Die Frauen von Richmond Castle

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Frauen von Richmond Castle' von Tracy Rees
4
4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Frauen von Richmond Castle"

Ein bewegender Roman über Familie und Vergebung

England in den 20ern: In ihrem Townhouse in Richmond sind Ishbel Christina Camberwell, genannt Blue, und ihre Familie glücklich  - zumindest an der Oberfläche. Aber als Blue die junge, mittellose Delphine aufnimmt, um diese vor ihrem gewalttätigen Ehemann zu schützen, gerät Blues Familie ins Wanken. Die junge Frau erobert Blues Herz im Sturm, sie werden enge Freundinnen. Doch Delphine sorgt unbeabsichtigt dafür, dass ein gut gehütetes Geheimnis der Familie ans Licht kommt. Ist die Freundschaft der beiden unterschiedlichen Frauen stark genug für die Wahrheit?

"Tracy Rees ist die herausragendste Autorin historischer Romane." Lucinda Riley

Diskussionen zu "Die Frauen von Richmond Castle"

Autor:
Format:Kindle Ausgabe
Seiten:529
EAN:
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Rezensionen zu "Die Frauen von Richmond Castle"

  1. 4
    27. Feb 2020 

    Interessante Geschichte um drei Frauen in den zwanziger Jahren

    Die Geschichte spielt in England in den zwanziger Jahren. Blue Camberwell lebt relativ unbekümmert mit ihrer Familie auf Richmond Castle. Ihr Vater und ihre Stiefmutter wollen sie bald gut verheiratet unter der Haube wissen. Blue ist nicht unbedingt abgeneigt, obwohl sie derzeit keinen geeigneten Kandidaten für sich findet. Außerdem fürchtet sie mit dem Eingehen einer Ehe ihr Ziel eine Schriftstellerin bzw. Journalistin zu werden, aus den Augen verlieren könnte.

    Es gibt da aber auch noch Delphine, eine junge Frau, die vor ihrem gewalttätigen Mann auf der Flucht ist. Zufällig treffen Delphine und Blue in einer für Delphine brenzligen Situation aufeinander. Blue und ihre Freunde retten Delphine und nehmen sie mit nach Richmond Castle. Delphine ist aus Angst vor ihrem Mann und dem Geschehenen so verstört, dass sie kein klares Wort hervorbringt und nur einzelne Silben stottert. Für die Familie Camberwell ist klar, sie bleibt erst einmal bei ihnen und muss sich erholen.

    Eine dritte Hauptperson ist Midge. Sie ist die Stiefmutter von Blue und ihrer Schwester. Alle lieben sie und sind sich einig, dass die Heirat zwischen Kenneth, der nur ein Jahr zuvor seine Frau an der spanischen Grippe verloren hatte, und Midge das Beste war, was ihnen passieren konnte. Aber auch Midge trägt eine schwere Last mit sich. Sie bekam ein Jahr nach der Hochzeit einen Sohn Percy, den alle liebten. Leider wurde Percy auf einem Spaziergang entführt und ist seitdem spurlos verschwunden.

    So tragen die Hauptfiguren dieser Geschichte alle ein ordentliches Päckchen vor sich her. Das Leben der Protagonistinnen und wie sie sich weiterentwickeln, das macht einen großen Teil der Geschichte aus. Untermalt wird das Ganze von historischen Ereignissen der zwanziger Jahre, die das ganze beim Lesen sehr viel lebhafter machen. Gerade bei Delphine, die sich von einer völlig unterdrückten, verängstigten Frau zu einer Frau entwickelt, die auf einmal wieder in der Lage ist ein selbstbestimmtes Leben zu führen, geben einem die Fortschritte in ihrer Entwicklung ein gutes Gefühl beim Lesen. Das diese Veränderungen natürlich nicht immer geradlinig verlaufen und mit Dramatik, sowie Höhen und Tiefen verbunden sind, machen einen großen Teil der Spannung aus. Auch Midge, bei der man wirklich denken könnte, sie hat doch alles, werden erst im Laufe der Lektüre die persönlichen Abgründe deutlich. Hier hat man beim Lesen fast das Gefühl man müsste sie retten, damit sie nicht in ihr Unglück rennt.

    Das es zum Glück für alle Protagonisten zum Schluss irgendwie gut ausgeht, befriedigte mich als Leser ungemein. Was mir nicht so gut gefallen hat, waren in einigen Abschnitten unnötige Längen. Einige Episoden wurden einfach zu ausführlich und zu langatmig erzählt, hier wäre weniger mehr gewesen. Nichtsdestotrotz mir hat das Buch gefallen und ich vergebe sehr gerne vier Lesesterne und eine Leseempfehlung für Liebhaber von Familiengeschichten.

 

Goodbye, Bukarest

Buchseite und Rezensionen zu 'Goodbye, Bukarest' von Astrid Seeberger
4.5
4.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Goodbye, Bukarest"

Es ist ein Rätsel in ihrer Familiengeschichte, ein blinder Fleck. Von Bruno, dem ältesten Bruder ihrer Mutter – dem es gelang, dass alles, was er berührte, zu zittern auf hörte – hieß es immer, er sei bei Stalingrad gefallen. Es war eine Lüge: Als Astrid zufällig davon erfährt, muss sie die Suche nach Bruno aufnehmen, ohne erklären zu können, warum. Und diese Spur führt nach Bukarest …
Astrid begegnet Menschen, die Bruno nahekamen, und hört Lebensgeschichten voller Farbigkeit und Dramatik, die Streiflichter auf ihn werfen. Zusammen mit zahlreichen Bezügen zu Kunst und Literatur entsteht daraus ein dichtes Gewebe, auf dem Brunos Leben erscheint: seine Einsamkeit,
die eisige Weite vieler Jahre und die vielen Momente menschlicher Wärme und größter Geistesverwandtschaft.
Astrid Seeberger ist ein bewegender, bildgewaltiger und poetisch dichter Roman über ein europäisches Schicksal gelungen.

