Großes Beben: Roman

Nachdem ich ja schon von "Leichenblume" so begeistert war, musste natürlich die Fortsetzung auch vor meine Augen. Und ich habe es nicht bereut. Auch dieses Buch bekommt wieder die volle Punktzahl von mir!
Dieses Buch ist wieder richtig spannend und ein interessanter Fall für die Journalistin Heloise Kaldan und den Kommissar Erik Schäfer in Kopenhagen. Ein zehnjähriger Junge verschwindet und beide Hauptprotagonisten der Reihe stellen ihre eigenen Ermittlungen zu diesem Fall an und nehmen die Leserschaft auf eine wendungsreiche und verstörende Reise in die Abgründe menschlicher Sicht- und Denkweisen mit. Spannend geschrieben ist dieser Thriller und voller interessanter, teilweise schon bekannter Charaktere. Anne Mette Hancock schaffte es mit "Narbenherz" mich wieder zu begeistern und zaubert einen spannenden und abgründigen Thriller um Gewalt und deren Folgen herbei, den ich wieder absolut empfehlen kann und der mich hervorragend unterhalten hat.
Dieser Reihe werde ich definitiv treu bleiben! Am 26. 01. 2022 erscheint ja der dritte Teil der Reihe um Heloise Kaldan und Erik Schäfer, "Grabesstern", auch auf dieses Buch freue ich mich jetzt schon!
Kopenhagen: Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan hat gerade eine Recherche zu traumatisierten Soldaten begonnen, als sie eine persönliche Entscheidung treffen muss über Leben und Zukunft. Noch bevor sie irgendetwas tun kann, erfährt sie vom Verschwinden eines zehnjährigen Jungen. Vor Ort trifft Heloise ihren guten Freund Kommissar Erik Schäfer, der in dem Fall ermittelt. Die Spuren zu dem Jungen sind verwirrend, nichts passt zusammen. Heloise versucht, Erik Schäfer zu helfen, das entscheidende Muster zu erkennen. Und begegnet ihren innersten Dämonen.
Erster Satz: "Der Mann bewegte sich schnell, huschte an den kahlen Bäumen und Büschen vorbei." (S. 7)
Dies ist der zweite Band der Reihe um die Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan und den erfahrenen Kommissar Erik Schäfer. Nachdem ich die erste Folge "Leichenblume" als soliden Einstieg erlebt hatte, war ich nun neugierig darauf, mehr von den beiden so unterschiedlichen Charakteren zu lesen.
Auch diesmal besteht die Handlung nicht allein aus den Ermittlungen (hier: im Fall des verschwundenen 10jährigen Lukas Bjerre), sondern bietet auch Einblicke in das Privatleben von Heloise sowie von Erik. Diese Mischung empfand ich wieder als gut ausbalanciert, und die Charaktere der beiden gewannen dadurch etwas mehr an Profil als zuvor im ersten Band.
Heloise arbeitet gerade an einem Artikel über traumatisierte Soldaten, wird dann aber von ihrer Chefin auf den Fall des verschwundenen Jungen angesetzt. Dennoch lassen die traumatisierten Soldaten Heloise nicht los, und tatsächlich taucht der Begriff der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) hier mehr als einmal auf, nicht nur bezogen auf die aus Afghanistan heimgekehrten Soldaten...
Im eigentlichen Fall treten die Ermittler gefühlt lange Zeit auf der Stelle. Immer neue Anhaltspunkte und Spuren ergeben sich, doch nichts davon will zusammenpassen. Selbst der erfahrene Ermittler Erik Schäfer verzweifelt allmählich, es will sich einfach kein Muster ergeben. Ist Lukas entführt worden, ermordet oder was? Immer wieder spielt die Autorin mit den Ängsten des Lesers / der Leserin, wenn sich etwas Neues abzeichnet - und gleichzeitig schürt sie dann wieder die Hoffnung, dass Lukas noch leben könnte...
Die Spannung in diesem Fall entsteht tatsächlich v.a. durch die Frage, was hinter dem Verschwinden von Lukas steckt, ob er noch lebt und wie die einzelnen Fakten letztlich zusammen passen. Die Ermittlungen selbst sind dagegen eher weniger spannend, laufen den Ereignissen eher hinterher und zeigen sich auch durchaus von Zufällen abhängig. Das muss an sich nichts Störendes sein, doch passt diese Entwicklung für mich nicht zur Sparte "Thriller", wie vom Verlag angegeben, sondern eher zu einem Krimi.
Auch der zweite Band der dänischen Thriller-Reihe weist einen angenehmen, unkomplizierten Schreibstil auf, und der Wechsel der Perspektiven zwischen der Journalistin Heloise Kaldan und dem Hauptkommissar Erik Schäfer sorgt dabei noch für einen ganz eigenen Sog. Insgesamt hat mich der "Thriller" wieder gut unterhalten, wenn auch diesmal Heloise eher weniger in die Ermittlungen eingriff als ich mir gewünscht hätte...
Auf Band drei freue ich mich aber trotzdem - im Januar 2022 soll "Grabesstern" erscheinen...
© Parden
Auch der zweite Teil hat mich wieder überzeugt. Die Autorin hat einen sehr lebendigen, emotionalen Schreibstil, der den Leser nicht mehr loslässt.
Heloise ist eh schon ein kantiger Charakter und jetzt kommen noch persönliche Probleme hinzu, die ihr Leben durcheinanderbringen. Auch im weiteren Umfeld gibt es Probleme, so ist der Leser froh Erik an Heloises Freundes - Seite zu wissen. Jemand, der ihr auch mal einen persönlichen Ratschlag geben kann und darf.
Der Titel Narbenherz passt perfekt zur Thematik, geht es doch bei allen Beteiligten genau darum, sowohl bei Heloise persönlich, als auch in ihrem ursprünglich angedachten Thema über PTBS.
Die Autorin führt eine Menge Nebencharaktere ein, die aber alle sehr gut beschrieben sind, und sie lockt den Leser damit auf viele falsche Fährten. Klasse fand ich auch, dass an diesem Fall nichts so ist, wie es scheint, oder die Ermittlungsergebnisse vermuten lassen.
Erik und Heloise spielen sich trotz grundverschiedener Kompetenzen geschickt die Bälle, Gedanken und Ermittlungsergebnisse zu und sind ein Ermittlerteam, mit dem der Leser etwas anfangen kann. Die Geschichte hat das ganze Buch über ein hohes Spannungspotential und ist über die verschiedenen Ermittlungsansätze sehr vielschichtig. Auch emotional punktet das Buch mit Heloises Selbstzweifeln, aus denen die besten Ermittlungsergebnisse erwachsen.
Fazit:
Ein rundum gelungenes Buch und eine absolute Leseempfehlung für alle die gerne Skandinavien - Krimis lesen.
Ein Buch, das mich - trotz kleiner Schwächen - auf so vielen Ebenen tief berührt hat und das ich auf jeden Fall weiter empfehlen werde. Der Autorin ist es toll gelungen eine Familiengeschichte aufzubauen, die sich mit eher unbekannten Themen aus dem 2. Weltkrieg befasst.
Der Roman spielt auf zwei Ebenen. In der Gegenwart wird die Geschichte von Juni erzählt, die in das Haus ihrer Kindheit fährt um nach dem Tod ihrer Mutter die Dinge zu ordnen und ihr eigenes Leben zu überdenken. Dabei stößt sie auf Hinweise zur Vergangenheit ihrer Großmutter.
In der Vergangenheit wird eben jene Geschichte von Großmutter Tekla erzählt, die sich als Norwegerin in einen deutschen Soldaten verliebt und mit ihm in das vom Krieg gezeichnete Deutschland geht. In ihrer neuen Heimat erlebt sie die Schrecken, die der Einmarsch der Russen in Demmin ausgelöst hat.
Der Vergangenheitsteil hat mir etwas besser gefallen als die Gegenwart. Junis Part ist ein wenig dünn und vorhersehbar geraten. Das finde ich sehr schade, denn grundsätzlich spricht die Autorin hier auch ein sehr spannendes Thema an (vererbtes Trauma). Da wäre aus meiner Sicht noch etwas mehr drin gewesen.
Teklas Geschichte ist unglaublich emotional und hat mir mehr als einmal eine Gänsehaut beschert.
Dennoch steckt in beiden Teilen der Geschichte unheimlich viel Fingerspitzengefühl. Der leichte, fast schon weiche, Stil trägt trotz der ernsten Themen erheblich dazu bei, dass man einfach immer nur weiterlesen will.
Es gibt ein paar Schwächen. Junis Teil der Geschichte hätte ausgebauter sein können und Tekla erscheint in ihrer Zeit in Deutschland doch etwas sehr weltfremd. Und trotzdem hat mir dieses Buch richtig gut gefallen. Das Gesamtpaket stimmt hier einfach für mich. Definitiv eine Leseempfehlung.
