Nordlicht - Die Tote am Strand

Buchseite und Rezensionen zu 'Nordlicht - Die Tote am Strand' von Anette Hinrichs
4
4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Nordlicht - Die Tote am Strand"

Format:Taschenbuch
Seiten:432
EAN:9783734107221
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Rezensionen zu "Nordlicht - Die Tote am Strand"

  1. Guter Start in eine vielversprechende Reihe...

    Da ich sehr gern nordische Krimis lese, vor allem wenn sie in Dänemark spielen, kam ich nicht umhin zu diesem Kriminalroman zu greifen und ich begann gespannt mit der Lektüre.

    In der Geschichte geht es um das deutsch- dänische Ermittlerduo Boisen und Nyborg, die den Mord an einer jungen Frau aufzuklären haben. Das Kuriose daran: die Frau wird bereits seit 12 Jahren vermisst und galt eigentlich als Mordopfer. Werden die zwei ungleichen Ermittler den Fall lösen können?

    Zunächst einmal muss ich den ungemein flüssigen Schreibstil der Autorin loben, der sich wie nichts weglesen ließ. Das Lesen fühlte sich hier nicht nach Anstrengung, sondern nach Erholung an.

    Das Setting mit der Kürste Dänemarks war für meinen Geschmack perfekt gewählt. Frau Hinrichs beschreibt auch die Lage, sowie Land und Leute sehr gut, so dass man sich alles richtig gut vorstellen kann.

    Der zu ermittelnde Fall war immens spannend mit zahlreichen Wendungen, so wie ich es mag.

    Besonders hervorheben möchte ich jedoch das coole Ermittlerduo, denn das nenne ich mal Protagonisten mit Ecken und Kanten. Mir war sowohl Rasmus als aucn Vibeke direkt sympathisch und man fühlte sich wohl mit den beiden. Jeder von ihnen hat sein Päckchen zu tragen, was sie sehr menschlich und nahbar erscheinen ließ. Die Autorin hat genug Informationen gegeben, dass man die beiden gern hat und natürlich in weiteren Fällen mehr über sie erfahren möchte. Positiv fand ich zudem, dass die Ermittler in erster Linie ihren Job machen und es nur nebensächlich und nicht ausschließlich um Privates ging.

    Die Auflösung des Falls war sehr schlüssig und gut nachvollziehbar. Zwei Auflösungspunkte haben mir nicht ganz so gut gefallen, aber da würde ich spoilern, wenn ich mich dazu ausführlicher äußere. Es gab jedenfalls zwei Dinge, die ich als etwas unrealistisch empfand, wer das Buch liest, wird es erraten können.

    Fazit: Gern spreche ich eine Leseempfehlung für diesen Krimistartband aus, der mich gut unterhalten hat.

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Das Versprechen der Islandschwestern

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Versprechen der Islandschwestern' von Karin Baldvinsson
4
4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Das Versprechen der Islandschwestern"

Format:Taschenbuch
Seiten:336
EAN:9783548060064
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Rezensionen zu "Das Versprechen der Islandschwestern"

  1. 4
    16. Mai 2019 

    Anschauliche Familiengeschichte

    Der Familienausflug von Pia, ihrer Tochter Leonie und ihrer Großmutter Grete nach Island ist etwas Besonderes. Helga, die ältere Schwester von Grete feiert ihren 80. Geburtstag und hat eingeladen. Das Komische ist nur, dass Pia noch niemals etwas von Helga gehört hat, geschweige denn, dass sie wusste das es da eine Schwester gibt. Schon die Überfahrt nach Island ist besonders. Die Naturgewalten lassen das Schiff mächtig schaukeln und alle sind froh, als sie endlich da sind. Der Empfang durch Helga ist überaus herzlich. Aber Pia merkt schnell, dass es da ein Geheimnis um die beiden Schwestern gibt und dass es einen Grund geben muss, warum beide 60 Jahre lang keinerlei Kontakt hatten.

    In Rückblenden erfahren wir wie und warum damals nach dem Krieg, beide Schwestern nach Island gingen. Sehr interessant und anschaulich wird von den Entbehrungen und der harten Zeit, der Kälte und dem Leben auf dem Land erzählt. In der Gegenwart wird über das Leben ins Island heute berichtet und auch von den Menschen, die dort leben. In der Nähe von Helga trifft Pia auch Ragnar wieder, den sie bereits auf der Überfahrt getroffen hatte. Zu ihrer Überraschung spricht er Deutsch und ist bereit ihr sein Land zu zeigen. Er ist auch derjenige, der versucht ihre Schwierigkeiten im Umgang mit Leonie zu erklären. Er hat sehr viel mehr Verständnis für Leonie und versucht seinen Standpunkt an Pia weiterzugeben.
    Interessant fand ich das Ende - von dem ich jetzt hier nichts verraten werde. Damit hätte ich nicht gerechnet, aber es hat mich auf jeden Fall gefreut.

    Diese Familiengeschichte mit dem großen Geheimnis liest sich sehr gut. Der Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist gut gelungen und macht das Verstehen sehr viel leichter und die Geschichte anschaulicher. Allerdings hätte es mir durchaus gefallen, wenn der Konflikt zwischen Helga und Grete noch ausführlicher gewesen wäre. Sie kamen mir beide ein wenig kurz.

    Trotz allem hat mir das Buch gut gefallen. Es gibt auf jeden Fall eine Leseempfehlung und verdiente vier Lesesterne.

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Der Patriot: Thriller

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Patriot: Thriller' von Pascal Engman
4
4 von 5 (4 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Patriot: Thriller"

Der Mord an einer Journalistin versetzt die schwedischen Nachrichtenredaktionen in Alarmbereitschaft. Massive Drohungen gegen Vertreter der sogenannten »Lügenpresse« sind längst an der Tagesordnung, doch nun macht ein Serienkiller ernst. Er ist fest entschlossen, mit allen abzurechnen, die dem bedrohlichen Flüchtlingszustrom in seinem Land nichts entgegensetzen.

In Stockholms Zeitungsredaktionen regiert die Angst. Drohungen gehören zum Alltag, populistische Meinungsmacher verschärfen die aufgeheizte Stimmung noch. Als eine junge Journalistin, die strikt für Meinungsfreiheit eingetreten ist, kaltblütig ermordet wird, werden die schlimmsten Befürchtungen plötzlich real. Nur Madeleine Winther, eine junge aufstrebende Nachrichtenredakteurin, bleibt davon merkwürdig unberührt und plant stattdessen ihre nächsten Schritte auf der Karriereleiter. Doch auch sie muss sich der Realität stellen, denn es bleibt nicht bei diesem einen Opfer. Der Täter, Carl Cederhielm, will Rache nehmen an allen, die dazu beitragen, dass seine Heimat Tag für Tag von Flüchtlingen überschwemmt wird. Sein Ziel sind die Medien, und gemeinsam mit zwei Gleichgesinnten eröffnet er die Jagd auf Journalisten. Es scheint, dass niemand die schwedischen Terroristen aufhalten kann. Doch dann taucht ein neuer Akteur auf der Bildfläche auf, der zum Äußersten entschlossen ist.

Format:Broschiert
Seiten:470
Verlag: Tropen
EAN:9783608503654
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Rezensionen zu "Der Patriot: Thriller"

  1. 4
    01. Mai 2019 

    Blau Gelb

    Blau und Gelb sind die Farben Schwedens und die sollen von einer Gruppe unter der Führung von Carl Cederhielm verteidigt werden. Er und seine Kumpane verunglimpfen zunächst die freie Presse. Damit allerdings geben sie sich nicht lange zufrieden, bald schon werden die ersten Journalisten umgebracht. Vorgeschobener Grund für ihre Aktivitäten ist die angebliche Tatenlosigkeit, mit der die schwedische Regierung dem Flüchtlingsstrom begegnet. Unter den Journalisten lösen sie Angst und Schrecken aus. Die Redaktionen werden bewacht und die Zeitungsmitarbeiter überlegen sich jeden Schritt. Das weitere Vorgehen der Täter hat allerdings noch eine ganz besonders negative Qualität.

    Der Autor war selbst lange als Journalist tätig. Er kennt die Szene, über die er schreibt, in und auswendig. Laut Autoren-Info war er vermutlich wegen seiner Tätigkeit selbst rechtspopulistischen Bedrohungen ausgesetzt, hat seinen Beruf aufgegeben und seinen ersten Roman verfasst. Mit diesem lehrt er die Leser wahrlich das Fürchten. Die dargestellten Szenarien wirken doch allzu realistisch. Man wünschte sich, niemand müsste auf solche Ideen kommen. Wie können vermeintlich normale Bürger nur so krude Ideen vertreten und dafür auch noch den Tod von Menschen in Kauf nehmen. Doch wie überall steht man diesem weltweit vorhandenen Phänomen wohl auch in Schweden ziemlich hilflos gegenüber.

    Obwohl man bei der Handlung des Romans bei einigen Punkten ziemlich lange warten muss, bis man die Zusammenhänge versteht, wirken die Vorgänge besonders soweit sie in Schweden angesiedelt sind ausgesprochen spannend und sie scheinen die harte und raue Realität darzustellen. Das macht die Lektüre nicht gerade leicht, in Teilen liest sich das Buch eher wie ein Zeitungsbericht als wie ein Roman und dadurch wird er doch recht schwer verdaulich. Ob dieser Grausamkeiten fragt man sich, wie bloß das Schlimmste verhindert werden kann und findet doch keine Lösung. Der Patriot verstört, rüttelt auf und bringt das Gedankenkarussell ins Kreisen. Schweden ist leider überall.

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  1. Patriarchat

    Das Cover des Thrillers zeigt- vermutlich- einen Städteblock Stockholms neben einem Gewässer. Stilistisch sehr gelungen sind die tiefdunklen Wolken, welche beginnen, die Häuser ins Dunkle zu tauchen und das Licht zu verdrängen.

    Zum Inhalt:

    Nachdem die junge Journalistin Hannah Löwenström kaltblütig in ihrer Wohnung ermordet wurde stellt sich schnell heraus, dass sie nicht das einzige Opfer bleiben wird. Ihr Mörder, Carl Cederhielm, sieht sich selbst als Patriarch, welcher Schweden von der Liberalität gegenüber Ausländern befreien wird. Dazu will Carl die “Lügenpresse” wie er sie nennt auslöschen, indem er einen Journalisten nach dem nächsten umbringt. Er hinterlässt keine Beweise und keine Anhaltspunkte darauf, wo er und seine Anhänger als nächstes zuschlagen. Fernab von alledem, in Chile, wohnt August, ein ehemaliger schwedischer Fremdenlegionär, mit seiner Frau Madeleine. Als Bodyguard eines berüchtigten Straftäters hat auch er es tagtäglich mit Gewalt zutun und wünscht sich nichts mehr, als zurück nach Schweden gehen zu können.

    Meine Meinung:

    Einer meiner Highlight- Thriller auf der “jemals gelesen Liste”! Ich konnte dieses Buch wortwörtlich nicht aus der Hand legen und habe das gesamte Wochenende nur gelesen. Dadurch, dass die vier Handlungsstränge so losgelöst voneinander erzählt werden, entsteht über weite Teile der Lesezeit überhaupt kein Zusammenhang zwischen denselben. Erst mit und mit, vieles erst ganz zum Schluss, wird alles klarer, die Handlungen kommen in Bezug zueinander. Plötzlich hat man das Gefühl, dass bei dem Fehlen eines Teils das gesamte Buch, diese gesamte Konstruktion, gar keinen Sinn ergeben würde. Die sinnbildliche und nüchterne Sprache treibt einen durch das gesamte Buch. Die Spannungskurve wurde gleich zu Beginn aufgebaut und bis zum Schluss nicht mehr locker gelassen. Durch die kurzen Kapitel hatte man nach jedem einen “Cliffhanger” und konnte einfach keine Verschnaufpause einlegen. Selten habe ich so viel Verständnis für die Handlungen eines Mörders gehabt. Und zwar nicht, weil seine Taten richtig sind, sondern weil Carls Charakter so neutral, seine Gedanken und Beweggründe so plausibel dargelegt wurden. Keinem Charakter dieses Buches hätte ich die Attribute “Gut” oder “Böse” zuschreiben können.

    Alles in Allem ist dieser Debut- Thriller des ehemaligen Journalisten eine absolute Kaufempfehlung für alle Thriller- Liebhaber oder die, die es noch werden wollen. Ein von vorne bis hinten durchdachter, spannender Handlungsverlauf.

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  1. Beängstigend

    In Stockholms Zeitungsredaktionen gehören Shitstorms und sogar Morddrohungen zum Alltag. Als aber eine Journalistin kaltblütig in ihrer eigenen Wohnung ermordet wird, werden die Drohungen erst wirklich ernst genommen. Schon kurz darauf gibt es weitere Opfer. Und immer handelt es sich um Journalisten, die sich für Flüchtlinge und Migration, für Meinungs- und Pressefreiheit eingesetzt hatten.

    Schon sehr bald wird dem Leser der Täter verraten: Carl Cederhielm will sich an all jenen rächen, die dazu beitragen, dass Schweden ,,überfremdet“ wird, dass immer mehr Flüchtlinge ins Land kommen. Mit zwei Kameraden plant und organisiert er die Jagd auf Journalisten. Sein Ziel ist dabei auch, als großer, patriotischer Held wahrgenommen zu werden. Beängstigend dabei ist, dass der Leser passagenweise in Carl Cederhielms Perspektive versetzt wird und damit in seine Gedankenwelt eintaucht, sodass man sich sehr intensiv mit seiner ,,patriotischen“ Sichtweise und seinem Hass auseinandersetzen muss.
    Weitere Figuren, die zunächst ohne Zusammenhang mit Cederhielm erscheinen, werden nach und nach zu einem Handlungsgewebe verflochten.
    So z.B. die junge Nachrichtenredakteurin Madeleine Winter, die skrupellos ihre eigene Karriere vorantreibt, oder der ehemalige Fremdenlegionär August, der in Chile ein neues Leben begonnen hat, aber nach Stockholm zurückkehren muss, da er sich mit den falschen Leuten eingelassen hat.
    Nach und nach erschließen sich die Zusammenhänge zwischen den Figuren, zum Teil sehr überraschend, zum Teil vorhersehbar, aber dennoch spannend. Stellenweise sind die Schilderungen ziemlich brutal und nichts für Zartbesaitete. Trotzdem halte ich ,,Der Patriot“ für ein unbedingt lesenswertes und wichtiges Buch. Da der Autor selbst aus dem Journalistenmilieu stammt, wirkt die Darstellung auch äußerst glaubwürdig und authentisch.

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  1. Interessantes Debüt

    Pascal Engman ist eine neue Stimme am illustren Schweden-Krimi – Himmel. Mit seinem Debüt „Der Patriot“ hat er sofort einen Bestseller gelandet.

    Sicher liegt das auch am Plot seines Kriminalromans: Nach ständigen Drohungen gegen die „Lügenpresse“ wird eine bekannte links-liberale Journalistin brutal ermordet. Natürlich wird das Delikt in rechten Kreisen verortet. Aber als Leserin bin ich weiter, denn Engman gewährt mir einen Einblick in das Denken von Carl Cederhjelm. Ein Mann, der die Kultur der Schweden gegen alles Fremde verteidigen will, der sich zurückgesetzt fühlt und genug nach von Flüchtenden aus dem Nahen Osten, die alle nach Schweden wollen. Es gibt nur ein Ziel für Ihn, er muss ein Zeichen setzen, muss diejenigen zum Schweigen bringen, die von einer bunten, multikulturellen Gesellschaft träumen. Und er ist nicht allein! Er zieht seine blutige Spur durch das Land.

    Ein weiterer Erzählstrang führt uns nach Südamerika. Anton Novak hat vor 10 Jahren Schweden verlassen, nicht freiwillig. Er wurde straffällig und ist in der Fremdenlegion untergetaucht. Später als Söldner und Bodyguard für zwielichtige Drogenbarone tätig, hat er sich trotz allem eine Art Gerechtigkeitssinn bewahrt und ein tragischer Verrat lässt ihn noch einmal nach Schweden zurückkommen und den Weg Cederhjelms kreuzen.

