Der Zopf: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Zopf: Roman' von Laetitia Colombani
4.35
4.4 von 5 (6 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Zopf: Roman"

Die Lebenswege von Smita, Giulia und Sarah könnten unterschiedlicher nicht sein. In Indien setzt Smita alles daran, damit ihre Tochter lesen und schreiben lernt. In Sizilien entdeckt Giulia nach dem Unfall ihres Vaters, dass das Familienunternehmen, die letzte Perückenfabrik Palermos, ruiniert ist. Und in Montreal soll die erfolgreiche Anwältin Sarah Partnerin der Kanzlei werden, da erfährt sie von ihrer schweren Erkrankung. Ergreifend und kunstvoll flicht Laetitia Colombani aus den drei außergewöhnlichen Geschichten einen prachtvollen Zopf.

Format:Taschenbuch
Seiten:288
EAN:9783596701858
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Rezensionen zu "Der Zopf: Roman"

  1. 5
    26. Apr 2022 

    Packende Geschichte, die Mut macht

    „Der Zopf“ ist der erste Roman von Laetitia Colombani. Mit der Geschichte über drei Frauen, die das Schicksal gezwungen hat, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen, hat die Autorin die Herzen aller Leser*innen erobert.

    Smita aus Indien, Giulia aus Italien und Sarah aus Kanada kennen einander nicht. Doch das Schicksal hat alle drei Frauen auf ungewöhnliche Weise miteinander verbunden. Denn es ist die Perücke aus wunderschönen indischen Frauenhaaren, die der an Krebs erkrankten Sarah neue Kraft im Kampf gegen die tückische Krankheit verleiht. Die Perücke wurde in Palermo in Giulias Fabrik aus dem aus Indien importierten Haar sorgfältig gefertigt. Die Idee - die Haare aus Indien zu importieren - rettet Giulias Perücken-Fabrik vor dem Bankrott und Giulias Familie vor einem Leben in Armut. Und Smita opfert ihre Haare dem Gott Vishnu in dem Glauben, dass er sie und ihre kleine Tochter Lalita vor dem weiteren Leben als Dalit beschützen wird.

    Alle drei mutigen Frauen kämpfen um ein besseres Leben für sich selbst und für ihre Familien. Sie sind nur auf sich selbst gestellt und scheuen kein Risiko, um ihre Lebensziele zu erreichen. Ihre Lebensgeschichten fesseln und berühren, nicht zuletzt dank der bildhaften Sprache der Autorin des Buches. Meisterhaft skizziert Colombani sprachliche Bilder der dramatischen Schicksale ihrer Romanheldinnen; Bilder, die Emotionen wecken und lange in Erinnerung bleiben.

    Deshalb sehr zu empfehlen!

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  1. 4
    21. Mai 2020 

    Drei Kontinente

    Smita lebt in Indien. Zwar sollte die Zugehörigkeit zu einer Kaste an Bedeutung verloren haben, doch Smita als Angehörige der Dalit, das ist die Kaste der Unberührbaren, hat keine Chance dem System zu entkommen. Lalita, ihre Tochter, solle es einmal besser haben. Die Sizilianerin Giulia als Tochter eines Fabrikanten muss nach einem tragischen Unglück ihr Leben neu aufstellen. Und Sara, eine Anwältin aus Montreal, muss sich der Realität ihrer Erkrankung stellen. Unterschiedlicher könnten die Frauen kaum sein. Ihre Geschichten finden ihren Zusammenhang, durch die Bedeutung, die die Haare für sie haben.

    Kaum vorstellbar, dass Frauen es in ihrer Welt immer noch schwer haben. Die bewundernswerte Smita in ihrer nur schwer erträglichen Lebenssituation macht auch anderen Mut, sich aufzulehnen. Für ihre Tochter sucht sie nach einem besseren Leben. Auch Giulia zeigt großen Mut und Verantwortung für die Arbeitnehmerinnen ihres Vaters. Dessen kleine Fabrik steht vor einem Umbruch, der ihr Angst machen könnte. In Montreal glaubte Sarah, sie habe es in der Kanzlei geschafft. Partnerin auf dem Weg zur Geschäftsführerin. In einer solchen Position ist eine Erkrankung nicht vorgesehen und auch nicht erlaubt. Alles, was sie erreicht hatte, steht plötzlich auf dem Spiel.

    Man wünschte sich zu wissen, was nach zum Beispiel fünf Jahren aus den Frauen geworden ist. Oder ist es besser, dass man es sich selbst ausmalen und ihnen die Erfüllung ihrer Träume andichten kann. Die drei Frauen stehen an einem Scheideweg und sie nehmen die Herausforderung des Lebens an. Schon das macht beim Lesen ein gutes Gefühl. Vielleicht schafft man nicht alles, aber man kann es versuchen. So unterschiedlich Smita, Giulia und Sarah sind, so viel Kraft haben sie, die ausgetretenen Pfade zu verlassen. Das Leben ist nicht immer leicht, aber wenn man es annimmt, bekommt man irgendwie etwas zurück. Der Roman wirkt wie ein lichtdurchflutetes Zimmer, an dessen offenen Fenster man einen schönen Ausblick hat.

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  1. 3
    14. Feb 2019 

    Zopf, der = drei ineinandergeschlungene Haarstränge

    Ein bewegender und gefühlvoller Roman über drei Frauen auf drei verschiedenen Kontinenten. Dieser Roman zeichnet sich nicht durch eine künstlerische Sprache aus, ist in einer eher einfachen Art verfasst, aber er besticht durch einen extremen Sog. Ich konnte dieses Buch ganz schlecht wieder weglegen. Es hat mich richtig gepackt. Ich habe es gestern angefangen und fast in einem Ruck durchgelesen. Es ist auch von der Handlung nicht besonders neuartig, man kann sich eigentlich schon denken was passiert. Aber Frau Colombani hat etwas in ihrem Schreibstil, was eventuell den Hype um dieses Buch erklärt.

    Zur Handlung: Drei Frauenschicksale an drei verschiedenen Orten, die sich über ein Thema wieder treffen. Da haben wir zum ersten Smita, lebt in einem kleinen Dorf in Indien, ist eine Dalit, eine Unberührbare, keiner Kaste zugehörig und damit eine Entrechtete. Unberührbare sind in Indien für die Arbeiten zuständig, die einen anrüchigen Charakter haben, gelten als Vogelfreie und besonders in den ländlichen Gebieten erinnert ihr Status an den von Sklaven. Auch wenn es in Indien Bestrebungen gibt, das zu ändern, aber die Mühlen mahlen langsam und da es viele Nutznießer gibt ... . Jedenfalls möchte sich Smita wegen ihrer Tochter Lalita nicht diesem System ergeben, ihrer Tochter soll es mal besser gehen und deshalb begibt sie sich auf ihren Weg. Der zweite Erzählstrang des Buches begibt sich nach Italien, nach Palermo zu Giulia, einer jungen Frau, die in der Perückenmanufaktur ihres Vaters arbeitet, durch einen Unglücksfall in die Lage kommt, entscheiden zu müssen, wie es mit der Perückenmanufaktur und ihrer Familie weitergeht. Und zu guter Letzt ist da Sarah in Montreal in Kanada, eine extrem erfolgreiche Anwältin, die für ihren Erfolg ihr Leben einengt und erkennen muss, das Erfolg nicht alles ist und durch einen Unglücksfall ihr Leben neu ordnen muss. Die Erzählstränge treffen sich wieder am Ende, dies geschieht nicht überraschend, trotzdem hat die Geschichte durch den erzeugten Sog für mich etwas.

    Lest dieses Buch und entscheidet selbst.

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  1. Drei Schicksale - lose verwoben

    Erzählt wird das Schicksal dreier Frauen aus völlig unterschiedlichen Kulturkreisen und Schichten:

    1. Smita lebt in Indien und gehört zu den Unberührbaren. Für ihre Tochter erhofft sie sich ein besseres Leben als das, was sie zu führen gezwungen ist. Denn sie muss die Latrinen der Menschen in ihrem Dorf entleeren und wird dafür mit Essensabfällen "bezahlt". Als ihre Tochter vom Lehrer in der Schule vor den anderen Kindern aufgefordert wird, den Klassenraum zu kehren, erkennt sie, dass sie im Dorf ihrer "Kaste" nicht entfliehen können. Sie beschließt gegen das ihr vorherbestimmte Schicksal anzukämpfen.

    2. Giulia lebt in Palermo und arbeitet in der Perückenfabrik ihres Vaters. Sie wird vor die Aufgabe gestellt, die Rolle ihres Vaters zu übernehmen, als dieser einen Autounfall erleidet. Wie geht sie mit der neuen Situation um?

    3. Sarah ist eine erfolgreiche Anwältin in Montreal. Bisher hat sie ihr ganzes Leben ihrer Arbeit gewidmet, selbst ihre drei Kinder müssen sich mit der zweiten Rolle begnügen. Doch dann findet man einen Tumor in Sarahs Brust und ihr Leben wird auf den Kopf gestellt.

