, eine Autobiografie zu verfassen. Denn schreiben kann Bruce Dickinson, wie er bereits in vielen Songtexten, Romanen und Drehbüchern bewiesen hat.
Die Autobiografie beginnt mit seiner Kindheit, in der er sich in der Schule als bad boy präsentiert. Er musste häufig die Schule wechseln. Denn der Einzelgänger und Außenseiter hatte ein Problem mit der Disziplin und dem vorherrschenden Schulreglement. Schon früh entdeckte er seine Affinität zur Rockmusik. Nachdem er größeres Talent beim Singen als beim Schlagzeug spielen (das er zuerst favorisiert hat) bewies, stieg er bei der Band "Samson" ein, mit denen er dann einige Jahre aufgetreten ist.
"Wer das Phänomen Iron Maiden nicht versteht, wird niemals begreifen, welchen Einfluss die Band auf das Leben unzähliger Menschen gehabt hat. Im Lauf der Jahre hat sie Millionen von Menschen immer wieder in ihrem Selbstwertgefühl bestätigt. Popmusik, Trends und die sinnlose Dekadenz sogenannter Celebritys, damit hatten Maiden nie etwas zu schaffen. Maiden - das war schon immer harte Arbeit, handfest, echt und vielschichtig, aber auch erdig und aggressiv." (S. 337)
1981 bewarb er sich als Sänger bei der Band "Iron Maiden" und wurde unter Vertrag gestellt. In Bruce Dickinsons Autobiografie folgen unzählige Seiten über das Miteinander der Bandmitglieder, Iron Maiden's Auftritten, die Studioarbeit zu neuen Alben, Tourneen etc. etc. etc. Denkt man an das Leben eines Rockstars, so denkt man an Sex, Drugs and Rock'n Roll. In Dickinsons Biografie gibt es kaum Sex, einige Drogen, dafür ganz viel Rock'n Roll. Jemand wie ich, der die Rockmusik der 80er und 90er Jahre gehört hat, kommt hier voll auf seine Kosten. Dickinson gibt seine Erlebnisse in der Rockszene wieder. Für mich war das manchmal trotzdem verwirrend. Insbesondere, wenn er von einzelnen Personen aus der Musikszene berichtet. Oder über Iron Maiden Songs, von denen ich leider nur wenige kenne. Daher habe ich einige Passagen in diesem Buch als langatmig empfunden. Man hätte mit Sicherheit einiges weglassen können. Aber ich verstehe den Autobiografen. Die Entscheidung, was wichtig und unwichtig ist, fällt schwer, wenn man sich in dem Rückblick auf sein bisheriges spektakuläres Leben verliert. Insbesondere, wenn man keine Minute missen möchte und sein Leben mit Stolz, Selbstironie und einem breiten Grinsen erzählt. Denn so kommt es einem vor, wenn man die Autobiografie von Dickinson liest.
"Was für ein durchgeknalltes Leben, dachte ich bei mir. Dann schaute ich nach links und sah Brian May, der mit geschlossenen Augen neben mir hockte und sehr wahrscheinlich etwas ganz Ähnliches dachte. Ich ließ ihn. Was für eine verrückte Welt, in der Tat." (S. 213)
Die besonderen Momente in diesem Buch waren für mich nicht die Eskapaden einer Rockband, sondern
Dickinsons Beschreibung eines Aufenthalts von Iron Maiden in Sarajewo zur Zeit des Balkankrieges: Seine Darstellung des Kriegsszenarios, in das die Band aus Leichtsinn und Naivität gerät, ist sehr intensiv. Zeuge der Kriebsgräuel zu werden, macht aus dem bis dahin fast schon oberflächlich wirkenden Rockstar einen nachdenklichen und ernsthaften Mann, der den Leser seine Betroffenheit spüren lässt.
Dickinsons Beschreibung seiner Krebserkrankung:
"Am 12. Dezember wurde bei mir Hals- und Kopfkrebs diagnostiziert, und die Welt hörte auf, sich zu drehen."
Sein Umgang mit der Krankheit ist bewundernswert. Er empfindet die Krebstherapie als Herausforderung und Profession, die es zu meistern gilt. Dickinson lässt sich nicht unterkriegen und erträgt die Behandlung mit viel Optimismus. In der Art, wie er den Heilungsprozess beschreibt, macht er jedem Mut, der selbst mit diesem Schicksal konfrontiert wird.
