Die Forelle

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Forelle' von Leander Fischer

Inhaltsangabe zu "Die Forelle"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:782
EAN:9783835337305
read more
 

Die Wanderjahre des August Zollinger (SALTO)

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Wanderjahre des August Zollinger (SALTO)' von  Pablo d`Ors

Inhaltsangabe zu "Die Wanderjahre des August Zollinger (SALTO)"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:144
Verlag: Wagenbach
EAN:9783803113085
read more
 

Tamangur

Buchseite und Rezensionen zu 'Tamangur' von  Leta Semadeni
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Tamangur"

Format:Broschiert
Seiten:160
EAN:9783858698421
read more

Rezensionen zu "Tamangur"

  1. 5
    10. Nov 2020 

    Eine inhaltliche und sprachliche Perle!

    Das dünne kartonierte Buch mit dem schlichten, in beige und oliv gehaltenen Cover, auf dem ein Ziegenbock abgebildet ist, ist eine Augenweide.
    Vorsatzpapier und Lesebändchen in grün vervollständigen den hochwertigen äußeren Eindruck.

    Das Kind, ein kleines Mädchen im Grundschulalter, lebt bei seiner Großmutter, die einst viel gereist ist und gern Klavier gespielt hat.
    Die beiden wohnen in einem Dorf, das sich in einem von Bergen umgebenen Tal in der Schweiz befindet.
    Der Ort „ist nicht mehr als ein Fliegendreck auf der Karte.“ (S. 8)

    Der Großvater, ein Jägersmann mit Güte und Humor, ist seit einem Jahr in Tamangur, dem Paradies für Jäger.
    Er „hat es wahrlich verdient, in dieses Paradies eingelassen worden zu sein.“ (S. 22) ...und das, obwohl „er sich ganz plötzlich aus dem Staub gemacht hat, dieser Feigling“. (S. 37)
    Auch der kleine Bruder des Mädchens und seine Eltern glänzen durch Abwesenheit und sind wie der Großvater trotzdem und gleichzeitig ständig präsent.

    Der Ort, das Kind und die Großmutter sind namenlos.
    Namen hat nur das Umfeld.

    Beispielsweise Carlotta, die leicht schielende Strohpuppe mit Märzendreck auf der Nase, die eines Tages einer Erkundungs-Operation zum Opfer fiel.

    Oder Elsa, eine der Seltsamen, die ein bisschen neben den Schuhen stehen, eine schöne Sprache und einen frischen Blick auf die Welt haben.
    Elsa besucht die beiden oft und hilft der Großmutter manchmal bei der Hausarbeit.

    Oder Chan, der Hund der Großeltern, dessen Schnaufen das Kind beruhigt und der laut Großmutter der Vater sämtlicher Welpen im Dorf ist, obwohl er nur noch einen Hoden hat.

    Oder der kleine drahtige Kasimir, für den Alkohol die Kaminfegerbürste für die Seele ist.

    Oder die kleine pfiffige Luzia aus der Alpenrose, mit der es dem Kind nie langweilig wird.

    Wir erfahren, warum es von Vorteil ist, katholisch zu sein, lesen von Käse im gezuckerten Kaffee, von wunderbaren Geschichten, die der Opa für sein Enkelkind erfindet und von den fünf langen, gelben Hirschzähnen des Großvaters, die beim Kind eine Hühnerhaut hervorrufen.

    Bald schon ahnen wir, dass es vor nicht allzu langer Zeit eine Katastrophe gegeben haben muss, die zum Verschwinden des kleinen Bruders und der Eltern des Mädchens geführt hat.
    An dem Unglück scheint das kleine Mädchen seinen Anteil gehabt zu haben. Vielleicht war es sogar dafür verantwortlich?
    Manchmal wird das Kind von Schmerz, Sehnsucht, Albträumen und Schuldgefühlen heimgesucht.

    Ich stieß immer wieder auf wunderschöne Formulierungen, die mich innehalten ließen:
    „Die Erinnerung liegt dann überall herum wie ein schlafendes Tier und versperrt einem den Weg. Ständig muss man darüber stolpern, ihm ausweichen und wehe, man erwischt es mit der Fußspitze oder tritt gar aus Versehen drauf und es erwacht und trottet hinter einem her...“ (S. 20)

    „Die Angst ist wie ein Jagdhund. Man muss ihn gut behandeln, aber man darf sich niemals von ihm beherrschen lassen.“ (S. 26)

    „An gewisse Regeln muss man sich halten, sonst wird man haltlos, und die Großmutter hat etwas gegen Haltlosigkeit. Haltlosigkeit kommt kurz vor dem Absturz.“ (S. 43)

    „Ich habe nicht verstanden, sagt Elsa, wie das ist mit der Angst. Kommt sie von außen und überfällt einen hinterrücks? Oder hockt sie in einem drin, igelt sich ein irgendwo in einem verborgenen Winkel… Und wenn man es am wenigsten erwartet, schlägt sie erbarmungslos zu?“ (S. 47)

    „Oft ist das, was ein anderer oder eine andere sagt, nur halb so interessant wie das, was ich während eines inneren Spaziergangs mit mir selbst erlebe.“ (S. 117)

    Man stolpert auch immer wieder über amüsante Stellen, die ein Schmunzeln hervorrufen:
    „Warum sind deine Hände so groß?, fragt das Kind.
    Weil die Großmutter so große Brüste hat. Die müssen Platz haben, eine in jeder Hand.“ (S. 24)

    „Tamangur“ ist ein stiller, warmer, sehnsüchtiger und poetischer Roman, der etwas Märchenhaftes und Zartes hat und bei aller darunter liegenden Dramatik mit Humor nicht geizt.
    Obwohl über der Geschichte ein Wölkchen von Melancholie hängt, bekommt sie durch die teilweise heitere und aufrichtige Sprache, den liebevollen Ton und die ruhige Erzählweise eine Leichtigkeit.

