Brüder: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Brüder: Roman' von Jackie Thomae

Inhaltsangabe zu "Brüder: Roman"

Format:Taschenbuch
Seiten:512
Verlag: btb Verlag
EAN:9783442770700
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Identitti: Roman

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Rezensionen zu "Identitti: Roman"

  1. 4
    01. Jan 2022 

    Welche Farbe darf es sein?

    Welche Farbe darf es denn bitteschön sein für Sie: Weiß, Schwarz, Beige, oder doch lieber Blau?

    "Blau, Blau, Blau" würde die Göttin Kali als Antwort auf diese - auf den ersten Blick abstruse - Frage geben. Worum geht es? Die Haut. Aber natürlich geht es in diesem Roman um so viel mehr als nur die Hautfarbe. Es geht um Identität. Um race, gender und class, welche soziale und politische Konstrukte darstellen. Konstrukte, die zu Realität geworden sind. Und diese vermeintlichen Realitäten stellt Saraswati, eine begnadete Professorin für Postkoloniale Studien, nun in Frage, nämlich indem im Rahmen eines riesigen Skandals herauskommt, dass diese Person of Colour (PoC) eigentlich Weiß ist. Eine Kategorie, die die Europäer erst im Siebzehnten Jahrhundert erfanden, um den Sklavenhandel durch angebliche Überlegenheit der Weißen "Rasse" zu rechtfertigen. Biologisch verschiedene Menschenrassen gibt es nicht. Man sollte meinen, dies sei nun weithin bekannt. Der Roman von Sanyal hilft nicht nur dabei die zugrundeliegenden Lehren zu verstehen, sondern eben auch nachzuvollziehen, was es heißt, als PoC in Europa zu leben, vielleicht hier geboren zu sein und doch nie richtig dazuzugehören. Gefragt zu werden, woher man komme... Nein, wirklich herkomme...

    Die Erzählstimme folgt dabei vor allem einer herausragenden Studentin Saraswatis: Nivedita. Sie schreibt einen Blog über das Leben als PoC in Deutschland und unterhält sich dabei digital (und auch offline) mit der Göttin Kali. Sanyal verwebt gekonnt verschiedene Textstile und Medien miteinander. So erscheinen im Buch nicht nur Niveditas Blogeinträge sondern auch unzählige Tweets und Artikel zur Debatte, die Sarawatis Bloßstellung zum race-passing auslöst hat, sowie Notizen aus Niveditas Seminarmitschriften, welche durchweg Zitate bekannter und weniger bekannter Denker*innen zum Thema race und Rassismus darstellen. Dadurch vermittelt Sanyal nicht die eine "richtige" Meinung zum Diskurs sondern viele verschiedene. Sie schafft etwas in Form eines Romans, was ansonsten eher schwierig wäre, verständlich zu vermitteln: die widersprechenden Sichtweisen zu ein und demselben Thema, welche alle gleichzeitig wahr aber auch falsch sein können. Durch eine gekonnte Dramaturgie wird auch das Aufbauschen und Abflauen eines virtuellen Shitstorms grandios abgebildet.

    Als Roman, der nicht nur leichtfüßig und mitunter amüsant, komplizierte Zusammenhänge vermitteln kann, sondern auch eine Debatte so ausführlich ausleuchtet, mit einem enormen theoretischen Hintergrund, welcher durch das Nachwort, die Quellenangaben sowie Literturhinweise abgerundet wird, könnte dieses Buch perfekt - sogar wirklich großartig - sein. Nun das "Aber", warum es bei mir nur 4,5 Sterne mit einer Tendenz zu den 4 Sternen geworden ist. Der Plot lahmt im Mittelteil ein wenig und es gibt eine irgendwie nebensächlich wirkende Beziehungskiste, die etwas obsolet bis nervig wirkt. Unabhängig davon bin ich wirklich begeistert von diesem Roman Mithu Sanyals und kann ihn vorbehaltlos wirklich allen Interessierten empfehlen.