Diskussionen zu "Die Frauen von Richmond Castle"

Format:Kindle Ausgabe
Seiten:250
EAN:
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Rezensionen zu "Goodbye, Bukarest"

  1. Bewegender Pageturner

    Es sind wir Menschen, die Ewigkeiten füreinander schaffen. (S. 10)

    Als ich auf “Vorablesen“ auf das Cover von „Goodbye, Bukarest“ von Astrid Seeberger zu gucken kam, blitzte es kurz in meinen Augen und der nächste Klick führte mich dann auf die Inhaltsangabe. Die angebotene Leseprobe konnte mich dann schon in ihren Bann ziehen und schwups – war ein Leseeindruck geschrieben. Gut eine Woche später dann die Nachricht: „Du hast gewonnen.“ Da ahnte ich noch nicht, dass ich zwei Wochen später eines der „King´s Crown Juwels 2020“ gelesen haben würde…

    Nun denn. Astrid Seeberger macht sich auf die Suche nach ihrem Onkel Bruno. Als Archivar weiß ich, wie spannend und langwierig, aber auch emotional die Suche nach Angehörigen sein kann. Ich habe schon einige (nicht) unterdrückte Tränen im Laufe der Zeit bei unseren Benuter*innen gesehen.

    Von daher wundert mich der emotional-poetische Schreibstil auch nicht. Aber es passt zu den Geschichten, die Astrid Seeberger von Menschen erzählt bekommt, die ihren Onkel kannten. Hier hat sich die Autorin dem auch in der Geschichtswissenschaft vorkommendem Element der sog. „Oral History“ bedient. Die „mündliche Geschichte“ basiert auf dem Sprechenlassen von Zeitzeugen, ohne dass sie sich großartig vom Historiker beeinflussen lassen. Äußerst spannend das Ganze.

    Und sie sprechen, die Zeitzeugen. Sie erzählen ihre Geschichte und ich als Leser konnte eintauchen in das Leben in einem Strafgefangenenlager in der kasachischen Steppe, in das Bukarest der Vor- und Nach-Ceausescu-Ära…Und trotz der widrigen Umstände in den Lagern, die das Leben zur Hölle machen, werden (lebenslange) Freundschaften gebildet und am Ende weiß man: „Und die Einsamkeit nach einer Zeit der Zusammengehörigkeit ist die schlimmste Einsamkeit, die es gibt.“ (S. 82)

    Wenn auch über allem eine tiefe Emotionalität schwebt, gibt es noch etwas, was dieses Buch so besonders (zumindest für mich) macht: die Liebe zur Musik, die Leidenschaft für Literatur und zur Kunst.

    „Das Einzige, […] das mich nie im Stich gelassen hat, waren die Bücher und Bilder. Die kann mir niemand jemals wegnehmen, nicht jene Bücher und Bilder, die zu meiner Herzensangelegenheit geworden sind, im ganzen Leben nicht. Man kann sie ins Feuer werfen oder ins Meer, sie bleiben dennoch erhalten. Sie sind ein Teil von mir geworden, sie leben in mir.“ (S. 164)

    Und so spreche ich eine ganz klare Leseempfehlung für „Goodbye, Bukarest“ aus und zücke hochachtungsvolle 5*!

    ©kingofmusic

  1. Eintauchen in die Vergangenheit

    Goodbye Bukarest ist eine Geschichte mit enormen Mehrwert - sei es für Leute, die selber noch die Spuren des Krieges in sich tragen (Gefangenschaft, Vermisste Verwandte), oder für die jüngeren Generationen um immer wieder die Auswirkungen des Krieges in Erinnerung zu rufen.

    In diesem Buch wird die Geschichte bzw. die Suche nach dem verschollenen Onkel erzählt. In der Familie wird über Brunos Schicksal geschwiegen. Ist er in einer Schlacht gefallen? Um die Wahrheit zu finden, muss man in die Vergangenheit auf Spurensuche reisen.
    In diesem Buch steht insebesondere der Krieg im Vordergrund - die Protagonisten wirken teilweise etwas schwach skizziert. In meinen Augen ist das aber vollkommen in Ordnung, weil es eben einen anderen Schwerpunkt in diesem Buch gibt.

    Ein tolles Buch, mit viel Mehrwert, denn auch ich kann es mir nicht ausmalen, wie es damals im Krieg gewesen ist.
    Goodbye Bukarest ist eine Geschichte mit enormen Mehrwert - sei es für Leute, die selber noch die Spuren des Krieges in sich tragen (Gefangenschaft, Vermisste Verwandte), oder für die jüngeren Generationen um immer wieder die Auswirkungen des Krieges in Erinnerung zu rufen.

    In diesem Buch wird die Geschichte bzw. die Suche nach dem verschollenen Onkel erzählt. In der Familie wird über Brunos Schicksal geschwiegen. Ist er in einer Schlacht gefallen? Um die Wahrheit zu finden, muss man in die Vergangenheit auf Spurensuche reisen.
    In diesem Buch steht insebesondere der Krieg im Vordergrund - die Protagonisten wirken teilweise etwas schwach skizziert. In meinen Augen ist das aber vollkommen in Ordnung, weil es eben einen anderen Schwerpunkt in diesem Buch gibt.

    Ein tolles Buch, mit viel Mehrwert, denn auch ich kann es mir nicht ausmalen, wie es damals im Krieg gewesen ist.

 

Wenn das Feuer ausgeht

Buchseite und Rezensionen zu 'Wenn das Feuer ausgeht' von Colin Hadler
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Wenn das Feuer ausgeht"

Diskussionen zu "Die Frauen von Richmond Castle"

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:320
EAN:9783903144965
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Rezensionen zu "Wenn das Feuer ausgeht"

  1. Ein absolut gelungener Jugendthriller

    Lukas wird von seiner Mutter in ein Camp im Wald geschickt, wo er mit siebzehn weiteren Menschen auf engstem Raum zusammen ist. Schon bald merkt er, dass es etwas gibt, das dem Camp und dessen Bewohnern nichts Gutes will.

    Auf diesen Jugendthriller war ich sehr gespannt, weil mich das Cover und die Beschreibung sehr angesprochen haben.
    Dank des sehr flüssig und angenehm zu lesenden Schreibstils konnte ich ganz schnell in die Geschichte eintauchen und folgen. Ich war richtig gefesselt und musste das Buch unbedingt in einem Rutsch fertig lesen.
    Die Charaktere wurden interessant und anschaulich beschrieben und ich konnte sie mir gut vorstellen sowie auseinanderhalten. Lukas fand ich sofort sehr sympathisch, denn seine Art mochte ich absolut gerne.
    Die Story fand ich sehr interessant und spannend. Es gab viel Spannung und Mysteriöses, das mich absolut an die Geschichte fesselt. Richtig toll fand ich u.a. die Dialoge, die teilweise humorvoll und philosophisch waren und die mich auch nachdenklich stimmten. Das hätte ich nicht in einem spannenden Buch erwartet, fand es aber sehr gelungen.
    Die Spannung wurde bestens aufgebaut und hielt sich kontinuierlich oben. Ich hatte viele Fragen im Kopf und wollte unbedingt wissen, wer hinter allem steckt und weshalb. Die Atmosphäre war oft spannend und beklemmend und es gab auch actionreiche Szenen. Also eine prima Mischung, die mir richtig gut gefallen hat.

