Ein Fluss so rot und schwarz: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Ein Fluss so rot und schwarz: Roman' von Anthony Ryan
4
4 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Ein Fluss so rot und schwarz: Roman"

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:272
Verlag: Tropen
EAN:9783608501797
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Rezensionen zu "Ein Fluss so rot und schwarz: Roman"

  1. Die echte Pandemie – auch menschengemacht

    Die Ausgangssituation in diesem Roman fand ich sehr spannend: Sieben Menschen auf einem ferngesteuerten Militärboot, alle ohne Gedächtnis. Und ebenso ohne Möglichkeiten, selbstbestimmt einzugreifen. Drei Männer und drei Frauen bleiben übrig, als einer sich erschießt. Irgendwie war es mir schon klar, dass dies eine „Zehn-kleine-Negerlein-Geschichte“ werden würde. Und das wurde es auch. Mehr möchte ich aber an dieser Stelle nicht verraten.

    Diese sechs übriggebliebenen Menschen misstrauen einander zutiefst und sie haben alle Narben auf dem Kopf von einer kürzlich erfolgten Operation, denn die Einschnitte sind zwar verheilt, aber relativ frisch. Jeder hat auch eine Namenstätowierung auf dem rechten Unterarm. Alle Namen sind Schriftstellernamen, drei weibliche: Dickinson, Plath & Rhys. Und drei männliche: Pynchon, Huxley & Golding. Huxley ist hier die Hauptfigur und anhand seiner Fähigkeiten muss er wohl Polizist o. Ä. gewesen sein. Des Selbstmörders Tätowierung war Conrad.

    Sie alle sind auf einer Bootsreise, die in die Themse mündet. Und je näher sie an London kommen, je schwieriger wird die Lage und es gibt Verluste. Alles ist ständig in einen roten, undurchdringlichen Nebel gehüllt. Dazu ertönen grauenvolle Schreie aus der Ferne, kommen aber langsam näher. Eine Flucht ist unmöglich, denn das beigefügte Schlauchboot taugt dafür nicht und ist auch nicht schnell. Die Situation wird immer bedrohlicher. Stumpfe Befehle, emotionslos, ohne Erklärungen, kommen via Satellitentelefon und nach und nach erfahren die Reisenden zwar mehr über ihre erzwungene Mission, aber nie die ganze Wahrheit.

    Kleines Nachdenken über die o. g. Schriftstellernamen zwischendurch: Ich muss gestehen, dass mir der Name Rhys gar nichts sagte, so habe ich mir jetzt von Jean Rhys ihr berühmtestes Buch bestellt: „Die weite Sargassosee“.

    Viele Textstellen, die ich mir angemarkert habe, kann ich hier nicht wiedergeben, ohne zu viel zu verraten, aber drei sollen erwähnt werden: S. 182: „Sagen wir mal, du bist eine außerirdische Zivilisation und stößt auf einen hübschen blaugrünen Planeten, den du kolonisieren willst. Das Problem ist, dass er von ein paar Milliarden vernunftbegabter Affen bewohnt ist. Oder befallen, wie man’s nimmt. Nicht nur würden die ziemlich sauer reagieren, wenn du hier aufkreuzt, sondern die vergiften den Planeten auch mit allem möglichen chemischen Zeugs. Vielleicht war es für die Außerirdischen so, wie wir eine Zimmerpflanze mit Insektenspray einsprühen.“ (Huxley an Rhys.)

    Seite 247: „Immerhin haben wir eine richtig abgefuckte Welt geschaffen, in der sie gedeihen können. (Mit „sie“ sind hier die Psychopathen, Soziopathen und die selbstsüchtigen Gestörten gemeint.) Eine Welt, in der wir uns von gierigen Lügnern regieren lassen, die sich ständig in die eigene Tasche wirtschaften.“ (Rhys an Huxley)

    Seite 251: „Wir sind die Anomalie. Eine Spezies, die so erfolgreich ist, dass sie ihre Umwelt verschlingt und damit ihren eigenen Untergang sichert. Was jetzt geschieht, ist lediglich ein notwendiges Korrektiv.“ (Plath an Rhys und Huxley)

    Wie so oft, wenn Menschen, die bunt zusammengewürfelt sind, an einem Ort quasi zusammengepfercht werden, gibt es Sympathien und Antipathien. Das kommt auch gut rüber, vor allem in den Dialogen. Bei der Beschreibung der äußeren Merkmale der „gesunden“ Menschen müssen wir allerdings Abstriche machen.

    Fazit: Der Roman ist hochspannend und ein echter Pageturner. Wer Dystopien mit blutigem Gemetzel und fragwürdigem Ende gut ertragen kann, der wird hier kreativ bedient. 3,5 Sterne runde ich auf 4 Sterne auf.

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  1. Dystopie mit Realitätspotential?!

    Dystopie mit Realitätspotential?!

    Der neue Future-Fiction-Thriller - Ein Fluss so rot und still -
    von Anthony Ryan wurde am 14. Oktober 2023 auf dem deutschen Markt veröffentlicht.
    Der in Schottland geborene Autor wurde seit 2011 zu einem Begriff in der Genre-Community. Mir waren seine Bücher bisher nicht bekannt. Somit bin ich vollkommen unvoreingenommen an dieses Buch heran gegangen.
    Deutsche Übersetzung: Sara Riffel
    Verlag: Tropen

    Zum Inhalt:
    Ein einsames Schiff. 6 langsam erwachende Passagiere sowie eine ihnen unbekannte Leiche. Die Lebenden verbinden 2 Dinge:
    Alle haben eine Op-Narbe an der gleichen Stelle & können sich nicht an ihre Vergangenheit erinnern. Schon bald wird klar, dass jeder, der sich beginnt erinnern zu können, zu einer letalen Gefahr für alle anderen wird.

    Die Titelseite zeigt uns eine Schattenaufnahme Londons erhellt durch einen blutroten Schimmer.
    Der in knallroten Buchstaben geschriebene Titel macht mich im Zusammenspiel mit dem Klappentext wirklich neugierig.