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  1. »Warum ist Kali so cool? Let me count the ways.«

    Anmerkung: PoC ist die Abkürzung für „person of color“ oder „people of color“ und beschreibt Menschen, die aufgrund ihrer Hautfarbe Rassismus und Marginalisierung ausgesetzt sind. Es handelt sich dabei um eine Wiederaneignung und positive Umdeutung der ungeliebten Bezeichnung „colored“ / „farbig“, die einen rassistischen Hintergrund hat.

    Ok, Protagonistin Nivedita ist also eine Bloggerin, die unter dem Namen Identitti über Rassismus und … Titten schreibt. Sie unterhält sich in ihren Posts mit der Göttin Kali, weil sie sich mit der schon seit ihrer Kindheit verbunden fühlt, seit Kali ihr da in einem Traum erschien. Der Roman fängt direkt damit an, dass Kali Nivedita zu einem Masturbation-Wettbewerb einlädt, um zu gucken, wer weiter spritzen kann.

    Puh, dachte ich. Wenn das jetzt das ganze Buch so weiter geht, wird das nicht too much?

    Nee. Wird es nicht.

    Denn es fügt sich alles zusammen – und ist dabei verdammt unterhaltsam, ohne auf Tiefgründigkeit zu verzichten. Nivedita hat eine deutsche Mutter und einen indischen Vater und fühlte sich schon ihr ganzes Leben lang nirgendwo zugehörig. Als Kind wurde sie von anderen, komplett indischen Kindern als Kokosnuss beschimpft – außen braun, innen weiß. Sie fühlte sich unsichtbar, übergangen, wertlos. Kali ist im Grunde ihr freches, selbstbewusstes Alter Ego, das kompromisslos aussprechen kann, was sie bewegt. In Gedanken ist Kali immer bei ihr, in ständigem Zwiegespräch.

    »Kali ist der Schall und der Zorn und die Heftigkeit, die ich brauche, um den Abgrund zu überwinden, der mich vom Erzählen trennt.«

    Doch dann belegt Nivedita an der Universität „Postkoloniale Studien“ und begegnet der indischen Dozentin Saraswati, die als Erstes mal alle weißen Student:innen aus ihren Vorlesungen rauswirft. Es eröffnet sich Niv eine ganz neue Welt, ein ganz neues Leben, ein ganz neues Ich, das endlich gehört wird.

    Eines Tages wird Saraswati entlarvt: Sie ist gar keine Inderin, keine PoC, sondern eine weiße Deutsche, die sich Haut und Haare färbt. Echte PoC sind verständlicherweise entrüstet, die Öffentlichkeit wetzt die Messer, die AfD und die BILD-Zeitung überbieten sich mit absurden Schlagzeilen.

    »In einer Welt, in der Saraswati weiß ich, verstehe ich mich selbst nicht mehr.«

    Niv verliert den Boden unter den Füßen, weiß nicht, was sie denken und fühlen soll. Wenn Saraswati nicht echt ist, ist dann auch nicht echt, was Nivedita von ihr gelernt und wie sie sich entwickelt hat? Sie schlägt und tritt die von Saraswati geschriebenen Bücher, bringt es aber nicht über sich, sie zu zerreißen. Ganz ohne Frage, sie fühlt sich unglaublich verletzt und verraten; aber je länger sie sich mit Saraswati unterhält, desto deutlicher wird, dass sie ihre Mentorin immer noch liebt, sich aber auch von ihr befreien muss, um sich selbst zu finden.

    Zitat:
    »Unsinn. Ich habe dir eine Sprache gegeben, um deine Opfererfahrungen zu transformieren!«, sagte Saraswati wegwerfend. »Um sie in eine Waffe zu verwandeln, und nicht, um dich für immer im Opferdasein zu suhlen!«
    Die Pfütze, die Niveditas Herz war, schrie zurück: Und was mache ich mit dem, was noch nicht transformiert ist? Was mache ich mit dem, was roh ist? Was vor Schmerzen schreien will? Soll ich alldem etwa sagen: Halt den Mund, bis du erleuchtet genug bist?