    Abwechselnd wird jeweils aus der personalen Perspektive der drei Frauen erzählt, wie sie die neue Herausforderung annehmen. Wie ein Zopf verflechten sich ihre Schicksale, wenn auch nur ganz lose.

    Ihre Gemeinsamkeiten bestehen darin, dass sie jeweils vor einer wichtigen Wende ihres Lebens stehen, diese meistern müssen und gezwungen werden gegen Widerstände anzukämpfen.
    Und alle werden auf unterschiedliche Art und Weise diskriminiert:

    - Smita in religiöser Hinsicht als Unberührbare (Dalit), die auch heute noch oft aus dem indischen Kastensystem ausgeschlossen sind und praktisch keine Rechte haben

    - Giulia als Frau, der man es nicht zutraut, die Geschäfte zu übernehmen und die einen Inder kennen lernt, den ihre streng katholische Umgebung als Freund ablehnen würde, so dass sie sich heimlich mit ihm trifft

    - Sarah wird aufgrund ihrer Krankheit ausgeschlossen, da sie nicht mehr "leistungsfähig" ist.

    Die drei Sprecherinnen - Andrea Sawatzki, Valery Tscheplanowa, Eve Gosciejewicz - entführen die Hörer*innen in die unterschiedlichen Lebenswelten der Frauen.

    Trotz der vielen negativen Kritiken hat mir das Hörbuch gut gefallen, die Verflechtung der drei Frauen ist zwar lose - das wird oft kritisiert - aber vorhanden. Im Vordergrund steht ihr Mut, sich den Herausforderungen des Lebens zu stellen. Insofern dienen sie als Identifikationsfiguren, deren Schicksal mich berührt hat.

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  1. Die Stärke der Frauen...

    Auf diesen Roman bin ich durch seinen ungewöhnlichen Titel und seine hübsche Aufmachung gestoßen. Nie konnte ich erahnen, was mich erwartet.

    In der Geschichte geht es um drei Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. In Indien lebt Smita, die für andere Exkremente wegschafft und ein besseres Leben für ihre Tochter wünscht. In Italien lebt Giulia, die das Familienunternehmen retten muss: eine Perückenfabrik. Und in Kanda lebt die erfolgreiche Anwältin Sarah, deren Leben sich drastisch verändert als sie schwer erkrankt. Werden die Frauen ihr Schicksal trotz schwerer Prüfungen meistern können?

    Die Geschehnisse um alle drei Frauen werden dem Leser über einen beobachtenden Erzähler nahe gebracht. Anfänglich hat mich die Handlung um Giulia am meisten begeistern können, aber mit der Zeit wird immer deutlicher, dass alle drei Frauen so willens- und charakterstark sind, dass man einfach alle drei lieben muss und ihr doch sehr unterschiedliches Leben gern verfolgt.

    Obwohl alle Drei finanziell sehr unterschiedlich situiert sind, hat jede von ihnen ihr Päckchen zu tragen und jedes Schicksal ist für sich berührend, denn weder möchte man wegen einer Krankheit noch wegen seines Standes ausgegrenzt werden. Der Roman macht sehr deutlich, dass Frauen auch in der heutigen Zeit noch mehr kämpfen müssen als Männer es je mussten.

    Die Autorin schreibt sehr fesselnd, dass die Seiten nur so dahin fliegen. Die eingestreuten Verse zum Entstehen einer Perücke ließen einen beim Lesen kurz innehalten und nachdenklich werden.

    Haare sind gerade in der westlichen Welt für Frauen ein großes Thema, denn nur wer jung und verführerisch aussieht, geht seinen Weg einfacher als andere Frauen. Dies wird im Buch sehr gut aufgegriffen, denn es zeigt wie sehr sich die Wahrnehmung zum eigenen Ich und durch andere verändert, ob man nun langes Haar trägt oder nicht, denn langes, gesundes Haar steht nach wie vor für Weiblichkeit.

    Besonders berührt hat mich wie eine Krankheit wie Krebs dazu führen kann, dass man anders wahrgenommen wird. Kein Mensch sucht sich eine Krankheit selbst aus, um dann weniger leistungsfähig zu sein. Leider habe ich diese Erfahrung im eigenen beruflichen Umfeld bereits machen können und ich spreche mich nicht davon frei ähnliche Gedanken wie Ines gehegt zu haben, wenn man sieht wie Kolleginnen wegen Krankheit oder Schwangerschaft ausscheiden.

    Das positiv anklingende Ende hat mich sehr optimistisch gestimmt, dass für alle, insbesondere für Frauen, nach einem Unglück auch irgendwann wieder das Glück auf einen wartet, man darf eben nur nicht aufgeben.

    Ein Roman, der sehr nachdenklich stimmt. Bisher hatte ich mir noch keinerlei Gedanken darüber gemacht, wo Haare für Perücken und Extensions herkommen. Jetzt sieht das etwas anders aus und wie im Buch beschrieben, sollte die jeweilige Trägerin die geopferten Haare mit Stolz tragen.

    Fazit: Für mich eine echte Entdeckung. Ich kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen. Klasse Lektüre, die lange nachklingt.

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  1. Wenn drei Schicksale miteinander verflochten sind

    Smita, die junge Mutter einer kleinen Tochter, lebt im Norden Indiens. Sie ist eine Dalit-Frau, eine Unberührbare, die die Exkremente anderer Leute einsammeln muss. Die 20-jährige Giulia Lanfredi dagegen arbeitet in einer Manufaktur in Italien. Der Familienbetrieb, der eigentlich von ihrem Vater Pietro geleitet wird, ist die letzte Perückenfabrik Palermos. Sarah Cohen, eine 40-jährige Mutter von drei Kindern, ist in Montreal als Anwältin sehr erfolgreich. Das Leben der drei Frauen könnte kaum unterschiedlicher sein. Und doch gibt es etwas, das sie verbindet.

    „Der Zopf“ ist der beeindruckende Debütroman von Laetitia Colombani.

    Meine Meinung:
    Geschildert wird die Geschichte abwechselnd aus der Sicht von Smita, Giulia und Sarah. Ein Prolog und ein Epilog umschließen die Handlung. Diesen Aufbau finde ich äußerst gelungen.

    Der Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig. Die Sprache ist klar, aber schafft es, viele Bilder hervorzurufen. Der Erzählton ist liebevoll und warmherzig.

    Die Grundidee, drei ungewöhnliche Geschichten in einem Roman wie zu einem Zopf zu verflechten, hat mir äußerst gut gefallen. Sie ist auf überzeugende Weise umgesetzt. Ich bin – auch aufgrund der Verkaufserfolge im Ausland – mit großen Erwartungen an das Buch herangegangen und wurde nicht enttäuscht. Ab der ersten Seite konnte mich der Roman fesseln und berühren.

    Die drei Hauptprotagonistinnen waren mir schnell sympathisch, vor allem Smita und Giulia. Die Frauen und ihre Entwicklung wirken authentisch. Ihre Schicksale konnten mich sehr bewegen und regen zum Nachdenken an. Sie lassen den Roman zu einer emotionalen, ergreifenden Lektüre werden.

    Die Handlung ist schlüssig und glaubwürdig. Die Krisen, die die drei Charaktere zu bewältigen haben, machen das Buch kurzweilig und spannend. Thematisch bietet die Geschichte viele Facetten. Obwohl bald deutlich wird, auf was das Ganze hinausläuft, habe ich mich beim Lesen zu keiner Zeit gelangweilt. Ein Pluspunkt ist auch, dass der Roman nicht nur traurig und berührend ist, sondern auch humorvolle Elemente beinhaltet.

    Nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch ist das Buch ein echtes Highlight. Die gebundene Ausgabe mit einem Lesebändchen ist hochwertig gestaltet. Das Cover finde ich nicht nur thematisch passend, sondern auch wunderhübsch anzuschauen. Der Titel ist treffend formuliert.

    Mein Fazit:
    „Der Zopf“ von Laetitia Colombani ist eine gleichsam kreative wie berührende Lektüre. Den Roman kann ich schon jetzt zu den Lieblingsbüchern in diesem Jahr zählen. Ich kann ihn wärmstens empfehlen. Die geplante Verfilmung werde ich mir auf jeden Fall ansehen.

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Die Inseln: Roman

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Rezensionen zu "Die Inseln: Roman"

  1. Klimawandel trifft alte Legende

    Amitav Ghosh hat mit „Die Inseln“ ein literarisches Buch über Klimawandel und Migrationsbewegungen in heutiger Zeit geschrieben. Geschickt verwebt er dabei die alte bengalische Legende eines Kaufmanns, der vor der Schlangengöttin Manasa Devi flieht, mit politischen und klimatischen Begebenheiten des 17. Jahrhunderts und den globalen Umweltproblemen unserer Zeit.

