Erste Hilfe für Demokratie-Retter

Buchseite und Rezensionen zu 'Erste Hilfe für Demokratie-Retter' von  Jürgen Wiebicke
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Inhaltsangabe zu "Erste Hilfe für Demokratie-Retter"

Format:Broschiert
Seiten:112
EAN:9783462007695
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Rezensionen zu "Erste Hilfe für Demokratie-Retter"

  1. Das „aristokratische“ Moment

    Kurzmeinung: Ein kleines Büchlein gegen Politikverdrossenheit. Sehr ermutigend!

    Jürgen Wiebicke macht sich Sorgen. So wie wir alle, die wir die Demokratie als Rechtsstaat lieben und nicht nur als utopische Idee. Der Rechtsruck, der durch ganz Europa geht, der Schrei nach Autokratie ist immer dann am lautesten, wenn es Probleme gibt und keine schnellen Lösungen in Sicht sind. Sei trotzdem optimistisch, bittet Wiebicke.
    Ja, sagt Wiebicke, und wir nicken, denn wir wissen es, Demokratie ist langsam und kennt selten Schnellschüsse. Denn Demokratie ist das Aushandeln des besten Weges für möglichst viele. Demokratie ist anstrengend, denn sie verlangt es, einander auszuhalten und damit auch das Aushalten völlig anderer Meinungen und Ansichten. Aber wenn ich das öffentliche Vertreten fremder Meinungen unterbinde, dann unterbinde ich damit auch meine eigene Freiheit, denn morgen schon kann es sein, dass meine Meinung zu derjenigen zählt, die unbeliebt und unbequem ist. Demokratie ist meine Freiheit, ja, und gleichzeitig die Freiheit des anderen. Das vergessen heute viele, wenn sie in bestimmten Bereichen Leute mundtot machen wollen, Menschen, gewaltsam davon abhalten, Vorträge zu halten, etc. etc. Um die Freiheit eines anderen zu beschneiden, braucht es Fakten, nämlich Gesetzesverletzungen, Verletzt sein allein ist kein politisches Argument. Und wenn wir Menschen für ein Amt danach auswählen, ob sie nett sind, sympathisch wirken und zu unserer Blase gehören, anstatt danach, was auf ihrem Zettel steht, und in diesem Fall ist der Zettel das Parteiprogramm, dann ist die Demokratie schon fast am Ende.
    Das ist das eine. Demokratie erfordert Engagement und Mut und Resilienz. Ist eigentlich selbstverständlich. Einige wenige entschlossene Leute können ein Blatt wenden, nicht d a s Blatt, aber ein Blatt und Wiebke führt Beispiele dafür auf. Er nennt es, das „aristokratische Prinzip“. Letztlich hat Veränderung immer schon vor allem an einzelnen gelegen, die vorangehen. Die eine Idee haben, dafür brennen und andere dafür begeistern. Das war nie anders. Die Masse per se ist träge.
    Politikverdrossenheit und lauthalses Schimpfen auf die Menschen, die Politik machen, führt in die falsche Richtung. Wir leben, demokratisch gesehen, in den besten Zeiten ever. Natürlich läuft nicht alles rund. Man kann immer alles besser machen. Es hilft aber nichts, gleich alles niederzumachen und Demokratiepessimismus zu verbreiten. Wollen wir in Ungarn leben, in Russland, in China, in Nordkorea? Lebt es sich in einer Diktatur besser?
    Politikverdrossenheit plus die Sehnsucht nach einfachen überschaubaren Lösungen, spielen den Rechten in die Hände, die alles versprechen und nichts halten. Und auch den extremen Linken, die in einer Utopie leben. Einfache, überschaubare und einfache Lösungen sind in einer komplex gewordenen globalen Welt eine Illusion.
    Allerdings, warnt Jürgen Wiebke davor, nicht alles in den selben Topf zu werfen. Rechtskonservativ ist nicht rechtsextrem. Weder eine liberale noch eine konservative Einstellung sind zu verteufeln. Es wird Zeit, dass wir wieder Respekt für den politischen Gegner zeigen. Politische Gegner sind keine Feinde, sonden nur Menschen, die eine andere Einstellung haben. Mit einem politischen Gegner misst man sich auf einem bestimmten politischen Feld, das heißt, es geht um die Sache, das ist alles. Feindschaft ist persönlich. Und hat in der Politik und in der Gesellschaft nichts zu suchen.
    Jürgen Wiebicke schrieb 2017 ein ähnliches Büchlein: "Zehn Regeln für Demokratie-Retter" - inzwischen hat er die eine oder andere Meinung u.a. wegen des Erfolgs der AfD revidieren müssen.