"Auf die Frage 'Warum ich?' wusste niemand eine Antwort. In Wahrheit ist es vermutlich einfach nur verdammtes Pech, dachte ich. Niemand hatte es auf mich abgesehen, und der Krebs war nichts weiter als eine Anomalie. Ich überlegte, ob ich ihn hassen sollte, aber Hass über längere Zeit hinweg ist einfach nicht mein Ding. Was Wut angeht, bin ich eher der spontane, aufbrausende Typ. Ich entschied, dass das Leben zu kurz war, um den Krebs zu hassen. Also würde ich ihn lieber wie einen ungebetenen Gast behandeln und ihm so freundlich wie unmissverständlich die Tür weisen." (S. 417)
Bruce Dickinson ist heute 60 Jahre alt und singt immer noch für Iron Maiden - neben all den anderen Dingen, die er macht. Er hat viel zu erzählen. Und er scheint fast nicht glauben wollen, was er bisher alles in seinem Leben erlebt hat. Mit viel Humor und Augenzwinkern berichtet er von seiner unfassbar ungewöhnlichen Karriere. Und ich habe nicht den Eindruck, dass es das für ihn gewesen ist. Der Mann strotzt nur so vor Energie, die er hoffentlich noch in viele interessante Projekte investieren wird.
© Renie
Wang Ning erzählt 12 kleine Geschichten aus seinem Heimatland. Genießen Sie die dahinter verborgenen alltäglichen Lebensweisheiten. Untermalt werden diese Geschichten mit einer eigens hierfür komponierten wunderbaren Musik von Hilmar Hajek. Lassen Sie sich für einige Augenblicke in eine andere Welt entführen.
Eigentlich wollte ich nur kurz in diese CD hineinhören, doch ehe ich mich versah, waren die gerade einmal 1 h und 10 min auch schon gehört. Wang Ning nennt neben dem deutschen auch stets den chinesischen Titel, liest den anschließenden Text dann sorgfältig und behutsam und zog mich mit seinem Vortrag und den fremden aber gleichzeitig faszinierenden Geschichten in den Bann. Die leise und getragene chinesische Musik tat ihr übriges, um mich für diese Zeit in eine ruhige und gelöste Stimmung zu versetzten.
Für mich ein verblüffend angenehm zu hörender Zufallsfund - entspannend, interessant, authentisch. Empfehlenswert!
© Parden
Solche Menschen dürfen nicht vergessen werden
Ich weiß nicht mehr, wann ich von Victor Jaras Ermordung erfahren habe. Er wurde ein paar Tage vor meinem 9. Geburtstag mit mindestens 44 Schüssen umgebracht. Weil er sich politisch betätigte und für den Frieden sang. So habe ich es damals in der Schule erfahren.
Als Jugendliche habe ich viel seine Musik gehört. Doch dann habe ich ihn aus den Augen verloren. Erst vor einiger Zeit, als ich beim Anaconda-Verlag auf der Suche nach Klassikern war, fiel mir dieses Büchlein auf.
Doch von vorne:
Das Buch beginnt am Mittwoch, 12. September 1973 (acht Tage vor meinem neunten Geburtstag). Die ersten Sätze muten an, als wenn sie aus einem Bericht über den Holocaust stammen:
„Die Schlange der Gefangenen kommt in den Straßen der Stadt nur mühsam vorwärts. Sie wird von Kolbenhieben begleitet, durch die Beschimpfungen der Soldaten bedrängt, von knurrenden Hunden bedroht. Von Zeit zu Zeit bricht ein Festgenommener auf der Straße zusammen, ein anderer begehrt auf. Sie werden sofort beiseitegeschafft und mit einer Kugel in den Kopf hingerichtet.“
Die Chilenen wurden vom Fleck weg verhaftet: aus ihren Häusern, von der Arbeit, von Universitäten. Ein junger Mann widersprach – er wurde zu Tode geprügelt, ein anderer stürzte sich vor Angst in den Tod.
Unter den Gefangenen, die in das Estadio Chile verschleppt werden, befindet sich auch der berühmte Sänger Victor Jara, der, sobald er von einem Offizier erkannt wurde, einen Peitschenhieb gegen die Schläfe bekommt. Von klein auf kennt Victor Jara dieses Stadion. Er weiß gar nicht mehr, wie oft er hier gesungen hat. Erinnerte sich aber an das Jahr 1969: Die schönsten Stimmen der chilenischen Liedersänger ertönten Stunde um Stunde. Und ihre ganze Hoffnung richtete sich auf die kommende Wahl.