    Mein persönliches Leseerlebnis bezieht sich auf das elektronische Exemplar.

    Aufbau, Protagonisten, Spannung und Momentum
    Gleich zu Beginn baut sich eine spürbare Spannung auf.
    Ich erlebe den Schrecken der Einzelnen und werde durch die sich entwickelnde Erzählung tief in das Geschehen hineingesogen.
    Das jeweilige Schicksal der Protagonisten ist überraschend und auch schockierend. Der Autor hat viel Mühe auf die individuellen Schattierungen der einzelnen Personen verwandt.
    Der zu Beginn starke Spannungsbogen wurde leider im weiteren Verlauf nicht auf dem hohen Niveau gehalten oder intensiviert. Einige sich wiederholende Informationen haben der Story im weiteren Verlauf ihr Momentum genommen.
    Das Finale präsentierte ein nachvollziehbares Ende, konnte dessen mögliches Potential leider nicht komplett erreichen.
    Zusammenfassung:
    Ein durchaus spannendes Konzept, dass leider seinem Potential nicht komplett gerecht wurde. Die Protagonisten blieben trotz ihrer beschriebenen Einzelschicksale gefühlt - anonym.
    Fazit:
    Ein kurzweiliger, durch wirklich gelungene Einstreuungen spannender Momente, flüssig lesbarer Roman. Die deutsche Übersetzung ist sehr gelungen und absolut treffsicher in ihrer Wortwahl.
    Ich vergebe 4 * Lesesterne, für diesen Dystopischen Roman verbunden mit einer Empfehlung für diese Genre-Fangemeinde.

    ISDN: 978-3608501797
    Seitenzahl: 272
    Formate: elektr., Hörbuch und gebundene Ausgabe

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  1. Thriller versus Fantasy

    Grosse Überraschung bei mir als ich entdeckte dass Antony Ryan jetzt auch Thriller schreibt. Bisher stürzte sich mein Sohn auf jede seiner Neuerscheinungen, einen Thriller aber möchte er gar nicht erst versuchen obwohl von einem seiner Lieblingsautoren geschrieben.
    Das Cover fand ich jetzt ok aber nicht weltbewegend. Ebenso ging es mir mit dem Titel. Erinnert an einen Mix aus Schneewittchen und den purpurnen Flüssen.
    Ich muss voranstellen, die Erwartungen an das Buch waren sehr hoch. Was bewegt einen sehr erfolgreichen Fantasy Schriftsteller das Genre zu wechseln? Sucht er eine neue Herausforderung oder ging ihm der Stoff aus?
    Es waren jetzt auch nicht unbedingt die horrormässigen Szenen im Buch die mich eher abstiessen. Von Candice Fox her bin ich einiges gewohnt an extremen Thrillern. Aber da kann man die Entwicklung der Persönlickeiten zu den extremen Tätern oder Opfern mitverfolgen oder nachvollziehen. Hier bekommt man eine Apokalypse übergestülpt.
    Ich als Thrillerfan würde keinen weiteren Thriller von Anthony Ryan lesen. Nicht weil er nicht gut ist sondern weil doch zuviel von seiner speziellen Fantasywelt nachklingt und das ist nicht meins. Hier muss jeder Fan für sich entscheiden. Ob er als Fantasyfan auch mal Thriller lesen will oder ob man als Thrillerfan ihm auch eine andere Art von Spannung ohne epische Schlachten zutraut.
    Handwerklich sicher sehr gut, daher gebe ich 4 Sterne.

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Schwachstellen

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Rezensionen zu "Schwachstellen"

  1. Beklemmend und packend

    „Ich war Lichtjahre entfernt von meinen Mitmenschen und klebte gleichzeitig wie ein Blutegel an ihnen.“ (Zitat Seite 227)

    Inhalt
    Der junge, begabte Technologiespezialist Siv hat vor, nach seinem Wehrdienst eine längere Reise durch ferne Länder zu unternehmen, und danach Astrophysik zu studieren. Doch zwei Monate vor Ende seiner Wehrverpflichtung tritt ein Technologieunternehmen, ein privater Nachrichtendienst, an ihn heran mit einem sehr interessanten und lukrativen Jobangebot, das er nicht ablehnen kann, zumal sein Aufgabengebiet auch Auslandsreisen umfassen wird. Rasch ist er der beste Spezialist auf seinem Gebiet, die Auswirkungen seiner Arbeit ignoriert er zunächst, für ihn zählen die innovative Technik, seine Kreativität, seine Erfolge und die damit verbundene Anerkennung. Doch bald stellt er fest, dass die Aufträge und der Einsatz des Überwachungssystems wesentlich weiter gehen, als die Bereiche öffentliche Sicherheit und Schutz vor Anschlägen erfordern. Gleichzeitig werden der Sog und persönliche Anreiz, sein Programm auch im eigenen, privaten Bereich einzusetzen, für Siv immer stärker.

    Thema und Genre
    In diesem Polit- und Technologiethriller geht es um den geheimen Einsatz von Überwachungssystemen, welche umfassend bis in das intime Privatleben der damit kontrollierten Menschen eindringen. Ein wichtiges Thema sind auch persönliche Überzeugungen, Verantwortung, Rechtfertigung und ethische Fragen, die sich für jene Menschen stellen, die solche Technologien entwickeln und damit viel Geld verdienen, oder diese einsetzen. Auch Familiengefüge und Beziehungen spielen eine Rolle.

    Erzählform und Sprache
    Siv selbst erzählt seine Geschichte. Der Handlungsverlauf ist chronologisch mit ergänzenden Rückblicken in Form von Erinnerungen. Einerseits ergibt sich so die von einem Thriller erwartete Spannung und rasante Abfolge von Ereignissen, andererseits erlaubt die Sprache als Ich-Erzähler ein tiefes Eindringen in die Gedanken-, Gefühls- und Erfahrungswelt der Hauptfigur Siv. Dies bietet Yishai Sarid die Möglichkeit, diese wichtigen Themen, die Probleme und Konflikte vertiefend und intensiv zu betrachten und zu schildern. So bietet dieser Roman neben Hochspannung auch einen direkten Einblick in das Leben von Siv, seinen Alltag, seine familiären Bindungen, in das problematische Leben seiner Schwester Schiri und Sivs Unsicherheiten in Bezug auf Frauen, seine private Einsamkeit. Wichtige technische Details sind verständlich, jedoch mit einer faszinierenden Intensität geschildert.