    Fazit: Letztendlich muss man sich politisch und weltanschaulich auseinandersetzen, den Diskurs nicht aus Faulheit oder Wut verweigern und den Kopf aus dem Sand heben.

    Kategorie. Sachbuch. Politik
    Kiepenheuer & Witsch, 2024

 

Ungleich vereint

Buchseite und Rezensionen zu 'Ungleich vereint' von Steffen Mau
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Inhaltsangabe zu "Ungleich vereint"

Autor:
Format:Broschiert
Seiten:168
EAN:9783518029893
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Rezensionen zu "Ungleich vereint"

  1. Ost und West - eine Bestandsaufnahme

    Mein Hör-Eindruck:

    Steffen Mau legt mit diesem Hörbuch einen Essay vor, der sich mit einem Thema befasst, das alle angeht: Wie sieht 35 Jahre nach dem Mauerfall das Verhältnis Ost-West aus? Ist es tatsächlich so, dass der Westen die Norm ist und der Osten eine Abweichung von der Norm, mit gewissen Anpassungsschwierigkeiten? Dass also der Westen den Osten erfindet?

    Diese These vertritt Dirk Oschmann, und Mau möchte den Diskurs neu ordnen und stellt plakativ seine eigene These vor: Der Osten wird nicht vom Westen erfunden, sondern die Bundesländer der ehemaligen DDR haben tatsächlich ihre eigenen Strukturen – soziokulturell, politisch, demografisch und wirtschaftlich. Um das Fazit vorwegzunehmen: die meisten Spannungen, die sich in den Ost-Bundesländern beobachten lassen, stammen aus der DDR-Zeit und konnten aus verschiedenen Gründen bei der Transformation nicht gelöst werden.

    Mau beobachtet das Thema in einem sauber strukturierten Essay, und die Komplexität des Themas zeigt sich an den wiederholten Querverweisen. Seine Ausführungen sind auch für den soziologischen Laien immer verständlich.

    Eine Vielzahl von Faktoren prägt, so Mau, die ostdeutsche Identität. Als westdeutscher Leser lernt man, dass man mit schnellen Urteilen und Schuldzuschreibungen den Problemen nicht gerecht wird. Wieder einmal zeigt es sich: die Vergangenheit bestimmt die Gegenwart, und die Geschichtsvergessenheit unserer Tage führt zu verhärteten Verwerfungen.

    Besonders genau schaut Mau beim Demokratieverständnis hin. Die DDR wurde geschluckt, die westlichen Institutionen wurden einfach transferiert, ostdeutsche Impulse zur Neugestaltung wurden nicht beachtet – und damit wurden die Menschen ein zweites Mal entmündigt und nicht demokratisch aktiviert. In diese Lücke schiebt sich nach Maus Auffassung die AfD hinein; an diesem Punkt holt Mau zu einem Exkurs aus nicht nur über die Gefahr des schleichend wachsenden Rechtspopulismus, sondern auch über die aktuellen Wahlen. Dieser Blick auf die Tagespolitik führt einerseits vom Thema fort, aber andererseits ist es Mau ein Anliegen, die konkreten Auswirkungen seiner Thesen zur Diskussion zu stellen.

