Die Farben des Himmels: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Farben des Himmels: Roman' von Christina Baker Kline
4
4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Farben des Himmels: Roman"

Format:Taschenbuch
Seiten:352
EAN:9783442489855
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Rezensionen zu "Die Farben des Himmels: Roman"

  1. Das Leben so beschwerlich und ungütig...

    Dieses Buch kam jetzt genau richtig, denn wo ich derzeit mit gebrochenem Sprunggelenk und Bänderriss an meine Wohnung im vierten Stock gefesselt bin, kann ich die Protagonistin im Roman nur umso besser verstehen.

    In der Geschichte geht es um Christina, die an einer ungewöhnlichen Erkrankung leidet. Ihre Arme und Beine verändern sich über die Jahre und schränken sie immer mehr ein. Die Farm ihrer Eltern ist ihr einziger Halt. Hat das Leben nicht noch mehr zu bieten?

    Christina, die Hauptfigur, schildert uns als Ich- Erzählerin ihr Leben von 1896 bis 1948. Wir bekommen ihre Situation hautnah zu spüren, da wir ihre Gedanken und Gefühle aufgrund der Erzählperspektive aus erster Hand erhalten.

    Das Leben der Hauptakteurin ist so unendlich entbehrlich und hart und dennoch scheint Christina fast immer ihr Schicksal akzeptiert zu haben. Zu sehr hätte ich ihr das Leben als Lehrerin gewünscht, welches ihr ihre Eltern verwehrt haben. An Christina habe ich vor allem ihre enorme Willensstärke bewundert, denn auch wenn sie irgendwann nicht mehr laufen kann, nimmt sie keinen Rollstuhl oder ähnliche Hilfsmittel in Anspruch.

    Der Roman verdeutlicht wie sehr Eltern damals noch einen Einfluss auf das Leben ihrer Kinder hatten. Da wurde mal eben verboten, dass man diesen oder jenen Herren heiratet und dann war das eben Gesetz. Zum Glück sehen die Zeiten heute anders aus.

    Auch wenn das Buch sehr traurig und teilweise düster ist, so versprühte es für mich dennoch auch so etwas wie Hoffnung, denn es wird sehr deutlich wie eine Familie zusammenhält und sich braucht.

    Die Darstellung des Farmlebens ist der Autorin sehr realitätsnah gelungen. Man kann sich als Leser gerade das beschwerliche Leben mit all der Arbeit sehr gut vorstellen.

    Fazit: Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und spreche daher gern eine Leseempfehlung aus.

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Nacht der Wahrheit (Raleigh-Serie)

Buchseite und Rezensionen zu 'Nacht der Wahrheit (Raleigh-Serie)' von Lynn H. Blackburn
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Nacht der Wahrheit (Raleigh-Serie)"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:368
Verlag: Brunnen
EAN:9783765536663
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Rezensionen zu "Nacht der Wahrheit (Raleigh-Serie)"

  1. Tödliche Anschläge auf das Secret Service Team

    "Rache ist eine Handlung, die man begehen möchte, weil und wenn man machtlos ist." (George Orwell)
    Die beiden Secret Service Agent Luke Powell und Zane Thacker treffen sich wie jeden Montag zu ihrer Joggingrunde, ehe sie einem Anschlag nur knapp entkommen. Zwei ihrer Kollegen hatten dagegen weniger Glück wie schon einige Tage zuvor ihr Freund Thad, der durch eine Autobombe starb. FBI Agentin Faith Malone soll die Ermittlungen leiten. Da sie schon öfter mit Luke und dem Secret Service zusammengearbeitet hat, macht sie sich natürlich große Sorgen. Trotz seiner Verletzungen versucht Luke so gut es geht, Faith zu unterstützen. Doch wer hat es auf die Agenten abgesehen und warum? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, damit der Täter nicht noch mehr von Lukes Freunden oder gar ihn töten.

    Meine Meinung:
    Band eins der Raleigh-Reihe ist gleichzeitig mein erstes Buch dieser Autorin. Der unterhaltsame, lockere Schreibstil lässt mich nur so über die Seiten fliegen. Allerdings mitunter fand ich einige Szenen etwas schleppend und teilweise kamen sogar Wiederholungen in den Szenen vor. Ebenso schleppend zögerlich ist die Annäherung von Faith und Lukes Liebe zueinander. Beide tragen sie ihre Probleme aus der Vergangenheit mit sich herum, die eine Beziehung zueinander erschwert. Dass sie darüber nicht reden, behindert alles noch viel mehr. Man merkt, dass dies nicht der erste Thriller der Autorin ist, die gerne spannend-romantische Bücher mit wertvollem Glaubensinhalt schreibt. Wobei die Glaubensbotschaften von meiner Seite gerne noch etwas mehr hätten sein dürfen. Trotzdem haben mir die eingeschobenen Gebete oder die Gedanken an Gott recht gut gefallen. Die Kleinstadt Raleigh fand ich ebenfalls recht überzeugend präsentiert. Ich spüre sofort die Verbundenheit der Ermittler, allerdings auch bei den Familien selbst. Sie lassen niemanden in ihrer Trauer alleine und unterstützen sich, wenn es Probleme gibt. Das trifft allerdings ebenso auf Faith Malone zu, die besonders zu ihrer Schwester Hope ein herzliches Verhältnis hat. Was sicher mit an ihrem Glauben liegt, der jedoch zurzeit etwas in Mitleidenschaft geraten ist, dafür ist der von Hope umso größer. Überzeugen konnten mich vor allem die glaubwürdigen Ermittler, die trotz schwerer Bedingungen einen unfassbaren Job leisten. Das Team des Secret Service ist dabei wirklich recht gut eingespielt, sie gehen harmonisch und freundschaftlich miteinander um. Es gibt eigentlich wenig Streitpunkte in diesem Team, welche man kritisieren könnte. Was bestimmt daran liegt, weil viele in diesem Team bekennende Christen sind. Umso unverständlicher ist es, wer es auf dieses Team abgesehen hat. Erste Merkwürdigkeiten führen Faith zu der Frau in Thads Auto, die ebenfalls bei dem Bombenanschlag ums Leben kam. Wer oder was war diese Frau und hat sie etwas mit dem Tod von Thad und seinen Freunden zu tun? Je länger Luke und Faith ermitteln, desto näher kommen sich die beiden. Doch können sie über ihre eigenen Schatten springen? Trotz der etwas schleppenden Liebe und Ermittlungen konnte mich das Buch überzeugen und gebe deshalb 4 1/2 von 5 Sterne.

