Eine Hochzeit in der Provinz.

Buchseite und Rezensionen zu 'Eine Hochzeit in der Provinz. ' von Emma Rothschild
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Diskussionen zu "Eine Hochzeit in der Provinz. "

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:512
EAN:9783806244434
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Rezensionen zu "Eine Hochzeit in der Provinz. "

  1. 150 Jahre Familiengeschichte in bewegten Zeiten

    1764 unterschreiben in der kleinen französischen Stadt Angoulême 83 Menschen als Zeugen einen Heiratsvertrag, die meisten persönlich, einige, des Schreibens unkundig, werden vertreten. Damit entsteht die Familie der Allemand-Aymard. Die Historikerin Emma Rothschild hat in ihrem Buch "Eine Hochzeit in der Provinz" deren Spuren in der Geschichte, aber auch die der Signatare, über gut 150 Jahre nachvollzogen, eine wahre Fleißarbeit. Zu gute kam ihr dabei sicherlich die hervorragende Quellenlage, denn die französischen Personenstandsarchive, erst von der Kirche, seit der Revolution vom Staat geführt, sind offensichtlich in einem guten Zustand (ich möchte ehrlich gesagt gar nicht wissen, wie viele deutsche Archive den Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg und dem anschießenden Verlust der ehemaligen Ostgebiete verloren zum Opfer gefallen sind). Es ist eine Geschichte von unten, die der kleinen Leute, die sich bemühen, im täglichen Kampf ums Dasein zu überleben und sich materiell abzusichern, was der o.g. Familie über Generationen teilweise gelang, so ging ein ziemlich bekannter Bischof aus ihr hervor, aber dazu brauchte es eben wirklich mehrere Generationen. Dabei findet die "große" Geschichte (immerhin mehrere Revolutionen, zwei Kaiserreiche) nur wenig Widerhall in den untersuchten Lebensgeschichten, man hat fast den Eindruck paralleler Leben in Paris, wo die große Politik stattfand, und dem Leben in Angoulême. Die Revolution führte allenfalls durch die Verstaatlichung des Kirchenbesitzes und dessen Veräußerung im Zuge der Revolution zum je nach Einzelfall mehr oder weniger wirtschaftlichen Aufschwung der beschriebenen Personen. Interessant ist auch, dass viele der Menschen im kleinstädtischen Milieu durch die französischen Kolonien in der Karibik weltweit vernetzt waren, etwas, was für das ausgehende 18./frühe 19.Jahrhundert durchaus überraschend scheint.

    Mehrfach unterbricht Rothschild ihre Darstellung mit geschichtstheoretischen Begründungen/Überlegungen, die deutlich machen, dass sie eine Vertreterin der französischen Schule der "Histoire totale" ist. Das Buch ist sicherlich nicht ganz einfach zu lesen, aber der Leser wird mit überraschenden Einblicken in eine ferne, aber manchmal doch so nahe Welt belohnt. Am Ende ist man fast ein wenig enttäuscht, dass Frau Rothschild ihre Darstellung mit dem Beginn des 20.Jahrhunderts ausklingen lässt, denn ausgestorben ist die Familie offensichtlich nicht. Aber vielleicht folgt ja eine Fortsetzung.

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Das Tor Europas: Die Geschichte der Ukraine

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Tor Europas: Die Geschichte der Ukraine' von Serhii Plokhy
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Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:560
EAN:9783455015263
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Rezensionen zu "Das Tor Europas: Die Geschichte der Ukraine"

  1. Aktuell, informativ, fundiert, klar verständlich

    „Die Ukraine, erst vor kurzem ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit gerückt, hat eine lange, dramatische und faszinierende Geschichte, die oft von den großen Narrativen der Imperien, die das Land jahrhundertelang beherrschten, überlagert wird.“ (Zitat Pos. 65)

    Thema und Inhalt
    Der Autor Serhii Plokhy, Historiker und Professor für ukrainische Geschichte, legt hier ein Werk über die mehr als zweitausend Jahre alte, wechselvolle Geschichte der Ukraine vor, von den Kimmerern, den Skythen, über die der griechische Geschichtsschreiber Herodot berichtet, über die Rus-Wikinger, Mongolen, Kosaken, Österreich-Ungarn, die russischen Zaren, Russland, die UDSSR bis zur Eigenstaatlichkeit 1994, aktualisiert mit den Ereignissen ab 2014 und einem Epilog über das aktuelle Jahr 2022. Der Text wird ergänzt durch zehn Landkarten, welche 770 vor Christus beginnen, Zeittafeln, welche die Ereignisse im Zusammenhang mit der Ukraine in die wichtigen historischen Daten des Weltgeschehens einordnen. Es folgen das Who’s Who der ukrainischen Geschichte, eine Namenstafel, ebenfalls chronologisch und nicht alphabetisch, ein Literaturverzeichnis und Sachregister.

    Umsetzung
    Bereits Herodot gliedert das Land in Küste, Steppe, Wald und diese Unterteilung zieht sich durch die Jahrtausende der ukrainischen Geschichte, dieses Landes, das über Jahrhunderte um die Eigenständigkeit kämpfte und das doch immer wieder neu aufgeteilt und unterschiedlichen Ländern zugeordnet wurde. Der Autor betrachtet die unterschiedlichen Regionen nicht in getrennten Abschnitten, sondern immer gemeinsam, mit Blick auf das Ganze. So erfahren wir nicht nur über die unterschiedlichen Völker, die gleichzeitig in der Ukraine gelebt haben, die Herrscher, kriegerischen Auseinandersetzungen, sondern auch über das Leben der Menschen, die wirtschaftliche Entwicklung, Gesellschaftsformen, Sprachen, Bildung, Politik und Religion.
    Es sind grundsätzliche Fragen, die in diesem Buch gestellt und beantwortet werden, Fragen wie: was hat die Ukraine-Krise ausgelöst, wodurch unterscheiden sich die Ukrainer von den Russen, wer hat Anspruch auf die Krim und die Ostukraine und die sich aus der Geschichte ergebenden Argumente. Auch die Veränderungen, die mit dem Euromaidan 2014, dem russischen Angriff auf die Krim und den Donbas einhergingen, werden geschildert, damit verbunden die Veränderungen in der ukrainischen Gesellschaft, in denen der heutige Widerstand begründet ist.
    Die Sprache ist informativ, sachlich und trotz der komplexen Themen erklärt der Autor die Zusammenhänge verständlich und nachvollziehbar.