Norwegen heute: Nach dem Tod ihrer Großmutter findet Juni in deren Haus ein Bild von ihrer geliebten Großmutter mit einem deutschen Soldaten. Da in ihrer Familie schon immer wenig über die Vergangenheit gesprochen wurde, will Juni nun endlich mehr über die Herkunft der Familie erfahren. Ihr Weg führt sie bis nach Deutschland. Dort erfährt sie von einem schrecklichen Vorfall, der sich nach Kriegsende in Demmin abgespielt hat und wie die Ereignisse kurz nach Kriegsende auch das Schicksal ihrer norwegische Familie geprägt haben.
Im Buch wechseln sich, nach altbewährten Muster, Gegenwart und Vergangenheit ab.
Die Handlung ist von Anfang bis Ende spannend. Das Buch ist gut recherchiert und bietet einen Einblick in einen weniger bekannten Teil des Zweiten Weltkriegs. Die Kapitel sind kurz und man kann das Buch dadurch sehr schön flüssig lesen. Das Schicksal der Großmutter wird sehr berührend erzählt.
Ich kann es jedem empfehlen, der sich für diese Zeit interessiert oder einfach nach einer bewegenden Geschichte sucht.
In dem Haus ihrer verstorbenen Großeltern findet Juni Zuflucht vor ihrem gewalttätigen Mann. Sie schwelgt in Erinnerungen an die dort verbrachte Kindheit, erinnert sich an die glückliche Ehe ihrer Großeltern und an das schwierige Verhältnis zwischen ihrer Mutter und der Großmutter.
Dann findet sie ein Foto, an dem die Großmutter Tekla mit einem unbekannten deutschen Soldaten zu sehen ist. Dieser Fund wirft viele neue Fragen auf, die nur durch die Recherchen in der Vergangenheit geklärt werden konnten.
In dem Roman „Als Großmutter im Regen tanzte“ erzählt Trude Teige die Geschichte einer norwegischen Familie, deren Schicksal durch die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit geprägt wurde. So wurde Tekla, die einen deutschen Soldaten geliebt und geheiratet hatte, sowohl von der Familie, wie auch von der norwegischen Gesellschaft verstoßen. Mit der Ausreise nach Deutschland verlor sie ihre norwegische Staatsbürgerschaft. Die spätere Rückkehr in die Heimat wurde zum wahren Abenteuer.
Teklas Geschichte hatte Auswirkungen auf die nächsten Generationen, beeinflusste sowohl das Schicksal ihrer eigenen kleinen Familie, wie auch später das Leben ihrer Enkelin.
Nicht nur über das Schicksal der sog. „Deutschenmädchen“ erzählt die Autorin in ihrem Roman. Sie liefert eindrucksvolle Bilder der deutschen Nachkriegszeit, erzählt über die Befreiung 1945 durch russische Armee und die Tragödie, die sich im Mai 1945 in Demmin ereignet hat. Wie sie selbst im Nachwort erklärt, hat sie für ihre fiktive Geschichte gut recherchiert.
Auch wenn die Geschehnisse im Roman der Phantasie der Autorin entsprungen sind, enthüllt das Buch einen Abschnitt der wahren Geschichte, die man unbedingt kennen sollte.
Eine bewegende Geschichte wunderbar erzählt! Wärmstens zu empfehlen!
"Weißt du, manchmal gibt es etwas, das vererbt wird, auch wenn man gar nicht weiß, dass es existiert." (S. 68)
Zwei lange verschwiegene Themen aus der norwegischen und deutschen Geschichte verschränkt die norwegische Journalistin und Autorin Trude Teige in ihrem Familienroman "Als Großmutter im Regen tanzte": das Schicksal der sogenannten „Tyskerjentene“, Norwegerinnen, die sich während des Zweiten Weltkriegs in deutsche Soldaten verliebten, als Landesverräterinnen galten und bei der Auswanderung ausgebürgert wurden, und den beispiellosen Massensuizid beim Einzug der marodierenden, plündernden und vergewaltigenden Roten Armee Ende April/Anfang Mai 1945 in der vorpommerschen Kleinstadt Demmin mit Hunderten Zivilopfern.
Drei Frauengenerationen, zwei Zeitebenen
Drei Frauen aus drei Generationen stehen im Mittelpunkt dieses bereits 2015 in Norwegen erschienenen und dort zum Bestseller avancierten Romans: die Großmutter Tekla, die Mutter Lilla und die vaterlose Enkelin Juni. Erzählt wird kapitelweise in zwei Ebenen aus den Jahren 1945 bis 1946 und in der Jetzt-Zeit, unterscheidbar durch verschiedene Schriftarten. In der Gegenwart tritt Juni als Ich-Erzählerin auf, in der früheren Zeitebene erfahren wir in personaler Erzählweise vom Schicksal der jungen Tekla, die sich in den deutschen Soldaten Otto Adler verliebte, ihm über das norwegische Ausreiselager Mandal ins zerstörte Deutschland folgte und im Sommer 1945 in seiner zerstörten, traumatisierten Heimatstadt Demmin ankam.
Vererbte Traumata
Juni wiederum flieht schwanger und planlos drei Jahre nach dem Tod der Großeltern und kurz nachdem ihre Mutter verstarb vor ihrem gewalttätigen Mann Jahn in das Familienhäuschen auf einer Schäre vor Kragerø. Dort stößt sie auf ein Foto Teklas mit einem deutschen Soldaten, auf die großelterliche Heiratsurkunde, die nicht zum Geburtsdatum Lillas passt, auf Briefe und andere Dokumente, die ein tiefgreifendes Familiengeheimnis erahnen lassen. Zusammen mit dem frisch geschiedenen, gutaussehenden jungen Historiker Georg, der just auf die Schäre gezogen ist, reist Juni nach Deutschland, um Licht ins Familiendunkel zu bringen. Was sie schließlich herausfindet, überrascht, denn es enthüllt nicht nur das Schicksal ihrer Großmutter, sondern wirft auch ein neues Bild auf das zerrüttete Verhältnis zwischen Tekla und Lilla, Lillas psychische Probleme sowie Junis angespannte Mutter-Beziehung und ihre Alltagsschwierigkeiten.
In der Form nicht mein Roman
Trude Teige hat für diesen von tatsächlichen Geschehnissen und ähnlich gelebten Leben inspirierten Roman gründlich recherchiert, so dass ich von den Schilderungen der hochinteressanten historischen Umstände zweifellos profitiert und den Roman in Teilen daher auch gern gelesen habe. Formal ist "Als Großmutter im Regen tanzte" allerdings leider genau die Art „leichter Frauenroman“, die mir gar nicht liegt. Hätte ich mich nicht von den Themen blenden lassen, am Titel wäre es zu erahnen gewesen. Weder konnte mich die sprachliche Qualität mit den vielen kurzen Hauptsätzen überzeugen, noch die teilweise sehr konstruierte Handlung mit den inzwischen überstrapazierten Überraschungsfunden, dem neuen Inselbewohner oder Teklas zufälligem Hineinstolpern in einen Entnazifizierungsprozess. Am meisten gestört haben mich allerdings die aufgesetzten, dadurch hölzernen Dialoge, die statt der Interaktion der Sprechenden der Belehrung der Leserschaft dienen. Außerdem traut die Autorin ihrem Publikum anscheinend wenig zu, wenn sie durch interessante Parallelen im Schicksal der drei Frauen anschaulich illustrierten Themen unnötigerweise zusätzlich wortreich erklärt. Wen dies jedoch nicht stört, wird an dem flott geschriebenen, etwas sentimentalen Unterhaltungsroman insgesamt mehr Freude haben als ich.
Inhalt:
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Als Juni vor ihrem gewalttätigen Ehemann flieht und auch noch entdeckt, dass sie schwanger von ihm ist, flüchtet sie sich in das leer stehende Haus ihrer Großmutter Tekla auf eine kleine norwegische Insel. Als sie dort in alten Fotos stöbert, stößt sie auf eine Aufnahme, die ihre Großmutter glücklich an der Seite eines deutschen Soldaten sieht. Doch wer ist der Soldat? Junis Großvater ist es nicht und warum hatten Junis Mutter Lilla und Tekla so ein schwieriges Verhältnis zueinander? Gemeinsam mit Georg aus dem Nachbarhaus begibt sie sich auf Spurensuche und landet schließlich im deutschen Demmin.
Mein Eindruck:
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"Der Regen ist der Applaus des Lebens, hatte meine Großmutter immer gesagt.
[...]
Ich habe meine Großmutter nie so leichtfüßig erlebt wie an jenen Abenden, wenn sie durch den Garten tanzte. Ich schloss die Augen und nahm ihren Geruch wahr. Ihren Geruch, wenn sie glücklich war. An anderen Tagen roch sie anders. »Warum tanzt Großmutter im Regen?«, habe ich Großvater einmal gefragt, ich mag damals vielleicht acht oder neun Jahre alt gewesen sein.
»Weil sie das froh und glücklich macht«, sagte er."