    Zwei wichtige Schauplätze sind die Mangrovenwälder Südindiens und Bangladeshs sowie Venedig - also Orte, die durch den steigenden Meeresspiegel unmittelbar bedroht sind. Hauptprotagonist Deen Datta liebt alte Bücher und Geschichten. Eines Tages besucht er einen tief in den Mangrovenwäldern verborgenen Schrein der Schlangengöttin. Dort kommt es zu einem Zwischenfall, in dessen Folge sich eine spannende Geschichte voller Tragik, Mythologie und Magie entwickelt. Gemeinsam mit seinen Freunden löst Deen Stück für Stück die Rätsel der nur mündlich überlieferten Legende und findet zahlreiche Parallelen im Hier und Jetzt. Orte der Handlung liegen mal in Asien, mal in Nordamerika oder auch in Europa. Die Folgen des Klimawandels betreffen unseren ganzen Planeten und sind allgegenwärtig. Es kommt zu Waldbränden, Stürmen, Überschwemmungen. Wale stranden, Menschen und Tiere befinden sich auf der Flucht, sind auf der Suche nach anderen Lebensräumen. Von den meisten Menschen werden diese dramatischen Änderungen und Warnsignale des Klimawandels jedoch kaum wahrgenommen bzw. verdrängt - das Leben geht weiter wie bisher. Auch die Weigerung europäischer Staaten, Flüchtlinge aufzunehmen und Seenotrettung sind hochaktuelle Themen des Romans. Amitav Ghosh verbindet auf großartige Weise Vergangenheit und Gegenwart, zeigt globale Verflechtungen auf und verweist nachdrücklich auf die drängendsten Probleme unsere Zeit. Der Roman ist gewürzt mit einer gehörigen Portion Mystik. Visionen und „Übernatürliches“ haben ihren selbstverständlichen Raum in dieser Geschichte, die sich dadurch in die Tradition eines magischen Realismus stellt. Eine beeindruckender Roman, der die fünf Sterne nur knapp verfehlt, da er mir an einigen Stellen etwas zu konstruiert ist.

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Der Garten meiner Mutter: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Garten meiner Mutter: Roman' von Anuradha Roy
NAN
(0 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Garten meiner Mutter: Roman"

„In meiner Kindheit war ich als der Junge bekannt, dessen Mutter mit einem Engländer durchgebrannt war“, so beginnt die Geschichte von Myshkin und seiner Mutter Gayatri. Es sind die dreißiger Jahre, Indien hadert mit der britischen Kolonialherrschaft. Da kommen zwei Fremde in den kleinen Ort am Himalaya, der deutsche Maler Walter Spies und eine Tänzerin, und Gayatri, die immer Künstlerin sein wollte, ergreift ihre Chance, der traditionellen Ehe zu entfliehen. Ein großes zeitgeschichtliches Panorama und die ergreifende Geschichte einer ungewöhnlichen Frau, die für ihre Kunst und Freiheit lebt.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:416
EAN:9783630876320
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Das Museum der Welt: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Museum der Welt: Roman' von Christopher Kloeble
4.4
4.4 von 5 (10 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Das Museum der Welt: Roman"

Ein großer Abenteuerroman und ein unvergesslicher Held Bartholomäus ist ein Waisenjunge aus Bombay, er ist mindestens zwölf Jahre alt und spricht fast ebenso viele Sprachen. Als Übersetzer für die deutschen Brüder Schlagintweit, die 1854 mit Unterstützung Alexander von Humboldts zur größten Forschungsexpedition ihrer Zeit aufbrechen, durchquert er Indien und den Himalaya. Bartholomäus verfolgt jedoch einen ganz eigenen Plan: Er selbst möchte das erste Museum seines großen und widersprüchlichen Landes gründen. Dafür riskiert er alles, was ihm etwas bedeutet, sogar sein Leben.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:528
EAN:9783423282185
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Rezensionen zu "Das Museum der Welt: Roman"

  1. 4
    08. Aug 2020 

    Die Brüder Schlagintweit und Indien

    Bartholomäus, ein indischer Waisen-Junge blickt auf Indien, auf ein koloniales Indien und auf sich selbst und reist mit den Brüdern Schlagintweit durch das riesig große Indien. Also ist dieses Buch ein Coming of age Roman und ebenso ein historischer Abenteuerroman. Eine absolut interessante und sehr spannende Mischung, definitiv! Die Erzählstimme ist dieser Junge, gerade deshalb berührt mich dieses Buch nicht vollkommen, manchmal hat dieser Junge auch ein gewisses Nervpotenzial, aber Bartholomäus wächst auch, wandelt sich, dennoch erreichen mich Bücher mit dieser Erzählweise meistens nicht vollkommen. Und dieser Fakt kostet dem Buch wahrscheinlich auch den letzten Stern. Denn das Erzählte ist informativ, spannend und sehr interessant für mich. Der Roman beinhaltet kritische Fragen des Miteinanders in der indischen Gesellschaft, genauso wie es auch die Sichten auf die europäischen Eroberer zentral stellt und ihr zerstörerisches Wirken in den Kolonien, in diesem Fall in Indien kritisiert. Dadurch, dass dieses Buch beides bewertet und dadurch nicht einseitig ist, bekommt es schon einen hohen Stellenwert. Die Betrachtungen der Vielfältigkeit auf dem indischen Subkontinent und ihr gegeneinander Wirken ist ebenso ein zentrales Thema, denn nur eine Einigkeit macht stark, sicher auch ein Fakt, der den Eroberern geholfen hat. Ebenso ist ein Aufbegehren der diversen Einwohner Indiens gegen die Eroberer ein Thema. Und auch die Stellung der Frau in Indien wird beleuchtet. Und ebenso werden Fragen der Zugehörigkeit besprochen, für einen Waisen-Jungen ja durchaus zentrale Fragen. Und ebenso wird das Wirken der Forscher Schlagintweit thematisiert, wunderbar thematisiert. Dadurch wird dieses Buch auch geographisch interessant. Beschreibt dieses Buch doch auch die Reisen der Brüder Schlagintweit auf dem indischen Subkontinent. Dadurch erinnert es auch irgendwie an die alten Reisebeschreibungen des späten 19. Jahrhunderts und des frühen 20. Jahrhunderts. Ein unglaublich vielschichtiges Werk hat Christopher Kloeble hier geschaffen. Wenn es eine andere Erzählstimme gehabt hätte, wäre es für mich ein 5 Sterne Kandidat gewesen. Aber zu diesen 5 Punkten fehlt wirklich nur wenig! Schade! Denn "Das Museum der Welt" ist ein wunderbares Buch!

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  1. Dieser Geschichte kann man sich nicht entziehen

    Das „Museum der Welt“ erzählt von der großen Indienreise der bayerischen Brüder Schlagintweit. 1854 bis 1857 dauerte die Forschungsexpedition, die größte ihrer Zeit übrigens, die die Brüder durch Indien und Nepal führte. Unterstützt wurden sie von Alexander von Humboldt, der die Reise nicht selbst durchführen konnte. Kritische Bemerkungen über die Kolonialmacht England verhinderten, dass er die notwendigen Genehmigungen und Unterstützung bekam.

    In Bombay lebt im Waisenhaus des katholischen Priesters Vater Fuchs ein kleiner Junge, Bartholomäus, 12 Jahre alt – mindestens, wie er selbst immer betont. Denn als seinen Geburtstag wurde der Tag seiner Ankunft im Waisenhaus genommen. Der Junge ist klein von Wuchs und von schmächtiger Gestalt, aber umso gewitzter und naseweis. Durch Vater Fuchs lernte er hervorragend Deutsch, verstand auch den bayerischen Dialekt des Priesters und außerdem sprach er eine ganze Reihe von indischen Sprachen. So wird er auf Vermittlung seines väterlichen Freundes und Mentors zum Dolmetscher dieser Expedition.

    Aber Bartholomäus hat ein ganz anderes Lebensziel, er will ein Museum der Welt erschaffen. Die ersten Gegenstände haben keine lange Lebensdauer, in einem Waisenhaus herrscht ein rauer Umgang und kein Kind gönnt einem anderen einen noch so kleinen Besitz. So entsteht das Museum in einer Kladde, in die Bartholomäus seine Funde, Erkenntnisse und Gedanken schreibt.

    Und diese Kladde macht diesen wunderbaren, sprachmächtigen Roman aus. Die nummerierten Fundstücke sind die Kapitel des Buches.

    Christopher Kloeble lässt den Leser an dieser Reise teilhaben, als würde er selbst an der Seite des Jungen reisen. Wir sehen alles aus seiner kindlichen Sicht. Dabei fand ich es besonders gelungen, dass der Autor das im Erzählton des Romans deutlich macht, aber nie in einen anbiedernd-kindlichen Ton erzählt. Ein Kontinent im Erwachen wird geschildert, noch ganz in den Fängen der Kolonialherren, der europäischen Geschäftsleute, der Firengi und der englischen Herren, den Vickis, wie sie Bartholomäus in Anspielung auf die ferne Herrscherin Victoria nennt.