    Fazit
    Dieses interessante, umfassende Werk über die Geschichte der Ukraine trägt zum besseren Verständnis der Entwicklungen in der Ukraine bei. Denn es ist die Geschichte eines großen Landes mit vielen unterschiedlichen Regionen, aus denen sich unterschiedliche kulturelle Räume ergeben, die jedoch eine gemeinsame Sprache, Geschichte und der Wille eint, die im Referendum vom 1. Dezember 1991 mit überwältigender Mehrheit bejahte Unabhängigkeit zu verteidigen. „In der Praxis gibt es keine einfach auszumachende kulturelle Grenze, die die Krim von den benachbarten Regionen der Südukraine oder den Donbas von den anderen östlichen Regionen scheiden würde.“ (Zitat Pos. 16238)

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Das deutsch-russische Jahrhundert

Buchseite und Rezensionen zu 'Das deutsch-russische Jahrhundert' von Stefan Creuzberger
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Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:672
EAN:9783498047030
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Rezensionen zu "Das deutsch-russische Jahrhundert"

  1. Historisch fundiert. Detailliert. Ein Nachschlagewerk.

    Kurzmeinung: Alles, was du wissen willst ... und mehr.

    Das deutsch-russische Jahrhundert beginnt mit freundlichen Beziehungen zwischen den beiden Kaiserreichen, deren Grundlage eine ideolgische ist (Gottesgnadentum) und auf wirtschaftlichem und kulturellem Austauch fußt. Doch rasch, im Zuge politischer Veränderungen, entstehen tiefgreifende Ressentiments. Die beiden Weltkriege hinterlassen tiefe Wunden, so tief, dass manche davon heute noch nicht bewältigt sind. Die Zukunft ist ungewiss.

    Die politischen Veränderungen, der Übergang vom Zarenreich, das absolutistisch, menschenverachtend und grausam gewesen ist, zur nicht weniger grausamen und tyrannischen Herrschaft des Kommunismus ist mit deutscher Beteiligung über die Bühne gegangen. „1917 wurde das kaiserliche Deutschland zum Geburtshelfer der Oktoberrevolution.“

    Ein nicht unbeträchtlicher Teil des Buches widmet sich dem Vergleich zwischen dem bolschewistischen Kommunismus Rußlands unter Lenin/Stalin „wir führen Krieg nicht gegen Einzelne. Wir vernichten die Bourgeoisie als Klasse“ (Otto Lacis, Führungskraft der sow. Geheimpolizei) und auf der anderen Seite dem nationalsozialistischen Faschismus mit seiner Vernichtungsideologie, samt aller sich daraus ergebenden politischen und militärischen Folgen. „Dem von links postulierten Gleichheitsgedanken begegnete Adolf Hitler deshalb hasserfüllt mit einer „naturgegebenen Ungleichheit der Völker“. Die Diktatoren führen einen weltanschaulichen Vernichtungskrieg. Man hat als Leser den Eindruck, dass die beiden Staaten und ihre Staatsbürger (Soldaten) sich gegenseitig in allen nur denkbaren Gräueln und Folterungen zu überbieten suchten.

    Die Nachkriegszeit ist schwierig, Versöhnung scheint unmöglich. Schließlich entspannt sich die Lage, die brandtsche Ostpolitik trägt Früchte.

    In West- und Ostdeutschland herrscht eine verschiedenartige Erinnerungskultur. In Ostdeutschland ist es politisch unmöglich, die millionenfachen Vergewaltigungen der Frauen und Mädchen in der SBZ (1,9 Millionen) aufzuarbeiten. In Westdeutschland „hatten sich nationalsozialistische Täter über Nacht in Luft aufgelöst“, übrig bleiben Mitläufer und bloße Sympathisanten. Viele Aspekte der nationalsozialistischen Untaten sind bis heute nicht im gesamtdeutschen Bewusstsein angekommen, geschweige denn verankert

    Der Kommentar:
    Creuzberger legt kein gefälliges Werk vor, sondern ein fundiertes. Das Werk liest sich bis weit über die Mitte hinaus recht sperrig, es quillt über vor Informationen, zeitweilig ist es schon Infodumping. Interessiert es wirklich, wer wann an welchem Ort unter welchen Umständen diesen oder jenen Vertrag unterzeichnet hat? Warum, fragt sich die geneigte Leserin, keine, detailausparende Zusammenfassung samt Interpretation?

    Dies wäre sicherlich leichter zu konsumieren gewesen, aber das Werk spricht ja gerade den Historiker an und für den Historiker kann es nicht genau genug sein.

    Einprägsam sind diejenigen Passagen, die sich mit der unterschiedlichen Erinnerungskultur beschäftigen, so war mir tatsächlich nicht bewusst, dass die „Leningrader Blockade“, das systematische Aushungern einer Metropole, auf die deutsche Armee zurückgeht, „Die Leningrader Blockade mit über einer Million Toten war lange ein Nebenaspekt deutschen Erinnerns“, schreibt Creuzberger.

    Zur Information - Wikipedia sagt:

    „Als Leningrader Blockade bezeichnet man die Belagerung Leningrads durch die deutsche Heeresgruppe Nord und spanische Truppen (Blaue Division) während des Zweiten Weltkriegs. Im Norden riegelten finnische Truppen die Stadt ab. Sie dauerte vom 8.September 1941 bis zum 27. Januar 1944, also etwa 28 Monate.“

    Wieder Creuzberger: „„Die Leningrader Blockade mit über 1 Millionen Toten war lange (nur) ein Nebenaspekt deutschen Erinnerns“ und weiter „im kollektiven Gedächtnis der Deutschen sind die sowjetischen Opfer des nationalsozialistischen Weltanschauungsterrors noch lange nicht fest verankert.“

    Dank der momentanen Weltlage dürfte dies künftig weiterhin durchaus schwierig zu bewerkstellingen sein!