    Ein absolut gelungener Jugendthriller, den ich regelrecht verschlungen habe. Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

 

Die Liebe einer Tochter: Roman (insel taschenbuch)

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Liebe einer Tochter: Roman (insel taschenbuch)' von Deborah Moggach
4
4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Liebe einer Tochter: Roman (insel taschenbuch)"

Diskussionen zu "Die Frauen von Richmond Castle"

Format:Taschenbuch
Seiten:262
Verlag: Insel Verlag
EAN:9783458364542
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Rezensionen zu "Die Liebe einer Tochter: Roman (insel taschenbuch)"

  1. Anders, als vom Klappentext her erwartet

    „Sie wussten, dass das Leben chaotisch ist, aber hierauf waren sie nicht vorbereitet gewesen.“ (Zitat Seite 176)

    Inhalt
    James Wentworth, ein ehemaliger Universitätsprofessor für Teilchenphysik, ist über achtzig Jahre alt. Nach dem Tod seiner Frau, mit der er vierundsechzig Jahre lang verheiratet war, hat er sich völlig zurückgezogen und ist nach einem Sturz auf Hilfe angewiesen. Bisher waren die Haushaltshilfen, die seine Kinder Phoebe und Robert engagiert hatten, nur kurz geblieben, doch dann kam Mandy, fröhlich und bodenständig. Schon nach einer Woche schien es, als sei sie schon immer hier gewesen. Sie unternimmt mit James Ausflüge, besucht Shopping-Center und teilt mit ihm den Kleinstadtklatsch. Er lebt auf und obwohl Phoebe und Robert sehr dankbar sind, dass sie die vorlaute, selbstbewusste Mandy gefunden haben, so bleibt doch ein gewisses Misstrauen dieser Pflegerin gegenüber. Was hat sie im Schreibtisch ihres Vaters gesucht?

    Thema und Genre
    In diesem Roman geht es um die Familie, um die komplexen, nicht immer einfachen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, um das Leben in einer Kleinstadt und natürlich um das Älterwerden.

    Charaktere
    Robert, verheiratet, zwei Kinder, ist zweiundsechzig Jahre alt und war früher im Finanzbereich erfolgreich tätig. Seit er den Job verloren hat, schreibt er als Privatier an einem Buch. Phoebe ist Single und Künstlerin. Die finanziell abgesicherte Kindheit der beiden war davon geprägt, dass ihr Vater als erfolgreicher Wissenschaftler oft unterwegs war und selten zu Hause. Dies schwingt auch heute noch in ihrer Beziehung zu ihrem Vater mit. Mandy dagegen wuchs behütet auf, aber unter völlig anderen wirtschaftlichen Bedingungen. Von unvorteilhaftem Aussehen, etwas unbedarft und schrill im Geschmack, dazu ehrlich bis zur Taktlosigkeit, ist sie das genaue Gegenteil der Mitglieder der Familie Wentworth.

    Handlung und Schreibstil
    Das Buch ist in drei übergeordnete Teile geteilt und in der personalen Erzählform geschrieben. Teil Eins, der längste Teil, stellt abwechselnd Phoebe und Robert in den Mittelpunkt der einzelnen Kapitel. Teil Zwei spielt in der Vergangenheit, jedoch nicht in Form von Erinnerungen. Hier stehen James und der Personenkreis aus der damaligen Zeit im Mittelpunkt, während Teil Drei ein Jahr nach den Ereignissen von Teil Eins spielt und wieder aus Sicht von Phoebe oder Robert geschrieben ist. Alle Kapitel tragen den jeweiligen Namen als Überschrift, dadurch ist die Handlung sehr klar und gut lesbar strukturiert. Auch die Sprache, in diesem Fall die übersetzte Sprache, ist angenehm und flüssig zu lesen passt zu dieser Mischung aus ernsten und humorvollen Szenen in der Geschichte.

    Fazit
    Ein Roman über das Älterwerden und das sensible und doch komplexe Gefüge, das wir Familie nennen, um unterschiedliche Sichtweisen der Realität und um damit verbundene Geheimnisse. Auf Grund des Klappentextes hatte ich eher eine Geschichte über eine geerdete, eigenwillige Pflegerin und einen alten, eigenbrötlerischen Professor erwartet, doch das macht nur einen kleinen Teil dieses Romans aus.

 

Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse

Buchseite und Rezensionen zu 'Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse' von Thomas Meyer
4
4 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse"

Diskussionen zu "Die Frauen von Richmond Castle"

Autor:
Format:Audio CD
Seiten:0
Verlag: Diogenes
EAN:9783257803396
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Rezensionen zu "Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse"

  1. Motti und der heiße Tuches...

    Nachdem mir von diesem Roman vorgeschwärmt wurde und ich den Film dazu herrlich fand, musste ich nun endlich dieses Buch lesen.

    In der Geschichte geht es um Mordechai Wolkenbruch, Spitzname Motti, der aus seiner jüdisch orthodoxen Familie ausbricht, weil er sich in eine Nicht- Jüdin verliebt. Wie wird seine Familie reagieren und wird sich das Risiko lohnen?

    Das Besondere hier ist, dass Motti als Ich- Erzähler mit jiddischem Zungenschlag zu uns Lesern spricht. Da muss man sich erst einmal dran gewöhnen. Mit der Zeit fand ich es richtig amüsant und sehr authentisch.

    Herr Wolkenbruch ist einfach eine Figur, die man gern haben muss. Es ist schön miterleben zu dürfen wie aus einem schüchternen Kerlchen, der alles macht was seine Mutter möchte, ein erwachsener Mann wird, der versucht seinen eigenen Weg zu gehen.

    Durch die Geschichte bekommt man einen guten Einblick in das Leben von orthodoxen Juden. Dies fand ich so interessant, dass ich mich bereits jetzt schon weiter mit der Thematik befasst habe.