Bisher hatte ich schon einiges über die Zeit des zweiten Weltkrieges in Form von Sachbüchern und Romanen gelesen. Die Massenselbstmorde von Demmin und das Schicksal norwegischer Frauen, die mit deutschen Soldaten liiert waren, war mir jedoch neu. Und so bin ich begierig in die Geschichte eingetaucht.
Die Handlung hat mich sofort gefesselt. Dadurch, dass sie auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen spielt und mal ein Stück aus dem Leben der jungen Tekla, mal aus der Gegenwartsperspektive Junis erzählt wird, entsteht ein permanenter Sog. Die Ausschnitte fügen sich nach und nach wie Puzzleteile zu einer unglaublichen Geschichte zusammen.
Man erfährt sehr viel über das Verhältnis der Norweger und der Deutschen zu Kriegszeiten und wie schwer es insbesondere die norwegischen Frauen hatten, die ihren Geliebten nach Deutschland gefolgt sind (sog. "Deutschmädchen"). Man durchlebt aber auch das Elend der Deutschen zu Kriegsende, als Deutschland in Trümmern liegt und alle Angst vor der Rache der Besatzer haben, insbesondere vor den Russen. Aber auch Junis Geschichte, bei der u. a. häusliche Gewalt thematisiert wird, hat mich sehr berührt. Man spürt, wie sie mit jedem Schritt, den sie ihren Familiengeheimnissen auf die Spur kommt, zu sich selbst findet.
Am Ende rundet das Dankeswort der Autorin mit Erläuterungen zu den Hintergründen des Romans das Ganze ab.
Fazit:
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Fesselnd geschriebene und berührende Familiengeschichte um das Thema "Deutschmädchen" und den Massensuizid in Demmin
„Die meisten Geheimnisse der Menschen haben keine Konsequenzen für jemand anderen als sie selbst. Sie wollen einfach nicht, dass andere etwas über sie erfahren. Aber es gibt auch Geheimnisse, die für das Leben der anderen wichtig sind und die erzählt werden sollten.“ (Zitat Seite 361)
Inhalt
Juni, Anfang dreißig, braucht eine Auszeit, um über ihre Ehe mit Jahn und über ihre Zukunft nachzudenken. Sie zieht sich in die Einsamkeit einer kleinen norwegischen Insel zurück. Von ihrer vor kurzem verstorbenen Mutter Lilla hat Juni dort das Haus ihrer Großeltern geerbt. Umgeben von den Erinnerungen an ihre Kindheit, deren erste Jahre sie in diesem Haus bei den Großeltern verbracht hatte, beginnt Juni, die Sachen zu ordnen. Sie entdeckt zwei Schachteln, die tief hinter der Wäsche im Schrank der Großeltern versteckt waren. Darin befinden sich Erinnerungsstücke und ein altes Foto, das ihre Großmutter Tekla mit einem deutschen Soldaten zeigt, datiert 27. Juni 1945. Auf der Suche nach Antworten beginnt Juni nachzuforschen und mit dem Wissen um die Vergangenheit findet sie auch zu sich selbst.
Thema und Genre
In diesem Generationen- und Familienroman geht es um die Auswirkungen, die das Schweigen der Großeltern auf die Nachkommen hat. Der Zweite Weltkrieg, Norwegen unter deutscher Besetzung und die unmittelbare Nachkriegszeit bilden den Hintergrund vor allem für die Schicksale der Frauen in dieser Zeit, Leid, aber auch Freundschaft und Liebe.
Charaktere
Im Mittelpunkt der Geschichte stehen drei Frauen, Tekla, Lilla und Juni, Großmutter, Tochter und Enkelin. Doch es sind vor allem Männer, die ihr Leben und ihre Entscheidungen geprägt haben.
Handlung und Schreibstil
Die Geschichte wird in zwei Erzählsträngen geschildert. Der erste Erzählstrang spielt in der Jetztzeit und im Mittelpunkt stehen Juni und ihre Recherchen. Junis Erinnerungen an ihre Großmutter Tekla, ihren Großvater Konrad, und auch an ihre Mutter Lilla unterbrechen und ergänzen die aktuelle Handlung. Der zweite Erzählstrang spielt in der Vergangenheit, in den Jahren zwischen 1944 und 1948. Die Sprache entspricht dem Genre.
Fazit
Die Beschreibung dieses Romans als „Der bewegende Bestseller aus Norwegen um ein unbekanntes Stück deutscher Geschichte“ hat mich neugierig gemacht. Doch leider ist es nur eine weitere Geschichte des seit einigen Jahren sehr beliebten Genres „Berührender Generationen- und Starke-Frauenfiguren-Roman mit Familiengeheimnis". Den Hintergrund bildet eine plakative Schilderung der Zeit um und nach Kriegsende im Osten von Deutschland unter den Russen, und im völlig zerstörten Berlin. Somit nichts, das man nicht schon wusste. Auch die deutsche Besetzung Norwegens wird nur kurz und oberflächlich für Teklas Geschichte gestreift. Meine Erwartungen konnte dieser Roman nicht erfüllen, aber ich bin sicher, dass er auch in hier in Deutschland Leserinnen dieses Genres begeistern wird.
Juni hat das Haus auf der Insel von ihren Großeltern geerbt. Und nun erweist sich das Haus, von dem sie nicht wußte, was sie damit anfangen soll, als Zuflucht. Juni will zur Ruhe kommen und sonst eigentlich nichts. Es überrascht sie daher sehr, als sie ein altes Foto ihrer Großmutter findet, auf dem sie mit einem deutschen Soldaten zu sehen ist. Was gibt es da für eine Geschichte? Lilla, Junis Mutter, hat sich immer geweigert ihrer Tochter zu sagen, wer ihr Vater ist. Doch offensichtlich hat auch Tekla, die Großmutter einiges verschwiegen. Juni will mehr über das Leben ihrer Großmutter erfahren.
In diesem ungewöhnlichen Roman geht es um Frauen in Norwegen, denen es geschah, dass sie sich während oder nach dem zweiten Weltkrieg in einen deutschen Soldaten verliebt haben. Wenn sie zu ihrer Beziehung standen, wurden sie mitunter von Bekannten oder gar ihrer Familie verstoßen. Wenn sie dann mit ihren Partnern nach Deutschland gingen, verloren sie sogar die Norwegische Staatsbürgerschaft. Und man kann erahnen, dass es ihnen in Deutschland kurz nach dem Krieg auch nicht gut ging. Und vieles aus diesen Lebensgeschichten wird verschwiegen. Doch wie wirkt sich gerade dieses Schweigen auf Kinder und Enkel aus?
Mit großem Geschick verbindet die Autorin berührende Momente mit der spannenden Suche nach der Wahrheit. Kleine Hinweise geben Juni die Möglichkeit, ihre Mutter und ihre Großmutter neu zu entdecken. Während sie lernt zu verstehen, wieso das Verhältnis zwischen Lilla und Tekla so schwierig war, lernt sie auch etwas über sich, über sich und ihre Mutter. Wird es ihr helfen, mehr zu sich selbst zu finden. Leser und Leserinnen finden hier einen ausgesprochen lesenswerten Roman über einen Teil der Geschichte, der wohlmöglich nicht so bekannt ist. Umso positiver ist hervorzuheben, dass das Thema die Autorin gesucht und sie es gefunden hat. Eine wirklich glückliche Fügung, die einem Lesestunden beschert, die man nicht so schnell vergisst.
Zur Autorin (Quelle: Fischer Verlag):
Trude Teige bietet uns einen bewegenden Einblick in die Nachkriegszeit in Norwegen und Deutschland und wie das Schicksal auch die folgenden Generationen prägt. Ihr Roman »Als Großmutter im Regen tanzte« stand mehrere Jahre lang auf den norwegischen Bestsellerlisten; ihre Werke werden in viele Sprachen übersetzt. Trude Teige gehört zu den bekanntesten Journalistinnen und TV-Moderatorinnen Norwegens. Für »Als Großmutter im Regen tanzte« recherchierte sie auch in Berlin und Demmin.
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Mein Lese-Eindruck:
Trude Teige greift ein bis dato vernachlässigtes und vielen unbekanntes Thema auf: das Schicksal der sog. „tyskerjentene“, der „deutschen Mädchen“. Damit sind die Frauen gemeint, die während des II. Weltkriegs aus unterschiedlichen Gründen mit einem der deutschen Besatzer eine Liebesbeziehung eingingen. Sie wurden öffentlich geschoren und so als Volksverräterinnen gebrandmarkt. Damit verloren sie nicht nur ihre Ehre, sondern oft auch auch ihre berufliche Anstellung.
Nach der Heirat verloren sie ihre norwegische Staatsbürgerschaft, d. h. sie verloren nun auch ihre Heimat. Lebten sie noch in Norwegen, wurden sie bei Kriegsende ohne richterlichen Beschluss in Lagern interniert und nach Deutschland expatriiert, da sie ja deutsche Staatsbürger waren. Erst ab 1950 wurde ihnen die norwegische Staatsbürgerschaft wieder zuerkannt, sofern sie sich in Norwegen niederlassen wollten.