    Natürlich machen die (vor)genannten Aspekte nur einen Bruchteil dessen aus, was alles zwischen der Sowjetunion/Russland und Deutschand gelaufen ist und was Creuzberger beschreibt. Das muss man selber lesen.

    Im Nachschlag, dem Überspann ins 21. Jahrhundert hinein, macht Creuzberger dann ausführlich das, was ich die ganze Zeit gerne gelesen hätte: er lässt an seinen Überlegungen teilhaben und interpretiert politisches Verhalten.

    „Die Bewertung der deutsch-russischen Beziehungen nach 2014 war in der deutschen Öffentlichkeit gespalten, eine Situation, die bis heute andauert“ …

    „Wie erklärt sich das prorussische Stimmungbild im östlichen Teil Deutschlands?“

    Auch Nordstream II ist Thema.

    Alles in allem ist „Das deutsch-russische Jahrhundert“ ein Mammutwerk. Zu empfehlen für den Historiker und denjenigen Leser, der die Geduld aufbringt, sich auch durch sehr viele für ihn wahrscheinlich unwesentliche Details zu quälen. Nun gut, ein bisschen Quälerei ist immer dabei.

    Für das Ebook gibt es heftige Schelte! Trotz des umfassenden Anhangs, bestehend aus gefühlt Millionen von Fußnoten und einem umfangreichen Personenregister, das geradezu zum Nachschlagen verführt, kann man weder Fußnoten anspringen noch das Pesonenregister nutzen, noch – und das wiegt am schwersten – einzelne Kapitel oder Abschnitte anklicken.

    Fazit: Als Nachschlagewerk nicht konzipiert, aber benutzbar ist das akribisch angelegte Sachbuch in erster Linie für den Historiker gedacht; der Laie muss sich recht anstrengen, weiß aber hinterher natürlich mehr als vorher und kann für ihn Uninteressantes, zu Detailiertes, überblättern oder einfach nur nachschlagen, was ihm sinnvoll erscheint und nur einzelne Abschnitte auf einmal konsumieren. Der Anhang ist nämlich spitzenklassse. Allerdings geht das nur im Papierbuch, beim ebook funktioniert es (bisher) nicht.

    Sachbuch: Geschichte. Politik.
    Verlag: Rowohlt, 2022

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Anschlag auf Olympia.

Buchseite und Rezensionen zu 'Anschlag auf Olympia. ' von Sven Felix Kellerhoff
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Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:240
EAN:9783806244205
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Rezensionen zu "Anschlag auf Olympia. "

  1. Meine Erinnerungen an den

    Meine Erinnerungen an den Anschlag sind sehr blass, ich war damals gerade acht Jahre alt und vermute, dass mir meine Eltern die Bilder, die damals um alle Welt gingen, ersparen wollen. Natürlich kenne ich sie, aber eben erst durch spätere Beschäftiguing mit der Materie.

    Sven Felix Kellerhoff beschreibt in seiner Studie minutiös den Ablauf der Geschehnisse,bei der elf israelische Sportler und ein deutscher Polizist sowie fünf der insgesamt acht palästinensischen Geiselnehmer ums Leben kamen, spart auch nicht mit Kritik an den Verantwortlichen. Tatsächlich sind gravierende Fehler sowohl im Vorfeld der Olympischen Spiele als auch bei der total gescheiterten Befreiungsaktion. Aber waren diese Fehler angesichts der brutalen Geiselnahme, die so bis dato noch nie vorgekommen war, tatsächlich vermeidbar? Ein Urteil im Nachhinein birgt immer die Gefahr der Besserwisserei, aber die damaligen Verantwortlichen vor Ort wurden kalt erwischt und mussten rasch auf die Situation reagieren. Ein Vorwurf: die fehlende Vorbereitung der Sicherheitskräfte auf eine mögliche Geiselnahme während der Spiele. Aber mal ehrlich, wer hatte die denn auf dem Erwartungshorizont? Im Gegenteil, die Planungen sahen vor, dass die Spiele von Münschen das Kontrastprogramm der martialischen Spiele von Berlin 1936 sein sollten, also waren die Sicherheitskräfte im olypischen Dorf unbewaffnet und eher auf deeskalierende Maßnahmen vorbereitet worden. Und tatsächlich warn die Spiele bis zum schrecklichen Bruch die freundlichsten in der Geschichte der Olympischen Spiele. Allerdings gebe ich Kellerhoff recht, wenn er feststellt, dass ein Abbruch nach der gescheiterten Befreiungsaktion notwendig gewesen wäre.Aber Avery Brundage wollte es anders, aber auch der Leiter der israelischen Olympiadelegation sprach sich dafür aus, so als kam es zum legendären Ausspruch "The games must go on". Fragwürdig bleibt auch, warum den Verantwortlichen und den Polizeikräften am Flughafen Fürstenfeldbruck bis zuletzt nicht die exakte Zahl der Geiselnehmer bekannt war (sie gingen von fünf aus), obwohl kurz zuvor bei der Abreise aus dem olypischen Dorf die entsprechenden Beobachtungen gemacht, aber nicht weitergeleitet wurden. So kam es dazu, dass bei der Befreiungsaktion weiniger Scharfschützen als Geiselnehmer vor Ort waren, was letzteren zumindest die Zeit für das Massaker an den israelischen Sportlern verschaffte.

    Für den Leser überraschend ist der eher freundliche Umgang der Geiselnehmer mit ihren deutschen Kontaktpersonen, erklärbar aber damit, dass ihr Hass Israel galt, nicht dem deutschen Staat, sehr zum Leidwesen der kommentierenden Ulrike Meinhof, die sich den damaligen Bundesinnenminister Genscher (in München vor Ort) unter den Opfern gewünscht hätte. Wieder einmal ein unfassbares Beispiel, wie der antifaschistische Impetus der RAF pervertiert wurde.