    Dieses außergewöhnliche Schmuckstück ist eine inhaltliche und sprachliche Wucht und wird einen bleibenden und besonderen Platz in meinem Bücherregal bekommen.

    Das Prosawerk „Tamangur“ der 1944 geborenen Schweizer Poetin und Erzählerin Leta Semadeni hat 2016 den Schweizer Literaturpreis erhalten.

    Teilen
 

Land in Sicht: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Land in Sicht: Roman' von Ilona Hartmann
3.65
3.7 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Land in Sicht: Roman"

Das Glück schmeckt nach Äpfeln und Schokolade


Lotta hasst Veränderungen. Blöd nur, dass das Leben darauf keine Rücksicht nimmt. Als ihre Oma stirbt, ist sie plötzlich Hausbesitzerin. Auf dem Land. Gemeinsam mit ihrer ungeliebten Schwester. Von nun an kämpft Lotta mit Kühen im Garten, mit den Dorfbewohnern und mit Handwerkern, die gern mal die falsche Wand einreißen. Und dann ist da auch noch der geheimnisvolle Graf im Nachbarhaus, der ihre Gefühle ganz schön durcheinanderbringt …


Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:160
Verlag: Blumenbar
EAN:9783351050764
read more

Rezensionen zu "Land in Sicht: Roman"

  1. 3
    01. Feb 2022 

    Schrecklich amüsant - aber in Zukunft ohne mich

    Wem der Titel meiner Rezension bekannt vorkommt und diesen als Titel von David Foster Wallace' wirklich schrecklich amüsantem Essay zum Thema Karibik-Kreuzfahrten wiedererkennt, hat diesen wahrscheinlich auch gelesen und damit einen bei weitem anregenderen Text als den vorliegenden von Ilona Hartmann.

    Eine junge Frau macht bucht sich auf einem Donau-Kreuzfahrtschiff für acht Tage ein. Sie möchte erstmalig ihrem leiblichen Vater begegnen, der Kapitän des besagten Schiffs ist. Zu Beginn des Romans erlebt sie (in abgeschwächter und nicht ganz so pointiert geschriebener Version) das, was David Foster Wallace auch bei seinem Kreuzfahrtabenteuer beobachtet und beschrieben hat. Ältere Pärchen lassen sich berieseln oder wahlweise animieren im Salon des Schiffs, machen Tagesausflüge, lieben sich, streiten sich. Die Ich-Erzählerin fällt aus der Rolle, da sie mehrere Jahrzehnte jünger als die meisten Reisenden ist. Das ist anfangs noch recht amüsant wird mit zunehmender Fokussierung auf das Aufeinandertreffen von Vater und Tochter jedoch auch zunehmend beliebig. So liest man sich zügig durch den kurzweilig konstruierten und flüssig geschriebenen Roman.

    Nach kurzen 160 Seiten ist das Ganze aber auch schon wieder vorbei. Ein nachhaltiger Eindruck bleibt hier jedoch nicht zurück. Man liest das Buch nicht ungern, würde es aber auch nicht zwingend noch einmal kaufen und lesen, wenn man die Wahl hätte. 2,5 Sterne gibt es dafür insgesamt von mir, mit Aufrunden nach oben, da es mal ein nettes Buch für zwischendurch ist.

    Teilen
  1. 3
    22. Nov 2020 

    Donauschiffahrt...

    Jana hat ihren Vater nie kennengelernt. Alles, was sie über ihn weiß, ist, dass er als Kapitän auf der MS Mozart arbeitet, einem eher wenig glamourösen Kreuzfahrtschiff auf der Donau. Also bucht sie sich kurzerhand eine Woche dort ein. Ob sie sich ihm zu erkennen geben wird, weiß sie noch nicht. Mit knapp hundert Gästen im Seniorenalter und der trinkfesten Bordbesatzung beginnt die Fahrt von Passau nach Wien. Mit großer Sensibilität erzählt Ilona Hartmann die Geschichte einer jungen Frau auf der Suche nach den eigenen Wurzeln. Ein Roman voller Situationskomik und ungewöhnlicher Begegnungen, aber auch der Beginn einer zärtlichen, emotionalen Annäherung zwischen Vater und Tochter, die gerade erst lernen, was es heißt, einander Familie zu sein.

    Sicher sehen die Urlaubspläne von Mittzwanzigern im Allgemeinen anders aus. Jana hat jedoch beschlossen, eine einwöchige Donauschifffahrt zu buchen, inmitten einer riesigen Horde grauhaariger Rentner. Der Grund dafür ist ihr Vater - ein Mensch, den sie noch nie gesehen hat, von dem sie aber in Erfahrung bringen konnte, dass er Kapitän auf der MS Mozart ist, die innerhalb von acht Tagen von Passau nach Wien die Donau hinabfährt.

    In locker-sarkastischem Ton berichtet Jana dem Leser von ihren teilweise doch recht skurrilen Begegnungen auf dem Schiff. Vor allem aber nimmt der Leser am Innenleben der Ich-Erzählerin teil, an ihren Gedanken und Gefühlen, die oftmals von großer Unsicherheit geprägt sind. Soll sie ihren Vater ansprechen oder nicht? Will sie sich nur einen kurzen Eindruck verschaffen oder ihn doch näher kennenlernen? Was hätte sie davon, diesen für sie fremden Menschen plötzlich in ihr Leben zu lassen?

    Jana trudelt durch die Tage und Nächte an Bord, nimmt an Landgängen teil und studiert ihre Mitreisenden sowie ihren Vater. Die Empfindungen und Entscheidungen der jungen Frau sind teilweise nachvollziehbar, doch löste die gesamte Lektüre bei mir wenig aus. Insgesamt blieb mir die Erzählung wohl doch zu sehr an der Oberfläche, waren die Personen für mich nicht wirklich greifbar. Der immer wieder aufblitzende schwarze Humor glich aus, dass der kurze Roman nach meinem Empfinden unterm Emotions-Radar blieb.

    Alles in allem habe ich das Debüt von Ilona Hartmann nicht ungern gelesen, doch einen bleibenden Eindruck hat es bei mir leider nicht hinterlassen...