    Der geschichtliche Hintergrund und die Dokumentationen der Schlagintweits sind die Folie dieses Romans, der die Reise aus einem ganz anderen Blickwinkel schreibt. Das ist eine Abenteuergeschichte, eine spannende Reiseerzählung, ein sorgfältig recherchierter Bericht und nicht zuletzt auch die Geschichte eines Kindes, das zu sich und seinen Platz in der Gesellschaft findet. So ist auch die abschließende Entscheidung Bartholomäus für seinen weiteren Weg nur folgerichtig.

    Man kann diesen Jungen im Lauf dieses wunderschönen Buches nur lieb gewinnen, selten konnte ich mich so in einen Protagonisten einfühlen.

    Dieser Roman wird noch lange in meinem Kopf bleiben.

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  1. Forschergeist mal anders...

    Voller Vorfreude begann ich mit diesem Abenteuerroman, nur um etwas völlig anderes zu bekommen als ich erwartet hatte.

    In der Geschichte geht es um den Waisenjungen Bartholomäus, der im Kinderheim von seinen Leidensgenossen nur gehänselt und drangsaliert wird. Doch dann bietet sich ihm die Gelegenheit mit den Brüdern Schlagintweit auf Expedition zu gehen. Was für einen Einfluss hat das auf sein Leben? Und wird er den Strapazen gewachsen sein?

    Der 12 jährige Bartholomäus, kurz Bart, führt uns als Ich- Erzähler durch die Geschichte. Ich wollte ihn so gern haben, weil das Schicksal ihn so sehr gefordert hat und dennoch konnte ich es leider nicht. Es fühlte sich für mich nicht wie die Gefühle und Gedanken eines Jungen an, sondern wie die eines Erwachsenen, der zudem noch sehr von sich eingenommen ist. Bart ist unheimlich altklug und besserwisserisch, da hätte ich ihn gern für gemaßregelt. Im Verlauf der Handlung wird dies weniger, aber da hatte ich mir bereits eine Meinung zu ihm gebildet.

    Die Idee eine Forschungsreise nicht aus der Sicht der Wissenschaftler, sondern aus der Perspektive eines Waisenjungen darzustellen, ist schon etwas Besonderes. Leider wurde dies hier in weiten Teilen sehr langatmig und nicht immer nachvollziehbar dargestellt.

    Gut gefallen hat mir, dass man der Lektüre anmerkt, dass hier sehr viel recherchiert worden ist und dass die aufgeführte Route auch tatsächlich der entspricht, die geschichtlich belegt ist. Über die Brüder Schlagintweit hatte ich vorher noch nie etwas gehört und so habe ich einiges Neues dazu gelernt.

    Besonders augenöffnend war, dass ich mir vor der Lektüre eine Forscherreise ganz anders vorgestellt hatte. Die Strapazen tragen zumeist die Helfer und Diener und nicht die Forscher selbst, was mir vorher gar nicht bewusst war.

    Hätte ich den Roman nicht in einer Lesegemeinschaft zusammen mit anderen gelesen, dann hätte ich wohl nach spätestens hundert Seiten abgebrochen, da ich einfach nicht gefesselt war. Wahrscheinlich hatte ich eine falsche Vorstellung von dem was mich erwartet hat.

    Für alle Leser, die Sachbücher verschlingen ist das Buch genau das Richtige. Für Menschen wie mich, die einen abenteuerlichen Roman vor historischem Setting erwartet haben, der mit malerischen Beschreibungen aufwartet, werden denke ich enttäuscht sein. Man muss die spezielle Schreibe des Autors mögen.

    Authentisch wird die Handlung, weil immer wieder indische Begriffe und Bezeichnungen eingestreut werden. Für ein besseres Verständnis hätte ich mir ein Glossar gewünscht, welches es leider nicht gibt.

    Der Roman beinhaltet viele Fußnoten, die für mein Empfinden nicht positiv auf die Geschichte gewirkt und bei mir den Lesefluss gestört haben.

    Die historische Karte von Indien hätte ich als gelungen empfunden, wenn sie auf einer Doppelseite abgedruckt gewesen wäre, so aber erkennt man leider sehr wenig.

    Fazit: Ein Roman, den ich so gern gemocht hätte, der aber leider nicht meinem Lesegeschmack entsprach. Ich kann daher leider keine Leseempfehlung aussprechen.

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  1. Unwiderstehliches Buch

    Eine Mischung aus klugen Abenteuerroman, Spionagethriller und Coming-of-Age Geschichte ist dem Autor Christopher Kloeble in seinem großartigen Roman „Das Museum der Welt“ gelungen.

    Die Indien-Expedition der deutschen Gebrüder Schlagintweit, erzählt aus der Sicht des indischen Waisenjungen Bartholomäus, mindestens 12 Jahre alt und höchst sprachbegabt, ist der Dreh- und Angelpunkt des Buches. Auf den ersten Blick gewagt weil aus kindlicher Sicht, beim Lesen aber unwiderstehlich eben gerade deswegen betrachtet man die mir bis dahin unbekannte Entdeckungsreise der im Schatten des großen Alexander von Humboldt stehenden Brüder.

    Von Humboldt gefördert brachen kurz vor dem ersten indischen Unabhängigkeitskrieg in den 1850er Jahren die aus Bayern stammenden Brüder Adolph, Hermann und Robert Schlagintweit zur größten Forschungsexpedition ihrer Zeit auf. Unterwegs als Forscher und als Vertreter der allmächtigen East India Company bereisten sie das Land. Soweit die Historie, die mit der fiktiven Geschichte des in Bombay aufgewachsenen neunmalklugen Waisenjungen Bartholomäus verknüpft wird.
    Vater Fuchs, der Mentor von Bartholomäus und Leiter des Waisenhauses, stammt wie die Brüder aus Bayern und legt ihnen den sprachbegabten Knaben als Übersetzer ihrer Expedition and Herz.
    Bartholomäus ist anfangs von der Idee wenig begeistert, doch im Laufe der Reise ändert er seine Meinung wie auch seine Einstellung gegenüber den Brüdern.

    Christopher Kloeble verwebt historische Fakten und Figuren aus hervorragender Recherche mit spannender Fiktion in einer interessanten und höchst unterhaltsamen Geschichte, die sprachlich äußerst detailreich aber nie ausschweifend erzählt ist. Bartholomäus möchte das erste Museum Indiens eröffnen, und seine gesammelten bemerkenswerten Objekte dienen als ungewöhnliche sehr passende Kapiteleinteilung des Romans. Dabei spielt zum Beispiel auch ein Haar des von Bartholomäus sehr verehrten und bewunderten Alexander von Humboldt eine Rolle. Der große Forscher konnte aus politischen Gründen nicht selbst nach Indien reisen, versorgte aber die Brüder Schlagintweit mit Empfehlungsschreiben.

    Das Museum wächst im Notizbuch von Bartholomäus während der Reise, als Leser schaut man ihm beim Schreiben über die Schulter und betrachtet die Reise und die Erlebnisse durch seine Augen. Ein äußerst geschickter und kluger Kniff des Autors, wodurch kindliche Wahrheit und staunende Neugier gepaart mit der Sichtweise eines Einheimischen dafür sorgen, dass sich das Buch lobenswert von andern aus kolonialer Sicht geschriebenen Expeditionsromanen abhebt. Ganz davon abgesehen ist Bartholomäus ein absolut umwerfender Erzähler und Protagonist, dessen Erstaunen über die Apparate, Methoden und Gewohnheiten der Europäer gepaart mit der ihm eigenen Neugier und Klugheit unwiderstehlich wirken und den Funken beim Lesen überspringen lassen.
    Man nimmt Bartholomäus die naiven Fragen ab, ebenso wie die Gewissens- und Loyalitätskonflikte, in die er im Laufe der Reise durch Mitglieder des indischen Widerstandes gestürzt wird, so dass der Waisenjungen letztlich sogar zum Spion mutiert.

    Christopher Kloeble hat ein für mich beispielloses wunderbares Buch geschrieben, großartig recherchiert, genial verknüpft mit einer fiktiven Figur, die all den namenlosen Expeditionsbegleitern eine Stimme gibt und das Geschehen aus einheimischer Sicht betrachtet. Er könnte tatsächlich existiert haben, Bartholomäus, Waisenjunge aus Bombay und genialer Übersetzer der Expedition der Brüder Schlagintweit, zumindest möchte man das dem Autor gerne glauben.

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  1. Bartholomäus, wie er die Welt sieht

    Man kann nicht so viel aus einem Land mitnehmen, ohne einiges von sich zurückzulassen......

    ......dieses Zitat aus dem Roman "Das Museum der Welt" von Christopher Kloeble sagt sehr viel über dieses Buch aus.