    Mau bleibt aber nicht bei der Diagnose stehen, sondern bietet auch eine Therapie. Er erinnert daran, dass der ostdeutsche Wunsch nach einer direkten Demokratie mit plebiszitären Elementen, wie er sich in den Straßendemonstrationen gezeigt hatte, bei der Transformation nicht berücksichtigt wurde. Daher schlägt er neue Möglichkeiten der politischen Partizipation vor: die Bürgerräte. In solchen Bürgerräten sieht er die Möglichkeit, die Bevölkerung an der politischen Willensbildung teilhaben zu lassen und damit den Populismus rechtsextremer Parteien einzudämmen. Eine faszinierende Idee, die in Pilotprojekten umgesetzt werden sollte!

    Fazit: Eine differenzierte Bestandsaufnahme, augenöffnend, anregend und wohltuend sachlich!

 

Über Tyrannei

Buchseite und Rezensionen zu 'Über Tyrannei' von Timothy Snyder

Inhaltsangabe zu "Über Tyrannei"

Format:Taschenbuch
Seiten:127
Verlag: C.H.Beck
EAN:9783406803642
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Erschütterungen

Buchseite und Rezensionen zu 'Erschütterungen' von Joachim Gauck

Inhaltsangabe zu "Erschütterungen"

Der russische Überfall auf die Ukraine bedroht unsere liberale Demokratie in einem Moment, in dem sie zugleich auch von innen unter Druck steht. Wie ist es dazu gekommen? Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck geht gemeinsam mit seiner Co-Autorin Helga Hirsch der Frage nach, weshalb das Vertrauen vieler Bürger in unsere liberale Demokratie erschüttert ist. Was bedroht unsere Demokratie von innen heraus? Welche Rolle spielen autoritäre und libertäre Dispositionen in Krisenzeiten? Wie viel Einwanderung verträgt eine Demokratie? Zugleich lotet er aus, warum wir heute vor den Scherben einer Ostpolitik stehen, die im Verhältnis zu Russland allzu lange nur auf die Prinzipien »Frieden vor Freiheit« und »Wandel durch Handel« gesetzt hat. Sehr eindrücklich und zum Teil auf persönliche Weise zeigt Joachim Gauck, wie in den letzten Jahren so manche Gewissheit über die Stabilität unserer Demokratie verloren ging – und wie es uns gelingen kann, auch in Zukunft unsere liberalen Freiheiten zu verteidigen und tatsächlich eine wehrhafte Demokratie zu werden.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:240
EAN:9783827501813
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Aufbruch nach Utopia

Buchseite und Rezensionen zu 'Aufbruch nach Utopia' von  Stefan Wolle

Inhaltsangabe zu "Aufbruch nach Utopia"

Format:Broschiert
Seiten:440
Verlag: Ch. Links
EAN:9783861536192
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Die Vernunft und ihre Feinde

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Vernunft und ihre Feinde' von Thilo Sarrazin
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Inhaltsangabe zu "Die Vernunft und ihre Feinde"

Wo Logik und Empirie durch „alternative Fakten“ ersetzt werden, weitet sich der Raum für ideologisch geprägtes Denken und es sinkt die Toleranz. Thilo Sarrazin beobachtet diese Tendenz in den letzten Jahren auf allen Seiten des politischen Spektrums und in vielen Medien. Sie passt nicht zum Geist der abendländischen Aufklärung und sie kann die Grundlagen unserer demokratischen und liberalen Gesellschaftsordnung infrage stellen. Sarrazin erläutert die Gefahren ideologischen Denkens für unsere Gesellschaft und unsere politische Kultur und beschreibt typische Irrwege. Ideologien wirken verlockend durch die trügerische Klarheit ihrer Rezepte und die Schlichtheit, mit der sie Gut und Böse trennen. Doch so stolpert die Menschheit in immer neue Irrtümer.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:392
EAN:9783784436418
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Rezensionen zu "Die Vernunft und ihre Feinde"