    Das Buch endet jedoch nicht mit dem Ende der olympischen Spiele, es beschreibt auch die harte Reaktion des jüdischen Staates. Die Hinbtermänner des "Schwarzen Septembers" wurden mehr oder weniger alle zur Rechenschaft gezogen, von den später freigepressten drei Geiselnehmern lebt 1999 nur noch einer. Ein weiterer trauriger Beweis dafür, wie sich die Gewalt und die Gegengewalt im nahen Osten gegenseitig hochschrauben.

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Beifang: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Beifang: Roman' von Martin Simons
4.6
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Diskussionen zu "Eine Hochzeit in der Provinz. "

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:234
Verlag: Aufbau
EAN:9783351038793
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Rezensionen zu "Beifang: Roman"

  1. "Bei uns war es schlimmer."

    Der Autor stellt seinem Buch ein kluges Zitat des ebenso klugen John Burnside voran, und damit ist die Stoßrichtung des Buches klar: es geht hier um Vaterschaft, um das, was man selber davon erzählt und um das, was andere einem davon erzählen.

    Der Ich-Erzähler Frank hat sich zwar mit Abitur, Studium und Wegzug seiner Familie entzogen, aber seine ehrgeizigen Lebenspläne zerschlagen sich, und er wurschtelt sich beruflich und auch privat mehr recht als schlecht durchs Leben. Der Verkauf und die Räumung des großelterlichen Zechenhauses lässt ihn nun auf Spurensuche gehen. Er trifft einige seiner 11 Onkel und Tanten, und wie bei einem Puzzle setzt er sich die Familiengeschichte, vor allem die Geschichte seines Großvaters Winfried zusammen.
    12 Kinder in einem 60 qm großen Zechenhaus. Es ist kaum zu glauben, dass es so viel Armut, so viel Hunger und Verwahrlosung im Deutschland des Wirtschaftswunders gegeben hat – und so viel rohe und brutale tägliche Gewalt, Demütigungen und soziale Missachtung.

    Da leuchtet das eigentliche große Thema auf: die Weitergabe von Traumata von einer Generation an die nächste, und der Ich-Erzähler erkennt seinen eigenen und den Platz seines Vaters in dieser Verstrickung.

    Und so erklärt sich auch der Titel: Beifang ist nicht nur der Name der Zechensiedlung bei Selm, sondern Beifang ist in der Fischersprache das, was eher zufällig ins Netz gerät und wieder ins Meer geworfen wird, teilweise schwer verletzt. Hier in diesem beklemmenden Roman wird dem Leser klar, dass vier Generationen der Beifang sind: die Kinder, der Vater und auch der Ich-Erzähler und sein Sohn. Sie haben überlebt, aber sind seelisch verwundet.

    Das alles erzählt Simons in einer unsentimentalen, immer ruhigen Sprache, ohne jede Larmoyanz. Sehr lesenswert!

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  1. 5
    11. Aug 2022 

    Warum denkt man so wenig an das Gute?

    Martin Simons erzählt in seinem Roman „Beifang“ die Geschichte der Familie Zimmermann. Im Vordergrund stehen dabei die Väter und Söhne dieser Familie über vier Generationen.
    Den Anfang in der Generationenfolge macht Winfried Zimmermann, scheinbar ein Säufer, der seine Kinder schlägt, wovon er reichlich hat. Denn Winfried Zimmermann ist 12-facher Familienvater. Die Familie lebt während der Nachkriegsjahre in einer Zechensiedlung am Rande des Ruhrgebietes. Die Jahre des Wirtschaftswunders ziehen unbemerkt an der Familie vorbei, denn inmitten der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs Deutschlands kommt die Familie mehr schlecht als recht über die Runden. Armut und Gewalt prägen das Familienleben der Zimmermanns. Man macht nicht viele Worte in dieser Familie. Und diese Sprachlosigkeit wird an die kommenden Generationen weitergegeben.
    Winfrieds Enkel Frank wird erst Jahrzehnte später, Fragen nach der Geschichte seiner Familie und der seines Großvaters stellen.
    Auf den ersten Blick scheint „Beifang" ein Familienroman wie einer von vielen zu sein, in dessen Mittelpunkt eine Familie mit einem vom Krieg traumatisierten Vater steht, der seine Kinder mit „strenger Hand" erzieht. Es ist daher ein leichtes, den Kindern eine, schwierige Kindheit zu bescheinigen. Und aus schwierigen Kindheiten entstehen Erwachsenenleben, die von mehr oder weniger seelischen Problemen geprägt sind. Das weiß doch jeder, dafür muss man kein Psychologe sein.
    Da derartige Familiengeschicke nichts Besonderes für die damalige Zeit waren und vielleicht sogar zu einem Klischee geworden sind, liegt es daher nahe, Franks strengen Großvater Winfried zu verurteilen.
    Anfangs trägt in diesem Roman auch nur wenig dazu bei, Winfried Zimmermann in einem anderen Licht zu betrachten, zumal die Onkel und Tanten, die Frank befragt, nur wenig Positives über ihren Vater zu berichten haben. Doch das wenige Positive reicht aus, um Frank und den Leser aufhorchen zu lassen. Aus dem Unmenschen Winfried wird eine
    Person mit unterschiedlichen Facetten, die viele Handlungen dieses Familienvaters vielleicht nicht verständlich, aber zumindest ansatzweise nachvollziehbar machen.
    „Warum dachte ich so wenig an das Gute und ließ es zu, dass sich immer nur das Andere in den Vordergrund drängte?"
    Werden schwierige Vater-Sohn-Beziehungen von Generation zu Generation durchgereicht? Zumindest bei der Familie Zimmermann ist dies der Fall. Denn auch Frank und sein Vater - Winfrieds Sohn - kommen nur dann am besten miteinander zurecht, wenn sich ihre Gespräche um Oberflächlichkeiten und Routinen drehen. Darüber hinaus schweigt sich Franks Vater Otto aus. Es gibt Dinge, über die spricht er einfach nicht.
    Diese Sprachlosigkeit findet sich auch zwischen Frank und seinem Sohn, der nach der Scheidung von Frank und seiner Frau bei der Mutter in München lebt. Durch die räumliche Entfernung flaut das Vater-Sohn-Verhältnis immer weiter ab. Indem sich Frank auf die Suche nach der Vergangenheit begibt, zeichnen sich leichte Ansätze ab, den Vater- Sohn-Beziehungen in diesem Roman eine neue Richtung zu geben.
    „Beifang" entwickelt sich im Verlauf seiner Handlung zu einem sehr vielschichtigen Familienroman, der sich von seiner anfänglichen Klischeebehaftung löst und einfaches Schwarz-Weiß- Denken über einen Menschen in ein buntes Persönlichkeitsbild verwandelt.
    Tatsächlich kommt auch die Spannung in „Beifang“ nicht zu kurz, da der Autor ein Spannungselement eingebaut hat, das die Handlung vorantreibt: die Frage nach den Todesumständen von Großvater Winfried.
    Ich betrachte dieses Spannungselement als Sahnehäubchen auf diesem literarischen
    Kuchenstück, wobei mir dieser Kuchen auch ohne Sahne geschmeckt hätte, zu sehr hat mich die Entwicklung der Protagonisten und deren Zusammenspiel in diesem Roman fasziniert.
    Mein Fazit:
    Ein außergewöhnlicher Familienroman, der Tiefen erreicht, mit denen man anfangs nicht rechnet. Leseempfehlung!