    Der Autor ist selbst Journalist und hat sich unter dem Druck von Morddrohungen aus rechtspopulistischen Kreisen aus dem aktiven Journalismus zurückgezogen. Dass er weiß, wovon er schreibt, merkt man jeder Zeile an. Das gibt dem Kriminalroman eine realistische Dichte, die kaum auszuhalten ist. Es liest sich seitenweise wie eine Bestandsaufnahme des rechtsgerichteten Populismus, der seit Jahren die liberalen europäischen Demokratien bedroht. Der Aufstieg der rechten Parteien ist dabei nur ein Indiz.

    Dabei vergisst der Autor an keiner Stelle die Spannung, die sich auch aus den Nebenhandlungen ergibt. Das Buch hat ein außerordentlich hohes Tempo und obwohl die Leser die Täter und deren Beweggründe kennen, bleibt es völlig offen, wie sich die Geschichte weiterentwickelt.

    Ich fand den Kriminalroman wirklich beachtlich, habe mich aber zunehmend gefragt, warum dem Südamerika Part von Anton Novak so viel Raum eingeräumt wurde. Obwohl auch dieser Teil spannend ist, war er für mich für den eigentlichen Plot nicht entscheidend. Das wäre eher Stoff für ein weiteres Buch gewesen.

    Realistisch, aktuell und hart, ein neuer Autor, der das Entdecken lohnt.

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Golden Cage

Buchseite und Rezensionen zu 'Golden Cage' von Camilla Läckberg
4.15
4.2 von 5 (6 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Golden Cage"

Camilla Läckbergs erster Psychothriller: raffiniert, abgründig, brillant

Was machst du, wenn dir alles genommen wird?
Faye und Jack sind das absolute Traumpaar. Sie haben das erfolgreichste Unternehmen Stockholms aufgebaut, wohnen in einem luxuriösen Apartment und sind umgeben von den Reichen und Schönen. Die gemeinsame Tochter Julienne ist die Krönung ihres Glücks.

Doch der Schein trügt. Fayes Leben dreht sich nur noch um den verzweifelten Versuch, Jack zu gefallen. Seine Verachtung ist in jeder seiner Gesten spürbar. Als Jack und Julienne von einem Bootstrip nicht zurückkehren und die Polizei eine Blutlache im Apartment entdeckt, fällt der Verdacht schnell auf Jack. Hat er seine eigene Tochter getötet? Nichts in Fayes Leben ist mehr so, wie sie es kannte ...

Format:Broschiert
Seiten:384
EAN:9783471351734
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Rezensionen zu "Golden Cage"

  1. Die Rache ist mein

    Inhalt:
    Faye hat alles erreicht, was man erreichen kann: sie ist mit einem unfassbar erfolgreichen, noch dazu gutaussehenden Unternehmer verheiratet, gemeinsam wohnen sie in einem luxuriösen Appartement in Stockholm, haben zusammen eine entzückende, kleine Tochter namens Julienne und sind fixer Bestandteil der High Society Schwedens. Doch der Schein trügt: hinter der Fassade steht eine Frau, die in allen Bereichen zum Wohle ihrer Familie zurücksteckte, sich tagtäglich von ihrem Mann demütigen lassen muss und ihn trotz allem noch in Schutz nimmt. Das ändert sich schlagartig, als sie ihn eines Tages in flagranti mit seiner Assistentin im eigenen Bett erwischt. Nun sinnt Faye auf Rache, und diese kann nur fürchterlich sein….

    Handlung:
    Dies ist die Geschichte einer Frau, die alles für die Liebe gibt und alles für sie opfert, im blinden Glauben, dadurch eine perfekte Ehefrau abzugeben. Dass dem nicht so ist, muss sie allerdings auf recht schmerzhafte Weise erfahren, als sie ihren Göttergatten trotz allem mit einer anderen Frau im Bett erwischt. So mutiert die devote, alles schluckende Hausfrau und Mutter zum Racheengel par excellence.

    Schreibstil:
    Camilla Läckberg hat einen sehr angenehm zu lesenden, flüssigen Stil, der einen von Beginn an in seinen Bann zieht. Die Geschichte beginnt mit einem Prolog, der das vermeintliche Ende vorwegnimmt, danach wird in Rückblenden das eigentliche Leben von Faye erzählt, beginnend in einer Zeit, als sie sich noch Mathilda nannte. Man erfährt von ihrer tragischen Kindheit bis hin zu ihren Beweggründen in der Gegenwart in dem es letztlich zum emotionalen Showdown kommt.

    Charaktere:
    Hauptcharakter ist sicherlich Faye, die anfangs noch Mathilda heißt, sich dann jedoch quasi als symbolhaften, krönenden Abschied von ihrer schlimmen Kindheit in Faye umbenennt. Faye, die blitzgescheit ist, und nicht nur in beruflicher Hinsicht ihrem Mann um nichts nachsteht, diesem sogar weit überlegen ist, und im Grunde den Hauptanteil an seinem beruflichen Erfolg trägt. Nichtsdestotrotz steckt sie in allem zurück, nur um ihm seinen Erfolg zu ermöglichen, und ihn zu dem anerkannten und einflussreichen Mann werden zu lassen, der er ist im Glauben, dass er ebenfalls so loyal zu ihr steht, sie wird von ihm aber bitter enttäuscht und sinnt auf Rache. Ein unglaublich ausgeklügelter Racheplan wird von ihr geschmiedet, der seinesgleichen sucht.

    Cover:
    Das Cover lockt den Leser auf eine völlig falsche Fährte, da man von einet unausweichlichen Lebenssituation ausgeht, aus der es kein Entrinnen mehr gibt.

    Autorin:
    Camilla Läckberg ist eine sehr populäre und erfolgreiche, schwedische Kriminalschriftstellerin, deren Bücher zumeist in Fjällbacka handeln, woher die Autorin stammt. Mit ihrem Unternehmen „Invest In Her“ fördert sie Projekte junger Frauen. Camilla Läckberg lebt mit ihrer Patchworkfamilie in Stockholm.

    Meinung:
    Der Charakter der jungen Faye wie auch der ihres Mannes scheint ein wenig überzeichnet, wobei sich beide völlig konträr dargestellt werden, auf der einen Seite die devote, alles erduldende Ehefrau, auf der anderen Seite der selbstherrliche Mann - dabei bedient Läckberg sämtliche Klischees. Irgendwie konnte ich mich jedoch nicht recht mit dem Charakter der Protagonistin anfreunden, da ich es nicht nachvollziehen konnte, wie jemand, der angeblich so blitzgescheit ist, und vom Intellekt her jedem locker das Wasser reichen konnte, zu einem derartigen duckmäuserischen Mauerblümchen mutieren konnte, das auch noch dann die Schuld bei sich sucht, wenn es den eigenen Mann mit einer anderen im Bett erwischt. Man möchte sie am liebsten einfach nur schütteln, damit sie aus ihrer Blase der Naivität aufwacht! Umso mehr überraschte mich die Entwicklung der Faye im zweiten Teil der Geschichte, diese Wendung hätte ich beim besten Willen anfangs nicht erwartet! Dass ihre Persönlichkeit so kippt und sie in ihrem Tun letztlich kaltblütig über Leichen geht, wär hätte das gedacht?

    Persönliche Kritikpunkte:
    Die Personen erschienen mir, wie gesagt ein wenig überzeichnet und unrealistisch, aber trotz allem war ich von der Geschichte und ihrem Verlauf mehr als angetan!

    Fazit:
    Ein Thriller mit interessanten Wendungen, als Mitbringsel für betrogene Ehefrauen bestens geeignet!

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  1. Vom trophy wife zum Racheengel

    Von außen wirken Faye und Jack wie ein Traumpaar: Eine prachtvolle Wohnung in einem der besten Stadtteile Stockholms, von Faye liebevoll und persönlich eingerichtet, eine kleine Tochter, das Unternehmen, das Jack mit einem Freund erfolgreich aufgebaut hat - doch das ist nur Fassade, das Bild, das sie anderen präsentieren,

    Faye, die früher einmal Mathilda hieß, aus einem kleinen Ort stammte, wo jeder wusste, dass der Vater ihre Mutter und die Kinder schlug und niemand etwas unternahm, hatte früher einmal ganz andere Pläne gehabt. Als sie nach Stickholm kam, um zur Wirtschaftshochschule zu gehen, erfand sie sich neu. Faye, nicht Mathilda, wollte sie sein. Mathilda, die vor einer schlimmen Vergangenheit geflohen war, deren Bruder Selbstmord begangen hatte und deren Vater für den Mord an der Mutter im Gefängnis saß, sollte es nicht mehr geben. Faye würde das perfekte Leben haben, beruflich erfolgreich sein, einen Mann für die perfekte Familie kennenlernen.

    Nun aber sitzt Faye im goldenen Käfig - denn den perfekten Mann und das perfekte Kind gab es nur durch den Verzicht auf die perfekte Karriere. Und dann ist es auch mit der perfekten Ehe nicht mehr weit her - Jack wird nicht müde, ihr klar zu machen, dass sie nicht mehr dünn genug ist, nicht mehr jung genug, dass sie nicht mehr mithalten kann mit seinen Ansprüchen. Dass er sie ständig betrügt, weiß sie nicht - oder will sie es nicht wissen?

    Doch dann ist da irgendwann die Geliebte, die schwanger wird und für die sich Jack entscheidet. Zu spät erkennt Faye, dass sie im blinden Vertrauen auf die lebenslange gemeinsame Zukunft versäumt hat, rechtlich Vorsorge für ihre Absicherung im Fall einer Scheidung zu treffen. Aus dem goldenen Käfig gestoßen zu werden, kann eine verdammt harte Landung sein. Doch Faye, die sich schon einmal neu erfunden hat, gibt auch diesmal nicht auf. Dass sie eine Kämpferin ist, hat sie schon in ihrer harten Jugend bewiesen, Nun hat sie einen Plan....

    Mit der Romanfigur der Faye hat Camilla Läckberg eine starke Frau geschaffen, die sich nicht unterkriegen lässt und ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt - und das mehr als einmal. Beim Lesen habe ich mich nur gefragt, wie es je so weit kommen konnte, dass Faye sich von Jack hat einlullen lassen, auf eine eigene berufliche Zukunft zu verzichten. Denn als sich die beiden kennenlernten, hatte sie einen starken unternehmerischen Ehrgeiz und ohne sie hätte Jack sein Unternehmen nicht so erfolgreich starten können. Also honey trap Liebe?

    Das ist der Teil des Buches, der für mich am wenigsten nachvollziehbar war - sicher einerseits, weil ich mich mit so einer Entscheidung, für einen Mann den eigenen Ehrgeiz zurück zu stellen, überhaupt nicht nachvollziehen kann, vor allem aber auch, weil Faye bis dahin gezeigt hat, dass sie sich durch nichts und niemand an der Durchsetzung ihrer Träume hindern lässt. Dabei entwickelt sie durchaus auch soziopathiche Züge, ihre "dunkle Seite", die sie vor allen anderen gut zu verbergen weiß.

    Aber vielleicht lag die wahre Faye in ihrem goldenen Käfig auch nur in einem mentalen Winterschlaf, denn nun ist sie wild entschlossen, nie wieder so mit sich umgehen zu lassen. Ein Opfer wollte Faye schließlich nicht sein, seit sie "Mathilda" von sich abgeschüttelt hat. Dass nichts schlimmer sein kann als die Rache einer gekränkten Frau, hat ja schon Shakespeare gewusst. Faye jedenfalls will ihre dunkle Seite nicht länger deckeln. Wie sie sich wieder aus Armut und Machtlosigkeit hochkämpft, ist spannend zu lesen, wenn die Auflösung des Plots auch frühzeitig zu ahnen ist.

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  1. 4
    26. Apr 2019 

    Der goldene Käfig

    Die Protagonistin Faye lebt mit ihrem Traummann Jack und ihrer Tochter Julienne in einem goldenen Käfig. Mit ihm zusammen hat sie ein florierendes Unternehmen aufgebaut und sie besitzen eine Luxus-Wohnung in Stockholm. Eines Tages kommen Vater und Tochter von einem Ausflug nicht gemeinsam zurück. Man entdeckt Blutspuren der Tochter im Apartment und daraufhin wird Jack festgenommen. Und nun nimmt die Autorin die Vergangenheit von Faye und ihre Ehe unter die Lupe. Dazu geht sie zurück in den Sommer 2001 als die damals junge Matilda ihren Abschied von Fjällbacka genommen hat und nach einer Eingewöhnungsphase als Faye in Stockholm neu durchstartet. Man kann ahnen, daß hier einiges passiert sein muß, um mit seiner Vergangenheit derart konsequent abzuschließen. Ihre Ehe scheint nach außen glücklich zu sein, doch der Schein trügt. Es kriselt, aber auch bei den anderen eitlen Müttern und ihren überaus erfolgreichen Partnern steht es nicht immer zum Besten. Nur wer verlässt freiwillig seinen goldenen Käfig? Nachdem Faye ihren Ehemann in flagranti erwischt hat und er eine Versöhnung kategorisch ausschlägt, wandelte sich Fayes Liebe in Hass. Und hier beginnt der zweite Teil und die Weiterentwicklung ihrer Persönlichkeit, die Rückbesinnung auf ihre Stärken, ihre Rachegelüste und das alles bis zu einem teilweise abzusehenden, teils überraschenden Ende.

    Die Autorin hat nach der Krimireihe um Erika Falck ein neues Genre für sich entdeckt. Wie gewohnt schreibt sie flüssig, spannend und fesselnd. Die Hauptfiguren wurden sehr gut ausgearbeitet und man konnte die Handlungen nachvollziehen. Die Geheimnisse, die peu a peu ans Tageslicht kamen, konnten nicht erahnt werden. Faye war stets darum bemüht, ja erniedrigt sich sogar, ihrem Ehemann zu gefallen, aber ihre Entwicklung und ihr Kampf hin zur Rachegöttin waren sehr gut geschildert, wenngleich man natürlich nicht alles gut und richtig finden konnte. Auch die Charakterisierung von Jack samt all seiner Facetten war gut ausgearbeitet. Die beschriebenen Sexszenen hätten jedoch für meinen Geschmack nicht alle Details enthalten müssen.

    Von mir gibt es für diesen Thriller eine Leseempfehlung und ich bin gespannt auf was sich ihre Leser als nächstes freuen können.

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  1. Die Rache einer Frau

    Faye und Jack gehören zu den Reichen und Schönen, sie sind erfolgreiche Unternehmer und wohnen in einem luxuriösen Apartment. Ihre gemeinsame Tochter Julienne macht das Glück vollkommen. Doch der Schein trügt, denn Faye ist nur noch darauf fixiert, ihrem Mann zu gefallen und ihm alles recht zu machen. Aber er verachtet sie. Als Jack und Julianne nicht von einem Bootstrip wiederkommen und die Polizei eine Blutlache in der Wohnung entdeckt, gerät Jack unter Verdacht, seine Tochter getötet zu haben. 

    Aufgrund des tollen Covers und der Beschreibung war ich sehr gespannt auf dieses Buch. Es wurde als erster Thriller dieser bekannten Krimiautorin angepriesen, aber auf dem Cover steht "Roman". Das hat mich ein wenig gewundert. 
    Den Schreibstil empfand ich leicht und flüssig lesbar und es entstanden gute Bilder bei mir im Kopf. 
    Der Aufbau des Buches war interessant, aber auch gewöhnungsbedürftig. Die Geschichte wurde in der Gegenwart um Faye erzählt, zwischendurch immer wieder unterbrochen durch Rückblicke in Fayes Vergangenheit. Diese Rückblicke wurden mit einer passenden Überschrift versehen sowie in der Ich-Form verfasst, so dass ich keine Schwierigkeiten hatte, sie auseinanderzuhalten. Durch diese stetigen Wechsel wurden die Neugier und die Spannung angeregt, was ich gut fand. Auch waren die Rückblicke wichtig, um Faye richtig verstehen zu können. 
    Faye als Charakter wurde wirklich gut beschrieben, auch wenn ich sie nicht sonderlich sympathisch fand und auch von ihrem hörigen und unterwürfigen Verhalten Jack gegenüber teilweise sehr genervt war. Aber ich konnte mich trotzdem gut in sie hineinversetzen und mit ihr mitfiebern. Schließlich ging es darum, sich an Jack zu rächen, was mir gefiel, und es entwickelte sich eine gewisse Verbundenheit mit Faye. Ihre raffinierten Rachepläne habe ich gebannt verfolgt und auch genossen. 
    Es entwickelte sich eine gute Spannung, meiner Meinung nach für einen Thriller allerdings doch etwas zu wenig. Dennoch war ich gespannt, wie die Story ausgeht. 