  1. Ein Zauberlehrling und die Geister, die er rief

    Thilo Sarrazin ist zweifelsohne ein Bestsellerautor – und er genießt es. 2010 lief er mir auf der Frankfurter Buchmesse zufälligerweise über den Weg. Für ein paar Sekunden drängten sich seine Fans um ihr, hielten ihm flehentlich »Deutschland schafft sich ab« zum Signieren hin, während ihn Bodyguards abschirmten. Er widersetzte sich, ließ sich nur widerwillig in eine Seitentür abdrängen. Ein merkwürdiger Glanz lag in seinen Augen, den ich erst jetzt verstehe, angesichts der autobiografischen Anmerkungen im neuesten Werk.
    »Die Vernunft und ihre Feinde« ließ Sarrazin im August 2022 von Uwe Tellkamp präsentieren, einem zunehmend brauner werden Schwurbler – an sich schon ein Paradox, jedoch wird das Buch trotz derartiger Promotion wohl kaum die Millionenauflage eines vor hundert Jahren verfassten Bestsellers erreichen: https://en.wikipedia.org/wiki/Mein_Kampf#Sales

    Auf den ersten Seiten seines neuen Buchs verurteilt Sarrazin Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine aufs Schärfste. Er ordnet sich in der politischen Mitte dar, klagt die ideologische Blindheit der Rechten und der Linken an, teilt gleichermaßen gegen rechte Corona-Verschwörungsmythen aus wie gegen linken Genderwahn. Sich selbst sieht er als kritischen Rationalisten, im jüdischen Philosophen Karl Popper und dessen 1944 erschienen Werk »Die offene Gesellschaft und ihre Feinde« https://de.wikipedia.org/wiki/Die_offene_Gesellschaft_und_ihre_Feinde. Fast möchte man glauben, Sarrazin habe sich vom Saulus zum Paulus gewandelt, sein neuestes Werk würde sich gegen »Falsche Propheten« wenden – den gleichnamigen Text veröffentlichte der jüdische Literatursoziologe Leo Löwenthal https://de.wikipedia.org/wiki/Leo_L%C3%B6wenthal im Jahr 1947 und wurde in der deutschen Übersetzung von Susanne Hoppmann-Löwenthal 2021 neu aufgelegt.

    Eingangs Sarrazins analysiert in »Die Vernunft und ihre Feinde« brillant jene Gründe, die heutzutage zur Popularität von FakeNews: Belesenheit spielt angesichts frei verfügbaren Wissen und Pseudowissen keine Rolle mehr. Musste man sich vor der Erfindung von Internet und Smartphone sein Wissen mühsam durch das Studium von Fachliteratur erwerben, so reicht heutzutage ein Mausklick bzw. Daumenwisch auf dem Smartphone. Für welche gefühlte Meinung auch immer lassen sich heutzutage Fakten bzw. so genannte »Alternative Fakten« zu finden. Angelehnt an die Philosophie Karl Poppers, dessen Verehrung er mit dem SPD-Kanzler Helmut Schmidt teilte, sieht sich Thilo Sarrazin als Aufklärer, als Verteidiger und Beschützer der Demokratie. Irrationale und einzig dem Gefühl sich überlassende Gesellschaftsströmungen seien in gewissem Maße hinzunehmen, wenn eine Gesellschaft offenbleiben will. Jedoch müsse beim Volk ständig und immer wieder Freude an rationaler Wahrheitssuche geweckt werden.

    Im autobiografischen Kapitel von »Die Vernunft und ihre Feinde« schildert der Autor jene harte akademische Disziplin, die ihm sein Vater auferlegte, beschreibt seine Mutter, Vertriebene aus den Ostgebieten des Deutschen Reichs, im Gegensatz dazu als verschlossen, melancholisch und depressiv: ein vollkommen gegensätzliches Elternpaar ohne gemeinsame Lebensauffassung. Aufwachsend unter zuerst einmal ärmlichen Verhältnissen in einer westfälischen Kleinstadt zieht es sich früh in die Welt der Bücher zurück. Inspiriert vom Wirtschaftsboom der Nachkriegszeit verlegt er sich auf die rationale Welt der Zahlen – womit wir auf Seite 45 seines Buches angelangt sind, einer m.E. zentralen Passage, die seinen eingangs geschilderten Erfolg auf der Frankfurter Buchmesse 2010 erklärt, zugleich jedoch all das ad absurdum führt, was er jetzt in 2022 entlarven will als »Irrtümer und Illusionen ideologischen Denkens«.