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Worauf wir hoffen: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Worauf wir hoffen: Roman' von Fatima Farheen Mirza

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Format:Taschenbuch
Seiten:480
EAN:9783423147798
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Was verloren geht: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Was verloren geht: Roman' von Zinzi Clemmons

Inhaltsangabe zu "Was verloren geht: Roman"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:240
EAN:9783550050596
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Dunkler Sommer: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Dunkler Sommer: Roman' von James Lee Burke
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Dunkler Sommer: Roman"

Format:Broschiert
Seiten:560
Verlag: Heyne Verlag
EAN:9783453271340
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Rezensionen zu "Dunkler Sommer: Roman"

  1. FANTE auf Speed oder ein Wiegenspiel mit Totschlag

    FANTE auf Speed oder ein Wiegenspiel mit Totschlag

    James Lee Burke, der grosse Meister der Südstaatenliteratur. Seine "Heiligkeit", der Meister der Pageturner hat es wieder getan. WICHTIGER HINWEIS: Es handelt sich um einen HACKLAND Roman. Ich weiss es nicht, ob ich die Reihe nach hinten gelesen habe, oder die Romane vom alten Hackland zum jungen Hackland hin publiziert worden sind.....

    Worum dreht es sich? Die Sturm und Drangjahre des Mister Hackland. Eine Elterngeneration auf dem Seziertisch, gebrochene Träume, verlorene Schlachten gewonnene Kriege.

    Ein Stadtteil in Houston ist das Spielfeld. Alles ist schön, alles ist gut. Bis, ja bis wir in die Bezugsgruppe eingeführt werden. Der Alptraum einer Schule, 50er Jahre, Südstaaten, da wo James Dean "Friede, Freude, Eierkuchen" verbreitet und "Giganten" der misanthropische Ausreisser ist, nimmt Burke Anlauf und läuft zur Höchstform auf.

    Mit kleiner Besetzung nimmt das Grauen seinen Lauf. American Graffiti auf Gras mit Pumpgun, Traumatisierten des Koreakrieges und einer explosiven Gemengelage von noch nicht ganz im amerikanischen Traum Angekommenen, den Platzhirschen auf dem absteigendem Ast und immer wieder für eine Überraschung gut, ethisch herausgeforderten (meistens) Männern mit spanischer oder italienischer Muttersprache, die sich als Virtuosen für Eigentumsübertragungen, Bewusstseinserweiterung, Paarungsvorbereitung und informelle Geschäfte entpuppen. Der Showdown ist beklemmend und völlig überraschend. Hackberry ist -meine Einschätzung- einer der nettesten Alkis, die sich durch aktuelle amerikanische Literatur trollen.... "Well Done!" Mister Burke und ich lobe echt nicht gerne...

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Cold Spring Harbor: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Cold Spring Harbor: Roman' von Richard Yates

Inhaltsangabe zu "Cold Spring Harbor: Roman"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:240
EAN:9783421046109
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BOOTH: Longlisted for the Booker Prize 2022

Buchseite und Rezensionen zu 'BOOTH: Longlisted for the Booker Prize 2022' von Karen Joy Fowler

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Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:480
EAN:9781788168632
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In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg.

Buchseite und Rezensionen zu 'In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg.' von Gabriele Riedle
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg."

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:264
EAN:9783847704478
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Rezensionen zu "In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg."

  1. Vielseitig, interessant, kritisch und sprachlich überzeugend

    „Die liebe Leserin und der liebe Leser, der Kunde, der Endverbraucher, der Markt brauchte Zuversicht in diesen schwierigen Zeiten, er brauchte helle Bilder statt dunkle und leuchtende Farben selbst aus den finstersten Gebieten, wobei das nicht nur für Fotos galt, sondern auch für das, was wir schrieben.“ (Zitat Seite 213)

    Inhalt
    Die Ich-Erzählerin ist als Berichterstatterin und Fotografin in allen Krisengebieten der Welt unterwegs und darüber berichtet sie in diesem Roman. Immer, wenn der Chefredakteur sie wieder losschickt, schaut sie zuerst in ihren Diercke-Weltatlas aus dem Jahr 1973, bevor sie dann von Berlin aus aufbricht, wo sie in der Goethestraße in Berlin-Charlottenburg wohnt. Sie erzählt von ihren Reisen nach Afghanistan, Papua-Heuguinea, nach Inguschetien, Libyen, Liberia, von den Menschen, dir ihr auf diesen Reisen begegnen, und sie nimmt uns mit in die großen Medienzentralen in Hamburg und Manhattan. Durch alle Schilderungen begleiten sie auch die Erinnerungen an den britischen Kriegsfotografen Tim H., der bei einem Feuergefecht zwischen Gaddafi-Anhängern und Rebellen in Misrata ums Leben gekommen war.