    Im Roman geht es um die Forschungsexpedition der Brüder Schlagintweit aus dem Jahre 1854, die Indien und den Himalaya ergründeten. Dieser Teil des Buches orientiert sich an den tatsächlichen Begebenheiten, doch der Autor hat eine Besonderheit eingeflochten, die den Roman für mich zu etwas Besonderem machte.
    Hierbei handelt es sich um einen kleinen Waisenjungen aus Bombay, der von den Schlaginweits als Übersetzer mitgenommen wird.
    Der zu Beginn der Reise 12 Jährige Bartholomäus beherrscht viele Sprachen und ist den Brüdern daher sehr nützlich. Im Waisenhaus brachte ihm ein deutscher Geistlicher, den er als Vater Fuchs kannte, vieles bei. Im Waisenhaus ist Bartholomäus eher der Prügelknabe, er verbringt seine Zeit daher gerne mit Vater Fuchs, schaut zu ihm auf, und saugt das Wissen gelehrig auf, das dieser ihm bietet. Als Vater Fuchs verschwindet, ist Bartholomäus bereit ihn zu suchen, er will ihn unbedingt finden und begibt sich daher auf diese Reise. Nicht ahnend, dass er Vater Fuchs auf dieser Reise nicht finden kann.
    Der Autor veranschaulicht hier detailliert wie die Expedition stattgefunden hat. Er erzählt von den Fortschritten und Entdeckungen der drei Brüder, die in teilweise unerforschten Gebieten stattgefunden haben. Es ist Wahnsinn was in den drei Jahren katalogisiert, verzeichnet und gezeichnet wurde. Alles musste mühsam transportiert werden. Ein Unterfangen, dass mir als Leser hier sehr anschaulich geschildert wird, so dass ich mir bildhaft vorstellen konnte, wie so eine Expedition von statten ging.
    Dennoch blieb für mich nicht die Reise im Vordergrund der Handlung, sondern der Waisenjunge, der so mitreiste. In der Hoffnung seinen Freund Vater Fuchs zu finden, und später vielleicht auch aus anderen Gründen. Alexander von Humboldt spielt für Bartholomäus bald eine besondere Rolle, als er von den Brüdern einiges über ihn erfährt. Wenn er erstmal etwas in sein Herz geschlossen hat bleibt es dort, genau wie die Liebe zu Vater Fuchs, und natürlich sein Museum. Das Museum soll das erste Indiens werden und wird von Bartholomäus in seinem Buch nieder geschrieben. Im Grunde erzählt er so diese abenteuerliche Entdeckungsgeschichte. Er ist es, der diesen Roman einzigartig macht, mit seinen Gedanken und Eindrücken. Ein Roman,der mich bewegt hat, erzählt durch die Augen eines Waisen. Eines Jungen, der viel erlebt hat, der viel einstecken musste, der die tiefen Abgründe einiger Menschen kennenlernen musste, der aber auch echte Freunde fand. Auch wenn die Schlagintweits in Wahrheit gar keinen Waisenjungen mitgenommen haben, wünschte ich mir doch, sie hätten Bartholomäus kennenlernen können......

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  1. Bartholmäus Museum der Welt

    Das Museum der Welt ist eine Sammlung bemerkenswerter Objekte, zusammengestellt durch den Waisenjungen Bartholomäus. Als Bartholomäus das Museum gründet, ist er 12 Jahre alt und lebt in einem Waisenhaus in Bombay. Bartholomäus ist außerordentlich intelligent und wird von den anderen Kindern gemobbt. Einen Vertrauten und Förderer findet er in dem Geistlichen Vater Fuchs, der das Waisenhaus leitet, und von dem er unter anderem Englisch, Deutsch und Bairisch lernt.

    Eines Tages verschwindet Vater Fuchs. Bartholomäus sucht nach ihm. Dabei wird er von den Brüdern Schlagintweit gefunden. Die Schlagintweits planen eine Forschungsreise durch Indien und Hochasien und engagieren Bartholomäus als Übersetzer. Bartholomäus ist zunächst nicht begeistert, letztlich aber doch Teil des Trains.

    Bartholomäus erzählt in der Ich-Perspektive von der Reise der Brüder Schlagintweit, die tatsächlich in den Jahren 1854 bis 1857 im Auftrag der East India Company und mit Unterstützung Alexander von Humboldts Indien und Hochasien bereist haben. Er ordnet seine Gedanken und Erinnerungen zu den Geschehnissen anhand „bemerkenswerter Objekte“. Diese bilden zugleich Bartholomäus Museum der Welt sowie die Kapitel des Buches.

    Die kindliche Perspektive Bartholomäus bietet einen frischen Blick auf die Expeditionsreise der Schlagintweits. Dabei werden beiläufig historische Fakten über die Reiseroute und die Geschichte Indiens vermittelt. Das Buch ist allerdings kein Sachbuch, sondern eher ein unterhaltsamer Abenteuerroman, in dem die Suche Bartholomäus nach Vater Fuchs, sich selbst und dem wahren Indien im Vordergrund steht.

    Ich fand das Buch sehr lesenswert und vergebe daher fünf Sterne und eine Leseempfehlung.

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  1. 5
    10. Apr 2020 

    eine Wundertüte von einem Buch

    Der Roman „Das Museum der Welt“ von Christopher Kloeble kommt in einer bescheidenen Aufmachung daher: ein Buchumschlag mit einer schwarz-weißen Illustration, die Schrift auf dem Umschlag in braun und schwarz gehalten. Die Illustration erweist sich bei genauem Hinsehen als Gesicht eines Tigers. Das macht Sinn. Denn schließlich weiß ich, wo die Reise in diesem Buch hingeht - nach Indien. Und der Tiger gilt als das Nationaltier Indiens. Doch darüber hinaus gibt es keinen Hinweis auf das, was mich in diesem Roman erwarten wird: eine Farbexplosion an Eindrücken über eine Forschungsreise (1854 bis 1857) durch Indien, erzählt von einem Kind.

    "Wenn man sich tatsächlich zwischen Wahrheit und Schönheit entscheiden muss, was spricht dann eigentlich gegen die Schönheit?"

    Es ist die Geschichte des Waisenjungen Bartholomäus, Ich-Erzähler dieses Romans, der zu Beginn der Handlung mindestens 12 Jahre alt ist und in einem Waisenhaus in Bombay aufwächst. Das Heim wird von deutschen Priestern geführt. Einer davon ist Vater Fuchs, der Bartholomäus unter seine Fittiche nimmt. Der Junge ist sprachbegabt. Neben seiner Muttersprache und diversen indischen Dialekten spricht er Deutsch (Vater Fuchs sei Dank) und Englisch.
    Zu dieser Zeit hat Großbritannien den indischen Subkontinent kolonialisiert. Dieses gigantische Land ist ein gefundenes Fressen für die britischen Kolonialherren, allen voran die East India Company, die zu diesem Zeitpunkt bereits seit über 200 Jahren Handel, Verwaltung und Militär in Indien kontrolliert. Natürlich alles im Namen der britischen Krone.
    Im Auftrag der East India Company sollen die deutschen Forscherbrüder Schlagintweit eine Expedition zusammenstellen und den indischen Subkontinent bis in den letzten Winkel (und darüber hinaus) erforschen.
    Und hier kommt Bartholomäus ins Spiel, der die Expedition als Übersetzer begleiten soll.

    Die Expedition wird insgesamt 3 Jahre dauern. Von den 3 Brüdern Schlagintweit werden nur 2 lebend nach Europa zurückkehren.(Dies ist keine Spoilerei. Denn die Brüder Schlagintweits hat es wirklich gegeben. Genauso wie die Expedition stattgefunden hat. Und genauso, wie es fast jeden Charakter in diesem Roman tatsächlich gegeben hat. Nur Bartholomäus nicht. Der mindestens 12-Jährige mit den unglaublichen Sprachkenntnissen ist der Fantasie des Autors entsprungen.)

    "Ich übersetze nicht nur Worte, sondern auch das Land."

    Bartholomäus berichtet also von den Geschehnissen vor und während der Expedition. Der Roman ist dabei in mehrere Teile gegliedert, angefangen in Bombay (Ausgangspunkt der Expedition). Danach folgen Abschnitte, die analog zu den Etappen der Expedition angelegt sind.
    In dem Ich-Erzähler Bartholomäus erlebe ich einen Protagonisten, der über seine Abenteuer und den Alltag der Expedition mit großer Naivität und Unschuld berichtet. Frei nach dem Motto: "Kindermund tut Wahrheit kund" strahlen seine Erzählungen dabei eine Weisheit aus, die mich in philosophische Betrachtungen versinken lässt.

    "Robert sagt, vor ihm ist kaum ein Europäer in dieser Region gewesen. Vielleicht, denke ich mir, hat das ja einen Grund. Muss man denn unbedingt dorthin vordringen, wo noch keiner gewesen ist?"

    Man mag diesen Roman als Erlebnisbericht zu der Expedition der Schlagintweits ansehen. Doch für mich steckt sehr viel mehr in diesem Buch. Für mich stehen das Aufeinanderprallen der unterschiedlichen Kulturen sowie der Kolonialismus im Vordergrund, betrachtet von einem Kind, das in seiner Unvoreingenommenheit und Naivität auf die Irrsinnigkeiten des (damaligen) Umgangs miteinander hinweist.