    Die Hypothese, dass sich mit Mathematik die menschliche Psyche erfassen lässt, mag 1972 für den damals gerade einmal 27-jährigen Thilo Sarrazin verlockend gewesen sein. Hoffte er, auf diese Weise die unterschiedlichen Lebensauffassungen seiner Eltern zu überbrücken? Er führte damals nach Anleitung des Psychologen Hans-Jürgen Eysenck an sich selber einen Intelligenztest durch, richtete nach eigener Aussage sein späteres Leben danach aus und veröffentlichte die Studien 38 Jahre später »unbefangen und in wissenschaftlich einwandfreier Diktion« (Zitat Sarrazin 2022 Seite 45) in »Deutschland schafft sich ab«, seinem Durchbruch als deutscher Bestsellerautor. Auf dieses Buch kommt er immer wieder zurück, bleibt bei den zweifelsohne als rassistisch und unwissenschaftlich einzustufenden Thesen – wider besseren Wissens, denn besagter Eysenck hatte seine Studien gefälscht, sie wurden 2019 vom Londoner King's College als »unsicher« eingestuft, man sprach in der Fachwelt vom »schlimmsten wissenschaftlichen Skandal aller Zeiten«. https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_J%C3%BCrgen_Eysenck#Kritik_und_Kontroversen

    Sarrazins Veröffentlichung jetzt in 2022 kann als Versuch gewertet werden, die fatale Wirkung seiner in den letzten zwölf Jahren mit Irrtümern und Illusionen ideologischen Denkens gespickten Publikationen insofern zurückzunehmen, als dass er als gelernter Volkswirt und erklärter Anhänger der Philosophie Karl Poppers mit seinen Bestsellern letztendlich Geister geweckt hat, die sich als erklärte Feinde von Demokratie und offener Gesellschaft verstehen.

    »Der größte Angriff auf die menschliche Vernunft« sei Russlands Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022, schreibt Thilo Sarrazin auf der ersten Seite seines neuen Bestsellers. Um zu verstehen, welchen Kampf er als Zauberlehrling jetzt führt, an der Schwelle zum Dritten Weltkrieg, reichen Worte, Zahlen oder Statistiken nicht aus. Man muss die Kunst bemühen, ewige Mittlerin zwischen Intellekt und Psyche. Niemand konnte dies besser als Walt Disney. Im Gegensatz zu Leo Löwenthal und Karl Popper beantworte er 1940 den Schrecken des Zweiten Weltkriegs mit der Bildsprache des Zeichentricks. Sein wohl bedeutendstes Epos »Fantasia« war damals ein finanzielles Desaster, trieb sein Filmstudio beinahe in den Bankrott, ist mittlerweile jedoch zum Bestseller geworden. »The Sorcerer's Apprentice« ist immer noch sehenswert. https://www.youtube.com/watch?v=2DX2yVucz24

 

Im Rausch des Aufruhrs: Deutschland 1923

Buchseite und Rezensionen zu 'Im Rausch des Aufruhrs: Deutschland 1923' von Christian Bommarius
4.65
4.7 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Im Rausch des Aufruhrs: Deutschland 1923"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:352
EAN:9783423290043
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Rezensionen zu "Im Rausch des Aufruhrs: Deutschland 1923"

  1. Was nicht unbedingt im Geschichtsbuch steht!

    Das Jahr 1923 in Deutschland ist das Jahr, in dem Grundsteine gelegt werden für die nachfolgenden berühmten Goldenen Zwanziger.
    Es ist ein Jahr, in dem es vielen Menschen außerordentlich schlecht geht,
    der 1. Weltkrieg ist zwar vorbei, doch durch die nachfolgenden Zwänge ist Deutschland in einer schlimmen Lage.