    Thema und Genre
    Die Autorin selbst nennt ihr Buch einen modernen Abenteuerroman, doch es geht weit um mehr als die Erfahrungen einer Reporterin In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg, Es ist eine kritische Auseinandersetzung mit der journalistischen Berichterstattung, die in vielen realen Facetten schildern will, was Krieg und kriegerische Auseinandersetzungen für die betroffenen Menschen bedeuten, während die Redaktionen der Auftrag gebenden Medienkonzerne sich von der Berichterstatterin berührende Erzählungen mit ebenso berührenden Kinderfotografien wünschen, um die Leserschaft nicht zu verschrecken und damit auch die großen Anzeigenkunden.

    Charaktere
    Die Autorin betont, dass es sich bei diesem Roman tatsächlich um literarische Prosa handelt und nicht um eine Autobiografie. Natürlich fließen ihre persönlichen Erfahrungen und die Erfahrungen von anderen Menschen mit ein und verbinden sich mit dem fiktiven Text.

    Handlung und Schreibstil
    Die Ich-Erzählerin schildert nicht nur ihre abenteuerlichen Reisen durch die Krisengebiete, darunter eine Reise mit Tim H. nach Liberia, sie verbindet diese auch mit einem weiten Bogen an persönlichen Eindrücken, Erfahrungen, Erinnerungen, findet neue literarische Gedankenverbindungen, nicht nur durch ihre Wohnadresse Goethestraße. Begegnungen mit bekannten Persönlichkeiten, bekannten Kriegsreportern, füllen ihre Schilderungen mit vielen unterschiedlichen Personen. Es ist jedoch die besondere Sprachintensität der Autorin, die sofort begeistert. In langen Sätzen reiht sie Ereignis um Ereignis, Gedanken und Gedanken aneinander, rasant, wie atemlos, verknüpft alle mit völlig anderen Themen, zu manchmal skurrilen Situationen und Überlegungen und dies alles nicht ohne satirischen Humor, so böse, dass sie uns damit zum Lachen bringt, trotz der ernsten Themen. „Hallo, ja, stehe im Stau auf der Third Mainland Bridge in Lagos, jemand will mir durch‘s Autofenster ein Bügelbrett verkaufen, und vermutlich stürzen wir alle gleich samt Brücke ins Wasser, aber falls in der Brühe da unten Empfang ist, rufe ich später zurück, woraufhin der Chefredakteur offenbar irgendjemandem im Raum zurief: unter unserer Frau Soundso stürzt in Lagos gerade irgendeine Brücke ein, aber vielleicht kauft Frau Soundso dort auch nur ein Bügelbrett, ich habe es nicht richtig verstanden, und sicher hatte der Chefredakteur dann noch hinzugefügt, dass Lagos jetzt the place to be sei, auch wenn er selbst dort niemals auch nur eine Sekunde hätte verweilen wollen.“ (Zitat Seite 154, 155)

    Fazit
    Komplex und gleichzeitig vielseitig, eine kritische Auseinandersetzung mit dem modernen Journalismus, großartig erzählt in einer beeindruckenden sprachlichen Vielfalt, einer der Titel der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2022.

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Porträt einer Ehe: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Porträt einer Ehe: Roman' von Robin Black
5
5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Porträt einer Ehe: Roman"

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:320
Verlag: btb Verlag
EAN:9783442715893
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Rezensionen zu "Porträt einer Ehe: Roman"

  1. 5
    20. Jan 2017 

    ein wundervoll melancholischer Roman

    Augusta, genannt Gus, ist Malerin, Owen ist Schriftsteller. Die Ehe der beiden ist kinderlos. Die beiden sind seit einer gefühlten Ewigkeit zusammen. Ist ihre Beziehung anfangs von Leidenschaft geprägt, setzt doch irgendwann der Gewöhnungseffekt ein, der nicht unbedingt schlecht ist, da beide sich als Seelenverwandte sehen. Gus scheint jedoch mit der Zeit das gewisse Etwas in ihrer Beziehung zu Owen zu vermissen, das sie daraufhin in einer Affäre mit einem verheirateten Mann, dessen Tochter sie im Malen unterrichtet, zu finden hofft. Doch das Gewissen plagt sie. Sie beichtet Owen ihre Affäre und erhält von ihm die erhoffte Absolution. Die beiden wollen ihrer Beziehung eine neue Chance geben. Ein erster Schritt ist eine Heirat, die die Beziehung der beiden zueinander verbindlicher machen soll. Die beiden kaufen ein Farmhaus auf dem Land, in dem sie sich ihr weiteres Leben einrichten wollen.