    Der Roman bietet witzige und ernste Momente und kann in meinen Augen als Coming- of- Age- Literatur bezeichnet werden.

    Das Ende ist offen gehalten und kaum hat man das Buch geschlossen, vermisst man Motti. Zum Glück gibt es eine Fortsetzung ("Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin"), welche ich zeitnah lesen werde.

    Am Ende findet man ein Glossar mit Begriffserklärungen, so dass es keine Verständnisprobleme geben sollte.

    Fazit: Eine besondere Geschichte, die eure Aufmerksamkeit verdient hat. Gute Unterhaltung.

  1. 4
    02. Mär 2017 

    Orthodox-jüdische Emanzipationsgeschichte mit viel Sprach- und S

    Mit „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“ lässt uns Thomas Meyer einen Blick in den Kosmos der ansonsten sehr verschlossenen Welt des orthodoxen Judentums werfen, und das auf eine äußerst komische und unterhaltsame Art.
    Mordechai Wolkenbruch, kurz „Motti“ genannt, wächst in einer orthodoxen jüdischen Familie und Welt in Zürich aus, in der die mehr als klaren und unmissverständlichen Regeln des orthodoxen Judentums allgegenwärtig und unmissverständlich durch die allgegenwärtige Mutter repräsentiert werden. Für Abweichlertum und alternative Lebensweisen bleibt dabei so gar kein Platz und keine Gelegenheit. Motti ist inzwischen in einem Alter, in dem in den Augen seiner Mutter die Brautwahl und Heirat zentraler Lebensmittelpunkt zu sein hat. Und so lässt sie nichts unversucht, für ihn eine passende Braut aufzutreiben. Die traditionellen Bahnen der mütterlichen Heiratsanbahnung werden dabei immer wieder durchgespielt, ohne bei Motti den Hauch eines Interesses an einer der streng orthodoxen Kandidatinnen aus befreundeten und bekannten Familien zu wecken. Das ist kein Wunder, denn tief im Innern interessiert er sich allein für Laura, eine Kommilitonin aus seinem Studium. Als er seiner Mutter diese Gefühlslage schildert, ist diese mehr als tief erschüttert und findet einen möglichen Ausweg allein in der Konsultation mit dem Rabbi. Dieser schickt Motti zu einem Ausflug nach Israel, um ihn am Ort der Wurzeln des Judentums erneut jüdisch einstimmen zu lassen. Doch das Gegenteil passiert dort. In Israel, im Haus seines Onkels, wo hinduistische Meditationen ganz bruchlos den jüdischen Traditionen beigemengt erden, findet für Motti eine Art von Befreiung von der engen jüdischen Welt der Heimat statt. Die Reise wird zu einem Ausflug in Freiheit und Abenteuer eines Judentums der ganz anderen Art.
    „Es war eine andere Welt. Auch jüdisch aber anders. Auf einmal fiel es mir schwer zu glauben, dass die Zürcher jidn ebenso sein sollen wie jene hier in Tel Aviv.“
    Und da muss er sich entscheiden:
    „‘Welche Art, jüdisch zu sein, siehst du für dich?‘ Ich überlegte lange und sagte ‚Eine, bei der man schabbes geht und chanike feiert und mit frojen wie Michal zu tun hat, die einem ihre Telefonnummer geben. Während die eigene Mutter dafür nicht dauernd anruft. Gibt es diese Art? Jonathan lächelte und überlegte auch. Dann sagte er. ‚Diese Art gibt es. Aber es gibt sie nicht gratis. Es ist nicht die jiddischkait, in der du groß geworden bist‘. Ich überlegte weiter. Dann fragte ich: ‚Was ist denn der prajs für die jiddischkait, die ich mir wünsche?‘ ‚Dass du deinen eigenen Weg gehst‘, antwortete Jonathan. ‚nicht den deiner Mutter.‘“
    Für Motti steht nach Rückkehr ins heimische Zürich dann an, den harten eigenen Weg einschlagen zu müssen.
    Er erobert Laura und findet sein Glück auf der Suche nach dem ihm gemäßen Leben, an das er glaubt.
    „Und da erkannte ich das Geheimnis. Die Geschichten sind tatsächlich schon geschrieben, aber wir können sie verraten und uns mit dazu. Wir können so leben, wie wir glauben, leben zu müssen oder nicht anders leben zu können, doch es wird immer ein lebn geben, wie es für uns gemeint ist; es ist jenes, das uns am glücklichsten macht und das uns zu unserer wahren Größe erhebt; was auch immer der prajs dafür sein möge und wie viel auch immer wir dafür auf uns nehmen müssen. Ich beschloss, jenes lebn zu suchen und zu finden.“
    Der Preis – oder ‚prajs‘ wie es im Buch heißt – ist hoch und schwer zu begleichen, aber er führt letztlich zu Befreiung und Glück, das Motti genießt. Aber es ist ohne Frage eine steiniger Weg der Emanzipation, auf dem sich der Leser immer wieder an den Kosmos eines Woody Allen erinnert fühlt und das nicht nur, weil Motti sich – in einer seiner Abweichungsaktionen von den tradierten Wegen der Familie - in einem gojischen Optikergeschäft eine Brille à la Woody Allen anschafft und damit sein tradiertes Aussehen entscheidend verändert und ablegt.
    Mein Fazit:
    Ich habe Motti auf seinem Emanzipationsweg mit großem Lesevergnügen begleitet und habe mit ihm über seine Übermutter gelacht und an ihr gelitten. Motti hat mich authentisch in seine orthodoxe Welt entführt, mich mit der Sprach- und Situationskomik sehr gut unterhalten und ich habe gern mit ihm seine positive, abenteuerlustige Weltsicht geteilt und innerlich diskutiert.
    Wer sich in die sonst so verschlossene Welt orthodoxer Juden im westlichen Europa entführen lassen will, kann das mit Thomas Meyer sehr gut tun. Der ungewöhnliche Sprachstil, der, wie die obigen Zitate schon zeigen, immer wieder jiddische Sprachelemente einfließen lässt, ist zu Beginn gewöhnungsbedürftig, zieht den Leser, der sich mit Hilfe des umfangreichen Glossars am Ende des Buches schon zurechtzufinden weiß, aber sehr stimmig in die jiddische Welt und deren Denken hinein. Für mich ist dieser ungewöhnliche Sprachstil ein wichtiger Schlüssel für das Funktionieren dieses orthodox-jüdischen Emanzipationsromans, das ich den abenteuerlustigen Lesern wärmstens ans Herz legen kann.