    Der Autor beschreibt dieses Jahr in zwölf Monatsabschnitten, beginnend mit dem Januar.
    In knappen prägnanten Notizen, erzählt er Markantes aus dem jeweiligen
    Monat. Wir begegnen fast jedem, der nicht nur in diesem Jahr mehr oder weniger Rang und Namen hatte, Künstlern und ihren Werken, Politikern, Adeligen, Kriegsgewinnlern und Verlierern, Reichen und Armen, Saboteuren und Märtyrern und nicht zuletzt dem deutschen Kaiser.
    Das Brot wird von Tag zu Tag teurer. Im Januar kostet es 250 Mark, im
    Dezember erreicht es die bizarre Summe von 390 000 000 000 Mark!

    Für Interessierte ein Leckerbissen. Manches könnte auch den Geschichtsunterricht interessanter machen.

  1. Ein sehr interessantes Buch über ein spannendes Jahr

    Deutschland im Jahr 1923. Dieses Jahr wird ein sehr prägendes Jahr für die Geschichte werden. Die Franzosen und die Belgier haben das Ruhrgebiet besetzt. Hitler begeht seinen Putschversuch in München. Im Oktober kostet ein Brot 1.743.000.000 Mark. Die Arbeitslosenquote steigt stetig. Es gibt blutige Aufstände. Aber neben all diesen schrecklichen Sachen blüht das Kulturleben regelrecht auf.

    Christian Bommarius versteht es, die Geschichte dieses Jahres wirklich spannend zu erzählen. Jedem Monat ist ein Kapitel gewidmet. Man weiß auch sofort, was einen erwartet, da jedem Kapitel eine kurze Zusammenfassung vorausgeht.
    Man erfährt Interessantes aus dem Alltagsleben der Menschen, aus dem Kultur- und Nachtleben, Politik und Wirtschaft. Alles sehr verständlich erzählt. Ganz am Ende gibt es noch ein Personenregister. Hier erfährt man, wie es mit den im Buch genannten Personen weitergegangen ist. Das fand ich besonders gut, weil man nicht selber nachforschen muss. Sehr durchdacht.
    Überhaupt ist das ganze Buch schön durchdacht und wird für jeden Geschichtsinteressierten eine Freude sein.

  1. Fragmente 1923

    Autor
    Christian Bommarius

    Inhalt
    Die junge Weimarer Republik im Krisenjahr 1923.

    Eckdaten, die das Chaos aufzeigen:
    Der Erste Weltkrieg ist beendet und die Weimarer Republik muss den Versailler Vertrag akzeptieren.
    Deutschland wird kleiner, wird verpflichtet, die Reparationen zahlen und die "Kriegsschuld" anzuerkennen.
    Deutschland kann die regelmäßig vereinbarten Zahlungen nicht einhalten. Frankreich und Belgien besetzen daraufhin das Ruhrgebiet gestützt auf das Londoner Ultimatum.
    Es folgen Streiks, die zu einer Hyperinflation führen. Die deutsche Wirtschaft ist durch Produktionsausfälle und Generalstreiks lahmgelegt. Deutschlands Wirtschaft liegt in Scherben.

    In Bayern wird am 26. September 1923 der Notstand ausgerufen, nach Gerüchten über einen kommunistischen Umsturz.

    „Ende Oktober marschierte die Reichswehr in Thüringen und Sachsen ein und schlug den kommunistischen Aufstand nieder, bevor er überhaupt angefangen hatte.“
    Quelle: https://www.spiegel.de/geschichte/notstand-in-bayern-1923-a-951270.html, 09.03.2022