    Dem Autor Christopher Kloeble ist mit "Das Museum der Welt" ein großer Wurf gelungen. Sein Roman steckt von der ersten Seite an voller Überraschungen. Mit der Wahl seines Protagonisten Bartholomäus hat sich Kloeble an eine große Aufgabe herangewagt: Als Erwachsener eine Kinderfigur zu gestalten, die zudem einer fremden Kultur angehört und auch noch Deutsch als Fremdsprache spricht, ist eine Herausforderung, die der Autor mit Bravour gemeistert hat.
    Hinzu kommt, dass sich Bartholomäus auf eine sehr spezielle Art ausdrückt. Seine Wortgewandtheit ist erstaunlich. Dennoch gibt es Momente, in denen er mit seiner Wortwahl vom üblichen deutschen Sprachgebrauch abweicht. Das kann sehr lustig sein. Doch viel bemerkenswerter ist, dass durch diesen speziellen Sprachgebrauch Bartholomäus' Gedanken eine Tiefgründigkeit erhalten, die einem erst beim "Stolpern" über diese Ausdrucksweise bewusst wird. Daher "Lesen - Innehalten - Genießen!" Es lohnt sich.

    Fazit:
    Ein wundervoller Roman. Christopher Kloeble lässt den Leser die koloniale Welt Indiens durch die Augen eines unvoreingenommenen Kindes betrachten. Und man nimmt dem Autoren diese Sichtweise ab. Der historische Bezug zu den Brüdern Schlagintweits und ihrer Expedition bietet dabei einen hochinteressanten Rahmen. Und wem das noch nicht genug ist, kann dieses Buch auch als Spionageroman lesen. Was für eine Wundertüte von einem Buch!
    Leseempfehlung!

    © Renie

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  1. Ein bemerkenswertes Objekt

    In fremde Länder und Kulturen mithilfe von Büchern zu reisen ist in Zeiten wie diesen (Corona sei Dank…) unerlässlich und hilfreich; werden wir uns wohl noch eine Zeit lang mit der Frage beschäftigen müssen, wann wir uns wieder „frei“ bewegen können…

    Nun gut, sei´s drum. Als ich im letzten Jahr die Ankündigung sah, dass es ein Buch mit dem Titel „Das Museum der Welt“ und zudem eine Leserunde dazu geben soll, war ich sofort angefixt – hatte mich doch ein ähnlich tituliertes Werk („Der Archivar der Welt“ von Lia Tilon) bereits begeistert.

    Jetzt, einige Tage nach der Lektüre von „Das Museum der Welt“ von Christopher Kloeble, kann ich den „King´s Crown Juwels 2020“ ein weiteres Stück hinzufügen – womit das Fazit bereits vorab genannt sei.

    Das mit einem großartigen Cover (wo ist der Tigerkopf? *g*) und einem Lesebändchen versehene Buch befasst sich mit den mir (bisher) unbekannten Brüdern Adolph, Hermann und Robert Schlagintweit und ihrer „Forschungsreise“ durch Indien Mitte der 1850er Jahre, die sogar von Alexander von Humboldt unterstützt wurde(n).

    Anhand der Notizen des „mindestens“ 12-jährigen (fiktiven) Bartholomäus, den die Schlagintweits auf ihrer Reise als Übersetzer anheuern, werden die Leser*innen unmittelbare Zeugen dieser Reise, die das ganze Land umfasst. Christopher Kloeble fährt hier ein geniales Konzept: statt Kapitel gibt es knapp 100 „bemerkenswerte Objekte“, die Bartholomäus seinem „Museum der Welt“ hinzufügt. Und so hat die geneigte Leserschaft das Gefühl, durch ein Museum zu wandern und die Objekte anhand von Texttafeln kennenzulernen! Großartig!

    Und so begleiten wir Bartholomäus, die Köchin Smitaben und die Brüder Schlagintweit von Bombay über Calcutta bis ins Himalaya-Gebirge und nach Tibet. Dabei immer die Frage nach Sinn und Unsinn von Kolonialismus im Kopf; ein Thema, dass sich durch die ganze Handlung zieht und zur damaligen Zeit großes Thema in Indien war.

    Mit Bartholomäus hat Christopher Kloeble einen bemerkenswerten Charakter geschaffen: klug, frech, witzig, schlagfertig – auf Grund seiner Sprachgewandtheit, seinen zum Teil äußerst philosophischen Gedanken und seiner zugleich offenen und trockenen Art ist man sofort „verliebt“ in diesen Haudegen, der nicht nur einmal im Lauf der Erzählung die Schlagintweits und andere „in die Schranken“ weist, verblüfft und so ihr „Inneres“ nach außen kehrt. Am Ende hat er dann auch noch „sich selbst“ und seinen Platz in der indischen Gesellschaft gefunden! Definitiv einer der stärksten literarischen Charakter, die ich in letzter Zeit „kennenlernen“ durfte!

    Den Anfang des Buches bildet ein äußerst lesenswertes Interview mit Christopher Kloeble über seine Motivation zu seinem Roman sowie ein kurzer Text seiner Schwiegermutter Dr. Jutta Jain-Neubauer über die (zeit-)geschichtliche Einordnung der Reise.

    Wenn es überhaupt etwas zu „verbessern“ gäbe an diesem Roman, dann wäre das das Hinzufügen eines Namensregisters sowie ein Glossar der (wichtigsten) indischen Begriffe und über die umfangreichen Bevölkerungsgruppen. Das ist aber „jammern“ auf allerhöchstem Niveau und schmälert meine Begeisterung für diesen Roman nicht im Geringsten!

    Klare Leseempfehlung und 5*!

    @kingofmusic

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  1. 3
    18. Mär 2020 

    Der Mensch ist ein Museum!

    In „Das Museum der Welt“ entführt uns der Autor Christopher Kloeble in die Welt Indiens zur Zeit, als es bestimmt (wenn nicht regiert) wurde durch die ökonomische und politische Macht der East India Company, über die Britannien seinen kolonialistischen Einfluss auf dieses noch in weiten Teilen unentdeckte Land ausüben kann.
    Wir treffen in diesem Land auf Bartholomäus, einen kleinen Jungen, der in einem Bombaier Waisenhaus aufwächst und dort trotz Armut und Ausgrenzung und oft auch äußerst rüden Umgangsmethoden mit den Schülern ein Zuhause gefunden hat. Das liegt vor allem an Vater Fuchs, einen Missionar aus Bayern, der ihn besonders unter seine Fittiche genommen hat und wohl das Potential dieses hochbegabten und neugierigen Jungen erkannt hat. Durch ihn und seine rasche Auffassungsgabe hat er es geschafft, eine unglaubliche Anzahl von Sprachen zu erlernen. Er macht sich so interessant für eine wissenschaftliche Expedition, die unter Leitung der deutschen Brüder Schlagintweit – historisch verbürgten Personen – das Land durchziehen und erforschen will. Die Brüder Schlagintweit sind motiviert zu dieser Reise durch den Einfluss des Wirkens und der Person Alexander von Humboldts und tragen seinen Geist nach Indien. Bartholomäus ist ähnlich begeistert von der Person Humboldts wie die Schlagintweits, dennoch begleitet er die Schlagintweits eher widerwillig und verlässt sein Waisenhaus – das Glashaus – sehr ungern.
    Barthomoläus verfolgt bei dieser Reise sein großes Projekt, das erste Museum Indiens zu schaffen, um das Selbstbewusstsein und Selbstverständnis des erwachenden, aber von den Briten bestimmten Landes zu stärken. Zunächst hatte er dieses Museum in Form einer Kiste mit einer menge von aufgesammelten Dingen (Unrat) in Angriff genommen. Auf der Reise mit parallel zu dem Roman schafft er seine zweite Version davon in Form eines Buches, indem er bemerkenswerte Objekte beschreibt. Hier schafft der Roman von Kloeble eine sehr interessante Konstruktion, denn auch die Kapitel in Kloebles Buch sind überschrieben mit diesen „bemerkenswerten Objekten“ und so stellt sich immer wieder die Frage nach der Identität von Bartholomäus‘ und Kloebles Buch und auch der genügenden Distanz zwischen Autor und Hauptfigur und Erzähler. Am Ende des Buches (als auch das Buch verloren ist) steht dann die Erkenntnis, dass der Mensch (in diesem Fall Bartholomäus) das Museum selbst in sich trägt.
    Über einen langen Zeitraum dann zieht Barthomoläus mit den Schlagintweits durch den Norden Indiens, immer weiter hinein in die Bergwelt des Himalaya und die unfreundlichen Völker des Nordens, die dem Treiben der Expedition eher negativ gegenüberstehen. Ist das ein Wunder? Wirft man einen Blick auf ihre Tätigkeiten, wohl eher nicht. Sie vermessen die Schädel von Menschen verschiedener Völker mit der Absicht, die Überlegenheit des eigenen zu untermauern – ganz in der Tradition der Rassentheorie, wie sie in Deutschland gerade zu der Zeit en vogue ist. Sie schleppen eine Unmenge an Gegenständen ab, die das durchwanderte Indien repräsentieren, und dokumentieren den Zustand des Landes, um dessen Potential für kommende Kolonialherren zu ergründen.
    Bartholomäus erlebt dies alles mit, größtenteils in einer relativen inneren Distanz zu den Schlagintweit-Brüdern, deren Treiben auch er skeptisch gegenübersteht.
    Die Expedition zieht in verschiedenen Konstellationen durch die Lande, auf bisher unbekannten Pfaden und doch finden die einzelnen Teile immer wieder zueinander und kommunizieren miteinander, um Strategien, Wege und Richtungen abzustimmen. Wir erleben das menschliche Miteinander in diesem Expeditionsteam, wie es Barthomoläus erlebt. Da geht es um Freundschaft, Verrat und auch Ausspioniert-Werden. Das schafft ein buntes und interessantes Treiben in einer Welt, über die sich ein Wissen erst noch entwickeln muss.
    Der Leser erlebt das alles durch die Erzählperspektive des Jungen Bartholomäus, d.h. aus der Sicht eines hochbegabten Kindes mit allen Einschränkungen und Begrenzungen, die sich dadurch ergeben.