 

Rosalies Schlüssel

Buchseite und Rezensionen zu 'Rosalies Schlüssel' von Paula Hering
3
3 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Rosalies Schlüssel"

Diskussionen zu "Die Frauen von Richmond Castle"

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:252
Verlag: epubli
EAN:9783844250701
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Rezensionen zu "Rosalies Schlüssel"

  1. 3
    26. Jan 2020 

    Hexenwerk...

    Als ihre Großmutter stirbt, steht Leni vor einem Rätsel: Wie gut hat sie die Frau, bei der sie fast ihr ganzes Leben verbracht hat, überhaupt gekannt? Und wie kommt es, dass alle anderen Dinge über sie erzählen, die so gar nicht zu dem passen, was sie mit ihr erlebt hat? Offenbar hatte ihre Großmutter tatsächlich etwas zu verbergen, denn um zu erfahren, was sie ihr hinterlassen hat, muss Leni eine Reihe von Prüfungen bestehen...

    Dieser Klappentext machte mich neugierig, und so begann ich zu lesen. Die ersten Seiten zogen mich dann auch gleich in ihren Bann, was nicht zuletzt an dem angenehm zu lesenden Schreibstil lag. Ich wollte aber auch wissen, was es mit dem geheimnisvollen Erbe auf sich hat, das Leni von ihrer geliebten verstorbenen Großmutter erhalten hat.

    Es wird schnell deutlich, dass Leni immerzu auf Menschen trifft, die ihr nachspionieren oder gar Übles wollen. Ihre Nachbarn können ihr das Leben gar nicht schwer genug machen, und es erfordert einiges an Willenskraft, um nicht einfach die Sachen zu packen und zu gehen. Als Leni sich schließlich erfolgreich zur Wehr setzt, ist es das Erbe ihrer Großmutter, das sie letztlich doch zum Auszug bewegt.

    Leni zieht in das alte Häuschen ihrer Großmutter und kümmert sich um deren Katze Rosalie. Doch auch in dem kleinen Dorf lassen sie die Nachbarn nicht in Ruhe. Und allmählich kristallisiert sich heraus, dass die Nachbarn Lenis Großmutter für eine Hexe hielten. Und Leni tritt in den Augen der Dorfbewohner gerade in die Fußstapfen ihrer Großmutter.

    "Ich will so leben wie sie, das habe ich schon immer gewollt." Die Wahrheit meiner Mutter hatte mich verunsichert, weil sie ein ganz neues Licht auf den Menschen warf, den ich als einzigen wirklich gut zu kennen glaubte. Und plötzlich begriff ich, dass mir nichts an Großmutter aufgefallen war, weil sich ihre Art für mich nie falsch angefühlt hatte."

    Tatsächlich gibt Leni ihr Studium auf und versucht akribisch, die vielen handschriftlichen Seiten zu entziffern, die ihre Großmutter ihr in einer mysteriösen Geheimschrift hinterlassen hat. Was wird sich dort entpuppen? Tatsächlich Hexenwerk? Gehört das nicht eher ins Mittelalter? Und hat Leni wirklich mehr von ihrer Großmutter geerbt als die materiellen Hinterlassenschaften?

    Ich war etwas erstaunt, als ich plötzlich etwas von Hexen, der Kraft des Mondes und Beschwörungen bei Vollmond las. Diese Elemente ließen die Selbstfindung von Leni zu einer außergewöhnlichen werden. Die Erzählung hielt aber leider nicht ganz das, was ich mir davon versprach.

    Manche Entwicklungen springen sehr in der Handlung, so dass ich zuweilen verwirrt zurückblätterte in der Annahme, etwas überlesen zu haben. Und letztlich waren die geschilderten Rituale und Sprüche zwar nicht uninteressant, aber ich hätte mir gewünscht, dass diese zugunsten eines Spannungsbogens ein wenig in den Hintergrund gedrängt würden. Die Handlung bietet zwar situativ einige spannende Momente, die sich aber jeweils rasch und nicht immer nachvollziehbar auflösen. Da hätte ich mir mehr gewünscht.

    Insgesamt ein recht interessantes Thema, das Paula Hering hier verarbeitet, doch die Geschichte selbst konnte mich nicht ganz überzeugen.

    © Parden

 

Das große Buch vom Räuber Grapsch

Buchseite und Rezensionen zu 'Das große Buch vom Räuber Grapsch' von Gudrun Pausewang

Inhaltsangabe zu "Das große Buch vom Räuber Grapsch"

Diskussionen zu "Die Frauen von Richmond Castle"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:304
EAN:9783473344307
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Stern 111: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Stern 111: Roman' von Lutz Seiler
4
4 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Stern 111: Roman"

Diskussionen zu "Die Frauen von Richmond Castle"

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:528
EAN:9783518429259
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Rezensionen zu "Stern 111: Roman"

  1. Ein packendes, überzeugendes Leseerlebnis

    „Obwohl sein Leben hinter dem Bombenwäldchen in der Rykestraße 27 vielleicht schäbig und ärmlich aussah (das Matratzenfloß auf den kalten Dielen, ein toter Schwarzweißfernseher als Anlegestelle), hatte er das Wort Armut bisher nie gedacht. Und wenn schon: Ein armer Dichter zu sein, schien nicht verkehrt, wenn man ein Dichter war.“ (Zitat Seite 174)

    Inhalt
    Seine Eltern bitten Carl Bischoff, Student, sechsundzwanzig Jahre alt, nach Hause zu kommen, da sie mit ihm etwas besprechen wollen. Nach Hause, das ist Gera, gerade ist die Mauer gefallen und seine Eltern Walter und Inge, fünfzig und neunundvierzig Jahre alt, teilen ihm mit, dass sie weggehen. Er möge bitte auf die elterliche Wohnung aufpassen. Doch Carl kommt mit der Situation allein nicht zurecht und fährt nach Berlin. „Wie seine Eltern hatte er keine Adresse vor Augen gehabt, er war abgefahren ohne Ziel, nur mit irgendeiner Phantasie im Kopf, bei der man nicht wohnen konnte.“ (Zitat Seite 55). Er schließt sich einer Gruppe von Hausbesetzern an und bezieht selbst eine Wohnung in einem Abbruchhaus. Eine Werkbank, die jemand zurückgelassen hat, wird sein Schreibtisch. Dort verbringt er seine Zeit, schreibt an seinen Gedichten, hofft auf den Durchbruch, träumt davon, sein erstes eigenes Buch in Händen zu halten. Gleichzeitig hilft er mit, das Kellerlokal Assel als Treffpunkt, Kaffeekneipe auszubauen, als Asyl für die unterschiedlichsten Menschen, Außenseiter der Gesellschaft. Die Briefe seiner Mutter berichten ihm von der Reise seiner Eltern auf dem Weg zur Erfüllung eines jahrzehntealten Traumes.