    Am 9. November 1923 versucht Adolf Hitler in München zum ersten Mal, politische Macht zu erlangen. Hitler, unterstützt von Ludendorff, setzt den „Marsch nach Berlin“ in Gang. Doch sein „Marsch nach Berlin“ wird an der Feldherrnhalle auf dem Odeonsplatz von der Polizei blutig niedergeschlagen.
    Erst 1924 beginnt in Deutschland eine Phase relativer Stabilität. Für die Republik ist es bis 1929 eine Zeit innenpolitischer Ruhe mit wirtschaftlichem Aufschwung und kultureller Blüte. Die "Goldenen Zwanziger" enden mit der im Oktober 1929 beginnenden Weltwirtschaftskrise, in der Armut und Verzweiflung schnell um sich greifen. Mit Erfolg entfesseln die Gegner der Weimarer Republik von rechts und links eine beispiellose Agitation gegen den Staat, der keine Mittel gegen die wirtschaftliche und politische Krise findet.
    Neben den politischen Ereignissen pulsierte das Leben.
    Berlin im Jahr 1923 eine Weltstadt im Rausch und voller sozialer und politischer Spannungen.
    „Im Rausch des Aufruhrs“ werden die verschiedenen politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Facetten des Jahres 1923 erzählt.

    Sprache und Stil
    Kurze Texte ergeben über einen Zeitraum von zwölf Monaten ein bunt gemischtes Bild der Weimarer Republik und Politik, Wirtschaft und Kultur der Zeit.

    Fragmentarisch werden über viele Schriftsteller aus der Zeit kurz berichtet, Stefan Zweig, Hans Fallada, Thomas Mann oder auch Bertolt Brecht.

    „Joseph Roth traut seinen Augen nicht. Er sitzt im »Romanischen Café« an der Gedächtniskirche, dem angesagtesten Boheme-Kaffeehaus Berlins, also Deutschlands, seit das »Café des Westens« am Kurfürstendamm, auch bekannt als »Café Größenwahn« umgezogen ist und nun von der Boheme verschmäht wird.“ (S. 17)

    Politische „Größen“ der Nazizeit sind noch nicht bekannt und leben ganz normal, wie zum Beispiel Goebbels noch bei seinen Eltern in Rheydt lebt.

    „Am 2. Januar nimmt der 25 Jahre alte Dr. Joseph Goebbels in einer Filiale der Dresdner Bank in Köln seine Arbeit auf. Allerdings unter Protest. […] Der junge Mann aus Rheydt, der noch immer bei seinen Eltern lebt, fordert vom Schicksal eine Karriere als Schriftsteller oder Journalist.“ (S. 16)

    Alltägliche Gegebenheiten werden erwähnt, insbesondere die Inflation in allen Bereichen. Die extreme Steigerung für den Fahrschein der Berliner Straßenbahn führt zur Empörung der Berliner über die „»unersättliche Straßenbahn«.“

    „Der Fahrschein für die Berliner Straßenbahn hat am, 16. Juli 3000 Mark gekostet, am 30. Juli 6000 Mark und am 6.. August 10 000 Mark, am 14. August 50 000 Mark und am 2o.August 100 000 Mark.“ (S. 197)

    Die extreme Steigerung der Inflation wird an diesem Beispiel überdeutlich.

    Christian Bommarius lässt die Leser wie durch ein farbiges Kaleidoskop auf die damalige Gesellschaft blicken, episodenhaft und bunt gemischt.
    Die einzelnen Monate werden durch Bilder getrennt, die die Atmosphäre und den Zeitgeist des Jahres widerspiegeln. Jede zweite Seite enthält eine kurze, aussagekräftige Überschrift, die einen Aspekt herausstellt.

    Im letzten Kapitel „Was geschah“ gibt der Autor Informationen zu den Personen, die im Verlauf des Romans dargestellt werden.

    Das Cover zeigt ein tanzendes Paar in der damaligen typischen extravaganten Kleidung.

    Fazit
    „Im Rausch des Aufruhrs“ gibt einen lebendigen Überblick über das Leben im Jahr 1923. Christian Bommarius hat mit seinem Buch ein Beispiel gebracht, wie Geschichte anschaulich und fesselnd geschrieben werden kann. Er zeigt das Jahr 1923 in seiner Ambivalenz zwischen Ende der Nachkriegszeit und als Auftakt der Zwanzigerjahre der Weimarer Republik in all seinen Facetten.