Man schätzt, dass ca. 50.000 Frauen betroffen waren; die Dunkelziffer dürfte hoch sein. Aus diesen Beziehungen gingen ca. 12.000 Kinder hervor, die in Pflegefamilien oder Heimen untergebracht wurden. Übrigens gab es auch Beziehungen zwischen Norwegern und deutschen Frauen, die jedoch unbeanstandet blieben.
Das Ausmaß dieses Rechtsbruchs seitens der norwegischen Regierung wurde erst in den letzten Jahren bekannt. Wichtig war hier die Biografie der ABBA-Sängerin Anni-Frid Lyngstadt, die als Tochter einer „tyskerjente“ und eines deutschen Soldaten zur Welt gekommen war. Inzwischen erfolgte eine offizielle Entschuldigung.
Trude Teige hat sich also ein sehr brisantes Thema ausgesucht. Sie verknüpft es mit der desolaten Situation des besiegten Deutschlands 1945 und dem Massenselbstmord in Demmin, einer Stadt in der sowjetisch besetzten Zone, einem ebenfalls lange Zeit verschwiegenen Thema.
Die Handlung erstreckt sich über drei Generationen und zwei Zeitebenen. In der Jetzt-Zeit ist es die Enkelin Juni, die vor ihrem gewalttätigen Ehemann flüchtet und das Haus der lange verstorbenen Großmutter aufsucht. Bei der Sichtung des Nachlasses fallen ihr unerklärliche Fotos und geheimnisvolle Briefe in die Hände, sie ahnt ein dunkles Familiengeheimnis, und so beginnt sie ihre Recherchen zum Schicksal der Großmutter Thekla. Deren Geschichte wiederum wird als paralleler Handlungsstrang erzählt, sodass der Leser mehr weiß als die Enkelin. Der abrupte Wechsel der Zeitebenen führt am Anfang zu Orientierungsproblemen führt und hemmt den Lesefluss.
Die zentrale Figur des Romans ist die Großmutter Thekla. Ihre Enkelin Juni bleibt eher blass, noch mehr aber Lilla, die Vertreterin der Zwischengeneration: eine Frau, die sich weder mit ihrer Mutter noch mit ihrer Tochter versteht und zur Alkoholikerin wird. Offensichtlich wurden die traumatisierenden Erlebnisse der Großmutter unreflektiert an die Tochter und wiederum an die Enkelin weitergegeben („transgenerationale Traumaweitergabe“). Zwischen Enkelin und Großmutter bestehen viele Parallelen, die sich nicht nur in biografischen Details zeigen (z. B. ungeklärter Vaterschaft), sondern sinnfällig werden in der Reise der Enkelin zu den Lebensorten der Großmutter und Zeitzeugen.
Die Autorin hat gründlich recherchiert, das muss man ihr lassen. Die Vermittlung der historischen Wirklichkeit gelingt ihr aber weniger durch die Handlung als durch belehrende Gespräche: der Bürgermeister, der neue Freund und Nachbar, der zufällig Historiker ist und der wiederum einen kundigen Freund hat. Etwas mehr „show not tell“ hätte dem Roman Lebendigkeit verliehen! Die Situation der Bevölkerung im hungernden Berlin wird zwar in eindringlichen Bildern vermittelt, aber z. B. das tagelange Herumirren Theklas und erst recht der Besuch einer Entnazifizierungsverhandlung wirken aufgesetzt und unmotiviert.
Der Schluss wirkt sehr enttäuschend: plötzlich ist er da, und der Roman rutscht ins Triviale eines Liebesromans ab. Leider.
Laut Statistik wird jede 10. Frau vergewaltig! Und wie gehen diese Frauen damit um?
Bei Liv (verheiratet, 2 Kinder, in Oslo lebend) fand ‚es‘ vor ca. 15 Jahren statt! Und sie versuchte ‚die Erinnerung weg zu rationalisieren‘: außer einer Freundin aus dem Studium erfuhr es niemand (und die durfte es nicht weitererzählen)! Livs Plan: ‚sie würde es aushalten, es mit aller Macht hinkriegen, weiterzulaufen‘.
Das war/ist aber nicht so einfach, wie sie sich das vorstellte: „Ich wurde von einem Werwolf gebissen. Es ist irreversibel, der Biss geht nicht weg, egal was ich tue. Ich habe alles versucht, ich habe die Wunde gesäubert, ich habe sie ignoriert, ich habe sie verheilen lassen, ich habe sie wieder aufgekratzt.“
Auf Seite 70 führt sie einen Katalog auf, der sie ‚zurückwerfen könnte‘:
‚alles, was um die Handgelenke strammt, alles, was um den Hals strammt, zu warm angezogen sein, öffentliche Toiletten, zu viele Menschen im Bus, den Körper einer anderen Person im Bus zu berühren, vereinzelte Blicke, vereinzelte Gestalten, Spannbettlaken, das Geräusch einer Gürtelschnalle……………. (und etliche mehr, die insgesamt eine knappe Seite füllen!)
Das Buch von Heidi Furre, ist das das erste von ihr, das 2023 auf Deutsch erschien, übersetzt wurde es von Karoline Hippe. Vielleicht empfinden manche Leser*innen das Buch als ein Aneinanderreihen von banalen Alltagssituationen - ich sah darin Livs Versuch, den Alltag zu bewältigen und das ging bei mir gewaltig unter die Haut!
Interessant fand ich auch die Erwähnung von ‚Il Giardino die Tarocci‘, mit der Niki de Saint Phalle ihr persönliches Trauma versuchte, zu verarbeiten. (Und ich werde definitiv diesen ‚Tarot-Garten‘ besuchen, wenn ich in der Provinz Grosseto bin!)
Fünf Sterne gebe ich diesem beeindruckenden Umgang mit einem schweren, aber (nach meiner Meinung) höchstwahrscheinlich ewigen Thema und empfehle es allen, die sich stark genug fühlen, sich damit zu beschäftigen!
Heidi Furre hat ein Buch geschrieben, das nicht dem reinen Lesevergnügen dient, dazu ist das Thema zu verstörend und zu präsent.
Die Macht sich eines anderen Menschen zu bemächtigen, gewaltsam in ihn einzudringen, ist eine furchtbare Macht, die keinem Menschen gegeben sein sollte. Ein nur einmaliges Ausüben dieser Macht, kann ein ganzes langes Leben zerstören.
Liv ist mittleren Alters, lebt mit ihrer Familie in ihrem Heim in Norwegen. Sie beschreibt ihr tägliches Leben zuhause, auf ihren Wegen und ihrer Arbeit in einem Pflegeheim.
Mit scharfem Blick analysiert und reflektiert sie ihre detaillierten Beobachtungen, präzise sieht sie die menschlichen Stärken und Schwächen, ihr Tun und Trachten.
Verfolgt wird sie von dem Unfreiwilligen, dem Ekligen, so nennt sie es, die Vergewaltigung. Alles was sie gerne tat, wurde durch sie verdorben, alle Leichtigkeit ist dahin. "Denn es ist allgegenwärtig, das was ich suche zu vergessen."
"Ich wurde von einem Werwolf gebissen, der Biss geht nicht weg, egal was ich tue, es ist irreversibel", sagt sie.
Ihr ist eine Vergewaltigung widerfahren, von der man von außen betrachtet nicht genau weiß, ob es eine war. Liv weiß nicht, ob sie nein dazu gesagt, oder nur gedacht hat, groß gewehrt hat sie sich auch nicht, sie hat es über sich ergehen lassen. Seit dem vergiftet dieses Geschehen ihr Leben.
Wird sie Heilung und Vergessen finden?
Das Cover des Buches hat hohen Symbolcharakter, zerbrochenes Porzellan in rosa, rosarot sind die Träume der Mädchenträume, der Unschuld, zerbrochen, nicht mehr zu heilen.
Kintsugi ist die japanische Kunst, Kostbares, das zerbrochen ist zu veredeln, etwas noch schöneres daraus zu gestalten.
Ob das nach einer Vergewaltigung möglich ist?