    Thema und Genre
    In diesem Roman geht es um die Nachwendezeit in Deutschland, um viele Facetten von Zusammenhalt, Freundschaft und Liebe, um Hoffnungen, Chancen und Träume, aber auch um die mit den raschen Veränderungen verbundene Unsicherheit und Ängste.

    Charaktere
    Carl hat in diesen Jahren direkt nach dem Wendejahr 1989 sein eigenes Leben noch nicht entdeckt, zutiefst unsicher, zweifelt er an seinem Erfolg als Schriftsteller und die Angst vor Absagen blockiert ihn. Obwohl Carl mit Mitte Zwanzig zu diesem Zeitpunkt längst ein eigenes Leben führt, fühlt er sich als Kind, von seinen Eltern im Stich gelassen. Inge, seine Mutter ist dagegen flexibel, passt sich jeder Situation aktiv an, sie entscheidet operativ (eines ihrer Lieblingsworte), will endlich ihren und Walters Traum verwirklichen. Wir lernen in dieser Geschichte viele unterschiedliche Charaktere kennen und neugierig folgen wir ihnen, gespannt, wohin sie der Weg führen wird. Kurz treffen wir auch Ed und Kruso in Berlin wieder.

    Handlung und Schreibstil
    Es sind zwei Geschichten, die uns der Autor hier erzählt. Die erste, in deren Mittelpunkt Carl, ein angehender, junger Schriftsteller steht, spielt im gerade wieder vereinten Berlin, wo nicht nur die Menschen selbst, sondern auch die Stadt auf der Suche nach einem Weg aus dem Chaos in die Zukunft zu sein scheint. Die zweite Handlung erzählt von den Problemen und der schwierigen Situation jener Menschen, die Ostdeutschland sofort verlassen und im Westen auf einen Neubeginn hoffen.
    Stern 111, der Titel, ist die Marke eines Kofferradios, das damals die erste Anschaffung der jungen Familie Bischoff gewesen ist und die Familie all die Jahre begleitet hat, ein Symbol ihrer Zusammengehörigkeit. Damals waren es die gemeinsam gehörte Musik und Meldungen, nun ersetzt durch die Berichte in den Briefen seiner Mutter. Die Ereignisse in der Gegenwart werden ergänzt durch Erinnerungen. Es sind einzelne Situationen oder Worte, die Carl zurück in seine Kindheit führen, nach Gera und in die Geborgenheit der Familie, die plötzlich im Jahr 1989 zu Ende ist. Als er in Berlin seine Liebe Effi wiedersieht und von einer gemeinsamen Zukunft träumt, ist es daher für Carl nicht einfach für sich selbst zu definieren, wie „zusammen sein“ funktioniert.
    Faszinierend ist auch in diesem Roman die eindrückliche, aber gleichzeitig unglaublich leichte, lebhafte Erzählsprache des Autors.

    Fazit
    Der Autor ist ein großartiger Erzähler, der seinen Figuren auf ihrem Weg viel Freiraum lässt, man hat den Eindruck, er folgt ihnen nicht nur mit Empathie, sondern er ist selbst neugierig, wie und ob sie ihre Konflikte und Probleme lösen können, den eigenen Lebensweg entdecken. Ein ungewöhnlicher, packender Nachwende-Roman, den man mit Begeisterung liest.

  1. 2
    05. Jun 2020 

    Das Radio

    Sehr kurz nach der Wende machen sich die Eheleute Bischoff auf in den Westen. Das Aufnahmelager schreckt sie nicht. Der Vater kann in ausgefallenen Computersprachen programmieren und hat gute Aussichten auf eine Arbeit. Ihr Sohn Carl soll sich nach Wunsch der Eltern um das Haus in Gera kümmern. Doch Carl möchte den Umbruch nutzen, um nach Berlin zu gehen. Dort hat er zunächst keine Wohnung findet aber Unterschlupf bei einer Gruppe junger Leute, die mit ihren Idealen die Welt verbessern wollen und gleichzeitig ein Lokal betreiben. Eigentlich möchte Carl Gedichte schreiben, doch zunächst steht er mal hinter der Theke.

    Diesem Roman wurde der Preis der leider abgesagten Leipziger Buchmesse 2020 verliehen. Dadurch wird natürlich Interesse geweckt. Und auch die Thematik der Zeit nach der Wende aus Sicht eines jungen Mannes, der sich müht, mit seinen Eltern in Kontakt zu bleiben, obwohl sie quasi ohne Not in den Westen gegangen sind. Das Hörbuch hat der Autor selbst eingelesen und zur Verfügung gestellt wurde es freundlicherweise in der ARD App. Mit Interesse begibt man sich also ans Nachhören der täglich bereitgestellten Kapitel. Leider lässt Carl sich eher durch diese Zeit treiben als ihr aktiv zu begegnen. Von einer Freude des Aufbruchs ist wenig zu spüren. Und die Gründe, die seine Eltern Richtung Westen entführen bleiben lange im Unklaren und wenn sie dann bekannt werden, fragt man sich, was daran nun spektakulär sein soll.

    Vielleicht trennt sich hier im Einzelfall des Hörers die Sicht des aus dem Westen stammenden von der des aus dem Osten Deutschlands kommenden. Was für die Eltern aus Gera ein echter Schritt gewesen sein muss, hätte man im Westen mal eben machen können. Und auch der phlegmatische Carl reißt einen nicht vom Hocker. Er landet zwar in einer gewissen Szene, tut sich aber nicht durch irgendein besonderes Engagement hervor. Eher geht es um seine Gedichte, die nie veröffentlicht werden und um seine Jugendfreundin Effi, wobei er sich unter der gemeinsamen Beziehung anscheinend mehr vorstellt als sie je beinhaltet hat. So bleibt am Schluss die Erkenntnis, dass ein preiswürdiger Roman nicht immer einer ist, der sich beim Lesen oder Hören einschmeichelt.