    Ein interessanter Roman um die Rache einer Frau, der mir trotz kleiner Abstriche gut gefallen hat. Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

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  1. 5
    23. Apr 2019 

    Rache ist süß

    Faye hat alles was sie braucht um glücklich zu sein. Ihre Ehe mit Jack, um den sie alle beneiden. Beide sind das Vorzeigepaar in der schwedischen Gesellschaft, er der erfolgreiche Geschäftsmann, sie die Vorzeigefrau - die dem Mann den Rücken freihält und stärkt. Ihr Glück ist vollkommen durch Julienne. Und doch gibt es da diese Momente, in denen Jack immer weniger Zeit hat für Faye, in denen ihre Unsicherheit und Hilflosigkeit wächst. Zunehmend fühlt sie sich von Jack kleingemacht und in die Rolle der sich duckenden, gefallsüchtigen Ehefrau gedrängt. Als sie durch einen dummen Zufall den großen Betrug aufdeckt und von Jack wie eine heiße Kartoffel fallengelassen wird, schreit ihr Inneres nach Rache.

    Camilla Läckberg hat hier einen Roman geschrieben, der aus meiner Sicht die Spannung eines Krimis in sich trägt. Am Anfang erfahren wir viel von Faye, wie und warum sie so geworden ist. Auch ihre Veränderungen nach dem Kennenlernen, im Zusammenleben mit Jack werden sichtbar. Schon beim Lesen fragte ich mich, warum lässt sie sich das alles gefallen? Warum lässt sie sich von Jack in diese passive Rolle drängen? Dabei ist sie doch diejenige, die die innovativen und kreativen Ideen hat.

    In einzelnen kleinen Rückblenden erfahren wir aber auch, wie Matilda - so hieß sie früher - zu Faye geworden ist und warum. Ihre sehr enge Freundschaft mit Christ - wie Faye eine Außenseiterin - nimmt in diesem Abschnitten einen sehr breiten Raum ein und man kann verstehen, warum beide so eine enge Bindung zueinander haben.

    So richtig spannend wird es jedoch, als Faye sich nach dem Verlust von Jack und Julienne auf ihre alten Stärken besinnt. Sie ist plötzlich in der Lage das Heft wieder in die Hand zu nehmen und das Ruder herumzureißen. Die Kraft und Energie für ihre Aktionen schöpft sie aus dem Hass auf Jack, der ihr alles genommen hat. Das war dann beim Lesen auch der Moment, wo ich mich für sie und über ihren Erfolg gefreut habe.

    Am Anfang wusste ich nicht, wo mich das Buch hinführen wird. Jetzt am Ende kann ich sagen, mir hat es gefallen. Ich empfehle es zu gerne und vergebe verdiente fünf Lesesterne.

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  1. Liebe kann dir auch nicht helfen...

    Natürlich ist mir die Autorin vor allem ein Begriff durch die Reihe um die Ermittler Falck und Hedström, aus der ich einige Bände gelesen habe. Umso gespannter war ich nun wie die Autorin außerhalb der Reihe schreibt und begann interessiert mit der Lektüre.

    In der Geschichte geht es um das Traumpaar Jack und Faye, die gemeinsam ein großes Imperium aufgebaut haben. Doch Jack seine Launen werden immer unerträglicher. Was hat Faye ihm nur getan, dass er sie so mies behandelt? Als dann auch noch ihre gemeinsame Tochter verschwindet, ist Faye ihr Unglück perfekt. Wird sie aus diesem Sumpf des Lebens wieder herauskommen?

    Ich muss gestehen, dass mir die Lektüre nicht gerade leicht fiel, was aber nichts mit der Schreibe der Autorin zu tun hatte, sondern weil mich das Eheleben des Paares sehr stark an eigene Erlebnisse erinnert hat, so dass ich beim Lesen oft schlucken musste.

    Das Buch hat eigentlich eher den Titel Thriller verdient, da es sich hier einfach nicht um einen Roman im eigentlichen Sinne handelt. Es ist so aufgebaut, dass wir in der Gegenwart Faye begleiten und zwischendrin Rückblenden aus Fayes früherem Leben präsentiert bekommen.

    Die Autorin veranschaulicht hier sehr schonungslos wie sich eine Frau ihrem Ehemann immer mehr anpasst, um ihm zu gefallen und sich dabei immer mehr selbst verliert. Das hat mich zutiefst berührt, vor allem deswegen weil es Faye als Protagonistin nicht einmal wirklich klar ist, dass sie das tut.

    Der Fokus der Erzählung liegt auf dem Ehepaar. Dabei wird schnell klar, dass Jack nicht der ist, der er zu sein vorgibt. Was über ihn nach und nach rauskommt, hat mich doch sehr geschockt. Als Leser kann man dadurch sehr gut die Wut von Faye verstehen und fühlt mit ihr.

    In der Figur der Faye werden sich sicherlich sehr viele Ehefrauen und Mütter wiedererkennen. Ich konnte mich auf Anhieb in sie einfühlen und mich mit ihr identifizieren. Ihre Rachegelüste konnte ich nur zu gut verstehen.

    Als Leser tappt man lange im Dunkeln, was denn nun mit Töchterchen Julienne passiert ist. Ich hatte zwar einiges bereits erahnt, aber die Auflösung war dann doch eine Überraschung.

    Mein Highlight im Buch war ganz klar Fayes Freundin Chris. Ich glaube so eine gute Freundin hätte jeder gerne.

    Fazit: Eine spannende Geschichte, die einem Gänsehaut bereitet und nicht gerade leichte Kost ist. Gute Unterhaltung, die ich gern empfehle.

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Schräge Vögel singen nicht

Buchseite und Rezensionen zu 'Schräge Vögel singen nicht' von Lars Lenth
4
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Inhaltsangabe zu "Schräge Vögel singen nicht"

Leo Vangen ist ein durchschnittlicher Typ, aber auf Bærum, der Insel vor Oslo, auf der er im Haus seiner Eltern lebt, sind alle überdurchschnittlich – überdurchschnittlich reich, schön und korrupt. So lange er seine Ruhe hat, ist er trotzdem halbwegs zufrieden. Damit ist jedoch Schluss, als der krankgeschriebene Markisenhändler Trond Bast ein menschliches Ohr ausgerechnet aus dem Gewässer vor Leos Haus fischt. Das gehörte zu einem illegal eingereistem, polnischen Bauarbeiter, der Rest des Mannes weilt mit einbetonierten Füßen auf dem Grund des Oslofjords. Ein Lichtblick: Leos Jugendliebe Mariken ermittelt. Doch dann mischen militante Vogelschützer und ein eiskalter Immobilienspekulant sich ein, und Leo wird mitten in einen Kleinkrieg gezogen, in dem mit harten Bandagen gekämpft wird ...

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:285
Verlag: Limes Verlag
EAN:9783809027126
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Rezensionen zu "Schräge Vögel singen nicht"

  1. 4
    05. Nov 2019 

    Der Titel bringt es auf den Punkt

    Leo Vangen ist Rechtsanwalt, aber da er die laut norwegischem Rechtssystem noch keine drei Gerichtssachen erfolgreich absolviert hat, ist er nur Rechtsreferendar. Aber das stört ihn nicht. Er lebt nach seiner Scheidung im alten renovierungsbedürftigen Haus seiner Eltern auf der Insel Baerum. Auf Baerum allerdings fällt Leo Vangen als durchschnittlicher Typ zwischen den Reichen, Schönen und Korrupten auf. Diese haben es sogar geschafft, dass auf Grund des Fluglärms, der über die Insel hinwegging, ein neuer Flugplatz weiter entfernt gebaut wurde. Und doch wird genau vor der Insel ein Toter mit Betonklötzen an den Füßen entdeckt. Jedoch liegt keine Vermisstenmeldung aus der Gegend vor. Aufgrund des Zahnstatus wird klar, es kann sich nur um einen der illegal eingereisten polnischen Bauarbeiter handeln, die am Bauprojekt des alten Flughafens arbeiten und dort ein neues Wohnprojekt erbauen sollen.

    Aber es gibt da auch noch Terje Klavenes. Er ist Projektleiter für das Wohnprojekt und mit allen Wassern gewaschen. Für ihn zählt nur der Erfolg, wie er und mit welchen Mitteln er erreicht wird, ist ihm egal. Dafür gibt es Nils und Rino. Die beiden sind für das Grobe zuständig und erinnern mit ihren Handlungen zeitweise echt an die Olsenbande. Und auch wenn es in diesem Buch um einen Mord geht, gibt es in diesem Buch viele Skurrilitäten, die einem beim Lesen ein Grinsen ins Gesicht zaubern.

    In diesem Buch spielt Lars Lenth häufig mit Übertreibungen und absurden Begebenheiten. Aber ich denke, es passt genau zu diesen Protagonisten. Ein mitunter rabenschwarzer Humor lassen einem mitunter beim Lesen vergessen, dass es ja auch noch einen Mordfall aufzuklären gibt.

    Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung und verdiente vier Lesesterne.

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  1. Kurios und spannend

    Kurios und spannend

    Lars Lenth
    Schräge Vögel singen nicht

    Leo Vangen ist ein Charakter, der mir direkt sympathisch war. Er wohnt auf der Insel Bærum, in einem geerbten Haus, dass sehr renovierungsbedürftig ist mit dem Bildhauer Kjartan zusammen, mit dem er sich gut ergänzt. Er arbeitet als Refendar, da er nie seine Zulassung zum Anwalt erhalten hat, was sicher auch der Erlebnisse seiner bewegten Schul- und Studienzeit geschuldet ist, obwohl er zu den Besten gehörte damals.
    Als dann durch einen unglücklichen Zufall die Leiche eines polnischen Arbeiters gefunden, nimmt das Schicksal seinen Lauf und Leo wird ungerechtfertigt als Zeuge genannt. So begegnet er Mariken, seiner Jugendliebe wieder, die nun als Kommissarin an ebendiesem Fall Arbeit. Leo versucht ihr zu helfen und bemüht sich Licht ins Dunkel zu bringen.
    So gerät ein weiterer Klassenkamerad von Leo und Mariken ins Spiel: Terje Klavenes. Zu Schulzeiten schon ein Frauenheld, unglückliche Familienverhältnisse, der sich durch seine Skrupellosigkeit hochgekämpft hat und sich durch eine Portion Glück nie verantworten musste. Durch eine Namensänderung hat er das vermeintliche Gefühl, sein altes, verkorkstes Leben hinter sich gelassen zu haben. Unterstützt wird er von beiden Kleinganoven Nils und Rino, die in diesem spannenden Roman noch eine gewichtige Rolle übernehmen. Dem Leser ist früh klar, hier verrate ich wirklich nicht zu viel, dass Terje seine Finger im Spiel hat. Das Drumherum ist der wahre Kern der Geschichte.

    Der Roman hat mir gefallen, wenn er auch teilweise mit sehr derben Witzen und Ausdrücken gespickt ist, auf die ich hätte verzichten können. Dennoch wären viele kritische Elemente in die Handlung integriert, was das lesen sehr interessant machte. Die persönliche Geschichte Leo Vangens hatte ebenso ihren Reiz. Würde mich über eine Fortsetzung der Reihe, deren zweiter Teil dies ist, freuen.

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  1. Schräg und böse

    Der miesepetrige Trond Bast macht beim Angeln einen Riesenfang. Allerdings erwischt er keinen kapitalen Hecht, sondern nur ein menschliches Ohr. Das wiederum gehört zur Leiche eines polnischen Bauarbeiters, der offenbar einem Gewaltverbrechen zum Opfer fiel. Da die Leiche ausgerechnet vor der Insel Baerum aus dem Wasser gefischt wurde, wird Leo Vangens Interesse an dem Fall geweckt. Immerhin wohnt er auf der Insel, in der Villa seiner Eltern. Leo Vangen hat es trotz Bestnoten nicht weiter als bis zum Rechtsreferendar gebracht. Dennoch ist er weder verbittert noch unzufrieden, sondern lebt gemächlich in den Tag.
    Dass die ermittelnde Kommissarin Mariken Varden heißt, lässt Leon Vangen nun allerdings zur Tat schreiten. Immerhin ist Mariken seine Jugendliebe, und er hofft, durch eigene Recherchen auch wieder an Mariken heranzukommen. Bei seinen Ermittlungen stößt Leo auf den Immobilienhai Terje Klavenes, der als Emporkömmling und aalglattes Ekelpaket dargestellt wird. Doch Klavenes macht sich natürlich nicht selbst die Hände schmutzig, sondern beauftragt Männer fürs Grobe. Doch diese sind irgendwann nicht mehr mit ihrem Auftraggeber zufrieden.
    Der Titel ,,Schräge Vögel singen nicht“ verspricht nicht zu viel. Sowohl die Charaktere als auch die Handlung sind schräg, skurril und mit so mancher bitterbösen Wendung und schwarzem Humor gezeichnet. Das wird sicher nicht jedem Leser gefallen, da manches überzogen oder zu detailliert abstoßend beschrieben wird. Andererseits stellt der Roman eine willkommene Abwechslung zu den häufig tristen und melancholischen Skandinavienkrimis dar. Und Leo Vangen mit seiner sympathischen Art und seiner locker-leichten Lebensweise wächst einem zunehmend ans Herz.
    Am Ende ist es wieder Trond Bast, nun dynamisch und frohgemut, der beim Angeln erneut einen ,,Riesenfang“ macht.

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  1. Krimi mit bitterbösem Humor

    Leo Vangen als verkrachte Existenz zu beschreiben, wäre nicht richtig. Zwar hat er, trotz eines erfolgreichen Studiums, nie seine Anwaltszulassung erhalten und arbeitet jetzt stundenweise als Referendar in einer Kanzlei. Ehrgeiz hat er wenig, höchstens den, sein Golfhandicap niedrig zu halten. Er lebt im heruntergekommenen Sommerhaus seiner Familie, mit seinem Untermieter, einem erfolgloser Bildhauer, zur Gesellschaft.

    Trond Bast ist dauerkrankgeschrieben und verbringt seine Tage beim Angeln, sein Schnitt ist eine knappe Meerforelle pro Jahr und als sein Köder versinkt, mag er seinem Glück nicht recht trauen. Das ist auch gut so, denn statt eines Fisches hat er ein Leichenteil am Haken.

    Uns so kommt Leo ins Spiel, denn er angelt ebenfalls gern an der Stelle. Als er einen Anruf seiner Jugendliebe, der jetzt unerreichbar erscheinenden, erfolgreichen Kommissarin Mariken erhält, beginnt er dort zu ermitteln, wo die Polizei nicht hingeht.
    Wirtschaftskriminalität, Bodenspekulation, Betrug – es gibt nichts wovor Terje Klavens zurückschreckt, als Handlanger hat er Nils und Rino, zwei kleine Unterweltgangster. Während Nils strohdoof, aber brutal ist und am liebsten andere Menschen quält oder umbringt, und dafür zu seiner großen Freude auch noch bezahlt wird, hat sich Rino ein, wenn auch nur wenig Gewissen bewahrt. Und Leo kommt nicht nur Terje, sondern auch Nils viel zu nah.