    © Renie

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  1. Eine andere Vater-Spurensuche

    Der Titel der mich anfangs sehr befremdete, ist schnell geklärt. Beifang, ein Ortsteil von Selm. Beifang wird laut wikipedia hauptsächlich von der Zechensiedlung geprägt, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts für die Bergleute der Zeche Hermann (Hermann-Siedlung) errichtet wurde.
    Die Stilllegung der Zeche Hermann im Jahr 1926 hatte bedeutende Folgen für die damalige Gemeinde Selm und insbesondere für Beifang. Es kam zu grosser Armut, wie auch in den Folgejahren nach dem zweiten Weltkrieg.
    In dieser eh schon schweren Zeit 12 Kinder allein als Vater grosszuziehen, eine schier unmögliche Hürde. Die übernächste Generation macht sich anlässlich des Verkaufs des Zechenhaus auf Spurensuche. Wer war der Großvater, wichtig ist es gerade jetzt für den Enkel Frank. Er selbst stellt sich als Vater in Frage und will wissen, wie das damals war. Er trifft bei seinem Vater auf Schweigen und muss sich aus den Bruchstücken. die dessen zahlreiche Geschwister erzählen ein Bild machen.
    Heute weiss man, dass schwere Traumata, dazu gehört sicher das Aufwachsen in Armut und gewalttätiger Umgebung, auch Folgen für die nächsten Generationen haben können. In der Biologie ist erforscht, dass sogar das Erbgut verändert werden kann und die Nachkommen anfälliger für Stress und Angsterkrankungen sein können. Transgenerationale Trauma-Weitergabe ist ein relativ neues Forschungsgebiet, aber da ist wohl auch etwas dran. Und wieder bin ich bei dem Begriff Beifang. Hat man da was ungewollt mitbekommen? Wie Beifang beim Fischen.