Klappentext:
„Liv ist Pflegerin, Mitte dreißig und führt ein scheinbar perfektes Leben in einem Osloer Einfamilienhaus. Sie liebt ihren Mann Terje und ihre beiden Kinder Rosa und Johannes. Aber was kaum jemand weiß, nicht einmal ihr Mann: Liv ist vor Jahren vergewaltigt worden.Der Gang zum Zahnarzt ist für sie eine Herausforderung, wenn sie nachts von der Bushaltestelle nach Hause läuft, muss sie Terje anrufen. Überall lauert die Angst. Liv bemüht sich, die Oberfläche frei von Kratzern zu halten. Auch wenn sie hinter der Fassade damit beschäftigt ist, ihr Trauma zu bewältigen: Sie will die Opferrolle nicht annehmen. Der Vorfall liegt ein halbes Leben zurück, warum soll er immer noch bestimmen, was sie im Hier und Jetzt tut? Doch als eine neue Patientin ins Pflegeheim eingeliefert wird, deren Bruder vor Jahren wegen einer Vergewaltigung angeklagt worden ist, muss Liv ihr mühsam aufgebautes Leben verteidigen. Bei ihrer Familie und ihrer Freundin Frances findet sie Kraft und Trost: Sie wagt die Konfrontation und übt den Befreiungsschlag – denn sie will unbedingt die Macht über sich selbst zurück.“
Autorin Heidi Furres spricht in ihrem Roman „Macht“ Themen an, über die man nicht so ohne weiteres spricht. Es geht um den Umgang mit sexueller Gewalt, vielmehr geht es darum wie eine Frau der dies widerfahren ist, damit umgeht. Protagonistin Liv hat dies erlebt und sie erzählte es so gut wie niemanden. Selbst ihr Mann hat davon keine Ahnung. Einerseits ist es ihr Schutzschild damit irgendwie umzugehen aber ihrer Familie gegenüber ist es doch auch ungerecht da sie sie in vielen Situationen im Leben sie immer und immer wieder braucht. Einigen erscheint dies komisch, andere denken es ist ein Tick, aber die Wahrheit kennt nur Liv. Liv hat ihre Gewohnheiten und lebt damit, ihre Mitmenschen stellen dazu kaum Fragen aber dennoch. Sie gehört halt nicht zu der Spezies die sich offen hinstellt und ihre Lebensgeschichte in die Welt hinausposaunt. Schlussendlich stellt sich immer wieder die Frage wer hier die Macht über wem hat! Hat das Trauma Liv voll im Griff oder Liv das Trauma? Genau diese Entwicklung beschreibt Furres brillant in diesem Buch. Der Leser wird auf eine rasante und äußerst emotionale Achterbahnfahrt mitgenommen. Man würde so gern mit Liv reden, ihr Mut machen endlich alles zu erzählen, damit ihre Seele zu erleichtern aber auch andere Frauen bzw. Menschen Mut zu machen diese Schandtaten öffentlich zu machen denn keiner ist damit allein! Liv ist mittlerweile so verbissen in diesem Trott das es schon selbst beim lesen weh tut. Sie muss ihren Weg selbst finden! Anders geht das nicht! Eine Wendung tritt ein als eine Patientin ins Pflegeheim eingeliefert wird, ja, aber hier gilt es auch Grenzen einzuhalten und diese zu wahren. Furres erzählt die Geschichte brillant! Sie reibt viele Themen auf bis sie schmerzen. Ihr Wortwahl ist passend und der Ausdruck ebenfalls. Selbstredend ist die Geschichte keine leichte Kost aber es ist ein Meilenstein wenn auch über solche Opfer berichtet wird!
Ein gewaltiges Werk mit passendem Titel! 5 Sterne!
In diesem Roman der norwegischen Schriftstellerin und Fotografin dreht sich alles um Macht. Aber eben nicht um politische Macht, sondern um die Macht über den eigenen Körper. Denn die namenlose Ich-Erzählerin hat vor 15 Jahren eine Vergewaltigung erleben müssen und kämpft seitdem um diese Macht, nachdem sie sie an einem Abend komplett verloren hatte.
Mit lakonischer Sprache schildert uns die Erzählerin ihre aktuelle Lebenswelt. Sie ist Krankenpflegerin, verheiratet und hat zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen, ist mittlerweile gut situiert. Diese finanzielle Unabhängigkeit nutzt sie, um durch luxuriöse Kleidung sowie teure Pflege- und Kosmetikprodukte ihren Körper nach den eigenen Vorstellungen formen zu können. Alles muss perfekt sein. Oder zumindest so scheinen. Denn sie meint auf der Straße anderen Frauen ansehen zu können, ob sie in ihrem Leben auch schon vergewaltigt worden sind. Eine von zehn Frauen in Norwegen hat diese Erfahrung machen müssen. Nun möchte Sie mit aller Macht die Kontrolle über ihren Körper zurück, hätte sie am liebsten nie abgegeben.
Anhand kleinster, alltäglicher Situationen macht Furre deutlich, wie sich die Vergewaltigung ganz ohne Verfallsdatum noch viele Jahre nach dem Vorfall auf das Leben ihrer Protagonistin auswirkt. Der Gang zur Zahnärztin, das damit verbundene an die Decke starren und warten, dass es endlich vorbei ist. Einmal Angst gehabt zu haben, durch die Hand eines Mannes zu sterben und nun jede Nacht neben einem solchen im Ehebett zu liegen. Ständig der Bedrohung einen Schritt voraus sein zu wollen, ob beim Weg nachhause vom Bus oder bei der Krebsvorsorge. Immer die Kontrolle, die Macht behalten. „Ich bügele meine Blusen und reinige meine Haut. Das ist mein Überlebensmodus.“
Der eigentliche Akt der Vergewaltigung wird dabei nicht detailliert von Furre geschildert. Das braucht es nicht, um den Horror einer solchen Tat zu verdeutlichen. Dabei hadert die Protagonistin doch auch stark mit sich selbst. Zweifelt in Gedanken noch Jahre später an, ob es überhaupt „definitionsgemäß“ eine Vergewaltigung war, ob sie sich nicht hätte mehr wehren sollen, ob es nicht doch ihre eigene Schuld war. Ganz meisterhaft lotet die Autorin mithilfe der Gedanken ihrer Erzählerin aus, was in unzähligen #metoo-Debatten seit dem Herbst 2017 zur Sprache kam. Sie ermöglicht es dabei ihrer Erzählerin den Vorfall und die Konsequenzen aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen. Wobei uns Leser:innen durchaus bewusst wird, dass diese Abwägungen für die Erzählerin mitunter eher Vermeidungsstrategien darstellen und sie in ihrer Heilung behindern. Sie berichtet uns von ihren mal mehr, mal weniger adäquaten Bewältigungsstrategien und wir dürfen sie ein Stück auf ihrem Weg der Bewältigung begleiten.
Sprachlich ist der Roman sehr nüchtern aber dadurch auch immer unglaublich präzise formuliert. Auf den nur 170 Seiten finden sich unzählige prägnante Sätze, die lange nachhallen. Ebenso wie die ganze Geschichte dieses Romans, oder besser: dieser Frau. Denn es ist leider die Geschichte von so vielen Frauen (und weniger, aber auch Männern). Jede Person hat eigene Bewältigungsstrategien, hier bekommen wir eine Auswahl davon zu lesen. Das ist unglaublich aufschlussreich und einprägsam. Und letztlich vielleicht sogar aufgrund der lakonischen Sprache besonders erschütternd.
Auch wenn die Autorin zum Ende hin ein wenig diese knackige Art der Beschreibungen aus den Augen verliert, finde ich den Roman einfach nur großartig. Dünn aber ungemein gehaltvoll, weshalb ich die Lektüre dieses Buches nur dringend empfehlen kann.
Zum Abschluss noch ein Wort zur Gestaltung des Buches. Die Covergestaltung ist wirklich überwältigend treffend in seiner Mehrdeutigkeit. Erwähnenswert sind aber auch die beiden Fotografien auf dem Vor- und Nachsatz. Diese stammen von der Künstlerin Niki de Saint Phalle aus dem Jahre 1961. Eine Künstlerin, die sich Zeit ihres Lebens mit den Folgen einer Vergewaltigung auseinandergesetzt hat. Und sie spielt auch eine gewisse Rolle für die Erzählerin, sodass bei dieser Ausgabe des DuMont Buchverlags wirklich von vorn bis hinten alles durchdacht gestaltet wurde. Toll!
4,5/5 Sterne
REZENSION – Ein eindrucksvolles Epos, wie man es heute nur selten zu lesen bekommt, ist der im Januar im Piper Verlag erschienene Roman „Dein Fortsein ist Finsternis“ des isländischen Schriftstellers Jón Kalman Stefánsson (59). Es ist eine bewegende Erzählung gegen das Vergehen und Vergessen, eine kompakte Island-Saga, die aus der Gegenwart weit über 120 Jahre bis ans Ende des 19. Jahrhunderts zurückreicht und am Beispiel einer bäuerlichen Familie und ihres Umfelds über sechs Generationen den Wandel dieser einst überwiegend von armen Schafzüchtern und Fischern fernab jeder Bildung und Kultur bewohnten kargen Insel „am nördlichen Ende der Welt“ zu einem heute extravaganten Ausflugsziel internationaler Touristen beschreibt.
„Dein Andenken ist Licht, dein Fortsein Finsternis“ lautet die Inschrift eines verwitterten Grabsteins auf dem uralten Friedhof an einem entlegenen Fjord, der noch älter als die kleine Kirche ist, in der Stefánssons namenloser Erzähler mit totalem Gedächtnisverlust erwacht. Hinter ihm sitzt ein geheimnisvoller alter Mann, der sich dem Erzähler nicht zu erkennen gibt – ist es Gott, der Teufel, das personifizierte Schicksal? –, ihn aber auf seiner Spurensuche begleiten wird. Auf dem Friedhof trifft der Erzähler Rúna, die ihm die Geschichte ihrer Familie zu erzählen beginnt und ihn zu ihrer Schwester Sóley schickt, Betreiberin des kleinen Dorfhotels am Ufer des Fjords.