    Fazit
    Ich hielt beim Lesen oft den Atem an, so beklemmend und realistisch waren die Schilderungen dieser dichten Netze von totaler technischer Überwachung und gleichzeitig der Facettenreichtum der menschlichen Konflikte. Eine packende Geschichte über den Einsatz modernster Überwachungstechnologien, die ihr dichtes Netz nicht nur über die damit überwachten politischen Gegner, sondern bald auch um den brillanten Computerspezialisten Siv selbst, der diese Programme entwickelt hat, ziehen.

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  1. 4
    06. Nov 2023 

    KI und menschliche Faktoren - eine potenziell brisante Mischung.

    Leicht war es nie: Sivs Vater ist ständig pleite, seine Mutter geht mit einem Arzt fremd und seine jüngere Schwester ist in die Drogensucht abgerutscht. Auch bei den Frauen kann er nicht punkten. Aber als professioneller Hacker - der Beste und Begehrteste in seinem Fach - wird er auf Händen getragen. Seine Aufträge in Israel und im Ausland werden politisch immer brisanter. Als er in einem europäischen Land ein Abhörsystem für Mobiltelefone installieren muss, um Regimekritiker ausfindig zu machen, kommen bei ihm erste ethische Skrupel auf. Einerseits redet er sich ein, nur seinen Job zu erfüllen - und andererseits kann er es immer weniger lassen, Sicherheitslücken von Smartphones mehr und mehr auch für private Zwecke zu nutzen… (Verlagsbeschreibung)

    Sowohl seine Unfähigkeit, soziale Situationen zu meistern, menschliche Signale zu interpretieren und adäquat darauf zu reagieren als auch seine hohe Intelligenz machen Siv zu etwas Besonderem. Seine große Begabung, weit in die Tiefen von PCs und Internet-Netzen eintauchen zu können, haben ihn zu einem Nerd und gefragten Hacker werden lassen - und so erscheint es nicht verwunderlich, dass er gleich nach dem Abitur und seinem Militärdienst von einer rennomierten Firma angeheuert wird. Einer Sicherheitsfirma, die die Interessen Israels vertritt, ihre virtuellen Überwachungs-Systeme jedoch auch in andere Länder verkauft - alles im Dienst gegen den Terrorismus. Und die Künstliche Intelligenz ist weit gereift...

    "... und unterwegs dachte ich über Bulkas Vision nach, den Menschen von allen Seiten auf offene und versteckte Weise, von innen und außen, in Rede und Denken auszuloten, was es alles ermöglichen würde, den Menschen bis auf die Wurzel, bis in die Nervenzentren zu kennen, ihn sämtlicher Lügen und Masken zu entkleiden." (S. 115)

    Siv ist ein wenig selbstbewusster Charakter, der seine Bestätigung allein in seiner hohen Fachlichkeit und Intelligenz sucht. Emotionen verunsichern ihn und werden meist rasch beiseite geschoben, auch wenn er sich danach sehnt, irgendwo dazu zu gehören. Er lechzt nach Lob und Anerkennung und ist bereit, weit dafür zu gehen. Er sieht und erlebt gerade bei seinem Auftrag in einem osteuropäischen Land, in dem große Unruhen herrschen, bedrückende, beängstigende, lebensgefährliche Situationen - und gerät trotzdem kaum in Aufregung und ins Nachdenken. Er aktzeptiert die Souveränität der Befehlenden und sieht sich nur als ausführendes Organ, Mitschuld ausgeschlossen. Außer einem gelegentlichen leichtem Schwindel zeigt Siv keine erkennbare Reaktion...

    Verhält sich jemand ihm gegenüber freundlich, denkt Siv, er meint es auch so und ist ein guter Mensch und fast schon so etwas wie ein Freund. Er käme gar nicht auf den Gedanken, jemandem zu misstrauen, der sich ihm gegenüber nett verhält. Siv merkt zwar, dass es ihm nicht gelingt, wirkliche Freundschaften oder gar Liebschaften zu initiieren, ist aber sofort von der guten Absicht des Gegenübers überzeugt, wenn der andere lächelt oder nette Dinge sagt. Er glaubt das alles 1:1, kann nicht zwischen den Zeilen lesen oder Ironie, Halbwahrheiten, Hinhalteparolen erkennen. Das kann einem schon leid tun. Für mich erklärt sich dadurch aber auch, dass Siv die Ethik seines Berufs kein bisschen hinterfragt. Die Entscheidungsträger werden schon wissen, was sie tun, alles wird schon seine Berechtigung haben, und wenn gesagt wird, das System wird gegen Terroristen eingesetzt, dann ist das selbstredend auch so. Gefährlich - für alle...

    "Ich warf einen Blick auf die Häftlinge. Sie standen mit hängenden Köpfen und weichen Knien da, waren verstummt und wirkten erledigt. Ich bin nicht schuld, sagte ich mir, bin nur eine kleine Figur in einem großen Spiel, dessen Regeln andere bestimmt haben. Mich interessiert nicht, wer gewinnt und wer verliert. Ich tue nur meine brillante Arbeit." (S. 152)

    Gerade die Ereignise in dem nicht näher bezeichneten osteuropäischen Land wirkten beim Lesen auf mich äußerst bedrückend, und doch bleibt man mit den Gefühlen alleine. Man möchte ihn schütteln, diesen Siv, der keinerlei Verantwortung für sein Tun übernimmt, keine Fragen stellt und selbst fast wie eine Maschine wirkt in seiner kritiklosen Befehlserfüllung. Anders als bei Kriegspiloten, die versuchen, die Bomben ihrer Flugzeuge auf anonymen Kreuzen zu platzieren, was für manchen wohl eher wie ein Computerspiel anmutet denn wie eine Kriegshandlung, bekommt Siv hier teilweise durchaus direkt die Folgen seines Tuns präsentiert. Er hält jedoch an der Doktrin fest, dass die Betroffenen sich die Konsequenzen selbst zuzuschreiben haben, schließlich haben sie lt. Auftraggeber im Vorfeld revolutionär oder terroristisch agiert.