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  1. 5
    12. Jul 2022 

    Dreifacher Beifang

    „ Beifang“, so heißt nicht nur die Zechensiedlung am Rande des Ruhrgebiets, wo der Ich- Erzähler aufgewachsen ist, „ Beifang“ ist auch ein Begriff aus dem Fischereiwesen. So werden Fische und andere Meerestiere bezeichnet, die zwar im Netz gelandet sind, aber nicht das eigentliche Fangziel waren. Der größte Teil davon wird als Abfall wieder über Bord geworfen - manches überlebt schwer verletzt.
    Seelisch verwundete Überlebende sind beinahe alle, von denen Martin Simons schreibt.
    Frank Zimmermann, ein Mann Anfang Vierzig, ist der Ich- Erzähler. Obwohl er als erster aus der Sippe der Zimmermanns Abitur gemacht und ein Studium absolviert hatte, wurde nichts aus seinem Plan, ein erfolgreicher Journalist und Drehbuchautor zu werden. Stattdessen schlägt er sich als freier Texter mehr schlecht als recht durchs Leben. Er liebt seinen 12jährigen Sohn, sieht ihn aber nur zweimal im Jahr. Mit Marie, einer verheirateten Frau, verbindet ihn ein sehr loses Verhältnis. „ Wenn lebendig zu sein bedeutete, von Emotionen und Sensationen durchströmt zu werden, dann war ich eher tot.“ So beschreibt er sich selbst.
    Sind die Gründe für seine Bindungsunfähigkeit, seine Planlosigkeit in seiner Familiengeschichte zu finden?
    Als die Eltern ihr Haus verkaufen, um in eine Anlage für Senioren zu ziehen, reist Frank zurück ins Ruhrgebiet. Vielleicht gibt es ja noch Dinge, die er als Andenken behalten möchte. Über eine alte Holzkiste, die der Vater von seinem Vater geerbt hatte, versucht Frank ins Gespräch zu kommen. Doch der Vater hatte schon immer auf Fragen nach seiner Kindheit sehr einsilbig reagiert, erzählte höchstens einzelne, eher skurrile Begebenheiten .
    So beschließt Frank Kontakt aufzunehmen zu einigen der elf Geschwistern des Vaters. Bei den Gesprächen mit Onkeln und Tanten erfährt er manches. Und trotz unterschiedlicher Sichtweisen kristallisiert sich aus den vielen Episoden und Anekdoten das Bild einer Kindheit voll bitterster Armut, voller Gewalt und Perspektivlosigkeit..
    Die Großeltern waren kaum in der Lage, ihre zwölf Kinder mit dem Allernotwendigsten zu versorgen. Vom Wirtschaftswunder merkte die Familie nichts. Die Wohnverhältnisse waren äußerst beengt, Hunger war steter Begleiter, Schläge waren an der Tagesordnung. In der Siedlung waren die Zimmermanns als asoziale Außenseiter verrufen.
    Als Frank seinem Vater zum Geburtstag das Buch „ Die Asche meiner Mutter“ geschenkt hat, meinte dieser später nur „ Bei uns war es schlimmer.“ Wer Frank McCourts Autobiographie kennt, kann ermessen, was diese Aussage bedeutet.
    Obwohl die Geschwister nicht dumm waren, blieb ihnen schulischer Erfolg und beruflicher Aufstieg versagt. Früh mussten sie in ungeliebten Berufen Geld verdienen.
    Franks Vater wurde mit 18 Jahren selbst Vater und danach hieß es ein Leben lang hart arbeiten, damit es die eigene Familie mal besser hat.
    Martin Simons beschreibt hier eine bundesrepublikanische Familiengeschichte, wie sie nicht oft in der Literatur zu finden war. Erst in letzter Zeit gibt es Autoren, die diesem Milieu Beachtung schenken. Denn in der Realität gibt es diese Geschichten und es ist notwendig, davon zu erzählen.
    Der Autor fragt sich, was ein solches Aufwachsen mit einem macht. Wie verarbeitet man die Armut, die Gewalt? Über seinen Vater schreibt er : „Ich wusste ja nicht, was es ihn gekostet hatte, die eigene Vergangenheit zu überleben.“
    Erstaunlicherweise findet der Ich- Erzähler bei seinem Vater und dessen Geschwistern kein Selbstmitleid, keine Verbitterung, kein Jammern, eher ein trotziger Stolz, es trotzdem irgendwie geschafft zu haben.
    Der Ich- Erzähler hat sein Netz ausgeworfen und vieles eingefangen. Auch wenn nicht alle Fragen beantwortet wurden, so ergibt sein „ Beifang“ ein vielfältiges und faszinierendes Gesamtbild.
    Martin Simons schreibt nüchtern, völlig unpathetisch. Gleichwohl hat mich das Schicksal der Figuren berührt. Anschaulich schildert er die Zustände jener Zeit, lässt die einzelnen Protagonisten mit ihren Eigenheiten lebendig werden. Trotz des ernsten Themas ist der Ton leicht, sind manche Szenen unfreiwillig komisch. Auch das komplizierte Verhältnis zum Vater wird differenziert und glaubhaft dargestellt. Inwieweit der Text autobiografisch ist, kann ich nicht beurteilen. Authentisch wirkt er auf mich und gewidmet ist der Roman dem Vater.
    Das Buch wirft Fragen auf nach den Auswirkungen der Vergangenheit auf die Gegenwart, auch auf die Gegenwart der nächsten Generationen. Und es zeigt, wie stark die soziale Herkunft den Lebensweg beeinflusst.
    „ Beifang“ ist ein Roman, dem ich viele Leser wünsche.

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  1. Spurensuche

    Da seine Eltern das Haus verkauft haben, soll Vincent entscheiden, welche der eingelagerten Dinge vom Dachboden er noch haben will. Als er ankommt, entdeckt er eine rote Kiste auf dem Sperrmüllhaufen, die von seinem Opa stammt. Vincent erinnert sich an diese Kiste und ihm wird wieder einmal bewusst, dass sein Vater nie über die Vergangenheit spricht und ziemlich einsilbig wird, wenn man ihm Fragen stellt. Also beschließt Vincent, sich in seiner großen Verwandtschaft umzuhören.
    Nachdem mich der Autor Martin Simons vor ein paar Jahren mit seinem Roman „Jetzt noch nicht, aber irgendwann schon“ angesprochen hatte, wollte ich auch diesen Roman unbedingt lesen. Doch dieses Mal wurde ich nicht wirklich gepackt. Der Schreibstil ist klar, nüchtern und eindrücklich. Den Charakteren kam ich nicht nah.
    Irgendwann kommen wohl bei vielen Menschen Fragen über die Vergangenheit und die Vorfahren auf. Oft hat man dann keinen Ansprechpartner mehr, der einem noch etwas erzählen könnte. Vincent hat immer gehofft, dass sein Vater von sich aus erzählt. Doch dann kommt der Moment, an dem Vincent feststellt, dass er selbst aktiv werden und seine Fragen anderswo stellen muss. Er trifft auf eigenwillige Verwandte und Freunde, die alle ihre Anekdoten erzählen, aber sich doch relativ bedeckt halten. Es war auch kein leichtes Leben, dass Vincents Opa Winfried und seine Frau Rosa hatten. Das Haus in der Zechensiedlung Beifang war zu eng für die vielen Kinder, das Geld zu knapp und Ruhe gab es auch nie. Es ging dort hart und sogar gewaltsam zu. Jeder musste sehen, wie er zurechtkam. Es waren Verhältnisse, an die sich niemand gerne zurückerinnert. Lieber verschließt man alles in sich und macht das Beste aus seinem Leben.
    Ein Roman über ein hartes beengendes Leben, der nachdenklich macht, mich aber nicht wirklich erreicht hat.

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Die Schlacht: Waterloo 1815

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Schlacht: Waterloo 1815' von Klaus-Jürgen Bremm
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Inhaltsangabe zu "Die Schlacht: Waterloo 1815"

Diskussionen zu "Eine Hochzeit in der Provinz. "

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:256
EAN:9783534272303
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Rezensionen zu "Die Schlacht: Waterloo 1815"

  1. Nach Niederlagen und

    Nach Niederlagen und erzwungener Abdankung und Exil auf Elba kommt Napoleon zurück, was ihm durch die Unbeliebtheit des erneut auf den französichen Thron installierten Boubonenregimes einfach gemacht wird. In einem wahren Siegeslauf durchquert er Frankreich gen Norden, wobei sich ihm immer mehr seiner ehemaligen Generäle samt ihrer Truppen anschließen. Die aufgeschreckten Siegermächte, die ja bekanntlich auf dem Wiener Kongress bereits an einer Nachkriegsordnung basteln, befürchten, dass Napoleon mit der Eroberung Brüssels ein Achtungserfolg gelingen könnte, der seine Position innerhalb Frankreichs und Europas stärken könne, weshalb sie diese um jeden Preis verhindern möchten. So kommt es zur Schlacht von Waterloo, einem geographisch wie auch inhaltlich eigentlich falschem Begriff. Denn tatsächlich handelte es sich um mehrere Schlachten, wobei keine davon im namensgebenden Ort stattfand. Dennoch ist dieses weltgeschichtliche Ringen, an dem insgeasmt 180000 Soldaten aus Preußen, England, den Niederlanden und Frankreich teilnahmen, unter diesem Namen in die Historie eingegangen.

