Liebe ist ganz anders: Erzählungen
Diese kleine Novelle mit gerade mal 126 Seiten habe ich an einem Nachmittag gelesen, wie damals ihr erstes Buch „Erst grau dann weiß dann blau“. Die namenlose Protagonistin erzählt im Verlauf eines Tages und einer durchwachten Nacht, in der sie Kuchen backt, von ihrem verstorbenen Mann. Nach und nach erfährt man in Rückblenden, dass die beiden nur 14 Monate verheiratet waren, dass er sich umgebracht hat – aber nicht, wie es dazu kam. Zitat Seite 112: „Unsere Liebe war von vollkommener Einfachheit gewesen. Zwischen uns war nichts Beschämendes vorgefallen.“
Ich mag de Moors Stil, ihre Fähigkeit, leicht hingetupft Bilder zu malen und eine Stimmung zu erzeugen. Sie lässt ganz nebenbei die Welt entstehen, in der das Paar gelebt und sich geliebt hat, ihre Studentenzeit, ihre Jugend. Es ist jetzt alles eine Zeitlang her, dreizehneinhalb Jahre, wie sie an einer Stelle sagt. An die 40 wird sie also sein. Und während sie in der Küche werkelt, schläft oben in ihrem Bett ein Mann, den sie erst an diesem Morgen kennengelernt hat, der ihr seine Geschichte erzählt hat, dem sie ihre Geschichte erzählt hat. Und indem sie all die Jahre nochmal in Gedanken durchlebt, fällt die Anspannung von ihr ab.
Fünf Sterne und eine Leseempfehlung.
Kurzmeinung: Anne Tyler hat ein Herz für Eigenbrötler. Du auch?
Micah Mortimer ist ein liebenswerter Eigenbrötler, der gemächlich auf die Fünfzig zusteuert. Er hat sich eingerichtet in seinem Leben, hat ein Auskommen gefunden als IT-Helfer, ist also ein Kerl, der herbeieilt, wenn dumme User nicht weiterwissen und nur die Wahl haben zwischen ihren Computer aus dem Fenster zu schmeissen oder Mortimer anzurufen und hat seine Alltagsroutine zur Perfektion entwickelt. Natürlich lebt er allein, doch er hat eine Freundin, die sehr gut zu ihm passt, weil sie wenig Ansprüche stellt. Eines schönen Tages, wie es immer so geht, gerät die Routine ausser Kontrolle.
Der Kommentar und das Leseerlebnis:
Ich habe diesen kleinen Roman sehr gern gelesen, da Anne Tyler ihren durchorganisierten Micah Mortimer mit guten Dialogen ausgestattet hat und Mortimer über einige Missverständnisse in seinem Leben aufklärt. Das Büchlein ist wirklich wunderbar lesbar und punktet mit dem typischen Anne Tyler-Stil. Dennoch kann ich ihm nicht einmal in der Kategorie „gute Unterhaltung“ mehr als drei Sternchen schenken. Warum ist das so? Befindet sich doch der Roman auf der Longlist des Man Booker 2020. Nun, kurz gesagt, der Inhalt ist einfach zu banal.
Fazit: Sehr hübsch, doch ohne Mehrwert. Es sei denn, man betrachtet die Erkenntnis als Mehrwert, dass Ordnung halten einem das Leben in nicht unbeträchtlicher Weise erleichtert. Und dass Lesen einfach manchmal nicht mehr ist, als sich mit liebenswerten schrulligen Kerlen abzugeben.
Kategorie: Gute Unterhaltung
Verlag: Vintage 2020/2021
Auf Longlist Man Booker 2020
Über die Liebe - Besondere Erzählungen
Meine Kurzmeinung:
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Das Titelbild zeigt eine Karikatur des Zeichners Fritz Wolf, die aus dem Buch stammt. Sie ist einerseits lustig, aber bei genauerem Hinsehen macht sie auch neugierig, wie dieses scheinbar unterschiedliche Paar miteinander verbunden ist. Es zeigt definitiv Humor und lädt zum Aufschlagen des Buches ein.
Diese Sammlung enthält insgesamt 36 Kurzgeschichten des Journalisten und Redakteurs Bernhard M. Schulz, der das Thema aus sehr verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Es geht nicht nur um Paarbeziehungen, sondern auch um Liebe in der Familie, Liebe zu seinen Mitmenschen allgemein oder die Liebe zu Gegenständen.
Ich war sehr überrascht von seinen Geschichten. Sie sind oft anders, als die jeweilige Überschrift vermuten lässt. Es gab eher tragische Geschichten, aber auch amüsante und humorvolle. Besonders gefallen haben mir vor allem die positiven Erzählungen wie "Die kleinen süßen Gräuel" oder "Der Weg zu Elske" mit einem Happy End. Aber es gab auch viele andere sehr gute.
Was allen Geschichten gemein ist, ist der genaue Blick auf das scheinbar Banale. Der Schriftsteller hat einen Sinn für die feinen Dinge im Leben und scheint eine gute Beobachtungsgabe zu haben, was mir sehr gefiel. Seine Erzählungen schaffen es, den jeweiligen Zeitgeist einzufangen. Man wird immer wieder überrascht, da sie oft anders verlaufen, als der Titel vermuten lässt.
Zur Einordnung der Geschichten ist es hilfreich, dass an ihrem Beginn das Entstehungsjahr genannt wird. Sie sind überwiegend in der Nachkriegszeit im Zeitraum 1950-1980 erschienen. Häufig wird das Nachwirken des Krieges auf die Gesellschaft geschickt in die Handlungen eingebaut, dieses zentrale Thema war dem Autor immer wieder ein Bedürfnis. Dennoch gewinnt es nicht die Oberhand, und das Zwischenmenschliche bleibt im Vordergrund.
Vor jeder Erzählung ist immer eine Schwarz-Weiß-Karikatur von Herrn Wolf eingefügt. Diese hat häufig auf den ersten Blick nicht direkt mit der ihr nachfolgenden Geschichte zu tun, lockert die Sammlung aber auf und manche Zeichnungen bringen einen zum Schmunzeln und Sinnieren.
Mir gefiel diese Mischung außergewöhnlicher Kurzgeschichten rund um die Liebe samt den Illustrationen sehr gut. Ich freue mich darauf, weitere Werke des Autors zu lesen.
Fazit:
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Außergewöhnliche Kurzgeschichtensammlung über die Liebe im weiteren Sinne mit oft humorvollen Illustrationen gemischt
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