    Schräge Vögel – der Titel ist Programm. Die Figuren, die sich Lars Lenth erdacht hat, sind allesamt schräg und abgedreht. Dazu passt sein Sprachstil, witzig, aber derb und voller skurriler Szenen, die er mit Lust auskostet. Man muss diesen galligen und rabenschwarzen Humor schon mögen, um sich bei diesem Kriminalroman zu unterhalten. Dabei nimmt der Autor, wie so oft in skandinavischen Krimis, auch die sozialen und gesellschaftlichen Missstände aufs Korn. Allerdings darf man dabei keine Political Correctness erwarten, er teilt nach allen Seiten aus. Und gerade das hat mir besonders gut gefallen. Das Buch ist temporeich, der Leser immer ein Stück weiter als Leo oder die Polizei und eigentlich ahnt man schon, worauf es hinausläuft. Aber der Weg dorthin war beste Unterhaltung.

    Dieser Krimi fällt aus dem üblichen Skandinavien-Krimi-Rahmen. Dafür sorgt auf den ersten Blick auch das auffällige in Gelb und Schwarz gehaltene Cover mit linolschnittartiger Abbildung.

    Schräge Vögel gibt es überall – Stockenten zum Beispiel, sind im Frühsommer nicht wählerisch mit ihrem Futter und so kann ein Vogelschützer seinen Lieblingen auch noch im Tod nützlich sein.

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  1. Die etwas andere Art, sich eines Problems zu entledigen.

    Mit „Schräge Vögel singen nicht“ legt Lars Lenth einen Roman vor, bei dem der Titel Programm ist, präsentiert er sich doch in vielerlei Hinsicht „schräg". Erschienen ist dieser 288-seitige Roman im September 2019 bei Limes. Laut Verlag handelt es sich hierbei um den zweiten Fall für den eher erfolglosen, nichtsdestotrotz sympathischen Rechtsreferendar Leo Vangen, in Norwegen jedoch erschien dieser vor dem schon im vorangegangenen Jahr in Deutschland herausgebrachten Roman „Der Lärm der Fische beim Fliegen“.
    Leo Vangen lebt als langjähriger Rechtsreferendar, der es nicht schafft, seine Anwaltszulassung zu erlangen, ein ruhiges und halbwegs zufriedenes Leben im Haus seiner Eltern auf Bærum, der Insel der Schönen und Reichen vor Oslo. Als der seit Langem krankgeschriebene Markisenhändler Trond Bast beim Angeln jedoch statt eines Fisches ein Ohr am Haken hat, ist es mit der Beschaulichkeit vorbei. Später soll sich herausstellen, dass es sich bei dem Ohr um das Körperteil eines polnischen Bauarbeiters handelt. Gemeinsam mit seiner ehemaligen „Flamme“ Mariken macht Leo sich daran, dem Verbrechen auf die Spur zu kommen – und stößt dabei auf an Netz von Korruption, Geldgier und Brutalität.
    Er ist hart umkämpft, der Grundstücks- und Immobilienmarkt vor den Toren von Norwegens Hauptstadt Oslo – das bekommen die Charaktere in diesem Roman zu spüren. Und es wird mit harten Bandagen gekämpft: Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Naturschutz – all dies spielt für die Spekulanten keine Rolle. Vor nichts schrecken sie zurück, wenn es darum geht, eigene Interessen durchzusetzen, seien es Fäkalien in Briefkästen, Entführung oder gar zerstückelte Leichen, die später als Vogelfutter dienen.
    Dafür, dass dieses Schreckensszenario jedoch den Leserinnen und Lesern nicht allzu sehr an die Nieren geht, sorgt die Skurrilität der Charaktere. Alle in diesem Roman, mit Ausnahme von Mariken vielleicht, sind irgendwie kurios. Da ist zum einen Leo, der es trotz guter Voraussetzungen nicht schafft, etwas aus seinem Leben zu machen, und erst einen Mord braucht, um aus seiner Lethargie herauszukommen - dann aber zeigt er ungebremsten Einsatz und setzt sich, gleich einem Robin Hood, für die Rechte der zu kurz Gekommenen ein. In Rino und Nils begegnen uns zwei Möchtegern-Gangster, deren Einsatz stets in einem Desaster endet, bis - ja bis Nils wirklich Blut leckt. Am besten gefallen hat mir jedoch die Darstellung des Immobilienhais Terje Klavenes, den Lenth sehr pointiert als Neureichen par excellence charakterisiert, und der gegen Ende des Romans auch feststellt, dass das Töten „die effektivste Art und Weise, ein Problem zu lösen“ (S. 208), ist.
    Neben den schon oben erwähnten Immobilienspekulationen und der Ausbeuterei sind – damit zusammenhängend – Natur- bzw. Umweltschutz sowie die westliche Arroganz gegenüber dem vermeintlich zurückgebliebenen Osteuropa Themen dieses Romans. Dass man aber trotz aller Widrigkeiten nicht die Hoffnung aufzugeben braucht, beweisen Leos uneigennütziger Einsatz sowie Rinos und Basts Entwicklung. Ebenfalls der lockere Erzählton Lenths sowie die teils sehr rasante Handlung tragen dazu bei, das ernste Grundthema und die Brutalität mit einem Augenzwinkern zu betrachten.
    Ein wenig negativ aufgestoßen ist mir beim Lesen, dass Humor und „Geschlechtsteile“ für viele heutzutage zusammenzugehören scheinen. Hier wäre weniger mehr gewesen.
    Mir hat die Lektüre dieses Romans insgesamt viel Spaß bereitet, allerdings sollte man, wenn man zu diesem Buch greift, offen sein für schwarzen, derben Humor und nicht alles für bare Münze nehmen. Dann aber kann ich dieses Buch nur wärmstens empfehlen.

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  1. Politisch richtig (und) inkorrekt

    Leo Vangen ist norwegischer Rechtsreferendar. Zum Anwalt hat es (noch) nicht gereicht, denn dazu müsste er mindestens drei Gerichtsverfahren absolviert werden. In seiner Kanzlei gilt er als nicht ganz so leuchtendes Vorbild, es ihm nicht nachzumachen. Leo hat kaum Freunde. Seine Zeit verbringt er entweder mit seinem Untermieter oder beim Angeln. Als jedoch in seiner bevorzugten Angelbucht eine Leiche aus dem Wasser gefischt wurde, kommt etwas Bewegung in sein Leben. Ist doch die ermittelnde Polizistin bei diesem Todesfall Leos verflossene Jugendliebe Mariken.
    Es sind viele skurrile Figuren, die Lars Lenth in „Schräge Vögel singen nicht“ auffahren lässt. Es ist nicht nur der vermeintliche Loser Leo, denn ihn diesem steckt ganz schön viel Potential. Da ist der windige Bauunternehmer Terje, der seine Position und seinen Reichtum ausschließlich seiner kriminellen Energie zu verdanken hat. Terjes dummschlaue Handlanger Nils und Rino sind ein ungleiches Paar. Nils ist ein williges Werkzeug, impulsiv, skrupellos, aggressiv und gemein. Rino Gulliksen, ein Reise von einem Mann, der bildhafte Unterweltler, regt jedoch sein Gewissen.
    Bei all diesen „schrägen Vögeln“ und den skurrilen Situationen, in denen man ihnen begegnet, vergisst man manchmal, dass es auch einen Mordfall in diesem Buch zu klären gibt. Der Leser ist der Polizistin Mariken und Leo dabei weit voraus und darf sich darüber hinaus an bitterbösem schwarzem Humor (auch wenn manche Szenen ein bisschen zu sehr ins Derbe abgleiten) erfreuen. Lars Lenth spart aber dabei auch nicht mit gesellschafts- und umweltpolitischer Kritik. Das ist etwas , was die Skandinavier meiner Ansicht nach sehr gut können, politisch richtig (und) inkorrekt zu sein.
    „Schräge Vögel singen nicht“ ist der erste Band, in dem Leo und Rino ihr Debür geben. Die deutsche Übersetzung der Fortsetzung erfolgte allerdings vor diesem Buch. Davon sollte man sich nicht irritieren lassen!

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  1. 4
    01. Okt 2019 

    Hallo, da bin ich

    Markisenhändler Trond Bast ist dauerkrank, weil er einen Virus im Gleichgewichtssinn hat. Seine Zeit verbringt er mit dem Angeln. Als sich eines Tages die Angelschnur abrollt, ist er sicher, es kann nur zwei Gründe haben. Entweder hat er einen großen Fisch an der Angel oder der Haken geht auf Grund. Diesmal hat er tatsächlich etwas an der Angel, allerdings keinen Fisch, sondern eine Leichenteil. Leo Vangen, der nie richtig als Anwalt gearbeitet hat, wird in die Ermittlung einbezogen, weil Trond ihn als Zeugen benannt hat. Nicht schön in eine Leichensache verwickelt zu sein. Etwas Gutes hat es aber, Leo kommt wieder in Kontakt zu seiner Jugendliebe Mariken, bei der es sich um die ermittelnde Kommissarin handelt.

    Etwas schräg sind sie hier alle, na ja, außer Mariken, die ist relativ normal. Leo lebt zurückgezogen in einem Haus seiner Eltern. Ihm wurde die Welt zu viel. Die beiden Gestalten, die sich beim Fertigen eines Drohbriefes unterhalten, wirken doch sehr speziell. Der Riese scheint noch eine Art Gewissen zu haben, während der kleine Giftzwerg seine Boshaftigkeit genießt. Doch wie hängt das zusammen. Zunächst gilt es herauszufinden, wer der Tote ist. Doch niemand wird vermisst. Hat es vielleicht mit dem nahe gelegenen Baugebiet zu tun, das sich näher ans Naturschutzgebiet ausgedehnt hat als erlaubt.

    Wenn man skurrile Typen mag, wird man von diesem Roman bestens unterhalten. Auf den ersten Blick ist die Sprache recht einfach gehalten. Doch manchmal muss man etwas um die Ecke denken, um alles richtig zu erfassen. Und manches wird in einem Nebensatz erwähnt, wodurch Umweltschutz und eine leichte Gesellschaftskritik in die Handlung Einzug halten. Im Original ist der vorliegende Band zuerst erschienen. Auf Deutsch erschien im Vorjahr ein weiterer Band der Reihe, der im Original später erschienen ist. Man hat nun also die beste Gelegenheit mit einer etwas anderen Reihe zu beginnen, deren erster (zweiter) Band sehr vergnüglich zu lesen ist und dabei mit seinen Spitzfindigkeiten fesselt.

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Hunger

Buchseite und Rezensionen zu 'Hunger' von Knut Hamsun
4
4 von 5 (11 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Hunger"

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:240
EAN:9783548609744
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Rezensionen zu "Hunger"

  1. Brot und Anerkennung

    In Kristiana -wie die norwegische Hauptstadt Oslo früher genannt wurde – schweift ein Mann durch die Gassen. Arbeitslos, obdachlos, brotlos. Er laviert von Tag zu Tag, fabuliert erfindungsreich. Er bleibt namenlos bis zum Ende. Ein Suchender, ein Hungernder.

    Knut Hamsun (1859-1952) schrieb Hunger in der Urfassung 1890. Mehrfach hat der Schriftsteller sein Werk umgeschrieben, 1920 erhielt er den Nobelpreis. In seinen letzten Jahren lässt Hamsuns Geisteshaltung und Weltanschauung kein gutes Licht auf den Autor.

    Dennoch ist Hunger ein Klassiker der Weltliteratur geblieben. Am Cover wird Astrid Lindgren zitiert: „Ein ergreifendes und hinreißend lustiges Buch über den Hunger…“ Nun. Ich teile offenbar nicht Lindgrens Humor. Ergreifend finde ich das Buch jedenfalls.

    Es ist ein außergewöhnlicher Protagonist, so ambivalent in seiner Persönlichkeit. Arroganz, Stolz, Scham und Würdelosigkeit sind im ständigen Widerstreit.

    Gleich zu Beginn auf den ersten beiden Seiten finden wir die ganze Trostlosigkeit, die Tür tapeziert mit alten Ausgaben des „Morgenbladet“, gleich daneben eine Werbung für Bäcker Fabian Olsens frisch gebackenes Brot. Das ist, es was den Mann antreibt, wonach er strebt: Schreiben und Essen. Der Hunger nach Nahrung und der Hunger nach Aufmerksamkeit ist sein Motor und mit beiden kann er nicht umgehen, wenn er es doch einmal erhält. Brot und Anerkennung.
    Aussichtlos von Beginn weg, trifft sein Blick auf die Anzeige in „mageren, grienenden Buchstaben Leichentücher bei Jungfer Andersen“.

    Grau und rau, der Manesse Verlag trifft mit dem Cover auf den Punkt. Übersetzt aus dem Norwegischen wurde die Erstausgabe aus 1890 von Ulrich Sonnenberg. Das Nachwort stammt von Felicitas Hoppe.

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  1. Rastlos und hungrig durch Kristiania

    Knut Hamsun gilt als einer der berühmtesten norwegischen Autoren des frühen 20. Jahrhunderts. Seine reaktionären Anschauungen und offenen Sympathiebekundungen für den Nationalsozialismus brachten nicht nur ihn persönlich, sondern auch sein literarisches Werk in Verruf.

    „Hunger“ ist Knut Hamsuns erster und zugleich erfolgreichster Roman. Er erschien erstmals 1890; Hamsun veränderte ihn bis ins Jahr 1934 insgesamt vier Mal, so dass immer reaktionärere Fassungen auf den Markt kamen. Nun hat Ulrich Sonnenburg die Urfassung von 1890 für den Manesse Verlag neu übersetzt.

    Obwohl mehr als 100 Jahre alt, liest sich der Roman erstaunlich modern, was wohl vor allem mit der Erzählweise zusammenhängt, die ausschließlich auf die Gemütszustände, die Gedanken und aktuelle Begegnungen, die wir durch die Brille des Protagonisten erleben, fokussiert.

    Der namenlose Ich-Erzähler irrt hungrig durch Kristiania (Oslo) immer auf der Suche nach Möglichkeiten an Geld und Essen zu gelangen. Er schreibt Artikel, die er meist erfolglos diversen Zeitungen anbietet. Wir sind Zeuge seiner Euphorie, wenn eine seiner Arbeiten veröffentlicht wird und leiden mit ihm, wenn ihn Selbstzweifel plagen, er unter Schreibblockaden leidet, eingereichte Artikel abgelehnt werden oder er durch Hunger nicht klar zu denken vermag und Schwächeanfälle erleidet. Man möchte ihn schütteln, wenn er „Dummheiten“ begeht, Lügengeschichten auftischt, um besser dazustehen und ahnt die ganze Zeit, dass es nicht gut ausgehen wird.

    Ich habe diesen Roman mit seinem ambivalenten, oft unsympathischen Antihelden voller Faszination gelesen.

    Wir erfahren kaum etwas über seine Vergangenheit, erahnen aber aus Andeutungen, dass es Zeiten des Wohlstands gegeben haben muss. Doch alles, was in Hamsuns Werk zählt, ist der Augenblick in der Gegenwart, die der Protagonist durchlebt und durchleidet.

    Hunger war für mich ein extrem kurzweiliges, schräges und unberechenbares Leserlebnis. Sein Protagonist wird mir definitiv mit seinen Stimmungsschwankungen, seiner Überheblichkeit, aber auch seinem Leid, seiner Hartnäckigkeit, seinen irrwitzigen Einfällen, seinen zweifelhaften ethischen Maßstäben, seinem gestörten Verhältnis zu anderen Menschen, seinem Talent Situationen misszuverstehen und sich selbst im Weg zu stehen, aber auch seinem wahnsinnigen Gedankenkarussell im Gedächtnis bleiben. Für mich sind das glatte fünf Sterne. Positiv zu erwähnen sind auch die zahlreichen hilfreichen Anmerkungen im Text und das sehr informative Nachwort von Felicitas Hoppe sowie die editorische Notiz am Ende dieser Neuausgabe.