    Zurück in Israel bekommt Siv die gewünschte Anerkennung, und doch beginnt er das System auch für eigene Zwecke zu nutzen. Er spioniert aus reinem Interesse und aus Langeweile Nachbarn und Kollegen aus, kümmert sich auf diese Art auch unauffällig um seine drogenabhängige Schwester - und erkennt schließlich, dass sich das System auch gegen Menschen richten kann, die ihm wichtig sind. Doch als Siv sich zu einem sehr konsequenten Schritt entschließt - erscheint hier ein Happy End möglich?

    Yishai Sarid hat hier eine beängstigende Vision entworfen, die meist nüchtern in der Darstellung erscheint - passend zur Nerdhaftigkeit des Ich-Erzählers -, beim Leser jedoch durchaus Emotionen freisetzt. Viele der geschilderten Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz erscheinen gar nicht so weit hergeholt - und dass die Firmen und die Entwickler der Überwachungssysteme nicht gerade einer Ethik-Kommission angehören, versteht sich wohl auch von selbst. Geheimhaltung und Gewinnoptimierung - Amnesty International dürfte hier wohl auch keinen Zugang erhalten. Das Schicksal von Siv erscheint dabei nicht vorrangig von Bedeutung - ein derart distanzierter Charakter ruft wohl einfach wenig Empathie hervor.

    Die Möglicheiten sind einfach beängstigend, das was wäre wenn. Oder auch das: wie weit ist es schon gediehen? Und wie positioniert sich jeder einzelne dazu? Macht man alles vorbehaltlos mit, in der Hoffnung, selbst unterm Radar zu bleiben und ähnlich wie Siv jede Mitverantwortung abzulehnen? Oder positioniert man sich klar gegen bestimmte Eingriffe von Seiten der Regierung und von Großkonzernen? Mit der Gefahr, womöglich selbst in den Fokus der KI zu gelangen?

    KI und menschliche Faktoren - eine potenziell brisante Mischung... Ein unbequemer Roman, der über das Lesen hinaus nachhallt...

    © Parden

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  1. 4
    13. Okt 2023 

    Technologie vs. Demokratie

    Siv ist IT-Experte und arbeitet für einen privaten Nachrichtendienst, der eine raffinierte Spyware entwickelt hat. Sein Spezialgebiet ist das Auffinden von Sicherheitslücken in IT-Systemen; er erledigt zuverlässig schwierigste Aufträge. Seine emotionale Intelligenz ist jedoch unterentwickelt: Siv ist ein einsamer junger Mann, dessen Selbstwertgefühl allein auf seinem fachlichen Können gründet. Aufgrund seiner Defizite fällt es ihm schwer, Menschen einzuschätzen und ist infolge leicht manipulierbar. In seiner Familie wird er finanziell ausgenutzt, aber nicht geliebt. Einzig in der Firma ist er geachtet - und in seinen Hacker Communities sogar so etwas wie eine Legende.

    Die Story wird von Siv aus der Ich-Perspektive erzählt, in einer sehr einfachen Sprache, die zu dem naiven, weltfremden Protagonisten passt. Es gibt wenig Dialoge, dafür viel indirekte Rede, die trotz der Ich-Form Distanz zum Erzähler schafft.

    Bald gibt es Hinweise darauf, dass Sivs Arbeitgeber wenig Skrupel hat, auch dubiose Aufträge zu akzeptieren. Ein Einsatz in einer Balkandiktatur läuft komplett aus dem Ruder, und offenbar gibt es auch in Israel selbst Menschen, die zum Ziel der Firmenaktivitäten werden. Aber Siv schiebt alle Verantwortung von sich und genießt die Anerkennung, die ihm sein Job verschafft. „Ich […] bin nur eine kleine Figur in einem großen Spiel, dessen Regeln andere bestimmt haben. Mich interessiert nicht, wer gewinnt und wer verliert. Ich tue nur meine brillante Arbeit.“ Mittlerweile ist er außerdem der Versuchung erlegen, die Spyware für private Zwecke zu missbrauchen. Er versucht, mit ihrer Hilfe seine drogensüchtige Schwester vor ihrem Peiniger zu retten. Sukzessive findet er immer mehr Gefallen an seiner Rolle als Jäger der Bösen und Retter der Guten. Bis sein alter Nachbar, ein Naturschutz-Aktivist, zum Ziel der ihm nur zu bekannten Algorithmen wird. Siv entschließt sich zu spät, einzugreifen – und aus dem Jäger wird ein Gejagter.

    Es ist schnell klar, dass der Romantitel „Schwachstellen“ sich nicht auf die Lücken der IT-Systeme bezieht, sondern auf die, die sie vermarkten. Sarids Psychogramm eines labilen Nerds zeigt uns die Demokratie und Rechtsstaat zersetzende Macht der neuen Technologien, deren Anwendung ohne hochspezifische Kenntnisse nicht kontrolliert werden kann. Es zeigt, dass diese Technologien immer nur so moralisch sind wie die Charakterstärke oder Motive ihrer Operatoren. Eine besonders perfide Figur hat Sarid sich mit der Ex-Richterin ausgedacht, die vordergründig dafür sorgen soll, dass keine Gesetze übertreten werden, de facto aber sicherstellt, dass die Firma nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. Zwar kann ich nicht beurteilen, ob heutige Systeme tatsächlich so leistungsfähig sind wie das im Roman beschriebene, aber fest steht: Geheimnisse waren gestern. Das wissen wir, vergessen es aber allzu leicht. Wir wissen auch, dass unsere Justiz machtlos ist gegenüber real life Technologie-Milliardären wie Bezos, Musk, Zuckerberg. „Schwachstellen“ frischt unser Gedächtnis auf.

