Zeitenwende: Putins Krieg und die Folgen
Inhaltsangabe zu "Zeitenwende: Putins Krieg und die Folgen"
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Rezensionen zu "Zeitenwende: Putins Krieg und die Folgen"
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So schreibt man ein Sachbuch für die Allgemeinheit!
Kurzmeinung: Gut, man kann sich das alles aus der Zeitung zusammensuchen - aber so ist es doch viel bequemer.
Man merkt dem Büchlein an, dass sein Autor „an der Front war“ bzw. weiß, wovon er spricht und dass er sein Wissen aus tätiger Erfahrung und nicht nur aus der Schreibstube hat. Als Diplomat war er von 2014 bis 2019 Botschafter in Russland.
Rüdiger von Fritsch schreibt: „Der russische Präsident begab sich auf eine historische Mission, die Berufung Russlands zu vollenden und sich selbst einen Platz in der Geschichte des Landes und der Weltgeschichte zu sichern. Auf schreckliche Weise sollte ihm dies gelingen.“
Als Leser versteht man (endlich), dass das ganze wunderschöne Land dem fatalen Wahn Putins geopfert werden soll, Russland zur einstigen zaristischen Größe zurückzuführen; was die Russen (einst) einmal besaßen, wird so angesehen, dass es für immer zu ihnen gehört und nur „heimgeholt“ werden muss. Ein solches Machtverständnis erinnert an den Islam, der genau so argumentiert. Eigentlich ist die „Russifizierung der Welt“ das Ziel. Russland ist ein imperialistischer Staat bis auf die Knochen, der Kommunismus besteht quasi nur noch auf dem Papier, keine Macht geht vom Volke aus –es ist eine Diktatur geworden.
Alles Unliebsame wird zu „ausländischer Agentenschaft“ erklärt, Furcht zu verbreiten ist das staatliche Mittel der Zeit, Korruption und Vetternwirtschaft blühen, Käuflichkeit und Erpressung sind an der Tagesordnung. Die heimische Wirtschaft jedoch liegt mehr oder weniger am Boden. Trotzdem fühlt sich „der Russe“ überlegen, die Progandanda hat ihn voll im Griff. Doch wie lange wird dies noch so weitergehen, wenn der Krieg anhält und eine generelle Mobilmachung nicht mehr verschleiern kann, dass Russland Krieg führt?
Rüdiger von Fritsch überfordert nicht durch (unnötige) Daten, zieht dennoch einen weiten Bogen und gibt eine vorsichtige Einschätzung der Zukunft. Alles ist unterlegt durch eigene Anschauung, sauber zu Papier gebracht, stringent, in einem Guß.
Fazit: So will ich das popälarwissenschaftliche politische Buch. Ohne Bandwurmsätze, klar verständlich, klare Meinung, klare Kante. Frisch zeigt, dass es möglich ist.
Aufbauverlag, 2022
Kategorie: Sachbuch. Politik.
Nachruf auf mich selbst.
read moreIn Putins Kopf
Inhaltsangabe zu "In Putins Kopf"
Putins Angriffskrieg auf die Ukraine hat alle überrascht. Dabei waren seine Ziele schon viel länger erkennbar. Zum Neujahrsempfang 2014 schenkte Putin seinen 5000 wichtigsten Beamten drei vielsagende philosophische Werke. Der französische Philosoph Michel Eltchaninoff entwickelt daraus eine hellsichtige Analyse von Putins Denken. Mit einer kruden Mischung aus Logik und Willkür und auf der Grundlage eines rückwärtsgewandten Weltbilds soll ein eurasisches Großreich unter russischer Hegemonie entstehen.Lesern von "In Putins Kopf" gefiel auch
Radikale Kompromisse
Inhaltsangabe zu "Radikale Kompromisse"
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Rezensionen zu "Radikale Kompromisse"
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Miteinander nicht gegeneinander!
Kurzmeinung: Lesenswert.
In der Schrift „Radikale Kompromisse“ setzt die Autorin sich dafür ein, in den heute aktuellen, brennenden Themen künstliche Feindbilder zurückzubauen. Es muss immer neu möglich sein, miteinander zu reden und Kompromisse auszuhandeln. Es bringt nichts, wenn sich verschiedene Gruppierungen bekämpfen bis aufs Blut. Dabei springt besonders der Generationenkonflikt ins Auge.