    Mein Fazit:
    Das Buch von Kloeble hat mir einen Blick in diese besondere Zeit in Indien gegeben und mir ein buntes Bild dieses Landes und dieser Zeit eröffnet. Ich hatte aber über die ganze Lektüre hinweg einige Probleme mit dem Roman, und zwar:
    • Die Vermischung zwischen historischem Geschehen/historischen Personen und das Buch prägenden erfundenen Figuren machte mir eine Einordnung des Historischen besonders schwer und ich war erfüllt von einer ständigen Skepsis zum Gelesenen.
    • Die Erzählperspektive eines (wenn auch hochbegabten) Kindes erlegt dem Buch eine Sichtweise auf, deren Beschränkungen mir immer wieder aufgestoßen sind. Ich habe dem Autoren diese Perspektive darüber hinaus nie ganz abnehmen können. Ich hatte das Gefühl, er versteckt sich zu sehr in dieser (für mich) unglaubwürdigen Kindgestalt.
    • Der Handlungsstrang des Buches ist aufgebaut auf unerklärten und mir unglaubwürdig verbleibenden Elementen wie z.B. das Trennen und Wiedertreffen, das briefliche Kommunizieren auf vorher nie gegangenen Wegen. Unglaubwürdigkeit resultierte für mich auch daraus.
    Bei immer wieder aufkommender Leselust blieb deshalb auch immer wieder der Lesefrust. Und so kann ich dem Buch leider und schweren Herzens nur 3 Sterne geben.

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  1. Schlicht und gleichzeitig raffiniert.

    Kurzmeinung: Eine auf kindlich gemachte Schreibe, in der sich Tiefgang offenbart.
    Tolle Story. So leicht dahingetupft, großartig.

    REZENSION:
    Der erste Roman, den ich von Christopher Kloeble lese, Das Museum der Welt, ist dazu angetan, dass ich weiteren Romanen des Autors künftig meine Aufmerksamkeit schenken werde.

    Der Roman ist fast ganz aus der Sicht eines heranwachsenden Waisenjungen geschrieben, der in Bombay groß wird unter der etwas nachlässigen Obhut von Vater Fuchs, einem katholischen Geistlichen, den der Junge sehr verehrt. Fuchs beeinflusst und prägt ihn. Die kindliche Sicht wird vordergründig durch kindliche Schreibe bedient, insofern ist der Roman super leicht zu lesen. Doch das, was Bartholomäus bedenkt, beobachtet und fühlt ist oft tiefgründig.

    Weil der Junge sprachbegabt ist und zahlreiche Dialekte Indiens beherrscht sowie Deutsch und Englisch wird er von den Gebrüdern Schlagintweit, Hermann, Adolph und Robert, für ihre Erforschungsreisen durch das weite Land rekrutiert. Zunächst widerwillig lässt sich der Junge darauf ein.

    Christopher Kloeble führt dem geneigten Leser mit seinem Roman mehrere Dinge gleichzeitig vor Augen. Da ist einmal der Kolonialismus und die rassistische Denke, die dahinter steckt, da sind die Machtmechanismen, mit denen die India East Company ganz Asien unterwirft und da ist England, das als Mutterland den Kontinent mit fragwürdigen Machtgestalten überzieht und mit dem Opiumhandel einen Haufen Kohle verdient. Und in Deutschland sind die Könige auch keinen Deut besser!

    Mithilfe seines kleinen Icherzählers entwirft der Autor einen Blick auf die Anfänge des Unabhängigkeitskampfes Indiens, auf die Schwierigkeiten Indiens, eine eigenständige Identität zu finden und einen kritischen Blick auf das deutsche Forschertrio. „Das sind ja Rassisten und Egozentriker wie sie im Buche stehen“, denkt sich der Leser, wenn Kloeble mithilfe seiner erzählenden Figur das Forschungsstreben kritisiert und oft entlarvt. Um dann doch die Schlagintweits zu mögen. Und zu respektieren. Oder hin- und hergerissen zu sein zwischen beidem, wie Bartholomäus es ist. Er fühlt sich hingezogen zu den Europäern und ihren Möglichkeiten. Aber er ist auch Inder und wird häufig durch deren Gedankenlosigkeit und ihre Herablassung verletzt.

    Die biographische Komponente ist das große Plus des Romans und sein eigentliches Thema. Wer waren diese drei Forscher? Kloeble nimmt alle drei unter die Lupe. Da ist Hermann, der große Bruder, der so feste vorgenommene Meinungen mit sich bringt, aber auch ein fleißiger Forscher ist, da ist der umgängliche Adolph, bei dem man zunächst nicht recht weiß, woran man mit ihm ist und dem ein schwieriges Schicksal bevorsteht und da ist Robert, der als Jüngster unter Minderwertigkeitskomplexen leidet. Alle drei bringen große Opfer für ihre Leidenschaft, die Wissenschaft und für ihre Sucht nach Ruhm und Ehre. Ihr Lebensertrag, erzählt uns das lesenswerte Nachwort, wird nicht ganz so sein wie sie es sich erträumt haben. Wer weiß von uns, wer die Schlagintweits waren?

    Nicht zuletzt hat Christoph Kloeble mit seinem Helden selbst, Bartholomäus, eine äußerst liebenswerte Figur geschaffen, die alles, was ein gutes Buch ausmacht, erlebt und „drauf hat“. Da ist Abenteuer, Leben und Leiden, Liebe und Verlust, da sind Gewissenskonflikte und viele, viele weise Worte, die der Autor dem Jungen in den Mund legt und damit uns Leser erfreut.

    Fazit: Mit dem Roman "Das Museum der Welt" wird man bestens unterhalten und erfährt wie nebenbei etwas von der Geschichte Indiens und dem Leben der Gebrüder Schalgintweit. Und natürlich schließt man Bartholomäus ins Herz. Und obwohl ganz leicht und kindlich geschrieben, ist Kloebles Buch trotzdem raffiniert und weise. Ein großartiger Erzähler ist er, der Herr Kloeble.

    Kategorie: Belletristik
    Verlag: dtv, 2020

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Ghachar Ghochar: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Ghachar Ghochar: Roman' von Vivek Shanbhag
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Inhaltsangabe zu "Ghachar Ghochar: Roman"

Aufstieg und Fall einer indischen Familie.

Als der Onkel des jungen Erzählers in den Handel mit Gewürzen einsteigt, ändert er über Nacht das Schicksal der ganzen Familie. Der einst mittellose Clan zieht in ein großzügiges Haus in einer reichen Wohngegend, verschafft sich neue Möbel und einen neuen Bekanntenkreis. Doch mit dem plötzlichen Reichtum werden auch die Abhängigkeiten neu verteilt: An dem Erfolg des Onkels hängt nun das gesamte Wohl der Familie. Und dieses gilt es zu schützen, um jeden Preis. Notfalls auch vor den eigenen Familienmitgliedern. In einem feinen Wechselspiel von Auslassungen und Andeutungen erzählt Vivek Shanbhag vom moralischen Verfall einer indischen Familie. Ein großer Roman, der die Geschichte eines ganzen Landes in sich trägt.

»Ein Feuerwerkskörper von einem Roman.« Publishers Weekly
»Feinstes literarisches Handwerk.« Deborah Smith, The Guardian

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:152
Verlag: Aufbau Verlag
EAN:9783351037338
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Mama Tandoori: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Mama Tandoori: Roman' von Ernest van der Kwast
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Gebundenes Buch
Der Vater hegt keinerlei Zweifel: es wird ein Mädchen. Die Geburtsanzeige für Eva van der Kwast liegt bereits beim Drucker. Als dann sehr zur Bestürzung der Eltern in einer Klinik in Bombay 1981 der kleine Ernest das Licht der Welt erblickt, nimmt ein nicht ganz unbelastetes Verhältnis zwischen Sohn und Eltern seinen Lauf.