    Dass sein Roman kurz vor einem Angriff auf Israel veröffentlicht werden würde, konnte Sarid nicht ahnen. Auch nicht, dass der ahnungslose Mossad offenbar Sivs Spyware gut hätte brauchen können bzw. effizienter hätte anwenden müssen. In der Ausnahmesituation eines Krieges gibt es neue Gründe für den Einsatz von Überwachungstechnologien. Krieg an sich ist anti-demokratisch. Insofern hat der Roman nun eine Aktualität, die ihm zusätzliches Momentum verleiht.

    Fazit: Sarids neuer Roman reicht zwar an die Wucht von „Monster“ oder „Siegerin“ nicht heran, vielleicht weil ihm ein Stückweit sprachliche Raffinesse und emotionale Tiefe fehlt. Dennoch ist er bis zum düsteren Ende flüssig und spannend zu lesen.

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Das achte Haus: In Gedenken an ein Mädchen

Buchseite und Rezensionen zu 'Das achte Haus: In Gedenken an ein Mädchen' von Linda Segtnan
4
4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Das achte Haus: In Gedenken an ein Mädchen"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:400
EAN:9783855351152
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Rezensionen zu "Das achte Haus: In Gedenken an ein Mädchen"

  1. Von der Besessenheit, einen Mordfall zu klären

    Als der schwedischen Historikerin Linda Segtnan während ihrer Arbeit im Archiv zufällig ein Zeitungsausschnitt über den Mord an der neunjährigen Birgitta Sivander im Jahre 1948 im schwedischen Perstorp in die Hände fällt, ist ihr Interesse sofort geweckt. Wer war diese Birgitta und wieso konnte der Fall nie geklärt werden? Die hochschwangere Frau beginnt zu recherchieren, sichtet Materialien, besucht den Tatort und spricht mit damaligen Zeug:innen. Doch die Recherchen bringen Segtnan nicht nur an ihre körperlichen Grenzen. Ganz langsam scheinen sich auch in ihrem Bewusstsein die unterschiedlichen Zeitebenen aufzuheben, so dass die Autorin das Gefühl bekommt, unmittelbarer Teil der Ermittlungen Ende der 1940er-Jahre zu sein und eine besondere Verbindung zu Birgitta herzustellen. Über allem scheint die Angst vor dem Tod, der Vergänglichkeit zu schweben. Und so steigert sich Linda in eine Art Besessenheit hinein, um den Mordfall neu aufzurollen und endlich aufzuklären. Eine Besessenheit, die auch die Existenz ihrer eigenen Familie infrage stellt...

    "Das achte Haus" ist das literarische Debüt der schwedischen Autorin Linda Segtnan, das jetzt in der deutschen Übersetzung von Kerstin Schöps im Schweizer Atrium Verlag erschienen ist. Der Verlag hat sich im Bereich der anspruchsvollen Spannungsliteratur beispielsweise durch die Veröffentlichungen von Mark Billingham oder den überragenden Genresprenger "Westwind" von Samantha Harvey einen Namen gemacht. "Das achte Haus" passt somit ganz hervorragend in sein Programm, denn Linda Segtnans Debüt schert sich weder um Genregrenzen, noch ist es in seiner Mischung aus True Crime und Autofiktion besonders gefällig. 2022 stand Segtnan damit auf der Short List des renommierten schwedischen Literaturpreises "Adlibrispriset" für den besten Debütroman. Dabei handelt es sich gar nicht um einen Roman.

    Vielmehr verknüft Segtnan auf überwiegend gelungene Art zwei Erzählstränge, die sich überraschenderweise stärker überschneiden als anfangs gedacht. Der Haupthandlungsstrang bezieht sich dabei auf den deutschen Untertitel des Buches "In Gedenken an ein Mädchen". Er ist der eindeutig stärkere Faden des Werks. Denn Segtnan gelingt dieses "Gedenken" an Birgitta Sivander auf ganz erstaunliche Weise. Sprachlich setzt sie auf eine gelungene Mischung aus klassischen Spannungsmotiven und fast unbändiger Empathie. Besonders eindrücklich und intensiv ist in diesem Zusammenhang die Szene, in der sich Vergangenheit und Gegenwart vereinen. Während Birgitta im Wald des Jahres 1948 um ihr Leben rennt, fühlt sich Linda Segtnan an selber Stelle schier zu Boden gedrückt von den überwältigenden Ereignissen 70 Jahre zuvor. Und von der Boshaftigkeit der Welt, in die Segtnan selbst in nicht allzu langer Zeit ein Mädchen setzen wird.

    Überhaupt lebt "Das achte Haus" von seiner gelungenen Konzeption. So wechselt die Perspektive beispielsweise im Mittelteil des Buches von zwei Mädchen zu zwei Jungen. Während zu Beginn Mordopfer Birgitta und Lindas neugeborene Tochter Vivianne im Fokus stehen, sind es kurz darauf plötzlich ein tatverdächtiger Junge und Segtnans erstgeborener Sohn Sam. Nur um im finalen Part eine weitere unvorhersehbare Volte zu schlagen.

    Dennoch hat das Buch auch Schwächen. So nimmt beispielsweise das Privatleben der Autorin einen viel zu großen Rahmen ein. Dezidiert berichtet Segtnan über ihre Ängste und Empfindungen während der Schwangerschaft und der Geburt, umfangreich erzählt sie von den familiären Problemen mit ihrem Mann und ihrem Sohn. Das ist als emotionaler Unterbau der eigentlichen Geschichte durchaus verständlich und interessant, rückt aber das Gedenken an Birgitta in diesen Momenten viel zu stark in den Hintergrund. Hinzu kommt, dass nicht jeder literarische Kunstgriff sitzt. So wirkt es einigermaßen grotesk, wenn sich Linda in der Mitte des Buches plötzlich unmittelbar in die Mutter des beschuldigten Jungen verwandelt und in Ich-Perspektive von der damaligen Gerichtsverhandlung erzählt. Auch die esoterischen Momente und Spukgeschichten nehmen dem Text ein Stück seiner Ernsthaftigkeit.