Anhand aktueller Streitfelder zeigt sie auf, wie es vielleicht anders gelaufen wäre, wenn man sich kompromissfähig gezeigt hätte. Besonders interessant die Erwähnung, dass die sogenannte "Schwarze Null" nur in Deutschland als Begriff existiert und Investitionsstau zumindest mit auf den Tisch muss, wenn man über die Finanzen verhandelt.
Yasmine M‘Barak teilt die an der Politik teilhabenden Menschen in vier, sich teilweise überlappende Gruppen ein: Die Ideologen, die Realisten, die Stagnierenden und die Konservativen. (An ihrer Spachhandhabung wären „Stagnierende“ zu kritisieren, weil dieser Begriff herabsetzend ist; und wenn sie ins Partizip setzt, dann bitte auch die anderen Gruppen, Ideologisierende, Realisierende, Stagnierende und Konservierende.).
Die Ideologen treiben voran, haben aber keine Ahnung, wie eine Umsetzung zu bewerkstelligen wäre und haben in der Regel weder das Fachwissen dafür noch die notwendige Umsicht noch die Absicht, die Folgen von Veränderungen zu bedenken, die sogenannten "Stagnierenden“ plädieren immer für den Status quo und die Konservativen sorgen sich um ihre Mehrheiten. Die Realisten vermitteln. Stück für Stück und Schritt für Schritt kommt man einer gesellschaftlichen Veränderung näher. Yasmine M’Barak beklagt leidenschaftlich den Verlust der Kompromisswilligkeit und erkennt darauf, dass Demokratie von kleinen Schritten lebt, eben vom Kompromiss.
Der Kommentar:
Genau so geht es. Miteinander und nicht gegeneinander.Verunglimpfende Bezeichnungen und Schuldzuweisungen helfen überhaupt nicht weiter. Die Jugend sollte zudem bedenken, dass sie die Jugend leider nicht für immer gepachtet hat, auch sie wird älter und wird sich dann ihrerseits Respekt und Anerkennung der nachrückenden Generation/en wünschen. Leider fehlt das Schlüsselwort Respekt im Buch. In Punkto cancel culture am Beispiel von J.K. Rowling, zeigt sich die Autorin überheblich und führt sich selbst ad absurdum: hierfür gibt es Punktabzug.
Fazit: Insgesamt erfrischend. Eine junge Stimme, die das Machbare im Blick hat, eine Stimme, die eine gemeinsame Veränderung anmahnt und anstrebt. So könnte Politik wieder Spaß machen. Demokratie, das sind eben wir alle.
Kategorie: Sachbuch
Verlag: Hoffmann & Campe, 2022
Ohne Haar und ohne Namen
read moreDie Selbstgerechten
read moreWir können mehr sein: Die Macht der Vielfalt
Inhaltsangabe zu "Wir können mehr sein: Die Macht der Vielfalt"
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Rezensionen zu "Wir können mehr sein: Die Macht der Vielfalt"
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Engagiert!
Kurz nach der Flucht ihrer Eltern aus Mali wurde 1992 Aminata Touré in einer deutschen Unterkunft für Flüchtlinge geboren. Seit 2019 ist sie Vizepräsidentin des Landtages von Schleswig-Holstein. Als erste Afrodeutsche und jüngste Frau überhaupt.
„Wir können mehr sein“ ist Autobiografie und politisches Sachbuch zugleich und somit doppelt interessant und bemerkenswert. Aminata Touré berichtet nicht nur von ihrer Lebensgeschichte, sondern gibt auch Einblicke in die alltäglichen Geschäfte ihrer politischen Tätigkeit.
Die Politikerin zeigt großes Engagement und Leidenschaft für eine offene Gesellschaft, für Gleichbehandlung und Gleichberechtigung. Vehement tritt sie gegen jede Art von Diskriminierung auf.
„Wir können mehr sein als Gesellschaft…Wir müssen die unterschiedlichen Situationen und Hintergründe von Menschen sehen und respektieren, und im nächsten Schritt eben auch die jeweiligen Herausforderungen erkennen und daraus politische Forderungen ableiten. Nur so können wir die Idee eines Zusammenlebens formulieren, das tatsächlich gleichberechtigt ist.“
Ihr persönlicher und politischer Werdegang bedeutet ihr, dass dieser Weg gerade nicht allen Menschen gleichermaßen offensteht. Aminata Touré will nicht die Ausnahme von der Regel sein. Sie will ermutigen, die Regeln durchbrechen.