    Bremm schildert die Auseinandersetzungen an den verschiedenen einzelschauplätzen minutiös in all ihren Einzelheiten. Er spart nicht an Kritik an Fehlentscheidungen der einzelnen beteiligten Feldherren, weist ihnen aber letztendlich keine entscheidende Auswirkung zu. Am Ende der Schlacht ist Napoleon allerdings endgültig Geschichte, dens seine Truppen, insbesondere die Garde imperialé, sindt aufgerieben, so dass ein erneuter Einmarsch der Allianztruppen in Paris nur eine Frage der Zeit gewesen wäre. Andererseits stellt sich die bei Bremm gar nicht aufgekommene Frage, was passiert wäre, wenn Napoleon als Sieger aus der Schlacht hervorgegangen wäre. Aber sein Nimbus als unbesiegbarer Feldherr war ja bereits schon zuvor gebrochen, und der Verlust, den seine Truppen in der Schlacht erlitten hatten, wäre ja ebenso enorm gewesen. Also vermutlich hätte ein Sieg bei Waterloo lediglich das unvermeidbare Ende Napoleons hinausgezögert, ohne es verhindern zu können. Opfer dieses gescheiterten Versuchs der Rückkehr zur Macht sind vor allem die zahlreichen Toten und Verwundeten, deren Leid Bremm eindringlich beschreibt.

    Ein lehrreiches Buch für alle, die sich für das Zeitalter der Napoleonischen Kriege interessieren, aber auch für die, die sich all zu schnell in naiver Heldenverklärung verirren.

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Das Christentum und die Entstehung des modernen Europa

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Christentum und die Entstehung des modernen Europa' von Heinz Schilling
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Inhaltsangabe zu "Das Christentum und die Entstehung des modernen Europa"

Diskussionen zu "Eine Hochzeit in der Provinz. "

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:480
Verlag: Verlag Herder
EAN:9783451385445
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Rezensionen zu "Das Christentum und die Entstehung des modernen Europa"

  1. Leseempfehlung!

    Klappentext:

    „Die europäischen Gesellschaften durchlebten am Beginn der Neuzeit einen fundamentalen Umbruch. Waren im späten Mittelalter Religion und Politik noch unauflöslich miteinander verbunden, läuteten Renaissance und Reformation ein neues Zeitalter ein.

    Diese Reformen und Neuerungen entzweiten die Christen. Erbitterte Feindschaft spaltete die Konfessionen. Kämpfe um Religion und Macht brachten Europa an den Rand der Katastrophe. Erst im Verlauf des Dreißigjährigen Kriegs bahnte sich eine Wende zu Frieden und Akzeptanz an. Und ebnete dem modernen Europa den Weg.

    Der Historiker Heinz Schilling nimmt uns mit auf eine eindrucksvolle Zeitreise. Er erzählt anhand zahlreicher Beispiele, wie aus der einen lateinischen Christenheit das multikonfessionelle Europa der Moderne hervorging. Er schildert die Machtkämpfe um das Verhältnis von entstehendem Staat und Kirche und veranschaulicht, wie diese Konflikte die Pluralität unserer Gegenwart hervorbringen – ein Prozess, der unsere Welt entscheidend prägt….“

    Autor Heinz Schilling hat mit diesem Buch wahrlich ein besonderes Werk herausgebracht. Seine Erzählung über das Christentum ist nicht nur interessant und lehrreich, man versteht Dinge einfach besser als in jedem Geschichts-Unterricht in der Schule von damals. Seine Sichtweise auf Kirche, Reformation und Co. zeigen verschiedenste Parts auf und wie gesagt, lassen besser verstehen, ordnen und vor allem sich selbst eine Meinung bilden bzw. diese erweitern/ ausbauen. Die Aufteilung der Kapitel ist übersichtlich, die Gliederung logisch und verständlich und Schillings Meinung dazu immer frei von Wertungen oder persönlicher Meinung. Er zeigt dem Leser alle Veränderungen im Christentum und durch das Christentum sehr gut auf und beherrscht einen klaren Standpunkt für jeden Leser. Sein Schreibstil ist dabei immer klar und passend gewählt. Schilling weiß genau wie man Geschichte für jeden verständlich erzählt und greifbar macht, ohne dabei eine Wertung zu vertreten, das schätze ich bei seinen Texten immer sehr. Wie andere begeisterte Leser bereits festgestellt haben: dieses Buch ist Geschichte in Roman-Form. Einfach nur glänzend erzählt! 5 von 5 Sterne!