    Saraswati selber versteht die ganze Aufregung nicht; für sie ist Rasse nur ein Konstrukt, das Herrschaftsstrukturen ermächtigt, und sie sieht es eher als Akt der Ermächtigung, sich daraus zu befreien. Ohne jede Ironie betrachtet sie sich geradezu als Heilsfigur. Sie scheint wirklich zu glauben, dass sie nicht weiß ist, dass ihre Identität eine Art von Trans-Identität ist, und ist ehrlich erstaunt, dass sie sich damit auch bei der LGBTQ+-Community in die Nesseln setzt. #transracial

    »Es geht bei feministischer und antirassistischer Theorie doch genau darum, die Definitionsmacht über sich selber zu bekommen. Wie könnt ihr mir dann die Definitionsmacht über mich absprechen?«

    Je weiter die Geschichte fortschritt, desto mehr haderte ich mit mir, wie ich Saraswati einschätzen sollte. Fand ich es richtig von ihr, sich braun angemalt und als Inderin ausgegeben zu haben? Himmel, nein – eher verdammt selbstherrlich. Hallo, kulturelle Aneignung hoch zwei?! Aber der Roman lässt mich hinterfragen, warum ich es so falsch finde. Er entblättert sich in einer Myriade von tiefgehenden Fragen nach Rasse, Herkunft, Identität und wie das alles zusammenhängt, und das finde ich meisterhaft konstruiert. Und so ungern ich es eingestehe – Saraswati sagt im Laufe des Buches einige hochinteressante Dinge, was race und Machtstrukturen und ‘Kolonialisierungen der Seele’ betrifft.

    Ich bin selber so weiß, wie man nur sein kann. Nivedita ist indes so gut geschrieben, dass ich über sie wenigstens den Hauch eines Gefühls dafür bekomme, wie das so ist, als „mixed-race“ PoC aufzuwachsen und zu leben.

    Als wäre ihre Welt durch Saraswatis Entlarvung nicht schon erschüttert genug, begeht Tobias R. wenige Wochen später seinen rechtsextrem motivierten Anschlag in Hanau, der leider keine Erfindung der Autorin ist. Neun Tote, sechs Verletzte – alle Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen wie Nivedita. Fortan dröhnt dieser Anschlag im Hintergrund wie ein stetiger Kontrapunkt des Schmerzes, selbst wenn gerade nicht explizit die Rede davon ist.

    »Jetzt aber los, so ein Exorzismus erledigt sich nicht von alleine.«

    Gegen Ende nimmt das Buch eine Wendung, die ich nicht habe kommen sehen. Ich grübele noch immer, wie ich das nun finde. Auf jeden Fall originell, auf jeden Fall frech und bunt … Irgendwie Bollywood-goes-political, oder umgekehrt. Aber mir gefällt, wie die Heldin der Geschichte mit der ganzen Sache und mit sich selbst ins Reine kommt. Mir gefällt auch, wie ambivalent Saraswati bleibt – transracial oder einfach nur privilegiert, weder noch oder beides … Wenn es um Identität geht, gibt es halt keine einfachen Lösungen und kein Schnittmuster.

    Fazit:

    Das große Idol der jungen Halbinderin Nivedita, Dozentin Saraswati, die ihr zum ersten Mal im Leben zu einem Gefühl der Identität und des Gehört-Werdens verholfen hat, stellt sich überraschend als weiße Frau heraus, die sich nur braun anmalt. Das kommt nicht so gut, wenn frau sich in allen Medien als Galionsfigur einer neuen Zeit verkauft hat, in der PoC sich selbstbewusst behaupten können, ohne sich rassistischen Strukturen zu beugen. Nur die AfD ist entzückt.

    Nivedita ist wütend. Nivedita ist verletzt. Nivedita ist verliebt. Und daher geht sie zu Saraswati und stellt sie zur Rede. Und die Göttin Kali hat dabei auch ein Wörtchen mitzureden.

    So einfallsreich, so kunterbunt, so frech, so authentisch, so tiefgründig und alles auf einmal, so muss frau erstmal schreiben können. Mithu M. Sanyal kann das. Die Charaktere sind grandios – auch und gerade die kontroverse Saraswati, die es der Heldin und den Leser:innen wahrlich nicht leicht macht. Der Schreibstil schert sich nicht die Bohne um Konventionen, und das Ganze kommt mit sehr viel Humor und einer Dosis Herzschmerz daher.