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  1. Mein all time favorit

    Zum ersten Mal las ich "Hunger" von Knut Hamsun als junge Erwachsene. Ich war sehr begeistert von dem Werk, das eine nachhaltige Wirkung bei mir hinterließ. 2019 erschien dann dieses Meisterwerk im avant Verlag als graphic novel. Auch diese graphic novel fand ich sehr ansprechend. Alle guten Dinge sind drei. So nutzte ich die Gelegenheit, im Rahmen einer Leserunde das Werk in der neuen Ausgabe des Manesse Verlags zu diskutieren. Der Verlag ist ja für seine ansprechend gestalteten Klassiker bekannt und so enttäuscht er auch hier nicht. Nun liegt das autobiographisch inspirierte, bekannteste Werk Hamsuns in seiner Urfassung, versehen mit einem sehr informativen Nachwort von Felicitas Hoppes vor und punktet rein äußerlich mit einer besonderen Haptik.

    Auch die dritte Lektüre konnte mich wieder begeistern, weswegen ich in dem Fall von einem persönlichen all time favorit sprechen würde. Das Schicksal des hungernd durch Kristania herumirrenden Schriftstellers berührt mich jedes Mal aufs Neue. Vom beißenden Hunger- und Durst an den Rand des Wahnsinns getrieben, kämpft der Schrifsteller ums nackte Überleben. Stets ist er auf der Suche nach einer Gelegenheit, einen Text zu publizieren, doch kaum zu ein wenig Geld gekommen, wird er wiederholt leichtsinnig und verjubelt das bißchen Hab und Gut wieder. So gerät er schnell in den Sog einer machtvollen Abwärtsspirale. Seine eigene Würde scheint ihm das Wichtigste, und so lehnt er oft Hilfsangebote ab. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.

    Wie auch bei den beiden vorangegangenen Lektüren fieberte und litt ich mit dem brotlosen Schriftsteller mit. Die große Not eines permanent um das Nötigste kämpfenden Menschen finde ich nach wie vor sehr eindrücklich beschrieben. Manch Leser mag es für unvernünftig und nicht nachvollziehbar halten, dass Hamsuns Hungerkünstler scheinbar nichts dazu lernt und uneinsichtig bleibt. Mir hingegen scheint dies eine authentische Beschreibung eines Hungernden zu sein, dessen größte Sorge die Wahrung eines letzten Rests eigener Würde ist und bleibt. Möglicherweise muss man selbst einmal in einer vergleichbaren Situation gewesen sein, um die ambivalenten und widersprüchlichen Verhaltensweisen des Protagonisten verstehen zu können. Den von Asrid Lindgren hochgelobten Humor konnte ich zwar nur ansatzweise erkennen, viel zu sehr ging mir das Buch an die eigene Substanz. Doch die Stärke dieses auch in sprachlicher Hinsicht sehr gelungenen Werks sehe ich in der implizierten Gesellschaftskritik. Hilfe ist eben nur dann letztlich wirklich eine Hilfe, wenn sie auch vom Hilfebdürftigen so verstanden wird. Das ist mein ganz persönliches Fazit.

    Für mich ist Hamsuns bekanntestes Werk auch nach der dritten Lektüre ein absolutes Lebenshighlight, das ich sicherlich nicht zum letzten Mal gelesen habe und gerne weiter empfehle.

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  1. Ein Hungerkünstler zwischen Verzweiflung und Wahnsinn

    Knut Hamsuns Roman „Hunger“ erschien im Jahr 1890. Bis 1934 wurde er vom Autor für vier verschiedene Neuauflagen überarbeitet, in denen er zentrale Passagen abänderte oder gar herausstrich. Insofern ist es wichtig zu wissen, dass sich die vorliegende Neuübersetzung von Ulrich Sonnenberg an der Urfassung orientiert. Felicitas Hoppe hat dazu ein höchst interessantes Nachwort geschrieben, das den Roman beleuchtet und in Hamsuns Schaffen einordnet. Gewohnt hochwertig gestaltet zeigt sich diese Manesse Neuausgabe, deren angerauter Schutzumschlag allein haptisch eine besondere Erfahrung darstellt. Hilfreich und informativ sind die 81 Anmerkungen zum Text sowie die editorische Notiz

    „Es war zu der Zeit, als ich hungrig in Kristania umherging, dieser sonderbaren Stadt, die niemand verlässt, bevor er von ihr gezeichnet worden ist.“
    Mit diesem Satz beginnt der namenlose Ich-Erzähler seine Geschichte. Er ist bettelarm, leidet seit Monaten Hunger, trägt zerschlissene Kleidung und haust in einer kleinen Dachkammer. Er versteht sich als Journalist, weil er verschiedenen Zeitungen immer wieder Artikel für das Feuilleton anbietet. Manchmal gelingt es ihm, einen Artikel zu veröffentlichen, besonders ein Redakteur ist ihm gewogen. Dann verdient er ein paar Kronen, die seine Not aber nur kurzfristig abmildern, weil er einfach nicht mit Geld umgehen und damit haushalten kann. Dadurch wird seine Situation im Grunde immer prekärer. Als Leser hat man den Eindruck, die Hunger-Spirale dreht sich konsequent abwärts.

    Die meiste Zeit treibt sich der Protagonist in den Straßen Kristianias (heute Oslo) herum. Er fühlt sich elend und hungrig. Seine Empfindungen werden in einem für die Zeit modernen, fast endlosen Gedankenstrom beschrieben, in dem der Erzähler sehr anschaulich seine Wege, Begegnungen und Beobachtungen mitteilt – stets auf der Suche nach Nahrung. Tatsächlich gelingt es ihm immer wieder, zu etwas Geld oder Brot zu kommen. Doch anstatt es sich einzuteilen, verschleudert er das wertvolle Gut meist in Windeseile: Er beschenkt fremde Menschen, lädt Freunde ein, markiert den sorglosen Lebemann – nur um von seiner wahren Lage abzulenken. Man kann darüber streiten, ob sein Verhalten realistisch ist, oder ob nicht irgendwann die menschlichen Grundbedürfnisse nach Nahrung den Stolz und das Ehrgefühl niederringen müssten.

    Als Leser ist das schwer auszuhalten. Man möchte den Erzähler schütteln oder wenigstens auf ihn einreden, denn es ist schnell absehbar, dass er der Hungerspirale aus eigener Kraft nicht entkommen kann. Sein Problem besteht darin, dass er eine widersprüchliche Wahrnehmung von sich selbst hat. Einerseits weiß er, dass er am Boden liegt, dass er Gefahr läuft, sein Obdach zu verlieren (was kurze Zeit später auch passiert), dass er auf andere einen zerschlissenen, runtergekommenen Eindruck macht. Andererseits ist er sehr auf sein Ansehen, seine Ehre bedacht. Nur kein Bettler möchte er sein, sondern ein ehrlicher, rechtschaffener Bürger. Diese beiden Eindrücke konkurrieren und kämpfen in seinem Innern miteinander und dringen immer wieder auf abstruse Weise nach außen. Er ist kein Sympathieträger, er pendelt zwischen Gutmütigkeit und Größenwahn. Mitunter reflektiert er aber auch sein törichtes Verhalten oder monologisiert mit Gott und dem Teufel. Mancher Leser mag diese Szenen als komisch empfinden, mir blieb regelmäßig das Lachen im Halse stecken. Für mich ist der Ich-Erzähler eine höchst tragische Figur, sein irrationales Verhalten muss einer Art von Hunger-Irrsinn geschuldet sein. Wie im Wahn versucht er immer wieder Artikel zu schreiben. Er beginnt sogar einen Roman, aus dem er die Hoffnung schöpft, in naher Zukunft zu Ruhm und Geld zu kommen.

    Im Verlauf des Romans wiederholen sich die genannten Muster fortwährend. Dem Erzähler geht es zunehmend schlechter, auch die unästhetischen Nebenwirkungen des Nahrungsmangels werden nicht ausgelassen. Es treten neue Figuren hinzu, denen gegenüber sich der Protagonist als unzuverlässiger Geschichtenerzähler präsentiert. Manchmal lügt und übertreibt er wie ein Baron von Münchhausen, jedoch immer getrieben von innerer Verzweiflung. Damit stößt er sogar Menschen, die ihm helfen wollen, zurück. Diese gespaltene Persönlichkeit ist es, die den Erzähler so einzigartig macht. Man folgt ihm, seinen Assoziationen und Erlebnissen mit voller Aufmerksamkeit. Seine Not und Widersprüchlichkeit gehen nahe und wirken sehr authentisch, auch wenn man nicht nachvollziehen kann, warum er nicht aus dem Hamsterrad aussteigt, indem er sich einfach eine andere bezahlte Arbeit sucht. Doch seine Stärke ist eben nicht das Handeln, sondern das Denken.

    Diese Unmittelbarkeit wird auf großartige Weise durch die virtuose Sprachführung transportiert. Die Sätze sind meist lang und aneinandergereiht. Sie wirken atemlos. Das unterstreichen auch die wenigen Absätze. Der Bewusstseinsstrom, die inneren Monologe ebenso wie Gespräche und Beschreibungen, vermitteln plastisch die Verzweiflung des Protagonisten, der sich als wahrer Hungerkünstler durch Kristania bewegt und in seinem unverständlichen Verhaltenskodex gefangen ist. Eine Entwicklung erkennt man kaum, es ist ein kontinuierliches Auf und Ab. Streng genommen hätte ich deshalb auf die ein oder andere Spirale verzichten können, die im Kern nichts Neues bringt. Das Ende lässt Hamsun offen – oder auch nicht. Auf alle Fälle findet er einen sehr würdigen Abschluss für diesen, seinen berühmtesten Roman, für den ich eine klare Leseempfehlung aussprechen möchte.

    Unabhängig von Knut Hamsuns späterer politischer Verstrickung in die Ideale der Nationalsozialisten halte ich „Hunger“ für ein sehr lesenswertes Buch, das Freunde moderner klassischer Literatur sehr schätzen werden.

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  1. 2
    11. Feb 2023 

    Anstrengend und herausfordernd...

    1890 erschien die Erstfassung des ersten Romans des norwegischen Autors (1859-1952), der 1920 den Literaturnobelpreis erhielt und der später politisch sehr umstritten war wegen seiner offen zur Schau getragenen Sympathie mit der deutschen Besatzungsmacht während des Zweiten Weltkriegs. "Hunger" entstand vor dem Hintergrund eigener Erlebnisse des Autors, der 1886 in Kristiania (früherer Name von Oslo) arbeitslos eine schwere Hungerzeit durchzustehen hatte. Mit diesem Roman gelang Knut Hamsun der literarische Durchbruch. Die Neuauflage des "Klassikers" entspricht lt. Verlag besagter Erstfassung, die später immer wieder Veränderungen unterlag.

    "Es war zu der Zeit, als ich hungrig in Kristiania umherging, dieser sonderbaren Stadt, die niemand verlässt, bevor er von ihr gezeichnet worden ist." (S. 5)

    Erzählt wird hier aus der eindringlichen Ich-Perspektive eines namenlosen Schreibers, der versucht sich durch das Einreichen kleiner Zeitungsartikel in Kristinia über Wasser zu halten. Er haust in einer schäbigen Kammer, wird von seinen Schulden aufgefressen und verliert schließlich sein Obdach. Tagelang streift er durch die Straßen ohne etwas zu essen zu haben und kommt dem Wahnsinn (zu) nahe. Das ist im Wesentlichen auch schon die Handlung. Im Fokus steht die innere Verfassung des Hungernden, seine wild springenden Gedanken und Empfindungen, zahllose demütigende Begegnungen und Ereignisse, die zunehmend untrennbare Verwebung von Realität und Halluzinationen. Von optimistisch zu hoffnungslos, fröhlich oder dankbar zu beschämt oder verächtlich - stetig wandelt sich das Erleben im Sekundentakt. Von himmelhochjauchzend zu zu Tode betrübt innerhalb von einer Sekunde - und gleich wieder zurück, bis man beim Lesen das Gefühl erhält, gleich mit verrückt zu werden.

    Dies sorgt für besagte Eindringlichkeit und Intensität, und nicht umsonst gilt der Roman als Meilenstein in der Entwicklung der Erzähltechnik des sog. "Bewusstseinsstroms" (Wiedergabe einer scheinbar ungeordneten Folge der Bewusstseinsinhalte eines Charakters). Autoren wie Kafka, James Joyce oder auch Virginia Woolfe ließen sich davon inspirieren. Insofern hat der Roman zurecht seinen "Klassiker"-Status. Doch muss einem jedes Buch gefallen, das unter diesen Begriff fällt? Wohl kaum. Ich jedenfalls fand den Roman nicht nur anstrengend zu lesen, ich war auch zunehmend genervt von der Lektüre. Das Verhaltensmuster des zudem sehr unsympathisch gezeichneten Ich-Erzählers wiederholt sich immerzu, eine Entwicklung findet nicht statt. Der ständige konsequente Wechsel der Zeitebene zwischen Präsens und Perfekt, teilweise auch innerhalb desselben Satzes, erhöhte den Lesefluss auch nicht gerade.

    "Ein ergreifendes und hinreißend lustiges Buch über den Hunger ... ein größeres Leseerlebnis habe ich wohl nie gehabt." Das hat wohl Astrid Lindgren nach der Lektüre des Romans verkündet. Leider erschloss sich mir der Humor in keinster Weise, ich habe ihn überhaupt gleich an keiner Stelle entdecken können. Schade eigentlich. Spannend fand ich dann allerdings die Verbindung zu Astrid Lindgren und ihrer Pippi Langstrumpf, die womöglich nur deshalb so viele Lügengeschichten auftischt, weil die Autorin damals so begeistert von Hamsuns skurrilem Werk war, dessen "Held" selbst ständig Lügengeschichten erzählt. Na, dann - hatte der Roman doch eine positive Auswirkung. Dieses Detail ist übrigens im umfassenden Nachwort von Felicitas Hoppe zu erfahren, das ich insgesamt leider als sehr gewollt intellektuell-geschraubt empfand, stellenweise ebenso unverständlich (wenn auch auf eine andere Weise) wie den Roman davor.

    Ein Roman, dem ich den "Klassiker"-Status zubillige, zu dem ich persönlich jedoch badauerlicherweise keinen Zugang fand.

    © Parden

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  1. Was Hungern mit einem Menschen anstellen kann

    Was Hunger mit einem Menschen anstellen kann

    Ich habe mir vorgenommen hier und da einen Klassiker zu lesen, also nutzte ich die Chance und nahm mir das Werk des norwegischen Nobelpreisträgers Knut Hamsun " Hunger" vor.
    Ich war ein wenig überrascht, als mir klar wurde, dass dieses Werk ausschließlich daraus besteht einen Hungernden zu begleiten, der durch das norwegische Kristania zieht. Dieser Mann zieht durch die Straßen, erzählt von seinen goldenen Zeiten, gibt sich als Schreiber aus, und will den Menschen um ihn herum glauben machen, dass er durchaus Geld hat. Kommt er mal zu ein paar Kronen kann es durchaus vorkommen, dass er sie Samariter mäßig einfach verschenkt. Der Pfandleiher bekommt hanebüchene Geschichten aufgetischt, wird sich aber anhand der dargebotenen Dinge gewiss seinen Teil denken und zum richtigen Schluss kommen.
    Das kleine Zimmerchen, dessen Miete er auch meist schuldig bleibt, ist an Kargheit kaum noch zu übertreffen, doch das muss man ihm wahrlich zu gute halten, er arrangiert sich mit jeder noch so misslichen Lage.
    Seine Gedanken wirken getrieben, je schlimmer der Hunger, umso konfuser die Zusammenhänge. Teilweise fällt es beim lesen schwer zu erkennen, was tatsächlich geschehen ist, oder was nur dem Wahn geschuldet ist.
    Seine Begegnung mit einer jungen Frau ist ein Beispiel dafür. Ich war mir nie sicher, ob es sie tatsächlich gibt, oder ob sie seinem gebeutelten Hirn entsprungen ist.