    Sieht man über diese Kritikpunkte hinweg und erwartet weder ein typisches "True Crime"-Buch noch einen Thriller, erhält man mit "Das achte Haus" aber eine lohnenswerte Lektüre, die gleichermaßen spannend wie bewegend ist. Es ist eine Lektüre, die mich zwar glücklicherweise nicht zu einem Besessenen werden ließ, aber durchaus dafür sorgte, dass mich der Mordfall Birgitta wahrlich mitgenommen hat. Insgesamt ist Linda Segtnan mit "Das achte Haus" und dem dazugehörigen Einsatz von Fotos, Zeitungsausschnitten und Karten das "Gedenken an ein Mädchen" sehr gelungen.

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Memoria

Buchseite und Rezensionen zu 'Memoria' von Zoë Beck
4.5
4.5 von 5 (4 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Memoria"

Autor:
Format:Broschiert
Seiten:280
EAN:9783518472927
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Rezensionen zu "Memoria"

  1. Manipulierte Erinnerungen

    Dieser Thriller spielt in einer nicht so fernen Zukunft. Der Klimawandel und seine Auswirkungen zeigen sich in allen Lebensbereichen.
    Harriet ist mit dem Zug unterwegs, als der wegen eines Waldbrandes stoppen muss. Sie rettet eine Frau aus deren brennendem Haus. Bevor die Frau das Bewusstsein verliert, sagt sie noch „Wie hast du mich gefunden? Du darfst gar nicht hier sein." Das lässt Harriet keine Ruhe. Dann tauchen immer wieder Erinnerungsschnipsel auf, die für Harriet sehr verstörend sind. Sie beginnt an ihrem Verstand zu zweifeln. Als sie ihre Vergangenheit erkunden will, gerät alles außer Kontrolle.
    Dies ist mein erstes Buch der Autorin Zoё Beck, aber sicherlich nicht das letzte. Der Thriller hat mir gut gefallen und der Schreibstil lässt sich gut und flüssig lesen.
    Harriet ist eine Frau, die es nicht leicht hat. Ich konnte gut mit ihr fühlen, ganz besonders, als sie an ihren Erinnerungen zu zweifeln beginnt. Es muss sehr traumatisch sein, was sie erlebt. Doch sie möchte wissen, was sie und ihr Leben ausmacht. Dabei bringt sie sich auch noch in Gefahr.
    Welche Erinnerungen sind wirklich Harriets? Und wie zuverlässig sind diese Erinnerungen?
    Was zunächst so verwirrend erschien, löst sich am Ende doch schlüssig auf.
    Ein spannender Thriller, der in einer erschreckenden Zukunft spielt.

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  1. 5
    22. Okt 2023 

    Feiner dystopisch angehauchter Thriller

    Schauplatz: Eine beunruhigend nahe Zukunftswelt und eine junge Frau, deren Gedächtnis merkwürdige Lücken aufweist. Nach einigen rätselhaften Begegnungen und einer Vergangenheit, die immer weniger Sinn ergibt, beschließt sie herauszufinden, was wirklich mit ihr passiert ist.
    Ihr Buch „Paradise City“ konnte mich schon sehr begeistern, aber Zoe Becks neuestes Werk toppt das vorherige noch mal für mich. Wie schon im vorherigen Buch war ich wieder vom Schreibstil der Autorin begeistert – vor allem, wie es ihr scheinbar mühelos gelingt, ein Szenario in der nahen Zukunft zu kreieren, das für einen als Leser so unglaublich greifbar ist. Dass Frankfurt auch diesmal wieder Schauplatz ist, hat perfekt gepasst und war für mich eine schöne Überraschung.
    Harriet ist eine richtig interessante Protagonistin und es ist unglaublich spannend, an ihrer Seite nach und nach den Geheimnissen ihrer Vergangenheit auf die Spur zu kommen. Schön dabei ist auch, dass nichts offensichtlich ist und man vor allem bei diversen Nebenfiguren bis zum Schluss nicht weiß, auf wessen Seite sie stehen.
    Wer also Lust auf einen feinen, spannenden und dystopisch angehauchten Thriller hat, der sollte hier unbedingt zugreifen. Mich konnte die Geschichte total packen, daher gibt es von mir eine ausdrückliche Leseempfehlung.

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  1. Die Macht der Erinnerung

    Gefangenhalten von Erinnerungen

    Am 9. Oktober 2023 veröffentlichte der Suhrkamp Verlag:

    - MEMORIA - (Wem gehört Deine Vergangenheit) - geschrieben von Zoë Beck.

    Die deutsche Schriftstellerin Henrike Heiland, hat schon von Kindesbeinen an, eine klare kreative Begabung an den Tag gelegt. Ihr Talent und persönliche Herausforderungen haben ihre Persönlichkeit modelliert & 2007 zu der Nutzung eines Pseudonyms - Zoë Beck -, geführt.

    Zum Inhalt:
    Die Story spielt in einem Hitzesommer. Harriett, eine Konzertpianistin hat nachdem sie eine Frau vor den Flammen gerettet hat, schreckliche Erinnerungsfetzen, die sie nicht zuordnen kann.
    Zudem hat sie seit einer kleinen Handchirurgischen Op, keine Möglichkeit mehr, als Pianistin tätig zu sein.
    Verzweifelt durch die immer wieder auftretenden Gewaltvisionen, begibt sie sich auf die Suche.

    Das Flammenmeer auf dem Titelbild heizt mir im wahrsten Sinne des Wortes, ein und belebt die Bilder von den sommerlichen Großbränden in Europa in meiner Erinnerung.
    Da ich die Autorin schon kennengelernt hatte, habe ich vorab große Erwartungen an den neuen Thriller von ihr.