    © Parden

    Teilen
  1. 5
    10. Nov 2020 

    Ein frischer Ton

    Ilona Hartmann, 1990 in einem Dorf in der Nähe von Stuttgart geboren, lebt heute in Berlin und arbeitet als freie Autorin und Texterin ( z.B für Zeit online, der Freitag und Die Heute -show). „ Land in Sicht“ ist ihr Debutroman .
    Die Protagonistin Jana, Mitte Zwanzig, kommt vom Land , lebt nun aber in Berlin. Ihr Studium hat sie abgebrochen , verdient etwas Geld mit Photos, die sie verkauft . „ Die ersten Jahre im eigenen Leben fühlten sich an, wie freihändig auf dem Fahrrad bergab fahren. Nachts. Ohne Gucken. Es hätte Spaß machen können, aber ich hatte die ganze Zeit Angst um meine Vorderzähne.“
    Sie ist ohne Vater aufgewachsen, was sie aber bisher nicht belastet hat. Bis sie eines Nachts in einer Kneipe mit einem Mann ins Gespräch kommt, der ihr erzählt, er habe seinen Vater erst mit achtzehn Jahren kennengelernt. Und da habe sich bei ihm eine Wunde geschlossen.
    Danach fallen Jana plötzlich überall Väter auf und sie fragt sich, ob ihr nicht doch etwas fehlt.
    Die Vatersuche erweist sich als nicht allzu schwierig. Im Telephonbuch ihrer Mutter findet sie seinen vollständigen Namen und im Internet stößt sie auf ein Photo von ihm: Ein Mann, inmitten einer Reisegruppe, „ Milan, unser 1. Kapitän der MS Mozart“.
    Die MS Mozart ist ein leicht heruntergekommenes Schiff, das auf der Donau von Passau nach Wien fährt.
    Kurzerhand bucht Jana unter falschem Namen eine Kabine auf diesem Flusskreuzfahrtschiff und findet sich Wochen später inmitten reiselustiger Rentner als einzige Passsagierin unter Fünfzig. „ ...habe ich auf einen Schlag fast einhundert neue Großeltern, die mich anlächeln. Geld oder Süßigkeiten wurden mir leider noch nicht angeboten.“
    Was folgt sind nun einige witzige und skurrile Episoden an Bord und eine Begegnung mit dem Vater. Die verläuft reichlich unspektakulär. Es gibt keine rührseligen Szenen, keine großen Emotionen, sondern ein beinahe nüchternes Zusammentreffen. Aber gerade das macht die Geschichte so glaubhaft.
    Was das Buch zu einem wahren Lesevergnügen macht ist der schnoddrige Ton der jungen Autorin. Sie schreibt witzig und pointenreich, oft ironisch und voller Situationskomik. Dabei findet sie immer wieder originelle Sprachbilder.
    Deshalb nun noch einige Zitate:
    „Wer sich für eine Flusskreuzfahrt entscheidet, wählt, aus welchen Gründen auch immer: den Pragmatismus. Es ist die ideale Art zu Reisen für Menschen, die noch ein bisschen was von der Welt sehen wollen, aber bitte nicht zu viel. ...Alles, was hier passiert, passt auf zwei Bierdeckel.“
    „..., in unserem Leben war er ( der Vater ) nicht mehr als eine Fußnote, er stand im Kleingedruckten, während meine Mutter den Haupttext belegte.“
    „Mindestens die Hälfte der Eltern in meinem Umfeld trennten sich bis zum Abitur, meistens zogen die Väter aus. Sie wurden zu einer regelmäßig überwiesenen Summe auf dem Konto, zu einem Weihnachten in zwei Wohnungen oder zu einem „ Kein Anschluss unter dieser Nummer.“
    „Blut ist dicker als Wasser, oder geht zumindest schwerer wieder raus.“
    Die Hauptfigur weist einige Parallelen zur Autorin auf, allerdings hat diese ihren Vater ein Jahr vor der Schiffsreise kennengelernt.
    „ Land in Sicht“ ist ein höchst unterhaltsamer, aber auch sensibler Roman, ehrlich und unsentimental. Ich freue mich jetzt schon auf weitere Bücher der Autorin.

    Teilen
 

Waidmannsruh: Kriminalroman (Sepp Flattacher)

Buchseite und Rezensionen zu 'Waidmannsruh: Kriminalroman (Sepp Flattacher)' von Alexandra Bleyer
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Waidmannsruh: Kriminalroman (Sepp Flattacher)"

Format:Taschenbuch
Seiten:272
Verlag:
EAN:9783740809096
read more

Rezensionen zu "Waidmannsruh: Kriminalroman (Sepp Flattacher)"

  1. Jagdfrevel und Mord

    Der Roman beginnt mit einem Jagdfrevel. Kurz bevor ein lauernder Jäger auf einen kapitalen Hirsch feuern kann, wird dieser aus einem fahrenden Auto heraus erschossen. Doch es ist kein Wilderer, der sich so verhält, sondern der Inhaber eines Heimwerkermarktes und Mitglied des Jagdvereins Mölltal, in dem Sepp Flattacher der Aufsichtsjäger ist. Der Jagdfrevler ist ein ziemlicher Stinkstiefel, der sich seiner Frau, seinen Angestellten und auch seinen Jagdkollegen gegenüber ziemlich mies benimmt. So ist es eigentlich nicht weiter erstaunlich, dass er ums Leben kommt, wobei zunächst unklar ist, ob es sich um einen tragischen Unfall oder um ein Verbrechen handelt. Da die Polizei mit der Suche nach einem Serieneinbrecher beschäftigt ist und nur Martin Schober auf den Fall ansetzt, der in dem um seine Jagdtrophäe geprellten Waidmann seinen Hauptverdächtigen sieht, fühlt sich Sepp Flattacher zur Verteidigung der Jägerehre wieder einmal genötigt, Detektiv zu spielen, wobei ihm dieses Mal sein Nachbar Belten, der ihn zunächst erst einmal verbal in den Hintern treten muss, unterstützt. Dieses Dreamteam schafft es dann, gleichzeitig mit und unabhängig von der Polizei Licht in die verworrenen Verhältnisse im Mölltal zu bringen. Und das alles vor dem drohendem Festakt zu Flattachers Siebstigsten.