    "Ich glaubte immer, dass Owen wahrscheinlich eines Tages seinerseits eine Affäre haben würde, in gewisser Hinsicht um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Wenn ich in einer bestimmten düsteren Stimmung war, glaubte ich sogar, er habe das Recht dazu, obwohl mich der Gedanke abstieß." (S. 19)

    So weit, so gut. Denn dies ist die Vorgeschichte des Ehepaars Gus und Owen, die sich durch Rückblenden und anhand von Erinnerungen der Ich-Erzählerin Gus konstruieren lässt. Der Roman setzt in der Zeit nach dem Umzug auf's Land ein.

    Während Gus und Owen nun in der Zurückgezogenheit leben, malt sie weiterhin erfolgreich an ihren Projekten, wohingegen er eine Kreativ-Flaute durchlebt. Es ist, als ob Gus' Vertrauensbruch Owen‘s Kreativität erstickt hat. Die beiden genügen sich zunächst selbst in ihrer neuen Zweisamkeit, was nicht bedeutet, dass sie ihre Persönlichkeit nicht ausleben können. Dieses Recht auf Individualität gestehen sie sich zu. Das Leben könnte in seiner Zufriedenheit ewig so weiter gehen.

    Doch eines Tages zieht Alison in das Nachbarhaus und stört die Zweisamkeit der beiden. Aus Höflichkeit lassen sich Gus und Owen auf ein paar Anstandsbesuche und -gespräche ein, aus denen jedoch schnell mehr wird. Alison malt ebenfalls, mit der Zeit freunden sich die beiden Frauen an. Je intensiver die Freundschaft zwischen den beiden wird, umso mehr verliert Owen den Bezug zu seiner Frau. Alison hat eine Tochter (Nora), die sie von Zeit zu Zeit besuchen kommt. Nora himmelt den Schriftsteller Owen, der mehr als doppelt so alt wie sie ist, an und bringt ihm die Bewunderung und Anerkennung entgegen, die er in den letzten Jahren schmerzlich vermisst hat. Und erneut steht die Beziehung zwischen Owen und Gus auf dem Prüfstand.

    "In einer Ehe laufen oft zwei Gespräche nebeneinander ab. Das, das man gerade führt, und das, das man gerade nicht führt. Manchmal weiß man nicht einmal, wann dieses zweite, stillschweigende, begonnen hat." (S. 54)

    Robin Black hat gerade für die beiden Charaktere Gus und Owen ein umfangreiches Psychogramm erstellt. Sie lässt den Leser tief in ihre Seelen blicken. Die Ich-Erzählerin Gus schildert die Vorkommnisse auf der Farm und erklärt dem Leser aber durch Rückblicke in die Vergangenheit, warum die Beziehung zu Owen zu dem wurde, was sie heute ist. Mit ihrem Seitensprung hat Gus natürlich die Verbindung zu ihrem Mann auf's Spiel gesetzt. Mit ihrer Hochzeit und dem Rückzug auf das Land geben die beiden sich wieder eine Chance.
    Aus Gus' Erinnerungen an ihre Kindheit und Familie erfährt der Leser, welches Verhältnis sie als Kind zu ihrem Vater hatte. Die Mutter ist früh gestorben, der Vater reagierte mit Schweigen auf diesen Schicksalsschlag. Fortan wurde nicht mehr über die Mutter gesprochen. Er und seine drei Töchter haben die Bewältigung der Trauer somit im Keim erstickt. Geprägt von dieser Erfahrung, stellt Gus irgendwann fest, dass auch Owen ein Mensch ist, der dazu tendiert, Probleme in sich zu verschließen und mit sich selber auszumachen. Daher haben Gus und Owen auch über einen langen Zeitraum nicht die Möglichkeit gefunden, die seelischen Wunden, die Owen durch Gus‘ Fremdgehen davongetragen hat, gemeinsam zu heilen.

    Mit der Nachbarin Alison und ihrer Tochter Nora, hat Robin Black zwei Figuren geschaffen, die man zunächst nicht einschätzen kann. Einerseits sieht man sie als die nette Nachbarin mit ihrer Tochter. Man freut sich für Gus. Sie hat in Alison jemanden gefunden, dem sie sich anvertrauen kann, der sie ihre Sorgen und Ängste schildern kann. Aber irgendetwas haben Mutter und Tochter an sich, das darauf hindeutet, dass das Friede-Freude-Eierkuchen-Verhältnis von Gus und Alison nicht so bleiben wird. Die Autorin spart dabei nicht mit Andeutungen, die sie auf sehr subtile Art einfließen lässt.

    "Der Tag weicht der Dunkelheit, das Licht schwindet, so dass die strotzenden, grünen, hochsommerlichen Bäume in zwanzig Meter Entfernung sich zurückzuziehen und von der Bühne abzugehen scheinen. Nur zwei Lichtreflexe bleiben noch. Der Lichtschein aus der Küche, der auf die Veranda fällt, und das fließende Silberhaar einer der beiden Frauen, das, gegen den Sonnenuntergang eigenartig immun, glänzt und leuchtet wie ein auf die Erde gefallener Mond." (S. 45)

    Robin Black hat einen Sprachstil, der sehr bildhaft ist und fast schon malerisch wirkt. Dabei vermittelt sie eine sehr melancholische Stimmung. Man begegnet immer wieder der Farbe „Grün“ in unterschiedlichen Schattierungen. Automatisch denkt man dabei an eine symbolische Bedeutung: Grün, die Farbe der Hoffnung. Da liegt es natürlich nahe, in die Geschichte und der Beziehung von Gus und Owen einen hoffnungsvollen und positiven Verlauf hinein zu interpretieren.
    Derart eingestimmt, kommt Robin Black's Abschluss der Geschichte fast wie ein „Paukenschlag“ daher. Man wird von der Handlung zum Ende hin völlig überrascht.
    Daher ist dies kein Buch, das man einfach zuklappen wird, sondern man wird das Bedürfnis haben, das Ende der Geschichte erstmal sacken zu lassen.