Mit Hilfe dieser und anderer Geschichten über Familie, Nachbarn und Freunde in Gegenwart und Vergangenheit setzt der Erzähler eine faszinierende Island-Saga zusammen, geleitet vom geheimnisvollen Alten, dem bärtigen „Busfahrer mit der Lizenz, mich zwischen den Welten und Zeiten, den verschiedenen Bühnen des Lebens hin und her zu kutschieren.“ Wir lernen die Vorfahren des Musikers Eiríkur kennen, der als junger Mann Island verlassen hat und 40 Jahre später auf Drängen seines Vaters Hálldor nach Nes zurückkehrt. Seine Familiengeschichte reicht bis zur Ururgroßmutter Guðríður zurück: „… alles geschah, weil Pétur und Guðríður vor hundertzwanzig Jahren nach Stykkishólmur ritten.“
Aus einzelnen Erzählungen („Manche Leben scheinen so ereignislos zu verlaufen, dass sie sich kaum beschreiben lassen.“) baut sich eine großartige Familiengeschichte auf, in der nicht nur Guðríður und Pétur einst der „Kompassnadel ihres Herzens“ gefolgt sind, sondern auch ihre Nachkommen auf jeweils eigene Art, waren sie sich doch trotz wandelnder Zeiten in Charakter und Mentalität ähnlich: »Die Vergangenheit lebt ewig in uns weiter. Sie ist der unsichtbare, geheimnisvolle Kontinent, von dem du manchmal im Halbschlaf eine Ahnung bekommst.«
Jón Kalman Stefánsson springt in seinen Roman von Figur zu Figur, von Geschichte zu Geschichte, durch Zeiten und Generationen scheinbar beliebig hin und her, so dass man die Übersicht verlieren und sich in den Generationen leicht verirren kann. „Manche nennen es den Spaß der Götter. Karten und Leben durcheinanderzuwirbeln, zu ihrem Vergnügen Knoten zu schürzen, irgendwo eine unerwartete Kurve einzubauen, eine Brücke einzureißen, unsere Herzen in Wallung zu versetzen und dem Dasein einen Stups zu geben, um alles, was fest und sicher scheint, auf den Kopf zu stellen.“ Dann empfiehlt es sich, den Rat des Erzählers anzunehmen: „Halldór und Páll Skúlason. Merk dir die Namen, aber halte dich vorerst nicht länger mit ihnen auf, denn kaum erwähnen wir sie, treten sie auch schon wieder zurück wieder zurück in den Schatten, …. und treten wieder hervor, wenn sie gerufen werden.“ Es sind die kleinen schicksalhaften, wahrhaftigen und berührenden Geschichten, die jede für sich allein schon einem Kurzroman gleicht. Aus dem Gesamtbild aller Einzelschicksale ergibt sich schließlich die literarisch ungewöhnliche Island-Saga, die nicht nur in ihren Menschen- und Landschaftsbeschreibungen atmosphärisch beeindruckt, sondern auch sprachlich – auch ein Verdienst des Übersetzers Karl-Ludwig Wetzig. Für Stefánsson Roman gilt, was dort über den Brief der Großmutter an Eiríkur zu lesen ist: „… zwischen den Zeilen schimmerten Wärme und Zuneigung durch, flossen wie eine mächtige Strömung unter den Sätzen.“ Es ist schon ein paar Jahre her, dass mich ein Schriftsteller mit seinem Buch derart begeistert hat, tief berührt und nachdenklich zurückgelassen hat.
Kurzmeinung: Nicht der übliche Generationenroman!
Der Autor hat mit diesem zauberhaften Roman das isländische Leben vergangener Tage mit dem Island von heute verbunden. Wie hat er das gemacht? Indem er sein Gedächtnis verlor!
Die Menschen von denen Stefánsson berichtet, leben in einem relativ abgeschiedenen Fjörd, in Island ist es immer kalt. Die Natur bestimmt das Leben. Doch obwohl die Menschen nicht reich sind und oft kaum ihr Auskommen finden, sind sie nicht hinterwäldlerisch. Sie haben eine Antenne zur restlichen Welt und manche von ihnen bereisen sie auch, kehren jedoch immer wieder zurück, weil Island ihre Heimat ist. Und Heimat ist Heimat.
Der Autor himself ist im Buch und deshalb nah dran! Er lebt in einer Symbiose oder einer Art Doppelexistenz mit einem Heimkehrer, der sein Gedächnis verloren hat und nun, als er die Seinen wiedertrifft, nicht weiß, wie er sie einordnen soll, deshalb schreibt er über sie. Das ist sehr charmant. Diese Menschen sind wie sie überall sind. Verlorene Seelen, meint er, die eine Weile glücklich sind. Wir leben und dann sterben wir. Punkt.
Der Kommentar:
In Stefánssons Schreibweise muss man sich ein wenig einleben. Seine Figuren sind sehr musikverliebt und oft traurig bis depressiv. Weil sie einen so nahen Bezug zur Musik haben, spielt Musik und spielen Musiktitel eine große Rolle im Buch, ständig werden Songzeilen zitiert.
Auf dem Fest, wo sich Lebende und Tote vereinen, wird die Playlist der Toten gespielt. Diese Playlist mit sämtlichen Titeln darauf, findet sich am Ende des Buches gelistet. Eine nette kleine Zugabe, es sind sicherlich vom Autor sehr geschätzte Songs.
Der Erzähler ist auf dem Weg zu diesem Fest und auf dem Wege erzählt er von allen, die eigentlich zur Fjördgemeinschaft dazugehören, von denen einige aber bereits das Zeitliche gesegnet haben. Der Roman ist jedoch keineswegs esoterisch angelegt und Geister haben keinen Zutritt. Natürlich sind die erzählten Schicksale besonders, die Vater-Sohn-Beziehungen sind problematisch; die Familie wird immer getragen von den Frauen. Die Männer haben den Alkohol. Und, wie gesagt die Musik. Sie tröstet doch immer. Und natürlich geht es auch um den Tod. Eine Weile sind wir da und dann sind wir fort. Allein diese Tatsache macht die Melodie des Lebens melancholisch.
In diesem Roman habe ich nichts vermisst. Aber auch gar nichts. Es ist ein langsames Buch in getragenem Ton und einer sehr sanften untergelegten Heiterkeit, für die man jedoch ein Ohr braucht, sonst bleibt sie unbemerkt. Die vielen Wiederholungen, die der Autor als Stilmittel einsetzt, haben ihre berechtigte Wirkung als Verzögerungen, Vertiefungen und Akzentuierungen. Man muss sie mögen, sie sind wie Gedichtzeilen. Das ganze Buch ist adagio. Ganz und gar nichts für Spannungsleser, obwohl die Geschichten, die erzählt werden, nicht ohne sind.
Fazit: Wunderbar! Islandverliebt.
Kategorie: Anspruchsvoller Roman
Verlag: Piper, 2023
Gestaltung:
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Ein gelungenes Titelbild mit einem typisch schwedischen See in düsterer Atmosphäre. Das Buch ist als Hardcover sogar mit einem Lesebändchen versehen und daher sehr wertig für einen Krimi.
Inhalt:
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Während seine Freunde goldene Hochzeit feiern, wird der bekannte Fotograf Rolf in seinem Ausstellungsraum ermordet. Alles deutet darauf hin, dass sein Tod mit seiner Ausstellung zu tun hatte. Doch welche Fotos wollte er präsentieren, die offenbar jemanden zum Töten gebracht haben? Die Polizei, vertreten durch Kommissar Patrik Hedström und sein Team, tappen im Dunkeln. Durch einen Tipp werden sie auf die Spur eines unaufgeklärten Mordfalls an einer Transfrau und ihrer Tochter aus den 1980er-Jahren gesetzt. Doch wie hängen diese Vorfälle zusammen? Dass kurz darauf in Rolfs Freundeskreis weitere Personen brutal ermordet werden, gibt neue Rätsel auf. Erica Falck, Schriftstellerin und Partnerin von Patrik forscht daher für ihr neues Buch in dem alten Fall nach. Dabei kommen immer mehr Geheimnisse des Freundeskreises ans Tageslicht und Erica gerät immer mehr selbst in Gefahr.
Mein Eindruck:
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Die Autorin ist sehr bekannt für ihre spannenden Krimis, ich hatte bisher noch kein Buch von ihr gelesen und war neugierig. Ich hatte zunächst einige Schwierigkeiten, in die Handlung hineinzufinden. Das liegt daran, dass sehr viele Personen eingeführt werden und sich die Autorin mit vielen Nebensträngen befasst und diese ausführlich schildert. Auch das Privatleben nicht nur von Erica und Patrik wird mit eingewoben, sondern auch das von einigen Polizisten im Team, was m. E. weder für den Fall noch für den Roman insgesamt relevant war. Mag sein, dass Fans der Reihe eine Weiterentwicklung aller Charaktere erwarten, aber für mich hat es den Krimi unnötig in die Länge gezogen. Was mich dabei auch irritiert hat, ist die Tatsache, dass die Ermittlungen Ericas gar nicht so stark im Fokus stehen, wie man durch den Untertitel annehmen könnte.