    "Waidmannsruh" ist der bisher fünfte Roman Alexandra Bleyers über den Aufsichtsjäger Flattacher, einem auf den ersten Blick sturköpfiggen Eigenbrödler, der aber insgeheim auch eine romantische Ader hat, die, so viel sei verraten, in diesem Roman zu einem glücklichen Ausklang kommt. Wie immer sprudelt der Roman von witzigen bis schwarzhumorigen Dialogen, die Flattacher hinterforziger Art entspringen. Sicherlich kann man diesen Roman lesen, ohne die Vorgänger zu kennen, aber schöner ist es allemal, denn es ist schön, mitzuerleben, wie sich die Charaktere des Mölltaler Mikrokosmos weiterentwickeln.

    Teilen
 

Liebwies: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Liebwies: Roman' von Irene Diwiak

Inhaltsangabe zu "Liebwies: Roman"

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:336
EAN:9783552063471
read more
 

Das Haus an der Moschee

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Haus an der Moschee' von Kader Abdolah

Inhaltsangabe zu "Das Haus an der Moschee"

Format:Taschenbuch
Seiten:400
Verlag: List Tb.
EAN:9783548608563
read more
 

Aus der Zuckerfabrik

Buchseite und Rezensionen zu 'Aus der Zuckerfabrik' von Dorothee Elmiger
3.25
3.3 von 5 (4 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Aus der Zuckerfabrik"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:272
Verlag:
EAN:9783446267503
read more

Rezensionen zu "Aus der Zuckerfabrik"

  1. Metapher Zucker

    Autorin
    Dorothe Elmiger

    Zucker ist süß Zucker macht krank Zucker macht süchtig Zucker kristallisiert Zucker das weiße Gold

    Das Leitthema Zucker als Metapher für Heißhunger, Askese, Glückssuche, wirtschaftlicher Zwang, Abhängigkeit und auch Begehren, Genuss, Gewalt, Kolonialismus, Ökonomie, Verteilungsgerechtigkeit, Glückssuche, Sexismus und andere Themen mehr.
    Diese Themen zwängt Dorothe Elmiger in kein Korsett eines Romans, sondern erzeugt durch einzelne Flashs eine Gewitteratmosphäre. Ein leises Grollen wird zu einem lauten Donnerwetter, der Blitz schlägt ein. Nach einem Gewitter ist die Luft gereinigt und klar. Doch bei Dorothe Elmiger wird nach einem Gewitter die Wetterlage nicht bereinigt, sondern sie öffnet das Innere mit einem Blick auf die Komplexität dieser Welt.
    Eine Zettelsammlung, Dialoge, Textfragmente, Gedankenfetzen, historische Einschübe blitzen scheinbar wild durcheinander uf. Oder sind es die Gedankengänge eines Patienten auf der Couch bei seinem Psychiater? Oder sind es nur Träume?
    Die Schweizer Autorin selbst hat ihr Buch als Recherchetagebuch bezeichnet.

    Die Texte sind scheinbar zusammenhangslos aneinandergereiht und oftmals erschließt sich der Sinn nicht. Doch Zucker kristallisiert sich immer wieder raus.

    In Übersee auf den Plantagen

    „Immer scheint jetzt schon die Sonne, wenn ich aufwache.

    Im Fernsehen ein Dokumentarfilm über eine Ananasfarm
    In der Nähe von Santo Domingo. Weiter, weiß bewölkter
    Himmel. In den Feldern werfen sich die haitianischen
    Arbeiter die reifen Früchte zu.

    Dann tritt der Ananaskönig ins Bild, er steht auf dem Acker
    und redet in die Kamera. Bevor er die 180 Hektar in den
    Achtzigern kaufte, war er Gemüsebauer im Züricher
    Unterland.

    Die Sembradores setzen Setzlinge im Akkord in die Erde.
    Der Ananaskönig misst für das Fernsehen den Zuckergehalt
    seiner Früchte.

    Später zahlt er die Löhne aus.

    Auf dem T-Shirt eines Arbeiters: "MY SKILLS NEVER END“. (S. 10)

    Dieses erste Textfragment führt ein in die Thematik. Das System der Plantagenwirtschaft wird gegenübergestellt dem Genussgut in Europa. Ananas für Zucker als Profit, Arbeiter die im Akkord die Ananassetzlinge einpflanzen, für wenig Lohn, die wirtschaftliche Verbesserung vom Gemüsebauer aus Zürich zum Ananas Plantagenbesitzer auf Haiti. Zucker, das weiße Gold.

    „»Es gibt sehr viele Texte, die eigentlich am Zucker gewisse Fragen aufwerfen, zum Beispiel das Verhältnis von Europa oder europäischen Arbeiter*innenschaft zur Zeit der Industrialisierung und diesen Kolonien wie Haiti. Dieser Zucker steht einerseits also für dieses wirklich mörderische System der Plantagenwirtschaft und wurde gleichzeitig als Genussgut in Europa konsumiert«, sagt Dorothee Elmiger. Und so sei sie "in dieser Zuckersache" in ganz verschiedene Richtungen gegangen, der Zucker sei plötzlich überall wieder aufgetaucht.“
    Quelle:
    https://www.br.de/nachrichten/kultur/dorothee-elmiger-buch-aus-der-zuckerfabrik-shortlist-deutscher-buchpreis,SBU6QE6, 20.11.2020

    Zucker kristallisiert sich in Lektüre, Filme, Träume, Kapitalismus, historische Literatur und Figuren, Hunger und Tod.