    Ein sehr intensiver Roman, der mir lange in Erinnerung bleiben wird.

    © Renie

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  1. Ich liebe dieses Buch

    Gibt es ein Geheimnis für das Bewahren der Liebe?
    Augusta und Owen sind von der Großstadt Philadelphia aufs Land gezogen, wo sie ein ruhiges, einsames Leben führen, Gus als Malerin, Owen als Schriftsteller. Doch ihre Verletzungen konnten sie nicht zurücklassen: Die Malerin hatte eine Affäre, die zwar vorüber ist, aber Gus hat ihrem Mann alles gestanden, und nun versuchen beide, ihre Ehe zu retten. Als in das Nachbarhaus eine neue Mieterin einzieht, ändert sich das stille, isolierte, vorsichtige Leben des Paars. Gus freundet sich mit der geschiedenen Britin Alison schnell an, sie ist ebenfalls Malerin, und Schritt für Schritt wird das Beziehungsgeflecht zwischen den drei Nachbarn enger und vertrauter, aber auch komplizierter. Und spätestens als die junge Nora, Alisons Tochter, eintrifft, droht die Situation zu eskalieren … (Quelle Amazon)

    Ich habe keine Ahnung, warum ich unbedingt dieses Buch lesen wollte. Irgendwie zog es mich magisch an und rief mir zu, dass es genau das Richtige für mich ist. Und es hatte recht.

    "Owen hatte sehr wenige Züge, die mich an meinen Vater erinnerten - schon alleine die Idee einer Ähnlichkeit hätte mich zu gewissen Zeiten entsetzt -, tatsächlich aber nahmen beide in meinem Leben eine Zensorenrolle ein und machten aus meiner Sprache eine Art Formgehölz, das gezogen, gestutzt und zurechtgeschnitten werden musste, um zu gefallen." (Seite 43)

    Ich schlug das Buch ohne große Erwartungen auf und war sofort von der Sprache und dem Miteinander des Ehepaares gefangen. Künstler sind doch seltsame Menschen und wenn ein Schriftsteller und eine Malerin ihr Leben teilen, kann das nicht einfach sein.

    Zum Glück sind die Beiden sich selbst genug, darum ist es für sie wie Medizin, als sie nach Gussies Seitensprung und ihrem Geständis aus der Großstadt weg in ein sehr einsam gelegenes Haus ziehen. Owen schreibt in seiner Scheune, Gus hat ihr Atelier im Haus. So leben die Beiden in ihrem eigenen Rhythmus und mit ihren eigenen Ritualen. Bis in das kleine Häuschen in der Nähe der Scheune jemand einzieht.

    "Was ist nicht seltsam im Leben, Alison? Im Ernst? An welchem Punkt halten wir eigentlich inne und sagen, nun, das ist wirklich komisch? Das hier nicht. Aber das hier schon." (Seite 113)
    Die Malerin Alison ist ein klein wenig älter als Gus und mit der Zeit werden die beiden Frauen zu Freundinnen. Owen sehnt sich nach der Einsamkeit zurück und ist nicht so ganz begeistert. Und als dann Alisons Tochter zu Besuch kommt, wird es kompliziert.

    "Das Leben. Es beginnt und beginnt und beginnt. Unendlich viele Male. Allenthalben Beginn, bis das Ende kommt. Manchmal wissen wir es und manchmal nicht, doch das Leben beginnt jeden Moment neu." (Seite 128)
    Die Sprache des Buches ist sooo wunderschön, dass ich nicht mehr aufhören wollte zu lesen. Gus erzählt dem Leser ihr Leben aus ihrer Sicht. Manchmal hätte ich mir auch Stellen aus der Sicht von Owen gewünscht. Das wäre sehr interessant geworden, denn Owen ist ein sehr interessanter Charakter, der in meinen Augen ein klein wenig zu kurz kommt.

    Dass die Geschichte mit dem Ende beginnt, fand ich erst etwas seltsam, aber nach einer Weile, hatte ich es komplett vergessen und als wir bei der Stelle ankamen, war ich zu tiefst geschockt. So sehr hatte mich die Geschichte gepackt. Und auch jetzt, nachdem ich die letzten Zeilen gelesen habe, gibt mich das Buch noch nicht ganz frei und ich bin mir sicher, dass es noch lange dauern wird, bis ich mich ganz von Gus und Owen, von Alison und Nora verabschieden kann.

    "Manchmal empfinde ich solche visuellen Details wie tiefe, intime Wasserbecken in die ich ganz alleine hineintauche. Dann vergesse ich alles um mich herum, habe nichts anderes mehr im Sinn, als dass es eine Möglichkeit gibt, anderen Menschen zu vermitteln, wie sich die Welt für mich darstellt. Das ist die Präzision die ich anstrebe. Eine Art Hingabe an die Genauigkeit, mein Glaube, dass das äußere Erscheinungsbild einer Sache unmittelbar durch mich hindurch in ein fremdes Augenpaar fließen kann.Und nicht nur das äußere Erscheinungsbild, sondern die Schönheit, die darin liegt - auch in Dingen, die nicht eigentlich schön sind." (Seite 140)

    Am Ende flossen dann auch noch die Tränen bei mir, so emotional und eng war ich mit den Personen verbunden. Das schaffen nur wenige Autoren und darum vergebe ich für "Porträt einer Ehe" 5 von 5 Punkten, den Favoritenstatus und eine absolute Leseempfehlung für alle, die auch die leiseren Töne zu schätzen wissen und Freude an schöner Sprache empfinden. Ich werde jetzt erst mal stöbern gehen, ob es von der Autorin noch weitere Bücher gibt.