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  1. 4
    04. Jun 2021 

    Übergöttin

    Nivedita, die einen indischen Vater hat und eine polnische Mutter, studiert an der Uni Düsseldorf. Manchmal wünscht sie sich, sie wäre mehr indisch und nicht nur irgendwas. Saraswati ist die Professorin, die Nivedita am beeindruckendsten findet. Nivedita glaubt, mit Saraswati teilt sie ihre Identität. Doch plötzlich kommt es ans Licht: Saraswati ist eigentlich weiß! Wie kann das sein, sie, die so viel für die People of Colour zu lehren hat, über Identität, ist hat sich an der Uni als Person mit indischen Wurzeln angegeben, obwohl ihre Eltern Weiße waren? Nicht nur für Nivedita stürzt ihr Identitätsgebäude ein. Saraswatis Stellung an der Universität ist geschwächt, das Netz hetzt.

    Dies ist ein wahrlich ungewöhnlicher Roman, auf den man vielleicht nicht gewartet hat, der aber unbedingt gelesen werden sollte. Zwei Frauen, die junge Nivedita und ihre Professorin Saraswati, sie scheinen einen ähnlichen Hintergrund zu haben und ähnlich zu denken. Doch nach dem Skandal ist alles anders und Nivedita will ihre Lehrerin zur Rede stellen. Wie konnte sie nur? Doch Saraswati schafft es immer wieder, Nivedita einen anderen Blickwinkel aufzuzeigen. Hatte Saraswati etwa doch einen guten Grund? Was ist überhaupt Identität und könnte nicht auch alles ganz anders sein?

    „Identitti“ greift ein Thema auf, mit dem man sich vielleicht noch nicht explizit beschäftigt hat, weil man der Mehrheit angehört. Dennoch saugt man die Worte ein, weil sie einen anderen Blickwinkel eröffnen. Gerade weil das Thema ungewohnt ist, ist das Buch manchmal nicht leicht zu lesen. Hin und wieder muss man nochmal zurückgehen und nachlesen und überdenken, ob man einzelnen Sätze richtig verstanden hat. Man hält inne, denkt nach, ist gefesselt. Die teilweise aberwitzigen Situationen und Verdrehungen sind wie ein Spiegel, der einem vorgehalten wird, der einen erkennen lässt, wie dämlich man sich mitunter verhält. Die Autorin hat einen beeindruckenden Roman geschrieben, der das Interesse weckt, über seine eigene Identität und den geschichtlichen Zusammenhang zu reflektieren. Auch wenn man selbst eher selten Bücher mehr als einmal liest, dieses hier könnte die Ausnahme sein.

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  1. Minikosmos. Parallelwelten.

    Mithu Sanyal hat sich mit ihrem ersten Roman auf das Thema „Identität“ konzentriert. Vorher hat sie feministische Sachbücher geschrieben, die ich nicht kenne, die aber vom Titel her nach Feminismus klingen „Vulva. Das unsichtbare Geschlecht“, 2009 und 2016 „Vergewaltigung. Aspekte eines Verbrechens“.

    Story: Nivedita ist eine junge Studentin mit Migrationshintergrund. Sie ist in Deutschland geboren und hat zu ihrem Kummer eine nur allzu deutsche Mutter, das ist Gisela und einen indischen Vater, der bei ihrer Erziehung weder großartig in Erscheinung trat noch ins Gewicht fiel. Warum sie sich mehr indisch als deutsch fühlt/e und warum es ihr etwas ausmachte, außen braun und innen weiß zu sein, als Coconut wurde sie in ihrer zarten Jugend von ihrer Cousine in Birmingham beschimpft, ist mir auch nach der Lektüre des Romans nicht klar geworden.