    Unüberwindbare Kulturunterschiede

    „Spätnachts: Der Kondensmilch trinkende Klaus Kinski
    In »Burden of Dreams« (1982), der es nicht über sich
    bringen kann, das Getränk (Masato), das die Frauen im
    peruanischen Regenwald zubereiten, indem sie die Wurzel-
    knollen der Maniokpflanzen erst kauen und dann wieder
    ausspucken, zu trinken. „(S. 40)

    Passage über die an Wahnsinn erkrankte Ellen West.

    „Es handle sich heißt es in der Forschungsliteratur, bei
    der Entscheidung, zu essen oder nicht zu tun, um eine
    Obsession mit dem Tod, die Patientin EW habe die Frage
    nach Leben oder Tod am Beispiel des Essens verhandelt, es
    Ist ist die Rede von der great depression, der Melancholie, […].“ (S. 44)

    Eine Reihe von Assoziationen, Metaphern, die Vielseitigkeit des Lebens spiegelt „Aus der Zuckerfabrik“.
    Anspielungsreiche Überschriften wie „Plaisir“ „Swan Lake“, „Ávila“ oder „Montauk“, verweisen auf Orte, Personen oder Werke.

    Fazit
    Eine dichte Zettelsammlung aus Recherchen, Dialogen, historischen Referenzen, im Flattersatz geschrieben lassen den Leser nachdenklich zurück.
    „Aus der Zuckerfabrik“ ist kein Buch zum Lesen, es ist ein Buch, mit dem man sich auseinandersetzen muss. Dabei gerät der Leser wie die Ich- Figur sehr häufig in ein „Gestrüpp“ aus Fragen.

    „-So ungefähr: Ich gehe durchs Gestrüpp. Es tschilpen auch
    einige Vögel.
    -Und dann?
    -Weiter nichts, es geht einfach immer weiter so.“ (S. 9)

    Teilen
  1. Wohin der Wind dich weht …. Oder: Des Kaisers neue Kleider.

    Kurzmeinung: Bisher das schwächste Buch des Deutschen Buchpreises 2020

    Wie der Rezensionstitel schon andeutet, weht in dem Roman „Aus der Zuckerfabrik“ der Gedankenwind der freien Kunst, der sowohl die Autorin wie auch die Leserschaft mal hierhin mal dorthin treibt. Wohin ist letztlich egal. Es gibt keinen Anfang und kein Ziel.

    Die Autorin überlässt es völlig ihren Lesern, die willkürlich aus ihren Gedanken und Erinnerungen oder mihtilfe von Literaturzitaten aus der Historie auftretenden und herbeizitierten Geistesgrößen und deren Gedankensplitter, zu ordnen. Was schwierig ist, denn ein Ordnungskonzept ist nicht erkennbar. Weder erkennbar noch vorhanden. Es geht im weitesten Sinne um Lust, um Erinnerungen, um Essstörungen, um Schönheit, um Erfassen der Welt, einfach um alles – und leider auch um nichts. (Nach allen Seiten offen - wird löchrig).

    Dies nennt man also experimentelle Literatur. Das ist erlaubt. Es ist sicher extreme Kunst, weil extrem künstlich. Aber ist es auch so interessant, dass jemand, nämlich die Leserschaft, derartige Gedenkensprünge nachvollziehen sollte? Äh, nein.

    Das muss zwar jeder für sich selber entscheiden. Ich breche diesen Roman jedenfalls nach 85 Seiten Quälerei und einigem Querlesen ab.

    Wie kommt „Aus der Zuckerfabrik“ auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises? Diese Juryentscheidung empfinde ich nicht als mutig, sondern als Zumutung und Provokation. So ist es wahrscheinlich auch gedacht.

    Wer, aus dieser Jury, hat einen Lustgewinn aus dieser Lektüre gezogen?Bitte aufzeigen! Denn dass der Begriff „Zucker“ ein Synonym für Genuß in jeder Variante, sogar für Lustexzesse sein soll, das versteht man. Mag sein, dass im Buch immant Gesellschaftskritik enthalten ist. Doch muss man tief graben, um sie zu finden.

    Nun kann ein Künstler experimentieren, Verlage können diese Experimente veröffentlichen, Kunstexperten können darüber diskutieren und sich daran ergötzen und diese Art Romane feiern.

    Aber eines dürfte schwierig werden, trotz aller Wertschätzung von Experten: diesen Roman zu verkaufen. Denn mir erscheinen solche Experimente, wie des Königs neue Kleider, da ist nix dahinter. Der König ist nackt

    Fazit: „Aus der Zuckerfabrik“ ist am besten auf einer Lesung aufgehoben.

    Kategorie: Experimentelle Literatur
    Verlag. Hanser 2020

    Teilen
  1. Ich habe Hunger, so liebe mich doch.

    Noch nie habe ich einem Buchpreis-Buch so ratlos gegenüber gestanden. ⠀

    Aber ich muss schweren Herzens sagen: “Aus der Zuckerfabrik” ist mir zu hoch. Es ist kein Roman, es ist kein Sachbuch, es ist kein Gedichtband, es ist kein Essay… Die Autorin selber bezeichnet es als Recherchetagebuch, und genau so liest es sich auch: wie ein Stapel zerfledderter Notizhefte, eine unsortierte Zettelsammlung, man kann die Kaffeeflecken förmlich sehen. Das ist nicht abwertend gemeint und kann sicherlich funktionieren – es ist auf jeden Fall unverbraucht und gewagt! –, aber ich bin letztlich daran gescheitert.⠀

    In einem Kapitel schildert die Autorin, wie sie ihre Aufzeichnungen und Materialien durchblättert und keinen Pfad durchs Chaos sieht, sondern nur den Ausgangspunkt, mit dem alles begann und alles in Verbindung steht: eine Auktion im Jahr 1986, bei der der Auktionator – “Prediger einer vulgären Messe” – zwei traditionelle afrikanische Frauenfigürchen mit abfälligen Worten verkaufte.⠀

    “Dann sind diese alten N—- auch weg da”⠀
    (Zitat)⠀

    Dort, wo alles anfing, verortet Dorothee Elmiger ihren “hypothetischen Speicher”, in dem sie gedanklich alles Wissen ablegt, das sie im Laufe ihrer Recherche zusammengetragen hat:⠀