    © Beate Senft

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Bleib bei mir: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Bleib bei mir: Roman' von Elizabeth Strout
5
5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Bleib bei mir: Roman"

Format:Taschenbuch
Seiten:336
Verlag: btb Verlag
EAN:9783442714056
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Rezensionen zu "Bleib bei mir: Roman"

  1. 5
    19. Aug 2018 

    Tradition trifft auf Moderne

    "Kein Gott ist wie eine Mutter, denn keiner ist so für ihr Kind da wie sie, wenn das Kind leidet."
    Bei diesem Zitat handelt es sich um ein nigerianisches Sprichwort aus dem Roman "Bleib bei mir" von Ayobami Adebayo.
    In Nigeria werden also Mütter mit Göttern verglichen. Ein eigenartiger Vergleich.

    Yejide, die Protagonistin dieses Romans, gehört zu einer Generation Frau in Nigeria, die sich ein Stück weit in Richtung Emanzipation bewegt hat. Allerdings nur ein kleines Stück. Trotz eines Studiums und ihrem beruflichen Erfolg, ist ihr Leben doch den übermächtigen Traditionen unterworfen. Die Traditionen begegnen ihr in Form ihrer Schwiegermutter, deren Glückseligkeit über die Hochzeit zwischen Yejide und ihrem Sohn Akin durch die anhaltende Kinderlosigkeit der Beiden getrübt ist. Man sollte erwähnen, dass sich in ihrem Weltbild und somit auch dem des traditionellen Nigerias eine Frau über ihre Mutterschaft definiert. Je mehr Kinder sie zur Welt bringt, umso besser. Eine Frau, die auch noch Enkelkinder vorweisen kann, wird zur Naturgewalt. Daher ist Schwiegermutters Druck auf Yejide und Akin entsprechend hoch, wobei - wen wundert's - Yejide die Schuld für die Kinderlosigkeit zugesprochen wird.

    "' ... Los, sag schon, Yejide, hast du Gott je auf einer Entbindungsstation gesehen? Frauen machen Kinder, und wenn du das nicht kannst, bist du nur ein Mann und verdienst es nicht, eine Frau genannt zu werden. ...'"

    Die Eheleute führen ein modernes Leben. Beide sind beruflich und finanziell erfolgreich. Ihre Hochzeit war eine Liebesheirat. Im Prinzip könnten sie sich auch ein Leben ohne Kinder vorstellen - wenn da nicht dieser enorme Druck der Gesellschaft wäre.
    Doch in Nigeria gibt es die Möglichkeit, derartige Probleme der Kinderlosigkeit in den Griff zu bekommen. Selbst, wenn die Reproduktionsmedizin versagt, gibt es immer noch eine Lösung: eine zweite Ehefrau. Die Schwiegermutter lässt nichts unversucht, um ihren Sohn Akin von dieser Idee zu überzeugen. Dem widerstrebt zwar der Gedanke. Doch im seinem inneren Kampf zwischen modernem Denken sowie Liebe zu Yejide und Gehorsam gegenüber seiner Mutter, siegt der Gehorsam. Yejide wird vor vollendete Tatsachen gestellt. Aus Angst, ihren Mann zu verlieren, steigert sie sich in ihren Kinderwunsch hinein. Sie lässt nichts unversucht. Der Wunsch nach einer Schwangerschaft wird zur Besessenheit. Aus Verzweiflung lässt sie sich sogar auf ein fragwürdiges Ritual eines traditionellen Heilers ein, was zeigt, wie tief auch eine moderne Frau in der Tradition, in der sie aufgewachsen ist, verwurzelt ist.

    "Als ich im elften Monat schwanger war, beschloss ich, den Berg der beispiellosen Wunder noch einmal aufzusuchen."

    Der Roman behandelt die Entwicklung der Ehe von Yejide und Akin, Yejides Kampf gegen Ehefrau Nr. 2 sowie die seelischen Wunden, die sie erleidet. Die Handlung nimmt Wendungen an, die mich überrascht haben, und die an Tragik nicht zu überbieten waren. Natürlich nimmt die Ehe von Yejide und Akin Schaden. Ob es für die Beiden in diesem Buch eine Zukunft gibt, möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.

    Die Handlung findet über einen Zeitraum von mehreren Jahren statt. Sie wird aus wechselnden Perspektiven erzählt: Zum Einen aus der Sicht von Yejide, zum Anderen aus der Sicht von Akin. Es wird deutlich, dass die Beiden sich lieben. Aber dennoch schaffen sie es nicht, dem Druck, der auf Yejide ausgeübt wird, gemeinsam stand zu halten. Die Verzweiflung, die Yejide an den Tag legt, war für mich permanent spürbar. Doch je verzweifelter Yejide ist, umso hilfloser wirkte Akin auf mich. Hinzu kommt, dass beide während der Leidenszeit nicht aufrichtig miteinander umgehen. Insbesondere Akin hat seine Geheimnisse, die sich erst zum Ende des Romans offenbaren.