In seinem autobiografisch gefärbten Roman präsentiert Ernest van der Kwast einen bunten Reigen von Charakteren, von Bollywood Star Onkel Sharma bis zu seiner Tante Jasleen, einer einstmals erfolgversprechenden Siebenkämpferin. Allen voran aber seine Mutter, die Matriarchin des Klans, geliebt und gefürchtet, eine Tyrannin mit dem Herzen einer Löwin. Eine Frau von eisernem Willen, beinahe absurder Gründlichkeit und bei aller Stärke erfüllt von einer tiefen Traurigkeit um ihren behinderten Sohn Ashirwad. Sie ist es, bei der alle Fäden der Geschichte zusammenlaufen. "Mama Tandoori" lässt einen Staunen, Nachdenken und Lachen - ein wunderbar witziges Famlienporträt,das mitten ins Herz trifft.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:240
Verlag: btb Verlag
EAN:9783442757695
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Der Glaspalast: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Glaspalast: Roman' von Amitav Ghosh
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Inhaltsangabe zu "Der Glaspalast: Roman"

Flexcover - btb Verlag - 2002 - der Band hat - 608 Seiten - von - Amitav Ghosh - dieses - Archivexemplar - ist - ungelesen -

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:624
EAN:9783442730360
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Koriandergrün und Safranrot. Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Koriandergrün und Safranrot. Roman' von Preethi Nair
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Inhaltsangabe zu "Koriandergrün und Safranrot. Roman"

ISBN: 9783426636589 - Softcover Buch guter Zustand - Erscheinungsjahr: 2007 - Taschenbuch mit 319 Seiten - Index: 500

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:384
Verlag: Knaur
EAN:9783426636589
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Mitternachtskinder: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Mitternachtskinder: Roman' von Salman Rushdie
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Inhaltsangabe zu "Mitternachtskinder: Roman"

Am 15. August 1947, Schlag Mitternacht, wird Saleem Sinai geboren – begrüßt von Fanfaren und Feuerwerken, denn in genau diesem Moment erlangt Indien seine Unabhängigkeit. Fortan ist Saleems Leben untrennbar mit dem Schicksal des neugeborenen Staates verbunden. Und wie die eintausend anderen Mitternachtskinder, die in dieser Nacht das Licht der Welt erblicken, verfügt auch Saleem über eine besondere telepathische Gabe, die es ihm und dem Leser ermöglicht, in die faszinierende Geschichte seiner Familie einzutauchen – eine Saga vor dem Hintergrund der wechselhaften Geschichte Indiens im 20. Jahrhundert.


Format:Taschenbuch
Seiten:736
EAN:9783328103806
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Rezensionen zu "Mitternachtskinder: Roman"

  1. 4
    02. Jan 2020 

    Lesenswert!

    Erst einmal kurz zum Inhalt:

    1915 kehrt der Großvater des Erzählers, Doktor Aadam Aziz, 25jährig aus Deutschland, wo er Medizin und Politik studiert hat, nach Srinagar, im Norden Indiens, zurück.
    Wir erfahren, auf welch’ skurrile Art und Weise Aadam Aziz die Tochter eines Grundbesitzes behandeln muss und wie er sich im Laufe von drei Jahren in sie verliebt.
    Und wir erfahren, wie sich der frühere, sich gegen alles Neue sperrende Freund Tai vom heimgekehrten und jetzt fremden Arzt Aadam abwendet und ihn sogar aus der Heimat vertreibt.

    Aadam bekommt eine Stelle in der südlich liegenden Universitätsstadt Agra und noch vor seiner Abreise heiratet er die o. g. langjährige Patientin Naseem.
    Mit ihrer beträchtlichen Mitgift können sich die Beiden in Agra ein Haus kaufen.
    Das Paar bekommt 3 Töchter und 2 Söhne und es ist höchst amüsant aber auch sehr interessant, eingebettet ins Zeitgeschehen zu erfahren, wer die Eltern des Erzählers werden und warum und wie seine Mutter zu einem neuen Vornamen, Amina statt Mumtaz, kam.

    Amina und Ahmed, die Eltern des Erzählers, ziehen von Agra nach Alt-Delhi und hier erleben wir, inzwischen im Jahr 1947 angelangt, hautnah heftige Konflikte und Hass zwischen Hindus und Moslems.

    In Bombay kommt schließlich ihr erster Sohn, Saleem, der Erzähler, zur Welt: am 15. August 1947 um Mitternacht.
    Zeitgleich mit der Geburt des unabhängigen Indiens erblickt er das Licht der Welt. Und zeitgleich mit der Geburt Shivas.
    Und fast zeitgleich mit 1000 anderen Mitternachtskindern, die alle zwischen Mitternacht und ein Uhr morgens geboren werden.

    Auf den verbleibenden Seiten erfahren wir vom bewegten Leben Saleems, bis dieser, 31jährig, nach vielen Erlebnissen und Ortswechseln wieder in Bombay Fuß fasst und der Chef einer Pickles-Fabrik wird.
    Aus dieser Situation heraus schreibt Saleem seine Geschichte auf und liest Padma, einer sich um ihn bemühenden Angestellten der Fabrik, daraus vor.

    So taucht man abwechselnd in Vergangenes ein und kehrt zwischendurch immer wieder zurück ins gegenwärtige Arbeitszimmer des Erzählers, um dort ein Gespräch zwischen Saleem und Padma oder Gedanken Saleems mitzuerleben.

    Dass der Erzähler den Leser zeitweise direkt anspricht, zieht ihn noch mehr ins Geschehen hinein. Der Roman bekommt eine persönliche Note: es ist fast so als säße man wie Padma da und lausche einer Geschichte.

    Man hat es hier m. E. mit dem Roman eines begnadeten Geschichtenerzählers zu tun. Bereits der erste Abschnitt saugt einen ins Geschehen hinein. Es erwarten uns eine stellenweise märchenhafte Atmosphäre und amüsante Episoden, durchtränkt von metaphorischen Bildern und magischen, übersinnlichen Gedanken mit Einsprengseln von Glauben und Aberglauben.

    Der Roman wird interessant, lebendig und fesselnd, manchmal schonungslos und schnörkellos in Sprache und Beschreibung erzählt.
    Im Verlauf waren mir die Schilderungen manchmal etwas zu detailliert, zu ausführlich und zu ausschweifend.

    Aber durch überraschende Wendungen und Ereignisse wurde mir nie langweilig. Es gab durchaus auch Längen, sowie Rätselhaftes und schwer oder nicht Verständliches, aber ich wollte das Buch zu keinem Zeitpunkt abbrechen, weil ich durchgehend wissen wollte, wie es mit Saleem weitergeht und endet.

    Die jüngere politische Geschichte Indiens, Mythen, Geschichten und die Biographie Saleem Sinais und seiner Familie sind raffiniert miteinander verflochten, verkettet und verwoben.

    Wenn man sich auf diese Art des Erzählens und auf diesen Mix einlässt, findet man Gefallen an dem über 700 Seiten umfassenden Werk.

    Der Roman hinterlässt mich mit einer gewissen Ambivalenz. Er ist interessant und irgendwie packend aber doch nicht wirklich fesselnd. Das gewisse Etwas fehlte mir.
    Salman Rushdie packt viel Historisches, viel Politik und viele Geschichten in seinen Roman.
    Weil ich diesbezüglich wenig Vorwissen mitbrachte, war ich zeitweise durch das Streifen der vielen Themen überfordert, weil ich sie nicht richtig einordnen konnte.

    Ich „musste“ bzw. wollte deshalb viel recherchieren und kam einerseits aus dem Lesefluss, konnte aber andererseits durch die Kombination aus Recherche und Lektüre meinen Horizont erweitern, was ich sehr schätze und was ein Buch für mich zu etwas Besonderem macht.

    Auch die teilweise sehr langen Sätze störten den Lesefluss immer wieder, weil das Lesen viel Konzentration erforderte und ich manchmal am Ende des Satzes wieder vorne beginnen „musste“.

    Wenn man sich, wie ich, auf einen anstehenden Indienurlaub einstimmen möchte und sich auf den o. g. Mix, die Notwendigkeit der Recherche oder das Aushalten von Unklarheiten und die teilweise langen Sätze einlassen möchte, wird man mit einer Geschichte belohnt, die man so schnell bestimmt nicht vergisst.

    Meines Erachtens kein „must read“ aber durchaus lesenswert.

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Der weiße Tiger: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Der weiße Tiger: Roman' von Aravind Adiga
NAN
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Inhaltsangabe zu "Der weiße Tiger: Roman"

4. Aufl., C. H. Beck, München, 2008. 318 S., Pbd. mit Schutzumschlag - sehr gutes Exemplar/ Aus dem Englischen von Ingo Herzke -

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:319
Verlag: C.H.Beck
EAN:9783406576911
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