Nach etwa den ersten 100 Seiten war ich dann aber von der Handlung gefesselt. Das liegt zum einen daran, dass die Geschichte auf den unterschiedlichen Zeitebenen Gegenwart und 1980 spielt, zum anderen erhält man Einblicke in die verschiedenen Perspektiven der handelnden Personen. Es gibt kaum Kapiteleinteilungen, sodass man animiert wird, von einem Abschnitt zum anderen immer weiter zu lesen. Ich konnte das Buch kaum noch aus der Hand legen und bis fast zum Schluss hatte ich keine Ahnung, wie die Fäden letztendlich zusammenlaufen würden. Das ist Frau Läckberg sehr gelungen. Allerdings empfand ich das Ende als sehr stark konstruiert. Es hatte auf mich schon fast einen erzwungenen Eindruck, nur damit der Leser auf keinen Fall auf die Lösung kommen kann, hat sich die Autorin ein teils konfuses und unwahrscheinliches Setting konstruiert. Daher hat mich das Ende nicht so zufriedengestellt, wie erhofft.
Fazit:
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Nach Einstiegsschwierigkeiten spannender Krimi, bei dem nichts ist, wie es scheint und u.a. LGBT-Themen sozialkritisch zur Sprache kommen
Fjällbacka wird von zwei Verbrechen erschüttert. Ein brutaler Mord in einer Kunstgalerie und ein Anschlag auf die Familie des Bestseller-Autors Henning Bauer. Dass diese Fälle zusammenhängen müssen ist Kommissar Patrik Hedström klar und als seine Ehefrau Erica Falck bei ihren Recherchen zu ihrem neuen Buch auf einen rätselhaften Mord in den achtziger Jahren stößt, stellen die beiden schnell eine Verbindung her. Doch welche dunklen Geheimnisse dann ans Tageslicht kommen, damit hat keiner gerechnet.
ich liebe die Reihe mit Erica Falck und Patrick Hedström, auch in "Kuckuckskinder" konnte ich der Entwicklung meiner beiden Lieblingsermittler wieder herrlich folgen. Doch aufgrund der Vielzahl der Charaktere gleich zu Anfang hatte ich einen etwas schwierigen Start in die Story.
Der Schreibstil von Camilla Läckberg ist wie gewohnt sehr flüssig und mitreißend, der Wechsel zwischen den Perspektiven der Gegenwart und der Vergangenheit erzeugen eine hohe Dynamik und steigern die Spannung und Dramatik von Kapitel zu Kapitel.
Sehr gut fand ich, wie die Handlungen in Stockholm in den achtziger Jahren sich nach und nach nahtlos in den aktuellen Fall eingefügt haben. Ein fesselndes Rätsel mit deren Auflösung ich so zum Schluss nicht gerechnet hätte.
Ein weiterer Fall aus Fjällbacka der mich in seinen Bann gezogen hat. Von mir 4,5 Sterne
Das idyllische Fjällbacka wird innerhalb kurzer Zeit von mehreren Verbrechen erschüttert. Während der berühmte Schriftsteller Henning Bauer, der sich berechtigte Hoffnungen auf den Literaturnobelpreis macht, mit seiner Ehefrau seine Goldene Hochzeit feiert, wird der bekannte Fotograf Rolf Stenklo brutal in seiner Galerie ermordet. Eigentlich sollte Stenklo auch zur Feier kommen, immerhin ist er seit Jahrzehnten mit dem Ehepaar Bauer befreundet. Doch der Fotograf hatte es abgelehnt, zu der Feier zu erscheinen. In seiner neuen Ausstellung wollte er offenbar etwas Wichtiges aus der Vergangenheit offenlegen. Auch innerhalb der Familie Bauer scheint nicht alles zum Besten zu stehen. Zwischen den beiden Söhnen des Jubelpaares, Peter und Rickard, gibt es heftigen Streit und Rickards betrunkene Rede auf der Feier offenbart tiefe Verwerfungen auch mit dem Vater. Und bald schon kommt es zu einem weiteren blutigen Verbrechen im Schärengarten.
Während Kommissar Patrik Hedström und seine Kollegen ermitteln, packt seine Frau Erica Falck mal wieder die Neugier. Durch einen Hinweis stößt sie auf die Geschichte einer Trans-Frau in den 80er Jahren in Stockholm, die als Lola in einer Bar den Lebensunterhalt für sich und ihre kleine Tochter verdiente. Bei einem Brand kamen beide ums Leben, oder handelte es sich womöglich um Mord?
Wie immer bei der Hedström-Falck-Reihe stellen sich bald Verbindungen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart und zwischen den beiden Fällen her, die so manches in einem ganz neuen Licht erscheinen lassen.
Wer die Reihe kennt, wird sich freuen, dass man auch weiterhin so einiges aus dem Privat- und Familienleben von Patrik und Erica erfährt, was auch immer mal wieder zum Schmunzeln anregt. Die verschiedenen Zeitebenen werden geschickt miteinander verwoben und tragen zur Spannungssteigerung bis zum actionreichen und überraschenden Finale bei. Unterhaltsam wie immer!
Ruhig und Atmosphärisch
Der 11.Fall der Fjällbacka-Reihe ein ruhiger, atmosphärischer Roman rund um ein gut bekanntes Ermittler-Team.
"Kuckuckskinder" ist der inzwischen 11. Band der Reihe.
Die schwedische Autorin wurde am 30. August 1974 in Fjällbacka/Schweden geboren. Ihre Kriminalromane haben großen Anklang bei vielen Lesern gefunden. Einige ihrer "Falk-Krimis" haben es auch auf den TV Bildschirm geschafft.
Die Autorin Camilla Läckberg schickt hier ihr bewährtes Team aus Kommissar Patrik Hedström und der Schriftstellerin Erica Falk ins Rennen.
Obschon Fjällbacka nur ein kleiner Ort an der schwedischen Küste ist, wird dieser immer wieder zum Dreh- & Angelpunkt von Patricks und Ericas Recherchen.
In Fjällbacka findet eine Familienfeier statt. Der erfolgreichen Schriftsteller Henning Bauer wird Opfer eines Anschlags.
In einer Kunstgalerie kommt ein bekannter Fotograf ums Leben. Erica und Patrick untersuchen den Fall zeitgleich und müssen nicht nur Ermittlungstechnisch einige berufliche und persönliche Hürden nehmen.
Meine Bewertung soll ein Werkzeug für Interessenten sein.
Ich beschreibe ausschließlich meinen eigenen Leseeindruck.
Cover: Das Titelbild vermittelt einen klaren & vielleicht sogar sonnigen Eindruck von der Küstenlandschaft Schwedens.
Enten fliegen hoch über der Bucht, welche umgeben von herbstblättrigen Bäumen ruhig, die schwedische Schöhnheit offenbart.
Gepaart mit dem in Orange geschriebenem Titel, ein Wegweiser zu einem typischen Nord-Krimi mit Anspruch.
Mir hat das gut gefallen. Ich habe sogleich die Leseprobe gelesen und mochte was ich las.
Aufbau, Logik, Momentum:
Wie schon in den Vorgängerkrimis: gleich zu Beginn entspricht alles dem typischen Läckberg Stil.
Es gibt viele Protagonisten, die es gilt mit ihren Eigenschaften und Marotten im Kopf zu behalten, die Gewalttaten stehen hier nicht sehr im Vordergrund. Die aufgezeigten Ermittlungsstränge, die persönlichen Befindlichkeiten sowie Schwierigkeiten in der Interaktion,sind Hauptmeiler der Geschichte. Ein insgesamt logischer Aufbau ist klar erkennbar.
Wobei sich das Große & Ganze erst zum Finale zeigt.
Das Momentum ist eher behäbig, gedrosselt durch die Fülle an Personen & deren Eigenheiten.
Leseerlebnis und Spannung:
Insgesamt habe ich einen guten Leseeindruck gewonnen.
Die gesamte Story ist interessant jedoch nicht sonderlich spannend, wenn man von den mitmenschlichen Herausforderungen absieht.
Zusammenfassung:
Der 11. Fall ist sorgfältig aufgebaut und ein Garant für gemütliche Lesestunden inmitten schwedischer Athmosphäre und menschlichen Herausforderungen.
Fazit:
Ich vergebe gute 3,5 *Lesesterne für diesen Krimi.
Leider wurde die Erzählung durch das Einarbeiten vielen kleinen Details rund um die Protagonisten, stark entschleunigt und der Leser braucht einiges an Konzentration um diesem Fall folgen zu können.
Vielen Dank für das elektr. Leseexemplar.
Schon viel zu lange habe ich nichts mehr von Erika Falck aus Fjällbacka gehört, insofern war ich sehr neugierig was es Neues gibt.