    Nivedita führt jedenfalls einen provokanten Blog namens „Identitti“ in dem sie sich sowohl dem Feminismus widmet wie auch den Genderthemen der Zeit (transsexuell, transgender, quivergender, polygender, etc.) und daraus resultierend, etwas allgemeiner gefasst, der menschlichen Identität. Was macht uns zu dem, was wir sind. Unser Erbe. Unsere Umgebung. Unsere Hautfarbe. Unsere Ethnie. Texture of Hair. Wie geht es Persons of Colour in einer überwiegend weißen Gesellschaft. Warum brauchen wir dafür einen englischen Begriff? Vielleicht ist das Deutsche tatsächlich nicht griffig. Mir würde bunte Menschen gefallen, aber das klingt nach buntem Hund oder Menschen mit Farbe. Gut, solange nichts Besseres vorhanden ist, also PoCs. Warum müssen wir Hautfarbe überhaupt benennen, frage ich mich.

    Was macht uns überhaupt zu Menschen, kommt in dem Roman allerdings nicht vor.

    Als Nivedita die Kurse einer farbigen Professorin, Fach Postkolonialismus, besucht, die Kurse der inzwischen berühmten und berüchtigten Professorin Saraswati, ist sie fasziniert und wird deren Vorzeigestudentin. Die erste Lehrstunde bei Saraswati bestand darin, zu fragen, wer „weiß“ wäre und diese Studenten des Saales zu verweisen. Eine sehr anschauliche Demonstration in punkto Diskriminierung.

    Die Story beginnt mit einem Interview beim Deutschlandfunk, in dem Nivedita ihre allzeit zur Provokation bereite Professorin über den grünen Klee lobt, ohne zu ahnen, dass quasi beinahe zeitgleich die Enttarnung der Professorin als „Weiße“ stattgefunden hat. Nun muss sich Nivedita vielen Fragen stellen und sich mancherlei Anfeindungen erwehren, als sie in Saraswatis Haus zieht, um herauszufinden, was hinter allem stecken mag. (Wer zieht in das Haus seiner Professorin? Strange).

    Der Kommentar:
    In diesem Roman, der zeitweise einfach aus Auszügen aus Niveditas Blog besteht, aus Twitternachrichten, etc. ist die Schreibweise „Leser*innen“, etc. völlig angebracht, da die Thematik des Buches es erfordert.

    Nivedita und ihre Kommilitonen leben freilich in einer Parallelwelt. Sie beschäftigen sich mit nichts anderem mehr als mit echter und vermeintlicher Diskriminierung wegen ihrer Hautfarbe, ihres Hintergrunds, etc. Es wird ausführlich erläutert, wie sehr sie es satthat (satthaben) danach gefragt zu werden, woher sie kommt. Aus dem Internet, sagt sie schnippisch. Oder wie schrecklich sie es findet, wenn jemand sagt, dass sie gut deutsch kann. Warum sie nicht einfach sagt. Du auch! habe ich nicht begriffen. Was im ganzen Buch nicht einmal zur Sprache kommt, ist, dass Diskriminierung überall ist in der Gesellschaft und sich eben NICHT auf die Diskriminierung von PoCs beschränkt. Warum ist dies wichtig? Weil man sich sonst in einen Kokon der Einmaligkeit verpuppen kann und nicht mehr herausfindet vor lauter Selbstmitleid.

    Der Roman ist schnippisch, was gefällt, ironisch, sexistisch, was nicht gefällt, nimmt sich teilweise auch selber auf die Schippe, verliert, meines Erachtens aber nie den anklagenden Unterton. Der arme „Weiße“ kann nichts richtig machen. Am obigen Beispiel. Fragt man interessiert nach, ist man ein patriarchalisches Subjekt, fragt man nicht nach, ist man ein interesseloses, empathieloses Subjekt. (Subjekt steht hier als Platzhalter für unser beliebtestes anales Schimpfwort). Anpassung wird als Unterwerfung verkauft.

    Aus dem Roman habe ich einiges gelernt und verstanden, aber dennoch drängt sich mir als Resultat auf, dass man sich auch selber auf die Opferschiene bugsieren kann und der Zug erst in der Orientierungslosigkeit, im Selbstmitleid und der Abschottung zum Stillstand kommt. Und Studenten leben oft in einer Blase. Sie müssen erwachsen werden und Kompromisse machen. Wie wir alle.