    Mehr möchte ich an dieser Stelle gar nicht ausführen, da es im Kern die komplette Handlung ist. Die Art wie der Autor formuliert, hat mir außerordentlich gut gefallen. Seine Botschaft, dass es schrecklich ist, dass ein Teil der Bevölkerung in diesem beklagenswerten Zustand des Hungerns verbringen muss, ist definitiv angekommen. Er zeigt in allen Facetten auf wie schrecklich es ist Hunger zu leiden. Dennoch war es für mich eine Lektüre die mich nicht wirklich begeistern konnte. Es war mir zu wirr, zu deprimierend, wenn auch einiges fast schon ins komische abdriftete, konnte ich auch der Art an Humor wenig bis gar nichts abgewinnen.

    Ich erkenne die Andersartigkeit, und für damalige Verhältnisse sicher wichtige Botschaft, durchaus als große Leistung an, doch der Funke sprang nicht über. Das lesen machte mir keinen Spaß. Hunger weckte in mir eher das Gefühl mich durcharbeiten zu müssen. Ein Klassiker, der sicher weiterhin seine Anhänger finden wird. Positiv hervorheben möchte ich an dieser Stelle die tolle Verarbeitung und Gestaltung des Covers. Da hat der Verlag sich mächtig ins Zeug gelegt.

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  1. Von Hunger und Wahnsinn

    Oslo im 19. Jahrhundert: Er träumt davon, als Journalist oder Autor groß herauszukommen. Doch bei den Zeitungen der Stadt werden nur wenige seiner Beiträge überhaupt veröffentlicht. Von den mickrigen Einnahmen kann er nicht leben. Ohne Geld und festen Wohnsitz irrt der Mann ziellos durch die Stadt, getrieben von dem Hunger, der Verzweiflung und dem Ehrgeiz, doch noch irgendwann ein geniales Werk zu schaffen…

    „Hunger“ ist eine Erzählung von Knut Hamsun, die erstmals 1890 erschienen ist.

    Meine Meinung:
    Das Werk besteht aus vier Teilen, genannt „Stücke“. Das erinnert, zumindest dem Namen nach, ein wenig an die Gattung Drama. Erzählt wird - mit Zeitsprüngen zwischen den verschiedenen Teilen - in der Ich-Perspektive aus der Sicht des namenlosen Protagonisten.

    Der Schreibstil ist geprägt durch viele innere und weniger äußere Dialoge. Die Sprache ist modern, für ihre Zeit vermutlich revolutionär und anschaulich. Der Text enthält vielerlei religiöse Bezüge. Als störend habe ich die unvermittelten Tempuswechsel von Präteritum zum Präsens, teils sogar mitten im Satz, empfunden. Bei der Ausgabe des Manesse-Verlags handelt es sich um eine gelungene Neuübersetzung aus dem Norwegischen, angefertigt von Ulrich Sonnenberg.

    Der namenlose Protagonist stellt einen unsympathischen Anti-Helden dar. Ein gesellschaftlicher Verlierer, der aufgrund seines falschen Stolzes, seiner Überheblichkeit und seines überzogenen Geltungsbedürfnisses immer weiter in Richtung Abgrund trudelt. Sein Abwärtstrend ist selbstverschuldet. Obwohl sein Denken sehr gut zum Ausdruck kommt, habe ich sein inkonsequentes Handeln meist nicht nachvollziehen können. Die Figur wird dermaßen überzeichnet dargestellt, dass sie ins Unglaubwürdige abdriftet.

    Inhaltlich geht es vor allem darum, wie der Hunger einem Menschen zusetzt. Das allein reicht als Lesart meiner Meinung nach jedoch nicht aus. Das wahnhafte, komplett irrationale Verhalten des Protagonisten zeigt sich nämlich auch in Phasen, in denen er an Essen herankommt. Insofern lässt es sich nur dann erklären, wenn man ihn als psychisch kranke Person liest, die ohne Hilfe von Familie und engen Freunden in einer großen Stadt zu überleben versucht.

    Auf den etwas mehr als 200 Seiten entfaltet sich nur wenig Handlung. Stattdessen wiederholen sich die Verhaltensmuster des Protagonisten auf ermüdende Weise.

    Das Nachwort von Felicitas Hoppe („Der ungeheuerliche Herr Happolati“) ist für mich leider wenig aufschlussreich. Auch die rund 80 Anmerkungen sind nur zum Teil hilfreich beim Verständnis der Lektüre. Positiv bewerte ich hingegen das angehängte Literaturverzeichnis und die editorische Notiz.

    Das ungewöhnliche, haptisch ansprechende Cover sticht aus der Masse hervor. Der norwegische Originaltitel („Sult“) wurde erfreulicherweise wortgetreu übersetzt.

    Mein Fazit:
    „Hunger“ ist ein Werk von Knut Hamsun, das mich inhaltlich enttäuscht und sprachlich ebenfalls nicht gänzlich überzeugt hat. Nur bedingt empfehlenswert.

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  1. Ein Schrei nach Brot und Anerkennung

    70 Jahre nach seinem Tod sind die Werke des norwegischen Literaturnobelpreisträgers Knut Hamsun (1859 – 1952) seit dem Jahresbeginn 2023 gemeinfrei. In einer Neuübersetzung von Ulrich Sonnenberg erschien pünktlich dazu sein Debütroman "Hunger", basierend auf der Urfassung von 1890, bevor Knut Hamsun ihn unter dem Einfluss der in späteren Jahren von ihm bedingungslos bewunderten und verinnerlichten Nazi-Ideologie mehrfach überarbeitete. Trotz meiner Liebe zur norwegischen Literatur hatte ich aus diesem Grund bisher Berührungsängste zu seinem Werk. Die wunderschöne Neuausgabe mit dem schlichten Cover in Schleifpapiermanier und der schmucklosen, plakativen Schrift sowie das Wissen um die große Bedeutung seines Werks für spätere Autoren haben mich nun doch bewogen, "Hunger" zu lesen, das ihm den literarischen Durchbruch bescherte.

    Gezeichnet von einer Stadt
    In vier mit „Stück“ überschriebenen Kapiteln folgen wir einem mittellosen, hungernden Journalisten und Schriftsteller durch die Straßen Kristianias, dem heutigen Oslo:

    "Es war zu der Zeit, als ich hungrig in Kristiania umherging, dieser sonderbaren Stadt, die niemand verlässt, bevor er von ihr gezeichnet worden ist." (1. Satz, S. 5)

    Jedes „Stück“ markiert einen neuen Tiefpunkt, während die positiven Momente, in denen der namenlose Ich-Erzähler zu etwas Geld kommt, ausgespart bleiben. Zunehmend zerlumpt, ohne Besitztümer und in immer prekäreren Quartieren hausend kommt er mit jeder Episode dem Wahnsinn wie dem Tod näher. Dabei ist er unfähig, sein Schicksal zu wenden, gibt das wenige Geld, an das er gelegentlich kommt, aus Gründen der Ehre und um über seine Not hinwegzutäuschen verschwenderisch ab und schwankt zwischen Größenwahn und schamhafter Unterwürfigkeit. Nur selten wird der innere Monolog für die wilden Lügengeschichten unterbrochen, die er bei seinen zufälligen Begegnungen erzählt. Nicht immer ist klar, ob diese Zusammentreffen in der Realität oder in seiner Fantasie stattfinden, weshalb das Werk manchen als Vorstufe des absurden Theaters gilt.

    Ein Roman ohne Plot
    Nicht nur an Brot mangelt es dem Hungerhelden, auch wenn der tagelange Nahrungsentzug ihm immer mehr zusetzt. Gleichzeitig dürstet er nach Wahrnehmung seiner Person, nach Anteilnahme, Anerkennung und Zuwendung. Selten habe ich Einsamkeit in einem Roman so greifbar beschrieben gefunden. Es ist mir deshalb ein Rätsel, warum Astrid Lindgren, wie Felicitas Hoppe im Nachwort ausführt, ihn als „hinreißend lustiges Buch über den Hunger“ beschreibt und beim Lesen vor Lachen „wimmerte“. Treffender wären für mich die Bezeichnungen „skurril“ und „aberwitzig“ für die Fantasiegeschichten, Worterfindungen, Gefühlsschwankungen und die Tatsache, dass der Ich-Erzähler am Ende auf einem Schiff nach Leeds anheuert, einer Stadt ohne Hafen. Ein Lachen wäre mir jedenfalls im Halse stecken geblieben. Eher schon hat mich der Hungerheld mit seinem deplatzierten Stolz, der ruinösen Ehrsucht und dem mangelnden Überlebensinstinkt zur Verzweiflung gebracht.

    Ich staune selbst, dass der fehlende Plot, zahlreiche Wiederholungen, der Verzicht auf die Schilderung der gesellschaftlichen Umstände und von Sozialkritik, das Schweigen über die Vergangenheit des Protagonisten und seine geringe Weiterentwicklung mich nur wenig  gestört haben. Vielleicht liegt es daran, dass Knut Hamsuns eigene Erfahrungen so authentisch spürbar sind und dass seine minutiöse Beobachtungsgabe sowie die sprachliche Virtuosität, an der auch der Übersetzer großen Anteil hat, mich bei diesem Klassiker überzeugen.

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    03. Feb 2023 

    Hungern im Norwegen des frühen 20. Jhrts.

    “Hunger” ist ein norwegischer Roman von Knut Hamsun, der in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts hinsichtlich seiner Form ein literarisches Ereignis darstellte. Der Roman ist vollständig geschrieben in Form eines Bewusstseinsstroms, in dem Erzählzeit und erzählte Zeit über weite Strecken vollständig übereinstimmen. Dabei lässt er seine Leser vollkommen ungefiltert an den Gedanken seines Erzählers und Helden teilnehmen. Die vollkommen fehlende Distanz und das absolute Einlassen auf die Wahrnehmung und Sichtweise seines Erzählers hat Hamsun literarischen Ruhm und einen Kreis erlauchter Nachahmer eingebracht.
    Der Manesse-Verlag hat den Roman in diesem Jahr neu aufgelegt und hat sich dabei an der Ursprungsfassung, die von Hamsun später mehrfach überarbeitet werden sollte, orientiert. So hat der Verlag versucht, die möglichst authentische, da ursprüngliche Sichtweise des Autors über die oftmals chaotische Gefühlslage seines Helden angesichts seiner prekären Lebensverhältnisse wiederzugeben.
    Der Erzähler, ein Mann, der sich zum Schreiben berufen fühlt, von dieser Tätigkeit aber immer weniger leben und seinen Unterhalt finanzieren kann, rutscht in diesem Roman sozial immer weiter ab. Verliert fast buchstäblich sein letztes Hemd und hat selten etwas, womit er seinen Hunger stillen kann. Ständig ist er auf der Suche nach Möglichkeiten, die nächste kurze Zeitspanne überleben zu können. Dabei versetzt er alles, was sich irgendwie zu Geld machen lassen könnte, – bis hin zu seinen abgeschabten Mantelknöpfen - oder versucht sich an textlicher Produktion und deren Vermarktung in der recht „mickrigen“ lokalen Medienlandschaft. Die Gefühlswelt des Romanhelden, an der wir als Leser so unvermittelt teilhaben können, ist ein heftiges Auf und Ab von Hoffnung und Verzweiflung, von Aufbruchstimmung und tiefster Depression. Viele seiner Versuche, am Leben zu bleiben und Mittel dafür aufzubringen, zeigen ihn an oder sogar jenseits der Grenze zum Wahnsinn. Das alles ist für den Leser oft schwer erträglich und doch hat die Lektüre auch etwas Leichtes und Unterhaltsames, das bei aller Düsternis schwer zu beschreiben ist. Ein großes Staunen stellt sich ein darüber, wie ein Mensch in diesen Zeiten ohne Sozialsysteme und staatliche Hilfen sein bloßes Überleben gestalten konnte. Aber für den Romanhelden funktioniert das erstaunlich gut, so dass die Talfahrt, in der er sich während des gesamten Romans zu befinden scheint, zum Ende des Romans hin wohl sogar gestoppt werden kann, wenn er als Ausgezehrter und Ungelernter eine Stelle auf einem Schiff ergattert, das ihn aus dieser Ödnis Kristianias hinausbringen wird.
    Der Roman ist ein sehr gelungenes literarisches Zeugnis über eine experimentelle Schreibweise, die bedeutende Nachahmer gefunden hat. Die neue Ausgabe des Manesse-Verlages bringt diesem Werk wieder vermehrte Aufmerksamkeit in unserer Zeit und lässt uns einen Blick darauf werfen, wie prekäre Lebensverhältnisse in vergangenen Zeiten aussehen konnten.

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  1. Schwer verdaulich, aber trotzdem lecker

    „Dichter sind Vagabundenseelen, verwandt mit Leierkastenmännern, wurzellose Landstreicher ohne Pass.“ (Knut Hamsun)

    Ähnlich „wurzellos“ gibt sich der namenlose Ich-Erzähler in Knut Hamsuns Erfolgsroman „Hunger“; erstmals veröffentlicht 1890. Die Neuausgabe des Manesse Verlags in der Übersetzung von Ulrich Sonnenberg und einem Nachwort von Felicitas Hoppe folgt der Erstausgabe. Spätere Ausgaben wurden vom Autor gekürzt; warum kann der kurzen editorischen Notiz entnommen werden. Meine Bewertung bezieht sich lediglich auf den vorliegenden Text und nicht auf die Person Knut Hamsun und seine spätere äußerst fragwürdige politische Gesinnung.

    Der Ich-Erzähler ist ein abgehalfterter und erfolgloser Journalist bzw. Autor, der in Kristiania (heute Oslo) „[…] umherging, dieser sonderbaren Stadt, die niemand verlässt, bevor er von ihr gezeichnet worden ist.“ (S. 5) Was es mit dieser kryptischen Andeutung auf sich hat, offenbart sich am (offenen) Ende der in vier Stücke angelegten Erzählung.

    Ich kann nicht behaupten, dass ich direkt mit der Erzählung klargekommen bin – zu sperrig erwies sich der Stoff, der sich durch inkonsequente Zeitform konsequent den Themen Hunger/ Durst und den dadurch hervorgerufenen „Nebenwirkungen“ befasst, zumal mir das Thema aus persönlichen Gründen sehr nahegeht. Aber irgendwann habe ich angefangen zu begreifen, mit welcher Präzision Hamsun hier zu Werke geht und vieles, was der Hunger beim Erzähler auslöst, kann ich in (abgeschwächter) Form bestätigen.

    Auch ist der Erzähler als Charakter nicht sonderlich sympathisch gezeichnet. Er ist auf der einen Seite eine sprichwörtlich gesehen arme Sau, auf der anderen Seite tut er wenig bis nichts, um seine Situation zu verbessern – im Gegenteil: durch kuriose und dem normalsterblichen Leser nicht nachvollziehbare Handlungen bringt er sich immer wieder in fast ausweglose Situationen und an mancher Stelle der Erzählung hat man Angst, dass jeden Moment der Geist des Erzählers die Geschichte zu Ende bringt *g*.

    Man sollte diesem Buch die nötige Zeit geben, sich zu entfalten und Wirkung zu zeigen. Auf keinen Fall darf die Erzählung zu schnell gelesen werden, da den geneigten Leserinnen und Lesern dann Details entgehen könnten, die im weiteren Verlauf noch einmal aufgegriffen werden. Darum habe ich auch 1 ½ Lesungen hinter mir (Stücke 3 und 4 habe ich doppelt gelesen) *g*. Und es wird wohl nicht dabeibleiben; dafür hat mich die Erzählung zu tief berührt.

    Einige Szenen sind so grotesk, dass ich der Aussage von Astrid Lindgren, dass „Hunger“ ein „[…] hinreißend lustiges Buch über den Hunger…“ (S. 233) ist, zwar nicht uneingeschränkt zustimmen würde, aber trotz aller Ernsthaftigkeit, die das Thema mit sich bringt, gibt es genug Stellen, über die man lachen oder zumindest breit grinsen kann.

    Von mir bekommt die Erzählung 5* und eine klare Leseempfehlung für Fans von Bewusstseinsströmen á la Virginia Woolf etc.!