    2,5 Sterne

  1. Ein kurzes Jahr, in dem alles möglich zu sein schien

    Carl Bischoff, ausgebildeter Maurer und Student, wird aus Halle am 10.11.1989 zu seinen Eltern nach Gera gebeten. In der elterlichen Wohnung teilen sie ihm mit, dass sie nun in den Westen gehen werden und bitten ihn, in der Wohnung "die Stellung zu halten". Der konsternierte Carl hält dies kaum eine Woche durch und setzt sich dann in den vom Vater liebevoll gehegten und gepflegten Lada Shiguli, um nach Berlin zu fahren, im Gepäck einen Werkzeugkoffer. Dort angekommen, haust er in der Winterkälte im Auto, bekommt Fieber und wird von einer Gruppe von Hausbesetzern aufgenommen und gepflegt. Mit seinem handwerklichen Fähigkeiten und seinen Werkzeugen wird er dort zu Fachmann für die Renovierung besetzter Wohnungen, die in dieser Zeit schlagartig mehr werden. Carl macht mehr aus Dankbarkeit denn aus innerer Überezugung mit, hält ihn doch die Arbeit von seinen Bestrebungen, ein ankerkannter Lyriker zu werden ab. Doch in dieser kurzen und beinahe fantastischen Zeit unmittelbar nach dem Mauerfall, wo im Osten jegliche staatliche Ordnung obsolet geworden ist, scheint alles möglich. Auch für Carl, der nicht nur erste zarte Erfolge als Lyriker verzeichnet, sondern auch überraschend seiner einzigen Liebe Effi begegnet. Er besorgt für sie und ihren Sohn eine Wohnung, sodass sie nach Berlin ziehen kann, und für kurze Zeit sieht es so aus, als ob die privaten und politischen Bedürfnisse Carls ihre Befriedigung finden. Doch mit dem Einzug des Kapitalismus in Ostberlin geraten die zarten Pflänzchen anarchischer Selbstversorgung und politischer Autonomie schnell ins Wanken und auch das private Glück Carls wird durch die Ankunft des Vaters von Effis Kind auf eine harte, letzthin nicht bestandene Probe gestellt. Somit endet diese Zeit für Carl in einem ziemlichen Chaos, während seine Eltern nach einiger Zeit des Suchens beruflich im Westen, am Ende in Kaliforniern, Fuß fassen. Überraschend sind für Carl und auch den Leser die Beweggründe für ihren Entschluss, die DDR zu verlassen, die eine lange Vorgeschichte haben.

    Lutz Seiler schildert in seinem zum Teil autobiographischen Roman "Stern 111" die kurz Phase der Anarchie nach dem Mauerfall. Er bietet dem Leser ein buntes Potpourri schräger Gestalten, die in der sogenannten Szene von Berlin Mitte mit hochtrabenden Plänen einer freien Gesellschaftsordnung starten und, in einem Fall sogar tatsächlich, jäh abstürzen. Was bleibt ist die Erinnerung an ein kurzes Jahr, in dem alles möglich zu sein schien.

 

101 Dinge

Buchseite und Rezensionen zu '101 Dinge' von Sally Norton
4
4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "101 Dinge"

Diskussionen zu "Die Frauen von Richmond Castle"

Autor:
Format:Broschiert
Seiten:144
Verlag: Verlag Herder
EAN:9783451071782
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Rezensionen zu "101 Dinge"

  1. 101 Dinge, die du unbedingt getan haben solltest (Gut)

    Sally Norton
    101 Dinge, die du unbedingt getan haben solltest, bevor du 5 Jahre alt bist
    Herder

    Autor: Sally Norton, Autorin der Bestsellerbücher »The Girls' Book of Glamour« und »The Girls' Book 2«, Journalistin, Werbetexterin, Drehbuchautorin und Mutter einer sechs Jahre alten Tochter. (Quelle: Amazon)

    Anmerkung: Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei dem Buch um eines aus dem Bereich “Fachbuch” handelt, gibt es an dieser Stelle nicht wie üblich, eine Inhaltsangabe. Das Buch folgt keiner Story, welche zusammengefasst werden könnte.

    101 Dinge, die du unbedingt getan haben solltest, bevor du 5 Jahre alt bist, ist in, wie der Titel schon vermuten lässt, 101 Kapitel unterteilt. Diese Kapitel sind in fünf Altersabschnitte unterteilt, wobei jeder Teil, für ein neues Jahr steht (z. B. Im Alter von 1-2). Zu Beginn eines neuen Altersabschnitts gibt es eine kleine Einleitung, bevor es dann mit den 101 Dingen weitergeht. Abgerundet werden die verschiedenen Kapitel, durch liebevolle Zeichnungen, die den Inhalt humorvoll verbildlichen.
    Beim Lesen fällt auf, dass einige der 101 Dinge, die in dem Buch behandelt werden, ein normales, kindliches Verhalten zeigen. Hier wird also deutlich, dass sich das Buch an (werdende) Eltern richtet (auch wenn das Buch sich die ganze Zeit über ans Kind richtet und man mit “Du” angesprochen wird) und als Ratgeber zu betrachten ist. Dabei fällt positiv auf, dass es sich hierbei nicht um einen trockenen Ratgeber handelt, sondern das Buch, humorvoll an die Kinderjahre herangeht. Allerdings kann das Buch beim Lesen, recht schnell eintönig werden. Es eignet sich also eher als Buch, welches man zwischendurch mal liest. Auch jene, welche schon länger Eltern sind, können mit dem Buch ihren Spaß haben. Schließlich kennen sie die ein oder andere Situation (oder sogar alle) und können diese aus einer Sicht betrachten, die sie zuvor nicht kannten.

    Cover: Das Hardcover von “101 Dinge, die du unbedingt getan haben solltest, bevor du 5 Jahre alt bist”, ist in einem Babyblau gehalten. Schon hier passt das Cover also zum Inhalt des Buches. In einem etwas dunkleren Blau steht der, recht lange Titel des Buches geschrieben und hebt sich gut ab. Unter dem Titel ist eine kleine Abbildung zu sehen, welche ein Kind zeigt, dass aus dem Hundenapf isst. Hier zeigt das Cover eine Szene, welche man im Buch nachlesen kann.
    Das Cover ist wirklich gut gestaltet und passt zum Inhalt des Buches.