    Mein persönlicher Eindruck
    Aufbau, Logik, Personen, Spannung und Finale

    Die Autorin hat mich, wie schon zuvor, auch hier in die Situation "gebeamt". Die Nähe zu der Protagonistin wird schnell & geschickt hergestellt und ich kann nachempfinden, wie traumatisierend und ängstigend die sie plagenden Erinnerungen, für Harriet sind.
    Die Story-Line offenbart diese Gedächtnisfetzen, so wie sie erlebt wurden. Diese Erzählweise lassen mich teilweise etwas verwirrt zurück. Ich denke, dass dies ein gewollter Effekt ist, um den Leser noch mehr an Harriets Verzweiflung heranzuführen. Die Wechsel der örtlichen Begebenheiten und dem Zurückkehren zu Harriets Zeit im Zug, waren dann aber durchaus nachvollziehbar und haben das Momentum nicht gestört.
    Das Finale wurde logisch und befriedigend aufgeschlüsselt & beendet.

    Zusammenfassung

    Ein gelungener Thriller, eingebettet in unserer möglichen, nahen Zukunft.
    Anstatt viele unterschiedliche Klimaszenarien in den Roman einzubringen, konzentriert sich hier der Schwerpunkt, auf die hohen Temperaturen und damit verbundene Feuerwalzen& Brandgeschehen.
    Gut konstruiert und fließend erzählt. Spannende Momente gepaart mit stiller Verzweiflung.
    Mir hat das Buch wirklich gefallen. Cover, Klappentext und die gesamte Story ergeben ein sehr gutes Ganzes.
    Fazit
    Ich vergebe sehr gute 4* Lesesterne verbunden mit einer Leseempfehlung an Leser, die Thrill verbunden mit durchaus möglichen Szenarien als Rahmenhandlung ihres Lesematerials zu schätzen wissen.

    ISDN: 978-3518472927
    Seitenzahl: 280
    Formate: elektr., Multimedia, CD, Paperback

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  1. Spannend, interessant, facettenreich

    „Schauen Sie nach vorn. Es hilft niemandem, wenn Sie jetzt anfangen, Türen zu öffnen, die Sie am Ende nicht mehr schließen können.“ (Zitat Seite 45)

    Inhalt
    Harriet Laurent, bald dreiunddreißig Jahre alt, lebt in Frankfurt. Sie ist gelernte Klavierbauerin und auf dem Weg zu einem Auftrag, als ihr Zug in einen Waldbrand gerät, was im Sommer nichts Außergewöhnliches ist. Harriet rettet eine alte Frau vor dem rasch näherkommenden Feuer und bringt diese in deren SUV zu einem Notfallzentrum. Erst als sie den Wagen dort abstellt, fällt ihr ein, dass sie gar keinen Führerschein hat und noch nie Auto gefahren ist. Ihren Rucksack mit den Ausweisen hat sie im Feuer verloren. Problemlos erhält sie neue Ausweise, auch einen Führerschein. Wie kann es sein, dass sie seit beinahe sechzehn Jahren einen Führerschein besitzt und sich nicht erinnern kann? Sie fährt nach München, wo sie aufgewachsen ist, um der Sache mit dem Führerschein und auch den eigenartigen Erinnerungsfragmenten, die immer öfter in ihren Gedanken auftauchen, auf den Grund zu gehen. Doch jemand will unbedingt verhindern, dass sie sich erinnert.

    Thema und Genre
    Dieser Thriller spielt in Deutschland in der nahen Zukunft und es geht um Forschung, Psychologie und die Frage, ob und wie KI unsere Erinnerungen manipulieren könnte. Es geht auch um Erlebnisse und Entscheidungen im Leben eines Menschen, die weite Kreise ziehen und nicht nur das eigene Leben für immer verändern.

    Erzählform und Sprache
    Die Geschichte spielt in der nahen Zukunft. Die Handlung findet innerhalb eines knappen Zeitrahmens statt, was die Geschichte rasant und spannend macht. Auch unvorhersehbare Wendungen fehlen nicht, bleiben jedoch immer nachvollziehbar. Durch ihre Recherchen und gegen alle Widerstände setzt Harriet ihre Vergangenheit Stück für Stück neu zusammen, bis sie auch ihre alptraumartigen Erinnerungsblitze zuordnen kann. Die Sprache passt zum Genre, erzählt klar und packend und schildert die möglichen Lebensumstände der Menschen in einer nahen Zukunft beklemmend realistisch.

    Fazit
    Ein moderner, intelligenter Thriller mit einer durch ihre vielen Facetten sympathischen Hauptfigur und sehr interessanten Themen.

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Der Rausch der Tiefe

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Rausch der Tiefe' von Kyle Perry
4
4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Rausch der Tiefe"

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:544
EAN:9783855351305
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Rezensionen zu "Der Rausch der Tiefe"

  1. 4
    03. Okt 2023 

    Eine nette Familie

    Für die Familie war es ein Schock. Vor sieben Jahren verschwanden Jesse Dempsey, seine Frau Alexandra und ihr kleiner Sonn Forest. Und nun wurde ein Junge an der Tasmanischen Küste angespült, der ein Tattoo hat, durch das er als Forest identifiziert werden könnte. Die verbliebenen Dempseys sind elektrisiert. Als Sohn des Firmeninhabers hätte er Anspruch auf das Erbe. Und mit dem Auftauchen des Jungen ist Daxey Dempsey plötzlich nicht mehr auffindbar. Er hatte auf Geheiß seiner Mutter die Geschäftsführung übernommen. Der jüngste Bruder MacKenzie ist in einem schwebenden Gerichtsverfahren auf Bewährung draußen. Er muss den Kopf ganz unten halten und darf sich nichts zu schulden kommen lassen.

    Natürlich wollen die Familienmitglieder wissen, was damals geschehen ist. Aber immer wenn sie Forest darauf ansprechen, reagiert dieser mit Schweigen. Mit dem traumatisierten Jugendlichen umzugehen, ist die Dempseays nicht leicht. Auch sie haben ihre Päckchen zu tragen oder auch so manches Geheimhis zu verbergen. Man hatte sich ohne Jesse, Alexandra und Forest eingerichtet. Und nun ist Forest auf einmal wieder da. Warum schweigt er? Kann er nicht anders? Oder will er nicht anders? Oder ist er einfach nur genervt, weil sowohl Polizei, Therapeuten als auch die Familie in ihn dringen?