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Caligula: Eine Biographie

Buchseite und Rezensionen zu 'Caligula: Eine Biographie' von Aloys Winterling
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Inhaltsangabe zu "Caligula: Eine Biographie"

Diskussionen zu "Eine Hochzeit in der Provinz. "

Format:Taschenbuch
Seiten:208
Verlag: C.H.Beck
EAN:9783406742699
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Rezensionen zu "Caligula: Eine Biographie"

  1. Wahnsinniger oder Zyniker

    Gerade mal vier Jahre alt war Caligula römischer Kaiser, doch hat er deutliche Spuren in der römischen Geschichte hinterlassen, aber eher solche, auf die man eher verzichten möchte. Bereits kurz nach seinem gewaltsamen Tod setzt eine Geschichtsschreibung ein, die ihn als dekadent, vor allem aber als wahnsinnig brandmarkt. Aloys Winterling hat sich nun in seiner kurzen Biographie daran gemacht und die Quellen kritisch überprüft und auch manchmal gegen den Strich gelesen. Wie bei seinem Vorgänger Tiberius und seinem Nachnachfolger Nero sind es vor allem Historiker, die dem Senatorenstand nahestehen, und der hatte es unter Caligula weiß Gott nicht einfach. Am Anfang verlief alles nach Plan, der junge Kaiser distanzierte sich vom allseits unbeliebten Tiberius und war bei Volk und Adel beliebt, doch das Verhältnis zum letztern trübte sich schnell. Seit Einführung des Prinzipats durch Augustus wurde der Schein aufrecht erhalten, der Kaiser sein nur der erste unter gleichen, weshalb der Begründer dieser Einrichtung sich auch bemühte, diese Gleichberechtigung nach außen durch Achtung des Senatorenstandes zu demonstrieren, wobei doch jedem klar war, wer das Sagen hatte. Doch nach der für Senatoren lebensbedrohlichen Phase der Bürgerkriege sehnten sich alle nach Ruhe und spielten Augustus` Spiel mit. Doch bereits sein Nachfolger Tiberius war des Opportunismus der Senatoren überdrüssig, weshalb er sich in seinen letzten Regierungsjahren nach Capri zurückzog. In einer bedrohlichen Auseinandersetzung um die mögliche Nachfolge wuchs Caligula, der mehrere ältere Brüder und seine Mutter dabei gewaltsam verlor, wuchs Caligula im Umfeld des Tiberius heran, gut möglich, dass ein Teil der ihm nachgesagten psychischen Deformationen mit diesen Kindheitserfahrungen zu tun hatte. Günstlinge förderten seine Kaisererhebung gegen einen weiteren, nicht minder berechtigten Thronkandidaten, die Senatoren bejubelten ihn, was blieb ihnen auch anderes übrig. Doch stets gab es aus ihren Reihen Verschwörungen, die Caligula dazu brachten, das Spiel des Augustus nicht mehr mitzuspielen und stattdessen die Speichelleckerei der Senatoren auf bisweilen zynische Art vorzuführen. Gipfel der Demütigung war die angebliche Ernennung seines Lieblingspferdes zum Konsul, einem Amt, das die Senatoren für sich beanspruchten. So bildete sich unter dem römischen Adel ein Mischung aus Angst und Rachedurst, die dann zu Caligulas Untergang und seinem schlechten Ruf als Kaiser führten. Vielleicht war er aber einfach nur zu ehrlich und wollte das Prinzipat mit seinen verlogenen Spielregeln durch eine knallharte Monarchie ersetzen, was der tatsächlichen Realität wohl auch eher entsprochen hätte.

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Matou: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Matou: Roman' von Michael Köhlmeier

Inhaltsangabe zu "Matou: Roman"

Diskussionen zu "Eine Hochzeit in der Provinz. "

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:960
EAN:9783446270794
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Nero: Inszenierung der Macht

Buchseite und Rezensionen zu 'Nero: Inszenierung der Macht' von  Holger Sonnabend
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Inhaltsangabe zu "Nero: Inszenierung der Macht"

Diskussionen zu "Eine Hochzeit in der Provinz. "

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:240
EAN:9783805349536
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Rezensionen zu "Nero: Inszenierung der Macht"

  1. Notwendige Korrektur einer langen Verzerrung

    Vor einiger Zeit lief im Fernsehen eine Doku zu Nero unter dem Titel "Plädoyer für eine Bestie". Allein der Titel legt den Verdacht nah, dass Nero weißgewaschen werden sollte. Ganz anders Holger Sonnabends Studie "Nero - Inszenierung der Macht". Sicherlich ordnet der Heidelberger Historiker alt bekannte Vorurteile über diesen vermutlicht berühmt-berüchtigsten Kaiser in ihrer Bedeutung ein, ohne ihn jedoch von jeglicher Verantwortung freizusprechen. Ganz unschuldig am ihm zur Last gelegten Brand Roms war Nero mit Sicherheit, auch der Platz des ersten Christenverfolgers kommt ihm streng genommen nicht zu, da die systematische Verfolgung im gesamten römischen Reich ausblieb und "nur" die Christen der Hauptstadt betraf, da sie als Sündenböcke für die Brandkatastrophe herhalten mussten. Aber, um bei der Feuermetapher zu bleiben, kein Rauch ohne Feuer. Nero gab sowohl durch seinen Lebenswandel als auch durch unverkennbar sadistische Neigungen Anlass zu seiner späteren Verdammung durch bekannte Historiker wie Tacitus oder Sueton. Lang hielt sich das Bild des erst guten Kaisers, der dann in der zweiten Hälfte seiner Regierungszeit die Bodenhaftung verlor und ins Monströse abdriftete. Sonnabend hat für dieses Phänomen eine verblüffend einfache, aber dennoch nicht weniger überzeugende Erklärung. Wie alle seine Vorgänger und Nachfolger ging es Nero um die Inszenierung seiner Macht. Dazu dienten seine Auftritte als Sänger, Schauspieler und sogar Wagenlenker, wobei ihm die Siege in den diversen Wettbewerben aufgrund seiner Stellung garantiert waren. Doch zunehmend verloren diese Methoden durch ihre permanente Wiederholung ihre Wirksamkeit in Rom, daher auch die "Tournee" Neros in Griechenland, wo die Griechen, plattgesagt die größeren Schleimer, ihm huldigten. Doch die Abwesenheit hatte ihre Folgen, Nero verlor den Kontakt zur plebs urbana, bisher seine Untersützer in der Auseinandersetzung mit den eher ihm abgeneigten Senatoren. Dazu kam eine Finanzkrise, die zu Soldkürzungen bei den Soldaten führte, was letztendlich zu seinem Sturz führte.

    Jeder. der sich für römische Geschichte der Kaiserzeit interessiert, dürfte an dieser anregend und bisweilen sogar humorvoll geschriebenen Studie nicht vorbeikommen.

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