    "Ich weiß noch, wie ich beim Zusammenfalten der Zeitung dachte, dass sich die Situation spätestens in ein paar Wochen geklärt haben würde. Ich ging davon aus, das Militär wäre sich der eigenen Unpopularität bewusst und würde noch vor Jahresende in die Kasernen zurückkehren. Hätte mir an diesem Morgen jemand gesagt, dass Nigeria noch sechs Jahre lang eine Militärdiktatur bleiben würde, hätte ich gelacht."

    Das Leben in Nigeria wird nicht nur von Traditionen dominiert. Auch die Politik hat einen ungeheuren Einfluss auf den Alltag der Menschen. Die Handlung spielt zu einer Zeit (1987 bis 2008), in der das Land von politischen Unruhen erschüttert wird. Umsturz folgt auf Umsturz. Ständig ändert sich das politische Machtgefüge. Politik ist ein bestimmendes Thema im Umgang miteinander. Denn die Menschen leben in großer Unsicherheit bis hin zur Angst.
    Die Autorin Ayobami Adebayo äußert in ihrem Roman viele Kritikpunkte an ihrem Land. Dennoch liebt sie ihr Land und respektiert dessen Traditionen. Denn Tradition muss nicht schlecht sein, solange man eine gesunde Balance zwischen Moderne und Althergebrachtem findet.

    Die Autorin hat mich durch ihre poetische und feinsinnige Spache verzaubert. Insbesondere ihre fantasievollen Vergleiche habe ich sehr genossen.
    Die Geschichte hat mich gefangengenommen. Es ist immer spannend, einen Einblick in fremde Kulturen zu erhalten, insbesondere, wenn er in einer Intensität vermittelt wird wie hier. Ayobami Adebayo beschreibt das Leben ihrer Protagonisten auf eine Weise, die unter die Haut geht. Auch wenn ich den Titel "Bleib bei mir" anfangs kitschig fand, musste ich am Ende feststellen, dass es keinen passenderen Titel gibt. "Bleib bei mir" - ein Ausspruch, der die Verzweiflung der Protagonisten in drei einfache Worte fasst.

    © Renie

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  1. 5
    08. Sep 2016 

    ein großartiger Roman!

    Es gibt Schriftsteller, deren Namen mir nahezu überall begegnen. Bücher dieser Schriftsteller befinden sich natürlich auch auf meinem SuB. Ich nehme mir ständig vor, endlich eines dieser Bücher zu lesen. Aber immer kommt mir ein anderes Buch dazwischen. Elisabeth Strout ist so eine Schriftstellerin. Die Pullitzer-Preisträgerin von 2009 habe ich schon geraume Zeit im Blick. Der Roman „Bleib bei mir“ lag schon seit langem auf meinem SuB. Aber irgendwie hatte mich bisher dieser doch sehr kitschige deutsche Titel dieses Romans abgeschreckt. Jetzt habe ich diesen Roman endlich doch gelesen. Und ich muss gestehen, dass es mich jetzt ein wenig ärgert, dass ich nicht schon früher zu einem der Bücher von Elizabeth Strout gegriffen habe.

    In dem Roman „Bleib bei mir“, der im Jahre 2014 in Deutschland veröffentlicht wurde (Originaltitel: Abide with me*, erstmalig erschienen in 2005) , geht es um Folgendes:

    In einer Kleinstadt im einsamen Norden der USA hat Pastor Tyler Caskey nach dem tragischen Tod seiner Frau das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Er hadert nicht nur mit sich und der Welt, sondern zweifelt auch an Gott und seinem Glauben. Und in der Gemeinde, in der er bis dahin geliebt und geachtet war, fragen sich immer mehr Leute, ob Tyler sich nicht zu sehr gehenlässt in seinem Schmerz… Mit unnachahmlicher Leichtigkeit und großer Menschenkenntnis zeichnet Elizabeth Strout das Porträt einer ganz gewöhnlichen Kleinstadt. Und sie erzählt von Menschen wie du und ich, von ihren Stärken und Schwächen, von ihrer Warmherzigkeit und Freundlichkeit, aber auch von ihrem Misstrauen und ihrer Engstirnigkeit. (Quelle: Random House/Luchterhand)

    Der Roman setzt ca. 1 Jahr nach dem Tod von Tylers Frau Lauren ein. Der Leser erfährt, wie Tyler seinen Alltag meistert. Die jüngste Tochter wächst bei seiner Mutter auf. Die ältere befindet sich in seiner Obhut. In Rückblicken erinnert sich Tyler an seine Ehefrau, die Zeit des Kennenlernens, ihre gemeinsame Ehe und das Verhältnis zu seinen Schwiegereltern.