Ich halte dieses Buch für ein wichtiges Buch, das – vielleicht gerade junge Menschen – inspiriert, sich mit Politik auseinanderzusetzen. Denn nichts und niemand ist unpolitisch.
Lesenswerte Biographie
Bisweilen frage ich mich, wem auf der Rangliste der größten A...löcher in der deutschen Geschichte der zweite Platz zukommt und schwanke zwischen Alfred Hugenberg und Franz von Papen. Über letzteren hat nun Reiner Möckelmann eine Biographie vorgelegt, die den bezeichnenden Untertitel "Hitlers ewiger Vasall" trägt. Darin beschreibt er den Lebensweg des Kurzzeitkanzlers, Vizekanzlers unter Hitler und Botschafter in der Türkei. Schon als Kanzler trug der antidemokratische und bis ins Mark kaisertreue Papen mit seinem "Preußenschlag", der Absetzung der geschäftsführenden Landesregierung Preußens, maßgeblich zur Zerstörung der Weimarer Republik bei. Nachdem sein kurzlebiges "Kabinett der Barone" sich nicht halten konnte, betrieb der Intrigant seine Wiederernennung als Kanzler, indem er auf das Pferd Hitler setzte. Doch der lehnte als Führer der stärksten Fraktion im antidemokratischen Lager verständlicherweise eine Rolle in zweiter Reihe ab, sodass sich nun Papen mit der Vizekanzlerschaft zufrieden gab, dies in der Hoffnung, Hitler mithilfe seiner konservativen Kabinettskollegen einzurahmen. Das dieser Plan nicht klappte, ist hinlänglich bekannt, zudem zeigte sich in der praktischen Politik nichts von Mäßigung seitens Papens, im Gegenteil, er wirkte an zahlreichen Gesetzen zur Etablierung der faschistischen Regierung aktiv mit, hatte auch nichts gegen antijüdische Maßnahmen. Mit seinem Beitrag zur Reichskonkordat trug er zudem dazu bei, Hitler international hoffähig zu machen. Seine als Akt des Widerstandes geltende Marburger Rede stammt tatsächlich aus der Feder seines Beraters Edgar Jung. Als dieser kurze Zeit später in der "Nacht der langen Messer" nach dem sogennanten Röhmputsch ermordet wurde, folgte keine deutliche Reaktion Papens. Im Gegenteil, weiterhin stellte er seine Dienste Hitler zur Verfügung, zuletzt als Botschafter in der Türkei, wo er den Kriegseintritt dieses Staates auf seiten der Alliierten lange, aber letztendlich nicht erfolgreich verhindern konnte.
Nach dem Krieg stilisierte sich Papen dann in seiner apologetischen Autobiographie "Der Wahrheit eine Gasse" - der Titel ist der reine Hohn - als emsiger Arbeiter für das Wohl Deutschlands und eigentlicher Widerständler dar, der mit seinem Wirken Schlimmeres verhindert habe (was, bitteschön, hätte den noch schlimmer kommen können?). Tatsächlich kannte Papen einige der Widerständler, doch diese trauten ihm - vermutlich zu recht - nicht und vermieden enge Kontakte mit ihm, geschweige denn, dass sie ihn in irgendwelche Pläne eingeweiht hätten. Versuch, nach dem Krieg in die CDU einzureten, wurden vom damaligen Vorsitzenden Adenauer, ansonsten nicht sehr zurückhaltend im Umgang mit ehemaligen Nazifunktionären, aus gutem Grund abgelehnt. So blieb Papen bis zu seinem Ende im Jahr 1969 der ewige Vasall Hitlers, der nicht in der Lage war, sich seiner Vergangenheit in ehrlicher Weise zu stellen und sich stattdessen die Wirklichkeit zurechtbog.
Sicherlich ist Möckelmanns Studie mit 39,95 € (31,96 € für wbg Mitglieder) nicht ganz billig, aber sie ist es wert, gelesen zu werden.
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