    “Es gibt an diesem Ort keine feststehende Ordnung: Mit jedem Gang durch das Chaos, über die Ananasfelder von Monte Plata, durch die Pariser Vorstädte oder den längst vergessenen Garten eines Sanatoriums, über die sizilianischen Berge, vorbei an den russischen Bädern von Philadelphia zu den Ufern des Swan River in Australien, scheinen die Dinge in neue Verhältnisse zueinander zu treten.”⠀
    (Zitat)⠀

    Dorothee Elmiger häuft eine Unmenge an Themen, Fakten und Querverweisen an, die Quellenangaben nehmen für ein (semi)belletristisches Werk erstaunlich viele Seiten ein. Das wird von keinem Handlungsbogen, keiner leitenden Erzählerin zusammengehalten – das erzählende Ich taucht zwar häufig auf, aber ihre Wege durchs Buch sind verschlungen und rätselhaft.⠀

    Zugegeben: sie verstreut mehrfach wiederkehrende Bilder, Metaphern und ganze Szenen wie Hänsel seine Brotkrumen. Man kann sich daran entlanghangeln, sich so nach und nach selber sein Hexenhäuschen erbauen – genug Zucker dafür gibt es auf jeden Fall, denn der wird wiederholt eingebracht, mit all seinem geschichtlichen Ballast und seinen immer noch problematischen Konsequenzen.⠀

    Bilder, Metaphern und Satzfragmente werden in stets neue Zusammenhänge gestellt, zerlegt und anders wieder zusammengesetzt. Das ist zweifellos interessant, aber es kam mir unfertig vor – mehr als einmal beschlich mich das Gefühl, ich habe es hier nur mit dem ersten Entwurf eines Romans zu tun, der aus dem gesammelten Material erst noch entstehen soll und den ich dann durchaus gerne lesen würde.⠀

    “In diesem Moment trete ich vor oder meine ich es nur, ich ziehe eine Birne aus meiner Manteltasche und biete sie ihm an. Die Frucht schimmert im Licht der Straßenlaternen. Mehr habe ich nicht, flüstere ich, es ist eine gute Birne, nimm sie endlich.”⠀
    (Zitat)⠀

    Der Hunger ist ohne Frage ein Leitmotiv: in diesem Buch wird ständig gegessen, mehr oder weniger lustvoll, oft obsessiv und unkontrolliert – kaum ein Kapitel, in dem niemand isst oder nicht zumindest etwas zum Essen erwähnt wird. Doch die andere Seite der Medaille bleibt ebenfalls nicht unerwähnt, vor allem in Gestalt von Ellen West, einer berühmten Patientin des Schweizer Psychiaters Ludwig Binswanger. Sie litt an Depressionen, massiven Essstörungen und daraus folgendem kritischen Untergewicht, bis sie sich schlussendlich das Leben nahm.⠀

    Mit dem buchstäblichen Hunger geht der Hunger im übertragenen Sinne einher – die Gier in jedweder Form, die hier wie der Ursprung aller menschlichen Emotionen erscheint. Liebe und Obsession, Macht und Ohnmacht, Ausbeutung und Kapital, alles hat dort seinen Ursprung und wird von Dorothee Elmiger auch thematisiert. Der Zucker wird zum Inbegriff dieser Gier.⠀

    C., von dem die Erzählerin besessen ist, verspürt nur selten Hunger, was einen deutlich sexuellen Unterton hat. Ich habe Hunger, denkt sie, so liebe mich doch. J’ai faim, j’ai faim, j’ai faim…⠀

    ‘Gatekeeping’ wäre ein zu harter Ausdruck – aber…⠀

    Ganze Passagen in Englisch und Französisch werden nicht übersetzt, auch sonst wird eine gewisse Bildung erwartet. Es wird gar kein Versuch unternommen, diejenigen Lesenden abzuholen, deren Wissen nicht dem umfassenden der Autorin entspricht; ganz selbstverständlich wird davon ausgegangen, dass dies oder jenes einfach bekannt ist.⠀

    Es gibt unzählige Verweise auf die unterschiedlichsten Themen, ein übergreifendes Ordnungsprinzip blieb mir indes verborgen.⠀

    Zum literarischen Personal des Buches gesellen sich zahlreiche Menschen aus unserer Realität, die zum Fundus der Allgemeinbildung gehören: Karl Marx wird mit dem gleichen beiläufigen Schwung in den Text geworfen wie Klaus Kinski, Deborah Levy, George Orwell, John Berryman, Chantal Akerman, Werner Bruni, Friedrich Dürrenmatt, Vaslav Nijinsky und viele etceteras.⠀

    Fazit:⠀

    Eine Handlung gibt es nicht, soll es laut Autorin auch gar nicht geben. Man blickt in ihre Gedankenwelt wie durch ein Kaleidoskop, sieht die Motive in bunten Fragmenten, in Textsplittern, die sich wieder und wieder ineinander spiegeln:⠀

    “DIE EROBERUNG DER NATUR ODER DER JUNGFRAU⠀
    DAS GEWALTSAME VORDRINGEN IN NEUE GEBIETE (ÜBERSEE)⠀
    DER HUNGER ALS VERFASSUNG*⠀
    DIE LIEBE usw.”⠀
    (Zitat)⠀

    Das Buch ist sicher experimentell und mutig, es bricht Genregrenzen auf, schert sich scheinbar nicht um Erwartungen und Konventionen. Die Sprache ist dabei kraftvoll und wartet mit zahlreichen wunderbaren, ausdrucksstarken Passagen auf. Daher hat es die Nominierung für den Deutschen Buchpreis sicher verdient.⠀

    Aber es las sich für mich persönlich auch sehr anstrengend und ermüdend. Letztendlich obliegt es meines Erachtens den Lesenden, sich nicht nur eine ganz eigene Bedeutung, sondern vor allem erstmal eine Struktur zu erschließen.⠀