    "Vielleicht war es das, mehr noch als alles andere, was seine anhaltende Beliebtheit in der Gemeinde ausmachte: diese Momente plötzlicher Ratlosigkeit, fundamentaler Verunsicherung. Gerade angesichts seiner sonstigen Beherrschtheit, der sanften, zerstreuten Ergebenheit, mit der er sein Unglück trug, erlaubten es diese Augeblicke offen eingestandenen Nicht-weiter-Wissens den Menschen - besonders den Frauen, aber keineswegs nur ihnen -, ihren Pastor als jäh und ungeahnt verwundbar zu sehen, was ihn die restliche Zeit nur umso stoischer erscheinen ließ. Heldenhaft fast schon." (S. 18)

    Tyler war schon immer ein Idealist, eigentlich ist er zu gut für diese Welt. Sein Anspruch ist, ständig Gutes zu tun. Er ist für seine Gemeinde da. Mit der Zeit wird er immer mehr von seiner Gemeinde vereinnahmt und man hat den Eindruck, dass er seinen „Schäfchen“ bald mit Haut und Haar gehört. Insbesondere die Damen des Ortes erweisen sich als wahre Herrscherinnen über das Gemeindeleben. Zu ihren Lebzeiten ist Lauren mehr schlecht als recht mit den Damen der Gemeinde zurechtgekommen. Sie entsprach einfach nicht dem Bild einer Pastorenfrau, was die Gemeinde ihr und ihm - schließlich hat er sie in die Gemeinde gebracht - krummgenommen hat. Nach Laurens Tod und einer angemessenen Zeit der Anteilnahme, wird Tyler misstrauisch beäugt. Wie wird er sein Leben meistern? Ist er in der Lage, seine Kinder allein großzuziehen? Sollte er nochmal heiraten? Wenn ja, wann und wen? Die Damen der Gemeinde machen sich so ihre Gedanken über ihren Pastor.

    "Nicht lange, und Frauen in West Annett, die seit Jahren nicht mehr geweint hatten, standen schluchzend in der Küche. Dass Lauren Caskey sich für etwas Besseres gehalten hatte, war vergessen oder vergeben. Ihr Schicksal ermöglicht ein Schwelgen in Gefühl, wie es sich lange Zeit keiner mehr gegönnt hatte. Das arme, arme Ding, sagten die Leute - wie furchtbar." (S. 107)

    Tyler ist überfordert, wenn er auf Widerstand stößt. Insbesondere die anfangs versteckte Kritik der Gemeinde, die mit der Zeit immer gehässiger wird und sogar in böser Nachrede ausartet, macht ihm zu schaffen. Er weiß einfach nicht damit umzugehen, da er sich im Traum nicht vorstellen kann, dass es Menschen gibt, die ihm etwas Böses wollen.

    Die Gemeinde treibt es auf die Spitze. Man sollte meinen, dass sie Tylers Unfähigkeit, sich zur Wehr zu setzen, als Ansporn sieht, weiter auf ihn einzudreschen. Zum Ende, als sich die Ereignisse überschlagen, erinnert mich das Szenario an Kinder, die sich prügeln und am Ende erschrocken sind, wenn eines sich dabei eine blutige Nase holt. Genauso geht es Tyler. Nur, dass seine blutige Nase ein Nervenzusammenbruch ist. Die Gemeinde ist zu Tode erschrocken, über das, was sie angerichtet hat. Aber am Ende beruhigen sich alle wieder, lecken ihre Wunden, sind wieder nett zueinander und das Gemeindeleben geht weiter.

    "An diesem Tag klingelten nicht viele Telefone, und an den folgenden Tagen auch nicht. Die Leute aßen ihr Sonntagsessen schweigend, ermahnten höchstens einmal ihre Kinder, die Serviette zu benutzen oder beim Abräumen zu helfen. Es war wie bei einem Todesfall, der erst verarbeitet sein wollte, und so wurde über das Vorgefallene ein Mantel neuenglischer Zurückhaltung gebreitet, ein respektvolles Schweigen, vermischt mit einer Portion schlechten Gewissens." (S. 313)

    Elizabeth Strout macht diese Geschichte aus dem Kleinstadtleben zu etwas Besonderem. Von Beginn an war ich von ihrer lebhaften und farbenfrohen Sprache fasziniert. Sie hat Spaß daran, fantasievolle Metaphern einzusetzen, die beim Leser ein wunderbares Kopfkino in Gang setzen. Man taucht in der Kleinstadtwelt ab, reibt sich an der Engstirnigkeit und Spießigkeit der Bewohner und leidet mit dem sehr naiven Gutmenschen Tyler. Elizabeth Strouts Charaktere sind hervorragend ausgearbeitet. Das wird einem insbesondere bei den unterschiedlichen Perspektiven bewusst, aus denen die Handlung erzählt wird. Neben Tylers Sicht wird die Geschichte auch aus den Perspektiven anderer Gemeindemitglieder erzählt. Elizabeth Strout lässt den Leser dadurch in das tiefste Innere dieser Charaktere blicken. Und man wundert sich manches Mal über die Denkweise einzelner Charaktere.

    Der Roman hat mich auf den Geschmack gebracht. Elizabeth Strout könnte aufgrund ihrer wundervollen Sprache zu meiner Lieblingsautorin werden. Keine Frage! Dieses Buch bekommt daher von mir eine klare Leseempfehlung!

    © Renie

    *"Abide with me", der Originaltitel dieses Romans, ist im Übrigen der Titel eines englischen Kirchenliedes:
    ... Abide with me ist als Abend- und Sterbelied bis heute jedem Briten vertraut. Es erklingt bei Begräbnissen und anderen Anlässen der königlichen Familie, bei den militärischen Gedenkfeiern Festival of Remembrance in der Royal Albert Hall und ANZAC Day, aber auch alljährlich zu Beginn des Finalspiels des FA Cup sowie in zahlreichen Spielfilmszenen. (Quelle: Wikipedia)

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