    Diese Dempseys sind schon eine besondere Familie, manche ihrer Mitglieder sind nach üblicher Definition eher normal andere haben echt Dreck am Stecken, meint man beim Lesen. Und über allem thront Mutter Ivy. Nicht bei allen Szenen hat man das Gefühl, so würde man auch reagieren, doch meist versinkt man in der rasanten Handlung mit wahrhaft unerwarteten Wendungen. Immer mehr vertieft man sich in die Beziehungen unter den Despseys und entdeckt Charakterzüge, von denen man sich manchmal fragt, ob man das denn wissen wollte. Man sieht Veränderungen in eigenartige Richtungen aber auch zum Besseren. In Teilen der Familie wächst der Zusammenhalt und vielleicht kann sich Forest auch irgendwann öffnen. Dieser Thriller bestickt mit seiner Eigentümlichkeit und der atemberaubenden Geschwindigkeit.

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Nur für dein Leben: Thriller

Buchseite und Rezensionen zu 'Nur für dein Leben: Thriller' von Harlan Coben

Inhaltsangabe zu "Nur für dein Leben: Thriller"

David, Cheryl und ihr dreijähriger Sohn Matthew sind die perfekte Familie – bis sie eines Nachts durch eine schreckliche Tragödie brutal auseinandergerissen werden. Fünf Jahre später verbüßt der traumatisierte David eine lebenslange Haftstrafe für den angeblichen Mord an seinem Sohn. Da zeigt ihm seine Schwägerin Rachel während der Besuchszeit das vor Kurzem zufällig aufgenommene Foto einer Menschenmenge. Im Hintergrund ein ungefähr achtjähriger Junge mit einem unverwechselbarem Muttermal: Matthew. Zutiefst erschüttert beschließt David herauszufinden, was in jener Nacht tatsächlich geschah. Und seinen Sohn zurückzuholen. Um jeden Preis ...

Autor:
Format:Broschiert
Seiten:432
EAN:9783442206476
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Holly: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Holly: Roman' von Stephen King

Inhaltsangabe zu "Holly: Roman"

Privatermittlerin Holly Gibney steckt in einer Lebenskrise, da erhält sie einen Anruf: »Meine Tochter Bonnie ist vor drei Wochen verschwunden, und die Polizei unternimmt nichts.« Ihre Nachforschungen führen Holly zu einer weit zurückreichenden Liste ungelöster Vermisstenfälle. Alle spielen im Umfeld eines inzwischen emeritierten Ernährungswissenschaftlers mit dem Spitznamen »Mr. Meat«. Holly hat schon gegen grausame Gegner bestanden, aber hier begegnet sie dem schlimmsten aller Ungeheuer: dem Menschen in seinem Wahn.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:640
Verlag: Heyne Verlag
EAN:9783453274334
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Der Tag dazwischen: Kriminalroman

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Tag dazwischen: Kriminalroman' von Sarah Endsee

Inhaltsangabe zu "Der Tag dazwischen: Kriminalroman"

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:352
EAN:9783868411485
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Galgenmann: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Galgenmann: Roman' von Maya Binyam

Inhaltsangabe zu "Galgenmann: Roman"

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:220
Verlag: Aufbau
EAN:9783351042103
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Die Bosheit: Roman

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Rezensionen zu "Die Bosheit: Roman"

  1. 4
    18. Sep 2023 

    Nur ein Unfall?

    Auf dem Heimweg hört Mikael die Sirenen. Und je näher er dem Haus kommt, desto lauter werden sie. Was also zunächst nur ein leichtes Unbehagen ist, wird schnell zu einer grausamen Gewissheit. Seine Frau Bianca wurde angefahren und das von einer Nachbarin. Dabei wollte sie nur schnell mit dem Rad in den Laden, um etwas Käse zu besorgen. Bei aller Sorge ist Mikael erstmal froh, dass die Helfer so schnell da waren. Wie konnte es zu dem Unfall kommen? Die Polizei beginnt mit den Ermittlungen und versucht, zu eruieren, wie es war seit Mikael, Bianca und die beiden Kinder in die beschauliche Nachbarschaft gezogen sind.

    Ein Stand Alone ist doch auch mal was Schönes. In diesem Thriller geht es um nachbarschaftliche Bande und auch die Beziehungen in den einzelnen Familien. Mikael und Bianca wollen einen Neuanfang wagen. Jacqueline, ein ehemaliges Modell, und ihr Sohn Fabian hatten auch einen Grund für den Umzug von Amerika nach Schweden. Ola musste eine heikle Situation überstehen. Und Gunbrit und Åke, ein älteres Ehepaar, wissen einiges über die Nachbarn, was sie gerne weiter erzählen. Bestens geeignet sind dazu die in gewissen Abständen organisierten Nachbarschaftsfeste.

    Dieses ungekürzte Hörbuch hat insofern etwas besonderes, da es von drei Sprechern vorgetragen wird. Durch die gekonnten Lesungen von Sandrine Mittelstädt, Julian Mehne und Dirk Petrick wird das Hörerlebnis wahrscheinlich wesentlich intensiver, als wenn sich nur ein Sprecher des Buches angenommen hätte. Positiv kann hervorgehoben werden, dass am Anfang eines Kapitels immer gesagt wird, ob es vor dem Unfall angesiedelt ist oder danach.

    Spannend ist es, zu hören wie sich die Beziehungen in den Familien und zwischen den Nachbarn im laufe der Zeit entwickeln. Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die unglücklich laufen, oder auf den ersten Blick harmlose Entscheidungen, die nachher eine fatale Auswirkung haben. Und so bleibt man am Ball, hat das Buch in relativ kurzer Zeit gehört, weil man wissen will, ob es einen nachvollziehbaren Grund für den Unfall gibt.

    Ein fesselnder Thriller, da hat sich der Autor ein paar Fiesheiten ausgedacht, die manchmal nicht ganz leicht verdaulich sind.

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