    Teilen
  1. Ungewöhnlich, intensiv, packend

    „Wenn ich meine Hefte und Kopien durchblättere, die Abbildungen, Schemata und Fotografien, wenn ich die im Verlauf der vergangenen Monate erstellten Dateien öffne, sehe ich keinen Pfad, keine sich an den Rändern überlagernden, aufeinander hinweisenden Bilder, Illuminationen, sondern einen Platz, einen Punkt, von dem ich vor vier oder fünf Jahren ausgegangen bin; seither habe ich alles, was mir in die Hände fiel, alles, was ich so sah, das in einem Zusammenhang mit diesem ersten Ort zu stehen schien, dorthin zurückgetragen und vorläufig abgestellt auf diesem weitläufigen Platz.“ (Zitat Pos. 45)

    Inhalt
    Eine Ich-Figur, Schriftstellerin, sieht einen Dokumentarfilm über den ersten Schweizer Lottomillionär Werner Bruni und eine Szene, eine Versteigerung, ist einer der Auslöser für viele Fragen, die sich daraus ergeben. Der symbolische Gang durch ein Gestrüpp, am Beginn und am Ende des Buches steht für die immer neuen Verästelungen und Themen, die in Fragmenten auftauchen, durch neue Gedankenverbindungen unterbrochen und dann später irgendwann weitergeführt werden. Daraus ergibt sich ein vielfältiges Mosaik aus Themen und Fragen unserer Gesellschaft und Zeit.

    Thema und Genre
    An einer Stelle des Buches stellt die Ich-Figur fest, ihr Buch sei kein Roman, sondern ein Recherchebericht. Es geht um Zucker, als Metapher für Gier, Ausbeutung aus wirtschaftlichen Gründen, Geldgier, aber auch für Gier im Sinne von Begierde, die Sehnsucht nach Süßem, nach Liebe.

    Handlung und Schreibstil
    Es sind Fragmente, Geschichten, die zwischen den Jahrhunderten pendeln, Szenen und Auszüge aus Biografien, aus bekannten literarischen Werken, teilweise neu gedeutet und neu verknüpft. Von der Schweiz an die amerikanische Ostküste, mit Max Frisch nach Montauk, nach Port-au-Prince, zu den Sklaven auf den Zuckerplantagen auf Haiti, führt die Reise kreuz und quer, dokumentiert durch Notizen der Recherchen in Bibliotheken, dazwischen Tagebucheinträge, manchmal nur in Stichworten, Textauszüge und Originalzitate in mehreren Sprachen, die sich immer wieder neu um den Grundbegriff „Zucker“ ergeben, ohne Ordnung und dennoch irgendwie geordnet. „Jetzt alles noch einmal revidieren: Zu allen Dingen ein letztes Mal zurückkehren, sie ins Licht halten, befragen.“ (Zitat Pos. 2690)
    Eine literarische Achterbahnfahrt, manchmal episch schildernd, langsam sich steigernd, dann atemlos rasch, Satzteile, Ereignisse über Zeilen aneinandergereiht, weil ja auch in der Realität viele Dinge immer gleichzeitig geschehen, dazu kommen noch die sich dazu aufdrängenden Überlegungen und genau so will die Ich-Figur es auch erzählen. Das Ende?
    „Aber wenn du glaubst, es gebe ein Ende, dann täuschst du dich.“ (Zitat Pos. 2529)

    Fazit
    Ein ungewöhnliches Buch, das eine der Facetten der aktuellen Gegenwartsliteratur zeigt, komplexe Themen, kritische Fragen unserer Zeit in eine neue Form des Erzählens gebracht. Keine leichte Lektüre, aber gerade wegen dieser sprunghaften Gedankenläufe, der unvorhersehbaren, breit gefächerten Geschichtenfragmente interessant und packend und nach einem ersten erstaunten, etwas verwirrten Innehalten las ich mit neugieriger Begeisterung weiter, gespannt, wohin mich die nächste Seite führen würde.

    Teilen
 

Literaturgeschichten

Buchseite und Rezensionen zu 'Literaturgeschichten' von Thomas Stiegler
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Literaturgeschichten"

Format:Taschenbuch
Seiten:132
Verlag:
EAN:9783950480047
read more

Rezensionen zu "Literaturgeschichten"

  1. Literatur to go

    Manchmal lobe ich mir ja doch das ein oder andere Social Network. So habe ich über das Netzwerk mit dem Vogel den österreichischen Autor Thomas Stiegler „kennengelernt“, der es sich zur „Aufgabe“ gemacht hat, den Menschen Kunst, Literatur, Musik etc. „wieder“ nahezubringen. Dies macht er über eine eigens entwickelte App und auf einem Blog im World Wide Web.

    Hier aber soll es nun um seinen neuen Band „Literaturgeschichten – Kulturgeschichten aus der Welt der Literatur“ gehen; ein Buch, dass sich eine Kollegin seit Jahren in ähnlicher Weise von mir erhofft *g*. Denn letzten Endes sind die Geschichten und Gedanken, die Thomas Stiegler niedergeschrieben hat, nichts Anderes als Rezensionen – Rezensionen, die jedoch weit über das übliche Schema hinausgehen; allein schon wegen ihrer Länge *g*. Jede selbstverfasste Rezension gibt ja ein Stück weit von sich selbst preis; Thomas´ gehen weit darüber hinaus. Sie erzählen von einer ehemaligen Freundin, die ein Buch „Über einen blöden Vogel“ (S. 14) geschenkt bekommt (Die Möwe Jonathan), von Gedanken über längst vergangene Sommer (Klingsors letzter Sommer) bis hin zu einer „Neudefinition“ des Wortes „Langeweile“, die bei Thomas zu „Lange Weile“ wird und dadurch eine ganz andere, tiefergehende Bedeutung bekommt (Bunte Steine) – übrigens ein Text, der mich nachhaltig getroffen hat und definitiv zu den Highlights dieser Sammlung gehört!