Erika steckt in einer Art Schreibkrise fest, es gibt im Moment keinen aktuellen Mordfall, den sie aufrollen könnte. Da kommt als willkommene Abwechslung die Einladung der renommierten Familie Bauer zur goldenen Hochzeit gerade recht. Ein Höhepunkt ist die angebliche Verkündung, dass Henning Bauer den Nobelpreis für sein schriftstellerisches Werk bekommen soll. Fast alle Freunde sind gekommen um gemeinsam mit ihnen zu feiern. Und doch wird diese traute Gemeinschaft am nächsten Morgen von einem Mord erschüttert. Einer der Freunde, ein berühmter Fotograf wird in seiner Galerie ermordet. Es gibt kein Anzeichen für ein Motiv.
Und es kommt noch schlimmer. Kurze Zeit später wird ein Anschlag auf die Familie Bauer verübt. Auch hier gibt es Tote, aber kein Motiv.
Patrick ist als Kriminalkommissar in die Fälle involviert. Erika, die von der Frau des Fotografen einen Hinweis auf den damaligen Tod von Lola, einer Transfrau bekommen hatte, will sich intensiver mit diesem Fall befassen, der damals nicht aufgeklärt wurde. Beiden wird relativ schnell klar, dass der Tod von Lola damals mit den heutigen Todesfällen zusammenhängen kann.
Doch beide haben mit ihren Ermittlungen zu kämpfen. So richtig ist die Lösung nicht in Sicht. Im Gegenteil, je tiefer sie in die Familie eintauchen umso größer werden die Verstrickungen. Von der einstmals so heilen Familie ist nach diesen Vorgängen gar nichts mehr übrig.
Was für ein toller Krimi, nach so langer Wartezeit. Ja man kann die Fälle auch einzeln lesen, aber es macht einfach viel mehr Spaß sich von Anfang an in die Ereignisse um Fjällbacka und die Familie von Erika und Patrick einzulassen.
Camilla Läckberg hat mich auch in diesem Krimi immer wieder auf eine falsche Spur gesetzt. Dinge, die scheinbar anfänglich klar waren, wurden dann doch wieder in Frage gestellt und ich fing erneut mit dem Grübeln an. Als es dann an die Auflösung ging, ja da hatte ich dann doch so einen richtigen Verdacht. Wobei, das Buch war ja dann immer noch nicht zu Ende und es gab dann auch noch eine weitere Auflösung, die man fast aus den Augen verloren hatte.
Von mir gibt es erneut für diesen tollen Krimi eine unbedingte Leseempfehlung und verdiente fünf Lesesterne.
Ich lese mittlerweile nicht mehr allzu viele Krimis. Die Bücher von Camilla Läckberg begeistern mich allerdings noch immer.
In ihrem neuen Fall geht es in die Künstlerszene. Kunst, Malerei, Fotografie, Literatur im Dunstkreis des Nobelpreises - und zwei Morde in sehr erlauchten Kreisen.
Mir gefällt sehr, dass Läckbergs Geschichten durchdacht sind und es sich nicht nur um ein stumpfes Gemetzel handelt. Es ist die Art, wie sie jede ihrer Figuren formt. Egal ob Täter, Opfer, Ermittler oder eine beliebige Nebenfigur. Jede ist ganz individuell gestaltet, jede Handlung und Charaktereigenschaft sehr detailliert ausgearbeitet. Sie spielt mit Klischees und macht sie sich gleichzeitig zu Nutze.
Wie bei jedem Krimi versuche ich natürlich auch "mitzuermitteln". Ich liebe verschachtelte Auflösungen und hier habe ich nur ein paar wenige Puzzleteile richtig zusammensetzen können. Die Handlungsstränge passen für mich gut zusammen und die präsentierte Lösung finde ich nachvollziehbar. Der Strang um den Mordfall aus der Vergangenheit ist mir besonders nahe gegangen und auch wenn es "nur" eine Buchfigur ist, hätte es mich wirklich traurig gemacht, wenn dieser nicht vollständig aufgelöst worden wäre.
Alles in allem ein spannender Krimi mit verschiedenen sozialen Aspekten, den ich sehr gelungen finde.
Jeppe Kørner hat sich nach Bornholm zurückgezogen nachdem er bei der Polizei eine Auszeit genommen hat. Doch natürlich kommt er nach Kopenhagen als seine ältere Freundin, die Schriftstellerin Esther de Laurenti, seinen Beistand braucht. Gemeinsam fahren sie nach Bornholm, Jeppe, um seine Arbeit wieder aufzunehmen und Ester, um ein Buch über die Anthropologin Margrethe Dybris zu schreiben. Esther darf in Margrethes Haus wohnen, wo sich kurzfristig auf deren Tochter Ida aufhält. Ida berichtet, dass eigentlich auch ihr Bruder da sein sollte, aber sie kann ihn seit Wochen nicht erreichen. Gleichzeitig wird in Kopenhagen eine Leiche gefunden beziehungsweise Teile davon.
In ihrem fünften Auftritt muss Annette Werner erstmal ohne Jeppe Kørner auskommen. Er verbringt seine Auszeit auf Bornholm und Annette ist sich nicht sicher, ob sie ihn vermisst oder manchmal auch froh ist. Nichtsdestotrotz bekommt sie die Leitung der Ermittlung übertragen und sie wird es schon schaffen. Überraschend ergibt sich eine Verbindung nach Bornholm und Annette freut sich, dass sie Jeppe um Hilfe bitten kann. Diesen hat auch Esther um seine Hilfe bei der Suche nach dem Bruder Idas gebeten. Mit Annettes und Jeppes unterschiedlichen Ansätzen entwickelt sich eine Leidensgeschichte, die ihre Wurzeln in der Vergangenheit hat.
Dieser fünfte Band der Reihe weiß wieder sehr zu fesseln. Wenn man auch am Beginn etwas bedauert, so entwickelt sich aus dem Schmerz eine tröstliche Erzählung. Eingebettet in einen spannenden Kriminalfall entwickelt sich eine echt starke Story. Zwar nicht offiziell, aber irgendwie ermitteln Annette und Jeppe doch gemeinsam und sie laufen zu Hochform auf. Auch Esters Recherchen zu ihrem Buch gestalten sich überraschend. Überhaupt kann man in diesem Roman das Rätseln sein lassen, die Autorin hat sowieso eine andere Lösung in petto. Und diese entfaltet sich so, dass die geneigte Leserin sich erhofft, dass die gelungene Verbindung nach Bornholm nicht abreißen wird.
4,5 Sterne
Kind verschwunden
Der Arzt Jens Bjerre erhält in seiner Praxis einen Anruf von der Schule. Sein zehnjähriger Sohn Lukas ist nicht im Hort angekommen. Gerade aus de Urlaub zurück übernimmt Kommissar Erik Schäfer die Ermittlungen. Es stellt sich heraus, dass der Junge bereits seit dem Morgen nicht mehr gesehen wurde. Noch ist Winter und die Zeit ein Kind zu finden ist nun besonders knapp. Auch die Journalistin Heloise Kaldan, die gerade bei dem Arzt war als der Anruf kam, beginnt zu recherchieren. Eigentlich hat sie etwas ganz anderes im Kopf, auch einen anderen Artikel. Doch die Redaktionsleitung meint, ein verschwundenes Kind bringt einfach die meisten Leser.
Zum zweiten Mal ermitteln Kommissar Erik Schäfer und die Journalistin Heloise Kaldan in Kopenhagen. Ist ein Kind nicht auffindbar, sollte es so schnell wie möglich gefunden werden. Schneller noch als ein Erwachsener. Und ausgerechnet Lukas` Verschwinden wurde erst Stunden später entdeckt. Eine Freundin von Heloise kennt den Jungen vom Sehen. Und Heloise und der Kommissar sind gut befreundet. Da sollte sich der Report fast von selbst schreiben. Doch Heloise ist wie blockiert. Auch die Ermittlungen des Kommissars und seines Teams kommen nur langsam voran. Allerdings scheint die Familie Bjerre nicht so eine Bilderbuchfamilie zu sein, wie es zunächst scheint.
Zwei intelligente und auch mal um die Ecke denkende Nachforschende, man meint zunächst kaum, dass sich die unterschiedlichen Handlungsstränge durch mehr verbinden können als die persönliche Bekanntschaft von Kaldan und Schäfer. Doch die Autorin hat ein wirklich packendes Szenario geschaffen, mit dem die Lösung quasi von zwei Seiten angegangen wird. Was also zu Beginn wie bei vielen Kriminalromanen etwas behäbig beginnt, wird immer spannender je weiter man liest. Schließlich saugt man den Inhalt der Seiten nur noch auf und man ist überrascht. Zum einen wie es sich fügt, wie scheinbar Nebensächliches wichtig wird. Und mal wieder kommt das dicke Ende zum Schluss. Diese Reihe erfüllt alles was sich das Herz des Krimilesers wünscht.
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