    „Marcellus Schiffer zweifelt nicht länger: Die Zeit ist verrückt geworden.“ (S. 210)

 

Freiheit in Gefahr

Buchseite und Rezensionen zu 'Freiheit in Gefahr' von Hans-Jürgen Papier

Inhaltsangabe zu "Freiheit in Gefahr"

Freiheit ist die Grundbedingung gelingender Gesellschaften. Diese Erfolgsformel scheint leichtfertig in Vergessenheit zu geraten. Mit Sorge beobachtet Hans-Jürgen Papier, wie unsere einst hart erkämpften Freiheitsrechte Stück für Stück beschnitten werden. Für den ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts gilt: Auch und gerade in Krisenzeiten, bei der notwendigen Sicherstellung von Gesundheit, beim Schutz vor Bedrohungen durch Terrorismus, Klimawandel und wirtschaftliche Krisen darf die Freiheit nicht aufs Spiel gesetzt werden. Hans-Jürgen Papier zeigt auf, welchen Herausforderungen wir uns heute gegenübersehen und welche Lösungen erforderlich sind, um unser legitimes Bedürfnis nach Sicherheit nicht gegen die Freiheit auszuspielen. Für den Bundesverfassungsrichter selbst war das Prinzip der Freiheit stets Grundlage und Leitgedanke all der Entscheidungen, an denen er mitgewirkt hat; darunter einige wegweisende Urteile, die die Bürgerrechte in unserem Land gegen versuchte Übergriffe dauerhaft geschützt und gestärkt haben.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:288
Verlag:
EAN:9783453218161
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Gehirnwäsche im Zeitalter der Gegenaufklärung

Buchseite und Rezensionen zu 'Gehirnwäsche im Zeitalter der Gegenaufklärung' von Ullrich Mies

Inhaltsangabe zu "Gehirnwäsche im Zeitalter der Gegenaufklärung"

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:288
Verlag: Westend
EAN:9783864892851
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Wir können mehr sein: Die Macht der Vielfalt

Buchseite und Rezensionen zu 'Wir können mehr sein: Die Macht der Vielfalt' von Aminata Touré
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Wir können mehr sein: Die Macht der Vielfalt"

Format:Taschenbuch
Seiten:272
Verlag:
EAN:9783462000610
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Rezensionen zu "Wir können mehr sein: Die Macht der Vielfalt"

  1. Engagiert!

    Kurz nach der Flucht ihrer Eltern aus Mali wurde 1992 Aminata Touré in einer deutschen Unterkunft für Flüchtlinge geboren. Seit 2019 ist sie Vizepräsidentin des Landtages von Schleswig-Holstein. Als erste Afrodeutsche und jüngste Frau überhaupt.
    „Wir können mehr sein“ ist Autobiografie und politisches Sachbuch zugleich und somit doppelt interessant und bemerkenswert. Aminata Touré berichtet nicht nur von ihrer Lebensgeschichte, sondern gibt auch Einblicke in die alltäglichen Geschäfte ihrer politischen Tätigkeit.
    Die Politikerin zeigt großes Engagement und Leidenschaft für eine offene Gesellschaft, für Gleichbehandlung und Gleichberechtigung. Vehement tritt sie gegen jede Art von Diskriminierung auf.
    „Wir können mehr sein als Gesellschaft…Wir müssen die unterschiedlichen Situationen und Hintergründe von Menschen sehen und respektieren, und im nächsten Schritt eben auch die jeweiligen Herausforderungen erkennen und daraus politische Forderungen ableiten. Nur so können wir die Idee eines Zusammenlebens formulieren, das tatsächlich gleichberechtigt ist.“
    Ihr persönlicher und politischer Werdegang bedeutet ihr, dass dieser Weg gerade nicht allen Menschen gleichermaßen offensteht. Aminata Touré will nicht die Ausnahme von der Regel sein. Sie will ermutigen, die Regeln durchbrechen.
    Ich halte dieses Buch für ein wichtiges Buch, das – vielleicht gerade junge Menschen – inspiriert, sich mit Politik auseinanderzusetzen. Denn nichts und niemand ist unpolitisch.

 

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