    Fazit: 101 Dinge, die du unbedingt getan haben solltest, bevor du 5 Jahre alt bist, zeigt auf humorvolle Art und Weise, auf was sich (werdende) Eltern einstellen müssen. Aus Sicht des Kindes zeigt es auf, wie genau das Kind, in der ein oder anderen Situation zu handeln hat. Dabei sollte allerdings recht schnell klar werden, dass es sich hierbei um einen Ratgeber handelt. Von mir bekommt das Buch von Autorin Sally Norton 4/5 Sterne.

    Klappentext: Die ersten Jahre im Leben eines Kindes sind großartig. Noch ist das Kleine so niedlich, dass es sich quasi alles erlauben kann: An Papis Brusthaaren ziehen, bis er schreit, Waschpulverberge machen, nackte Erwachsene auslachen, in einer fremden Unterhose nach Hause gehen ... und das sind nur einige der 101 Dinge, die jedes Kind vor seinem fünften Geburtstag unbedingt getan haben sollte. Eltern hingehen sollten wissen, worauf sie sich einzustellen haben, und auch dafür ist dieses Buch unverzichtbar. Dann können Mami und Papi so manch eine Katastrophe vorhersehen, sich mental darauf vorbereiten und selbst das größte Chaos mit einem Lächeln meistern.

    Autor: Sally Norton
    Titel: 101 Dinge, die du unbedingt getan haben solltest, bevor du 5 Jahre alt bist
    Verlag: Herder
    Genre: Fachbuch
    Seiten: 144
    Preis: Variiert
    Erstveröffentlichung: 2011
    ISBN: 978-3451071782

 

Poet X

Buchseite und Rezensionen zu 'Poet X' von Elizabeth Acevedo
4.5
4.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Poet X"

Diskussionen zu "Die Frauen von Richmond Castle"

Format:Broschiert
Seiten:352
EAN:9783499001864
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Rezensionen zu "Poet X"

  1. Meine Worte machen mich stark!

    Ich bin eher zufällig über dieses Buch gestolpert und ich kann nur sagen, dass der Klappentext nicht annähernd wiedergibt, was dieses tolle Buch dem Leser schenkt.

    In der Geschichte geht es um Xiomara, kurz X, die von ihrer strengen Mutter unterdrückt wird und eigentlich nur funktionieren soll ohne jegliche Emotionen. Doch welcher Mensch kann das? In ihren Texten und Gedichten kann sie ihre Gefühle verpacken und versuchen ihr Schweigen zu brechen. Wird ihr dies gelingen?

    Das Besondere an dem Buch ist, dass dem Leser die Handlung in Form von Gedichten aus der Ich- Perspektive von Xiomara nahe gebracht wird. So etwas hatte ich vorher noch nie in der Hand und ich habe die lyrischen Texte wirklich sehr genossen.

    Durch die Erzählform ist man unglaublich nah an X dran, ihre Emotionen haben mich teilweise überwältigt, da man wirklich sehr intensiv mitfühlen kann. Zudem ist X ein ganz normales Mädchen mit typischen Problemen und nicht der Typ Cheerleader, den andere beneiden würden. Ich habe mich bei ihr sehr wohl gefühlt.

    Am meisten bedrückt hat mich das Verhalten der Mutter. Wie kann man sich nur so sehr in seinem Glauben verlieren, dass man den Blick auf die Realität verliert?

    Die Autorin beschreibt wunderschön wie sich die erste Liebe anfühlt und wie einfach es manchmal sein kann Freundschaften zu schließen und zu wissen, dass die eigenen Freunde immer hinter einem stehen werden.

    Fazit: Ein Buch für jung und alt, welches ihr euch definitiv nicht entgehen lassen solltet. Nicht umsonst wurde es mit Preisen ausgezeichnet. Ich kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen. Spitze!

  1. 4
    01. Nov 2019 

    Voller Poesie

    Xiomara lebt mit ihren Eltern und ihrem Zwillingsbruder in einem der schäbigeren Viertel New Yorks. Eigentlich stammt die Familie aus der Dominikanischen Republik und immer, wenn ihre Mutter sie bestrafen möchte, droht sie damit, Xiomara dorthin zurück zu schicken. Und das geschieht häufig, denn die Familie ist streng religiös, während Xiomara ihre Beziehung zu Gott immer wieder in Frage stellt. Als sie nicht zur Kommunion gehen will und sich auch noch mit einem Jungen aus der Schule anfreundet, droht der Streit zwischen Xiomara und ihrer Mutter zu eskalieren. Doch eines lässt das junge Mädchen sich von keinem nehmen: ihre Worte.

    "Poet X" ist definitiv anders als die meisten Jugendbüchern, denn es ist in Versen geschrieben. Das ganze Buch ist quasi ein Rap über Xiomaras Leben, von ihr selbst geschrieben. Manchmal sperrig zu lesen, aber wunderbar poetisch und tiefgründig beweist die Autorin und Poetry Slammerin Elizabeth Acevedo, dass Literatur für Jugendlich und Poesie sich nicht ausschließen müssen. Und so erfährt der Leser auf diese besondere Weise von Xiomaras Beziehung zu ihrem "Zwilling", den sie immer nur so nennt. Einen Jungen, der so anders ist, als sie selbst. So still, so verliebt in die Wissenschaft, so demütig - bis sie eines Tages feststellt, dass sie beide dasselbe wollen: Freiheit, sie selbst zu sein.

    Erst die Sprache, ihre Gedichte und der Traum von einem Auftritt bei einem örtlichen Poetry Slam geben Xiomara ein Ziel und etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Es ist inspirierend und zugleich schmerzhaft zu sehen, wie sie sich von ihren Fesseln zu befreien versucht. Dabei wird sie, zum Glück, auch tatkräftig unterstützt: von ihrer ebenfalls sehr religiösen Freundin Caridad, ihrer Lehrerin Mrs. Galiano und natürlich von den Mitgliedern des Poetry Slam Clubs der Schule. Doch auch von ganz unerwarteter Seite erhält Xiomara Verständnis und Hilfe.

    Fazit: Ein Buch für alle Fans von Angie Thomas - nicht nur für Jugendliche.

 

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