Neben sich hört Victor Jara die Stimme eines 15-Jährigen: „Ich habe Angst. Ich will nicht sterben.“ Noch ist er überzeugt, hier schnell wieder wegzukommen, da die Augen der ganzen Welt auf Chile gerichtet ist. Doch schon ist der Offizier wieder bei ihm, schlägt ihn zusammen und fordert, dass man ihn in das Quartier für die gefährlichen Gefangenen führt.
Als Victor wach wird, liegt er auf der blanken Erde, kann sich kaum rühren, der Körper schmerzt. Aber die Gedanken fliehen zu Menschen, denen er nahesteht: Joan, die Frau, die er liebt, seine Töchter Amanda und Manuela. Er denkt an Salvador Allende und Pablo Neruda, dessen Rückkehr nach Chile gerade gefeiert worden war.
Erinnerungen auch an die Kindheit, die Geschwister, die schon als Sechs- und Siebenjährige mitarbeiten mussten, um die Familie ernähren zu können.
Der Vater war Analphabet, der den Schulbesuch, für den die Mutter sorgte, missbilligte. Dass Victor Jara der geworden ist, der er war, hat viel mit seinem Vater und dessen Verhalten der Familie gegenüber zu tun. Und da geht es um oft düstere Stunden, die Erinnerung daran rief Victor Jara in einem seiner ersten Lieder, „La luna es siempre muy linda“ (Der Mond ist immer sehr schön), wach.
Von der Mutter hatte er die panische Angst, den Teufel zu treffen, was sich leider noch bewahrheiten sollte. Sie brachte ihm auch das Gitarrespielen bei und machte ihn mit traditionellen Instrumenten, Liedern und der Kultur der Mapuche vertraut.
Später sollte Victor Jara auch noch das Elend der Stadtbewohner kennenlernen und als er 17 Jahre jung war, starb seine Mutter, die sich für die Familie quasi totgearbeitet hat.
Wann immer Victor Jara Ungerechtigkeiten sieht oder von Gewalt gegen seine Mitmenschen erfährt, greift er zur Gitarre. Und er prangert die Täter namentlich an.
Mitte der 60er-Jahre fragte ihn ein Journalist, warum er sein Leben von nun an dem Singen widmen wollte:
„Was um mich herum geschieht, berührt mich immer mehr. Die Armut in meinem eigenen Land, in ganz Lateinamerika und in anderen Ländern der Welt. Ich brauche das Holz und die Saiten einer Gitarre, um meiner Freude und Traurigkeit freien Lauf zu lassen.“
Seine Auftritte waren nicht ungefährlich für ihn und seine Mitkünstler. Bei einem Konzert an einer Schule wurden sie von den Extremen fast gelyncht.
Doch er ist vor der Gefahr, die gegen ihn gerichtet war, nie zurückgewichen. Im Gegenteil „ist er gegenüber der Intoleranz standhaft geblieben, er hat den Hass der anderen ertragen, ohne den Blick zu senken, und er hat mit seinen Wünschen und Taten die Entstehung der Demokratie begleitet“.
Und damit schließe ich und lege euch dieses Büchlein über einen wunderbaren Menschen ans Herz.
In dem Wikipedia-Artikel zu Victor Jara erfahrt ihr Näheres über die Aufarbeitung seiner Ermordung: Aktuell wurden am 4. Juli 2018 weitere acht ehemalige Offiziere wegen des Mordes an Victor Jara und den Gefängnisdirektor Littré Quiroga Carvajal zu 15 Jahren und einem Tag Gefängnis verurteilt. Dabei handelt es sich um Hugo Sanchez Marmonti, Raul Jofre Gonzalez, Edwin Dimter Bianchi, Nelson Haase Mazzei, Ernesto Bethke Wulf, Juan Jara Quintana, Hernan Chacon Soto und Patricio Vásquez Donoso. Ein weiterer Offizier, Rolando Melo Silva, wurde wegen Beihilfe zu fünf Jahre und 61 Tage verurteilt.
Hier findet ihr sein letztes Gedicht, das er vor seinem Tod im Fußballstadion von Santiago de Chile im September 1973 geschrieben hat.
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