    ©kingofmusic

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    19. Jan 2023 

    Der fröhliche Wahnsinn des Hungers

    Der Manesse Verlag hat dieser Tage eine Neuauflage des Klassikers „Hunger“ des norwegischen Literaturnobelpreisträgers Knut Hamsun herausgebracht, auf welche es sich lohnt, einen genaueren Blick darauf zu werfen. Es handelt sich dabei um die 1890 erschienene Urfassung des Romans, welcher bis 1934 insgesamt viermal in immer wieder geänderten Ausgaben neu vom Autor veröffentlicht wurde. Denn Hamsun wurde, wie aus der ausführlichen editorischen Notiz zu erfahren ist, im Alter immer reaktionärer, nationalchauvinistischer und duldete sein progressives Frühwerk zunehmend nicht mehr. Die aktuelle Ausgabe wurde außerdem von Ulrich Sonnenberg neu übersetzt und mit einem Nachwort der Autorin Felicitas Hoppe versehen.

    Im Roman selbst geht es um einen mittlerweile mittellosen Ich-Erzähler und Schriftsteller, der sich im Oslo des ausgehenden 19. Jahrhundert, damals noch Kristiania genannt, die Tage und Nächte auf der Straße um die Ohren schlug, unter ständigem Geld und vor allem Nahrungsmangel. Dieser titelgebende Hunger wirkt sich nun auf den Bewusstseinsstrom und die geschilderten Handlungen des Erzählers signifikant aus. Er schwankt zwischen Hochmut, Stolz und Ehrgefühl und Selbstzweifeln, Selbstmitleid sowie im wahrsten Sinne des Wortes verrückten Ideen. Immer wieder bringt er sich selbst um Möglichkeiten an eine Mahlzeit zu kommen, kann nicht mit Geld umgehen und irritiert die Menschen in seiner Umwelt.

    So wandert man „in vier Stücken“, den vier Teilen des Romans, mit dem Erzähler durch Kristiania, bangt mit ihm um seine nächste Mahlzeit und verflucht ihn genervt ob seiner Unfähigkeit rational zu denken und zu handeln. Die Ungeduld mit dem Protagonisten wird durch die ständigen Wiederholungen seiner Gedanken, Handlungen und Situationen, in welche er sich selbst katapultiert, im Verlaufe des Romans zunehmend gesteigert. Erwartet man immer das Schlimmste, kommt es wieder zu einer kurzfristigen glücklichen Fügung. Nur wenig Veränderungspotential gesteht der Autor seinem psychisch auffälligen Protagonisten zu. Denn der Erzähler scheint bereits vor seiner Hungerphase eine prämorbide Persönlichkeitsakzentuierung gehabt zu haben, welche ihn zum einen in seine missliche Lage gebracht zu haben scheint und sich nun - durch den Nährstoffmangel und den daraus resultierenden physischen aber eben auch psychischen Symptomen, die Hamsun sehr gut beschreibt – in besonders starken Ausprägungen äußert. Schwankt er doch stets zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt.

    Sprachlich, in der aktuellen Übersetzung von Ulrich Sonnenberg, kann Hamsun definitv überzeugen. Man sieht den Erzähler vor sich, wie er durch die Straßen Kristianias flaniert, rennt, schwankt, oder fast kriecht; wie er vor Erschöpfung kaum mehr die Augen offen halten kann und dann schon wieder einem Passanten hoch erregt eine Lügengeschichte auftischt. Oft fragt man sich, was davon der Erzähler tatsächlich erlebt und bei was es sich um Halluzinationen handeln könnte. Da weiß der Autor zu fesseln.

    Letztlich hätte mir der Roman allerdings ohne die vielen Wiederholungen bzw. Variationen ähnlicher Situationen etwas mehr gefallen. Das Format einer Novelle hätte dem Inhalt des Textes durchaus auch gut zu Gesicht gestanden. Quasi etwas abgespeckt. Eine Formulierung, die einem nach der Lektüre von „Hunger“ allerdings doch ein wenig im Halse stecken bleibt.

    Im noch einmal zur aktuellen Ausgabe zurückzukommen: Das Gesamtpaket der vorliegenden Veröffentlichung vom Manesse Verlag finde ich wirklich sehr gut gelungen. Endlich gab es, die von mir immer so schmerzlich vermissten, durchnummerierten und im Text gekennzeichneten Anmerkungen. Diese haben geholfen nicht nur das Romangeschehen aber auch die nachträglichen Abänderungen durch den Autor besser zu verfolgen bzw. zu verstehen. Die editorische Notiz ist ausführlich und erhellend, ebenso wie das Nachwort von Felicitas Hoppe. Es hat mir sehr gefallen, dass sich das Nachwort auch wirklich ausführlich mit dem vorliegenden Werk beschäftigt und gut verständlich ist. So war ich erleichtert zu lesen, "die Geschichte von Hunger hat keinen Kern, genauso wenig, wie man von einem bündigen Plot sprechen könnte". Tatsächlich ist dies nämlich schwer greifbar beim vorliegenden Roman. Toll finde ich, dass das Nachwort mit einer Quellenangabe unterfüttert ist, die eine vertiefende Beschäftigung mit dem Werk anregt und leicht nachvollziehbar macht. Meines Erachtens hat hier der Verlag in der Zusammenstellung dieser Ausgabe wirklich alles richtig gemacht.

    Den Roman an sich würde ich insgesamt mit 3,5 Sternen bezüglich meiner Lektüre bewerten. Da mir die Ausgabe des Manesse Verlags in ihrer Ausstattung sehr gut gefällt, runde ich auf 4 Sterne auf.

    3,5/5 Sterne

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Blutmond - Thriller

Buchseite und Rezensionen zu 'Blutmond - Thriller' von Katrine Engberg
4.5
4.5 von 5 (4 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Blutmond - Thriller"

Es ist ein klirrend kalter Januar. In den prunkvollen Sälen des Geologischen Museums trinken sich die Größen der Modewelt warm für die Copenhagen Fashion Week, als draußen im Schnee der Designer Bartholdy unter Qualen zusammenbricht. Jeppe Kørner und Anette Werner ermitteln in dem Fall. Jeppe ist zurück von einem längeren Urlaub in Australien, doch die Erholung hält nicht lange an. Denn Jeppes bester Freund ist seit dem grausamen Mord an Bartholdy unauffindbar.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:480
Verlag: Diogenes
EAN:9783257070583
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Rezensionen zu "Blutmond - Thriller"

  1. Mode, Mond, Mord

    Es ist eisig kalt in Kopenhagen im Jänner. Alles steht unter dem Zeichen des nahenden Blutmondes und der Mode. Das glamouröse Auftaktfest für die Copenhagen Fashon Week endet jedoch mit dem grausamen Mord an dem Designer Alpha Bartholdy. Kriminalassistent Jeppe Kørner, der gerade erst von einem langen Australienurlaub zurück in den Dienst gekehrt ist, und seine Kollegin Anette Werner sind mit den Ermittlungen beauftragt Kein leichtes Unternehmen für Jeppe. Denn sein bester Freund, der Schauspieler Johannes, wird nach dem Mord vermisst. Ist Johannes ein weiteres Opfer oder womöglich der Täter?
    Die dänische Autorin Katrine Engberg schickt in dem Kriminalroman „Blutmond“ zum zweiten Mal Jeppe und Anette ins Rennen. Es sind zwei sehr lebensnahe Protagonisten, die beide schon etwas am Klischee der Mittvierziger kratzen. Jeppe hat nach der Trennung von seiner Frau wieder Fuß gefasst, und ein Verhältnis mit einer um einiges jüngere Frau begonnen. Anette plagt sich mit dem Älterwerden, ihrem Gewicht, verdrängt sämtliche stressbedingten Wehwehchen. Aber es gibt auch ein Wiedersehen mit Ester und Gregers, die ich schon im ersten Band „Krokodilwächter“ sehr mochte und die nach dem ereignisreichen Vorgänger eine Art Senioren-WG gebildet haben.
    Dass die Autorin gehörig Spannung aufbauen kann, zeigt sie uns in einem eindrucksvollen Prolog. Alpha Bartholdy, das erste Opfer, erleidet ein wirklich unschönes Ende. Doch warum musste er sterben? Mit dem zweiten Opfer, einige Tage später, kommt nach und nach ein Motiv zum Vorschein. Der aufmerksame Leser kann schnell, sogar schneller als die Ermittler, eine Verbindung zwischen Opfern und Tätern herstellen. Mit der Hilfe von Ester – ich mag diese intellektuell schrullige, kluge Frau einfach – kann dann auch Jeppe schließlich die richtigen Schlüsse ziehen. Es macht richtig Spaß hier mit zu überlegen, Theorien zu entwickeln, diese wieder zu verwerfen, falsch zu liegen und Recht zu haben.
    Mord in der Modewelt - das klingt wirklich nur vordergründig schick. Mord ist überall ein schmutziges Geschäft. Intelligent konstruiert, logisch und nachvollziehbar erzählt. Das ist Krimlesevergnügen pur.

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  1. Büßet für eure Taten...

    Nachdem ich bereits "Krokodilwächter" mit großer Begeisterung gelesen hatte, wollte ich nun wissen wie es mit Kørner und Werner weitergeht und begann neugierig zu lesen.

    Ich finde es im Übrigen schon sinnvoll, wenn man den ersten Band kennt, ein Muss ist es jedoch nicht.

    Der neue Fall spielt in der Modewelt, wo die Schönen und Reichen sich tagtäglich zeigen wie begehrenswert sie sind. Als einer von ihnen unter Qualen stirbt, schickt das unser Ermittlerteam aus der Mordkommission auf den Plan. Woran ist das Opfer gestorben? Und was für Hintergründe hat diese furchtbare Tat?

    Der Thriller besticht wieder durch zahlreiche Szenenwechsel, die ich sehr mag, da man so diverse Figuren serviert bekommt, von denen man nicht bei allen weiß wie sie zur Geschichte passen. Zudem sorgt dies für zusätzlich Spannung, da natürlich immer in besonderen Momenten die jeweilige Szene unterbrochen wird.

    Sehr ungewöhnlich für mich ist, dass ich mich mit der männlichen Hauptfigur deutlich mehr identifizieren kann als mit der weiblichen. Dies liegt daran, weil Jeppe ähnliches durchgemacht hat wie ich selbst und teilweise ähnlich agiert hat. Ich musste richtig schmunzeln wie er nach der Trennung verreist ist und dort eine deutlich jüngere Partnerin trifft, denn ganz ähnlich erging es mir auch. Da ist man dann auch nicht mehr neidisch auf das Babyglück der anderen. Zudem hat mir hier gut gefallen, dass Jeppe endlich wieder zu sich selbst gefunden hat und sein Leben in vollen Zügen genießt.

    Anette hingegen erinnert mich mit ihrer offenen und teilweise plumpen Art sehr stark an eine ehemalige Kollegin, die sich mehr wie ein Mann benahm und damit nicht immer gut ankam. Bei Anette ist dies ja ähnlich. Ehrlich gesagt hatte ich um sie echt Sorge, denn ihre Symptome klangen ja wirklich alles andere als gut. Die Auflösung hat mich dann aber echt gefreut. Sie ist das perfekte Gegenstück zu Jeppe.

    Richtig klasse fand ich, dass Gregers und Esther auch wieder eine Rolle spielen, denn damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Richtig schön, dass man hier erfährt wie es mit ihnen weitergeht.

    Der Fall an sich fängt bereits mit der ersten Szene gruselig an, wo ich erst einmal schlucken musste. Natürlich gelang es Frau Engberg mich auf die falsche Fährte zu locken, was sonst? Da denkt man endlich zu wissen wer es war und dann kommt es doch wieder anders. Mir hat das gefallen, weil das Miträtseln so noch interessanter war.

    Die Auflösung am Ende war überaus schlüssig und nachvollziehbar. Für mich blieb keine Frage offen. Die Figuren sind mir jetzt noch mehr ans Herz gewachsen, so dass ich dem nächsten Fall entgegen sehne.

    Fazit: Wer Gänsehaut benötigt und Winter wenigstens in Buchform erleben möchte, der sollte sich dieses Buch auf keinen Fall entgehen lassen. Spitzenklasse!

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  1. 4
    01. Dez 2019 

    Modewoche

    Kriminalassistent Jeppe Kørner hat sich nach dem letzten Fall erholt und auch die Trennung von seiner Frau einigermaßen überwunden. Nur das Haus ist so leer. Da freut er sich beinahe auf den nächsten Fall. Ende Januar ist es kalt in Kopenhagen. Doch die Modewoche läuft, die ersten Meetings und Parties haben begonnen. Nach einer solchen Feier taumelt der Designer Alpha Bartholdy nach draußen und stirbt dort qualvoll. Für Jeppe besonders bedrückend, sein bester Kumpel Johannes Ledmark war mit dem Opfer befreundet. Nun muss Jeppe herausfinden, ob sein Freund etwas mit der Tat zu tun haben könnte.

    Es ist der zweite Fall, in dem Jeppe Kørner und Anette Werner gemeinsam ermitteln. Jeppe geht es relativ gut. Er hat seine mehrwöchige Reise nach Australien genossen und eine neue Freundin hat er auch. Dagegen macht sich Anette Sorgen um ihre Gesundheit. Sollte sie, die immer eine Pferdenatur hatte, plötzlich gesundheitliche Probleme entwickeln. Es kostet sie große Überwindung, zum Arzt zu gehen. Und nun auch noch dieser rätselhafte Fall. Wer in der Modebranche sollte etwas gegen Bartholdy gehabt haben. Offensichtlich war der Mann nicht übermäßig sympathisch, aber er war eben auch ein Einzelgänger. Bald stellt sich heraus, dass doch ein paar Menschen Grund gehabt hätten, auf Bartholdy sauer zu sein.

    Bei der Lektüre freut man sich, den alten Bekannten wieder zu begegnen. Neben den Ermittlern tauchen auch Esther und Gregers wieder auf und tragen auf ihre spezielle Art zu den Nachforschungen bei. Sehr gut aufgebaut ist der Fall. Ein Mann, der vor fast nichts zurückschreckt, da seien nur Betrug und Erpressung genannt, hat eben doch ein paar Feinde. Darunter auch solche, die ihm an Gemeinheit in nichts nachstehen. Doch diese Lösung wäre zu einfach. Da hat sich die Autorin wirklich etwas Besseres ausgedacht. Die Ermittlung geht in alle Richtungen und als Leser ist man mega gespannt, welches sich als die Richtige erweisen wird. Nicht zu kurz kommt auch das Private und die persönlichen Beziehungen der Handelnden. Erfreulich, dass eine wunderbar ausgewogene Balance zwischen Beruf und Privat erreicht wird. Dieser zweite Teil hat den ersten übertroffen.

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  1. Sympathischer Ermittlerkrimi

    Die dänische Autorin Katrine Engberg schrieb mit „Blutmond“ den zweiten Band der Kopenhagener Krimiserie um die Ermittler Jeppe Kørner und Anette Werner.
    Es ist nicht zwingend erforderlich, den ersten Band zu kennen, aber Figuren und Geschichten, aus dem ersten Teil werden aufgegriffen, insofern ist es durchaus sinnvoll, den neuen Roman mit Kenntnis der Krimidebüts „Krokodilwächter“ zu lesen.

    Das Setting ist ein klirrend kalter Januar mit einem Toten am Rande der Fashion Werk in Kopenhagen. Mit großer Spannung im Prolog wird man als Leser mitten in die Geschichte gesetzt, bei der die dänische Modewelt vom Tod eines Partygastes erschüttert wird. Der Designer Alpha Bartholdy, getötet mit Abflussreiniger, ist der erste Tote, einer Serie von Morden, die alle in gleicher Art ausgeführt das Ermittlerteam und ihre Helfer in Aufregung versetzen.

    In gewohnter Manier rollt Katrine Engberg die Geschichte mit vielen Nebenschauplätzen auf, die zunächst verwirrend erscheinen, aber wie bereits im ersten Band hält sie gekonnt alle Fäden der Geschichte in der Hand, führt den Leser an der Seite der Ermittler durch den Fall, stiftet hier und da Unruhe durch private Querelen, mit denen sich Jeppe und Anette herumschlagen müssen, und berücksichtigt in für mich bewundernswerter Weise die Fehler und Menschlichkeit ihrer Figuren.
    Man trifft alte lieb gewonnene Bekannte aus dem Band „Krokodilwächter“ wieder. Esther und Gregers, zwei Rentner, unterstützen die Polizei mit Privatinitiative und liefern hilfreiche Hinweise.