    Die Texte treffen die Leser*innen, die es zulassen, die sich mitreißen lassen von Thomas´ Geschichten, mitten ins Herz, gehen von dort ins Großhirn und nisten sich dort ein – um zu bleiben, um immer wieder hervorgeholt zu werden („Ach, da war doch mal was Tolles!“). Ja, ihr dürft ruhig sagen „Jetzt gehen dem König mal wieder die Begeisterungspferde durch.“ – aber damit kann und muss ich leben *g*.

    Vieles von dem was Thomas liest bzw. gelesen hat, gehört zu den Klassikern – von Hesse über Storm und Hölderlin bis hin zu Thomas Mann und Guy de Maupassant. Aber auch „moderne“ Literatur wie „Die Eleganz des Igels“ von Muriel Barbary oder der nicht ganz unumstrittene Peter Handke bekommen hier eine „Plattform“ bzw. Würdigung ihres Werks (oder Teile daraus).

    Was mich am meisten an den Geschichten berührt hat, sind die klaren und unmissverständlichen Worte, in denen Thomas seine Gedanken niedergeschrieben hat. Sie zeugen viel von der Sprachgewandtheit des Autors, von der vielen Beschäftigung mit (literarischer) Sprache und die Leser*innen kommen nicht umhin, sich diesen Gedanken „anzuschließen“ á la „Wie wäre das bei mir?“ „Ist mir ähnliches nicht auch schon mal passiert?“. Seine Gedanken sind ein Plädoyer für den Erhalt „unsere[r] Träume und unsere[r] Sehnsucht. Denn im Kern sind sie das, was unser Leben ausmacht und zeigen uns die Spur, die uns zum Menschsein führt, zur Menschlichkeit, auch in unserer Zeit. (S. 120/121)

    Abschließen möchte ich diese Rezension mit zwei, nein – drei Dingen: zum einen geht mein Dank an Thomas für seine Geschichten, die mich darin bestärken, meine Zufriedenheit in der Literatur und den großen Denkern zu suchen und zu finden. Das zweite: ich widme diese Rezension meiner Kollegin, die (fast) alle meine Rezensionen und entsprechenden Bücher zum Lesen bekommt und drittens möchte ich abschließen mit einem Gedicht von Hermann Hesse, welches für mich zu diesem Buch wie der Deckel auf den einsamen Topf passt:

    Bücher
    Alle Bücher dieser Welt
    Bringen dir kein Glück,
    Doch sie weisen dich geheim
    In dich selbst zurück.

    Dort ist alles, was du brauchst,
    Sonne, Stern und Mond,
    Denn das Licht, danach du frugst,
    In dir selber wohnt.

    Weisheit, die du lang gesucht
    In den Bücherein,
    Leuchtet jetzt aus jedem Blatt –
    Denn nun ist sie dein.

    April 1918

    5* und – na klar: absolute Leseempfehlung!
    ©kingofmusic

    Teilen
 

Das Haus an der Keizersgracht: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Haus an der Keizersgracht: Roman' von  Rinske Hillen
3
3 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Das Haus an der Keizersgracht: Roman"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:272
Verlag:
EAN:9783895613678
read more

Rezensionen zu "Das Haus an der Keizersgracht: Roman"

  1. Ein Familienbild in Fragmenten

    „Die Zeit, in der sie dachte, sie könnte mit einer komfortablen Lüge besser leben als mit der schmerzlichen Wahrheit, war vorbei.“ (Zitat Seite 130)

    Inhalt
    Der Naturphilosoph Bram Wenksterman wird fünfundfünfzig Jahre alt, doch ein Geburtstagsfest ohne ihre Mutter kann sich seine Tochter Amber, gerade nach dem Abbruch ihres Studiums wieder nach Hause zurückgekehrt, nicht vorstellen. Ihre schwer depressive Mutter lebt zur Zeit in einer psychiatrischen Klinik. Außerdem will Ambers introvertierter Vater keine Party, er sucht die Ruhe in den Dingen und in der Natur, für die er sich begeistert. Doch Ella, die Cousine ihrer Mutter, sieht dies anders, bereit, in dem alten, gefährlich baufälligen Haus der Familie den Platz als Frau an der Seite von Ambers Vater einzunehmen.

    Thema und Genre
    In diesem Roman geht es um Trauer, nie bewältigte Schuldgefühle und die Auswirkungen des Schweigens auf alle Mitglieder der Familie. Ein gefährlich baufälliges Haus als Symbol einer entsprechend zerrütteten Familie.

    Charaktere
    Es sind keine Figuren, die man ins Herz schließt, die Beziehungen untereinander sind durch offene Fragen, Missverständnisse und Schweigen gekennzeichnet. Was wir über sie wissen, ergibt sich aus immer wieder in den Text eingeworfenen Details, doch die Fragmente schließen sich nicht zu einem Ganzen.

    Handlung und Schreibstil
    Die Handlung, ergänzt durch Rückblenden und Erinnerungen, spielt innerhalb von wenigen Tagen, im Mittelpunkt steht das Geburtstagsfest von Bram Wenksterman. Immer neue Konflikte und Problematiken kommen neben den Kernthemen an die Oberfläche, aber die Figuren haben nicht die Ruhe, sich damit auseinanderzusetzen. Auch die Sprache wirkt eigenartig gehetzt, die Autorin findet keine Zeit, bei einer Schilderung zu verweilen, den Lesenden Zeit für Gedanken zu geben, die Sätze fliegen vielmehr zwischen den Beobachtungen und Befindlichkeiten hin und her, treiben die Fragmente aus Handlung und Ereignissen aus der Vergangenheit voran.

    Fazit
    Ein Roman, der eine Vielfalt an Konflikten und Themen anspricht, sich aber nicht die Zeit nimmt, sie genauer zu betrachten. Der straffe Zeitrahmen schafft Augenblickssituationen und lässt den Figuren wenig Raum, nach möglichen Lösungen zu suchen. Eine Fülle, der es an Tiefe fehlt.

    Teilen
 

Seiten