    Glaubhaft und lebensecht sind alle Figuren gezeichnet, es gibt keine Polizei-Übermenschen und keine abgrundtief bösen Gangster, und genau das macht für mich den Roman so sympathisch, die Charaktere so dreidimensional mit vielen Facetten, die für mich als Leser absolut nachvollziehbar sind.

    Es ist keine nägelkauende Spannung, die das Buch verbreitet, aber es ist ein angenehmer, spannender, sehr gut lesbarer und spannender Ermittler-Krimi, bei dem am Ende die meisten Fäden logisch und nachvollziehbar entwirrt sind, und der zugleich durch die Blutmondstimmung ein wenig Düsternis in das Geschehen zu streuen vermag.

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Die Frauen von Själö: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Frauen von Själö: Roman' von Johanna Holmström
4
4 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Frauen von Själö: Roman"

In einer Herbstnacht im Jahr 1891 ertränkt Kristina Andersson ihre zwei schlafenden Kinder im Meer. Sie kommt in die Nervenheilanstalt auf Själö, einer Insel im Schärengarten Finnlands - kaum eine der Patientinnen, die hier eingewiesen werden, verlässt die Insel jemals wieder.
Vierzig Jahre später wird die siebzehnjährige Elli ebenfalls dort eingeliefert. Sie wünschte sich mehr vom Leben als die Enge ihres Elternhauses. Sie lief von zu Hause weg, verliebte sich Hals über Kopf und musste vor der Polizei fliehen. Doch zu ihrer Zeit erlaubt man Frauen den Ausbruch aus ihrem Leben nicht. Jetzt ist sie ebenfalls gefangen auf der Insel Själö, wo die Zeit stillzustehen scheint ...

Ein bildreicher und fesselnder Roman über zwei Frauen, die einen hohen Preis für ihr Verlangen, ihre Liebe und ihr Streben nach Freiheit bezahlen mussten.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:368
EAN:9783550050442
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Rezensionen zu "Die Frauen von Själö: Roman"

  1. Wenn die Gedanken anders denken als man selbst

    Klappentext:

    „In einer Herbstnacht im Jahr 1891 ertränkt Kristina Andersson ihre zwei schlafenden Kinder im Meer. Sie kommt in die Nervenheilanstalt auf Själö, einer Insel im Schärengarten Finnlands – kaum eine der Patientinnen, die hier eingewiesen werden, verlässt die Insel jemals wieder.

    Vierzig Jahre später wird die siebzehnjährige Elli ebenfalls dort eingeliefert. Sie wünschte sich mehr vom Leben als die Enge ihres Elternhauses. Sie lief von zu Hause weg, verliebte sich Hals über Kopf und musste vor der Polizei fliehen. Doch zu ihrer Zeit erlaubt man Frauen den Ausbruch aus ihrem Leben nicht. Jetzt ist sie ebenfalls gefangen auf der Insel Själö, wo die Zeit stillzustehen scheint ...“

    Johanna Holmström hat mit ihrer Geschichte „Die Frauen Själö“ die nordischen Stimmung Finnlands extrem gekonnt und treffsicher eingefangen. Ihr Sprachstil ist extrem bildhaft und die Story um die Nervenheilanstalt auf Själö hat ein magisches Flair. Die beiden Geschichten von Kristina und Elli fügen sich auf der Insel zusammen, auch wenn dazwischen vierzig Jahre liegen, aber dennoch scheint die Zeit dort eine andere zu sein. Holmström hat mich persönlich hier stark gefangen genommen. Ihre Worte sind treffsicher und passend, lassen Zeit und Geschehen vor dem Auge aufleben aber dennoch ist alles in dunkles Licht gehüllt. Ein Schleier von alter Zeit liegt auf der Anstalt. Viele sehen darin einen Ort ohne Wiederkehr ins „normale“ Leben. Kristina sowie Elli werden mit ihren Geschichten aus der Vergangenheit konfrontiert - eine Selbstanalyse beginnt und Själö nimmt die beiden gefangen. Was ist denn im Kopf los, um das man hier endet? Warum gerade hier? Warum gerade ich hier? Was ist richtig? Was ist falsch? Was machen alle hier? Diese Geschichte hat enorm viele Fragen, die langsam aber gewissenhaft beantwortet werden. Der finnische Charakter ist auch hier zu spüren - alles bleibt dezent, aber kraftvoll wenn es notwendig ist.

    Mich hat diese Geschichte sehr beeindruckt und genau deshalb gibt es sehr gute 4 von 5 Sterne.

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  1. Trauriges Mahnmal

    Der Roman „Die Frauen von Själö“ der Autorin Johanna Holmström erzählt die Geschichte zweier Frauen, die zu unterschiedlichen Zeiten Insassinnen einer Nervenheilanstalt, gelegen auf einer Insel im finnischen Schörengarten, sind. Beispielhaft stehen diese beiden Einzelschicksale im Mittelpunkt der Erzählung für das Schicksal von psychisch kranken Frauen zu früheren Zeiten, den Behandlung eher an Gefängnisaufenthalte als an Heilung erinnerte.

    Die Handlung setzt 1891 mit Kristina ein, die nach der Geburt eines unehelichen Kindes im gesellschaftlichen Abseits stehend zwar einen Partner findet, doch ihr Alltag ist bestimmt von Einsamkeit und zunehmender Erschöpfung. Sie ertränkt ihre eigenen Kinder im Fluss und landet schließlich in der Nervenheilanstalt Själö. Dies ist für sie wie für die meisten anderen Patientinnen auch Endstation, die sie nie wieder verlassen werden. Gesellschaftlich geächtet und nicht gebraucht, ohne Therapie, vegetieren die eingesperrten Frauen in diesem Gefängnis dahin.

    Die 17jährige Elli wird in den 1930er Jahren mit Depressionen nach einem Ausbruchsversuch mit ihrer großen Liebe in die Nervenheilanstalt eingewiesen. Sigrid, eine neue Pflegerin, die ihren Dienst kurz vor Ellis Einweisung antrat, versucht sich den Patientinnen mit Verständnis und Empathie zu nähern anstatt zu bestrafen und stößt dabei an Grenzen des eingefahrenen unmenschlichen Systems und harter überholter Denkstrukturen.

    Schonungslos und eindringlich schreibt die Autorin davon, wie die psychisch kranken Frauen in der Anstalt weggesperrt, bestraft und gegängelt statt behandelt wurden und ohne Hoffnung verkümmerten. Erschreckend liest es sich, wie Menschen, die den gesellschaftlichen Anforderungen nicht genügen konnten, einfach aus dem Blickwinkel der Menschen verschwanden und in Nervenheilanstalten wie in der Klinik Själö verwahrt wurden, ohne Chance auf Rückweg ins normale Leben.

    Schon der historische Beginn mit der Beschreibung eines verabscheuungswürdigen Behandlungsverfahrens der Hysterie des französischen Hofarztes Pierre Pommes aus dem 18.Jahrhundert durch Kältebad, bei dem die stolz verkündete Heilung auch den Tod der Patientin zur Folge hatte, weist auf gute Recherche der Autorin hin.
    Doch werden die Erwartungen der Leser an eine psychiatrische Schauergeschichte nicht erfüllt, Johanna Holmström wählt leise Töne, um von der verheerenden Frauenschicksalen zu berichten, von Landschaftsbeschreibungen getragen vermittelt sie aber trotz der Ruhe ein Gefühl der Gewalt.

    Die mit viel Empathie gezeichneten Frauenfiguren tragen die Geschichte, Männer sind die abwesenden Strippenzieher im Hintergrund, was den Roman in meinen Augen den damaligen Einfluß des Patriarchats auf Frauen umso deutlicher herausstreicht.

    Ein lesenswertes Buch, das auf Tatsachen beruht, sehr eindringlich geschrieben, wenn auch manchmal ein bisschen langatmig und mit einem mir zu versöhnlichen Ende.

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Durch deine Augen

Buchseite und Rezensionen zu 'Durch deine Augen' von Peter Høeg (Autor)
3.5
3.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Durch deine Augen"

Format:MP3 CD
Seiten:2
EAN:9783958625174
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Rezensionen zu "Durch deine Augen"

  1. 3
    24. Jul 2019 

    Die wirkliche Wirklichkeit...

    Wie wäre es, wenn wir in das Bewusstsein eines anderen schlüpfen könnten? Was sähe ich, wenn ich die Welt durch deine Augen sähe? Um diese Fragen kreist dieser spannende Roman von Peter Høeg, mit dem er auf sehr persönliche Weise an den Bestseller "Der Susan-Effekt" anknüpft.

    Eines gleich vorweg: 'Der Susan-Effekt' kenne ich (noch) nicht, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass ich hier die Fortsetzung eines Buches höre, sondern eine ganz eigenständige Erzählung.

    Im Wesentlichen dreht sich die Geschichte um drei Personen: Peter, Lisa und Simon. Die drei kennen sich bereits aus Kindertagen, haben aber im Laufe ihres Lebens den Kontakt zueinander verloren. Nun kreuzen sich ihre Wege wieder, denn Peter wurde angerufen, nachdem Simon versucht hat sich umzubringen. Auf der Suche nach Hilfe für Simon stößt Peter auf Lisa und ihre Forschungen zum menschlichen Bewusstsein. Eine abenteuerliche Reise ins Innere des menschlichen Wesens beginnt...

    In iherem "Institut für neuropsychologische Bildgebung" ist es Lisa gelungen, mit Hilfe von Scans das Bewusstsein von Menschen in einen Hologramm sichtbar zu machen. Und nicht nur das. Es ist durch technische Errungenschaften möglich, an dem Erleben, den Erinnerungen, den Ängsten von Patienten teilzuhaben, es gleichzeitig zu sehen und nachzuempfinden. Ein tieferes Verständnis der Psyche verschafft ganz neue Möglichkeiten, psychische Erkrankungen und seelische Probleme zu therapieren - doch noch ist alles im geheimen Versuchsstadium.

    "Wir suchen nicht die Wahrheit. Wir verhelfen den Menschen zu einer Geschichte, mit der sie leben können."

    So erfolgreich, wie Lisa in ihrem Beruf zu sein scheint, so merkwürdig mutet es an, dass sie sich an die ersten sieben Jahre ihres Lebens - und damit auch an Peter und Simon - nicht erinnern kann. Peter erinnert sich für sie - und den Hörer - an die Kindergartenzeit, wo die drei als 'schlaflose Kinder' in der Zeit, zu der alle anderen Kinder einen Mittagsschlaf hielten, aufregende Entdeckungen machten.

    Sie erkannten, dass es möglich ist, in die Träume anderer zu gelangen, in ihr Bewusstsein, sogar in eine andere Zeit. 'Die wirkliche Wirklichkeit' nannten sie das Erleben parallel zu ihrer Gegenwart, und rückblickend muten die Erinnerungen daran reichlich fantastisch an - machen aber auch deutlich, wo die Wurzeln zu Lisas beruflichem Erfolg liegen.

    Der Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart macht für mich den Charme dieses Buches aus. Die Magie der Kindheit schleicht sich in das aktuelle Geschehen, und das Eintauchen in die Psyche anderer Menschen ist ein gleichzeitig faszinierendes wie erschreckendes Gedankenexperiment. Die Grenzen der Individualität lösen sich auf, dafür werden die Begegnungen zunehmend echter und intensiver.

    Allerdings geriet die Erzählung bei aller Faszination für die Idee dahinter phasenweise doch recht langatmig. Etwas ermüdend fand ich vor allem die lange Aneinanderreihung von Therapiesitzungen, die allesamt schwere Themen beinhalteten wie beispielsweise die Massenserschießung von Juden während des Zweiten Weltkriegs, den sexuellen Missbrauch von Kindern oder den Krebstod einer jungen Mutter.

    Auch das Fantastische und Surreale an der Geschichte war mir stellenweise zu viel. Gerade die Erlebnisse der Kinder sorgten gegen Ende bei mir eher für hochgezogene Augenbrauen denn für Staunen. Gefallen hat mir indes, dass ich durch das Hörerlebnis ins Nachdenken geriet - über die Möglichkeit 'echter' Begegnungen, das geheimnisvolle Phänomen der menschlichen Psyche, die interessante Idee, ins Bewusstsein eines anderen einzutauchen.

    Alles in allem ein interessantes Gedankenexperiment, das für mich ein wenig zu surreal und zu langatmig geraten ist, dazu noch etwas zu abrupt endete. Frank Stieren las die Erzählung (ungekürzte Hörbuchfassung: 8 Stunden und 19 Minuten) versiert, trug durch seinen langsamen Vortrag jedoch zuweilen zum Eindruck der Langatmigkeit bei.

    Peter Høeg schreibt in jedem Fall keine gewöhnlichen Bücher!

    © Parden

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  1. Gewollt surreal

    Gewollt surreal

    Durch deine Augen von Peter Høeg

    Peter Høeg bringt dem Leser diesen fiktionalen Roman aus eigener Erzählperspektive näher.
    Peter hat eine Trennung hinter sich, als er von dem versuchten Selbstmord seines Freundes Simon aus Kindertagen hört. Lisa, die Peter auch aus dieser Zeit kennt, hat eine Maschine entwickelt, die ins Unterbewusstsein des Menschen blicken kann, um dort alte Erlebnisse wieder hervorzuholen, um Traumata erkennen und beseitigen zu können. Eine interessante Vorstellung, die während des gesamten Hörbuchs immer wieder zu neuen Denkansätzen anregt.
    Kontrovers empfand ich die Tatsache, dass Lisa, die renommierte Wissenschaftlerin auf diesem Gebiet, hat selbst keine Erinnerungen mehr an ihre eigene Kindheit. Stück für Stück gelangt sie während des Buches aber zu neuen Erkenntnissen.
    Eine leichte Handlung liegt nicht vor, man muss sich konzentrieren und bereit sein, über den Tellerrand zu schauen. Man sollte dem Gedankenkarussel des Autors folgen können, ansonsten erschließen sich einige Dinge sicher nicht.
    Viele Erinnerungen sind sehr schmerzhaft, ich gelangte oft an meine Grenzen und musste erstmal meine Eindrücke verarbeiten.
    Dieser Roman setzt sich auf eine interessante Art und Weise mit dem Bewusstsein des Menschen auseinander. Wird einiges irgendwann vielleicht sogar umsetzbar sein? Ich hoffe nicht, denn ich persönlich wäre mit den Informationen definitiv überfordert. Mir reicht es, wenn ich es hören oder lesen kann und mir auf meiner Couch meine eigenen Gedanken zu diesem Thema machen kann, das ist dem Autor gelungen. Eine interessante Reise ins menschliche Unterbewusstsein und vielem mehr.

    Der Sprecher dieser Hörbuchfassung, Frank Stieren, hat eine sehr wohlklingende Stimme und erzählt im angemessenen Tempo, mir hat es sehr gut gefallen.

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Gefährten

Buchseite und Rezensionen zu 'Gefährten' von Christina Hesselholdt

Inhaltsangabe zu "Gefährten"

Alma und Kristian, Camilla und Charles, Edward und Alwilda sind Jugendfreunde. Gemeinsam gehen sie jetzt durch die Phase des Lebens, die man die mittleren Jahre nennt. Herrlich schwerelos ziehen sie den Leser unmittelbar hinein in ihre Existenzen - ihre Leidenschaften, ihre Kümmernisse, ihre Sehnsüchte und Überempfindlichkeiten. Mit grandioser Beiläufigkeit und übermütiger Komik erzeugt Christina Hesselholdt dabei das Gefühl, dem Leben selbst nie näher gewesen zu sein als in den Lebensausschnitten dieser sechs Kopenhagener Freunde, die so radikal subjektiv, so befreiend offen über sich und ihre Beziehung zur Welt sprechen, über Liebe und Sex, Melancholie und Schmerz und das Glück der Freundschaft.

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