    Fazit: Lesenswertes Experiment mit kleinen sprachlichen Schwächen, die dem ModernseinwollenumjedenPreis geschuldet sind.

    Kategorie: Anspruchsvoller Roman
    Verlag: Suhrkamp 2021

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Der letzte Auftrag

Buchseite und Rezensionen zu 'Der letzte Auftrag' von Titus Müller
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der letzte Auftrag"

1989. Ria Nachtmann hat ihre große Liebe geheiratet und sich als Spionin zur Ruhe gesetzt. Ihre Tochter Annie verfolgt derweil einen gewagten Plan: Sie will eine Doku des DDR-Widerstands drehen und sie in den Westen schmuggeln. Als sie und ihr Freund Michael dabei versehentlich zwei Männer einer KGB-Geheimoperation filmen, gerät alles außer Kontrolle. Der in Dresden stationierte russische Agent Wladimir Putin hängt sich an ihre Fersen. Mutter und Tochter stehen bald zwischen allen Fronten und müssen erkennen, dass es um nichts weniger geht als um den Sturz der DDR-Regierung und die Zukunft Deutschlands.

Format:Broschiert
Seiten:400
Verlag: Heyne Verlag
EAN:9783453441279
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Rezensionen zu "Der letzte Auftrag"

  1. Eine bewegende Zeit

    Mit der Reihe um die Spionin Ria Nachtmann lässt der Autor Titus Müller die Geschichte der DDR vom Mauerbau bis zum Mauerfall noch einmal aufleben. Dieser Abschlussband führt uns in die Zeit, als Menschen ihrer Führung nicht mehr alles glauben und hinnehmen wollen. Das bringt etwas in Bewegung, was zum Umsturz, Mauerfall und letztendlich zur Wiedervereinigung führt.
    Ria lebt mit ihrer großen Liebe Jens im Westen und hat ihre frühere Tätigkeit als Spionin hinter sich gelassen. Sie vermisst ihre Tochter Annie, die sie vor Jahren bei ihrer Flucht zurücklassen musste. Doch nachdem Annie ihre Jugendliebe Michael wiedergetroffen hat, engagiert sie sich in der Friedensbewegung und fasst einen gewagten Plan. Michael soll Aufnahmen vom Widerstand machen die sie dann in den Westen schmuggeln wollen. Beim Ausprobieren der Kamera kommt ihnen etwas vor die Linse, das sowohl Stasi als auch KGB in Unruhe versetzt. Ria muss ihrer Tochter zu Hilfe kommen.
    Auch dieser Roman ist wieder sehr fesselnd und führt einem noch einmal die Bilder von 1989 vor Augen, die wohl damals jeden bewegt haben. Mir hat es gefallen, liebgewonnen Personen wieder zu begegnen und zu sehen, wie sich ihr Leben entwickelt hat. Leider tauchen aber auch die wieder auf, die einen wütend machen. Interessant ist es auch, dass Wladimir Putin hier eine Rolle spielt. Er stellt schon die Weichen für seine weitere Laufbahn.
    Die Führung der DDR propagieren immer wieder, wie fantastisch ihr Staat doch ist, dabei geht alles immer mehr den Bach runter. Auf die Unterstützung der Sowjets können sie auch nicht mehr bauen. Finanzspritzen aus dem Westen sind notwendig und Alexander Schalck tut sein Bestes. Aber er ist auch realistisch und sorgt vor.
    Ein lesenswerter und packender Roman, der mir – wie schon die Vorgängerbände – sehr gut gefallen hat.

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Verhör

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Das ist einer, der lebt!: Roman

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Die Mutter meiner Mutter

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Rezensionen zu "Die Mutter meiner Mutter"

  1. Die Sünden der Väter reichen bis ins dritte oder vierte Glied

    "Ich habe etwas über deinen Großvater herausgefunden, flüsterte meine Mutter" - mit diesem ungeheuerlichen Satz beginnt der Roman Die Mutter meiner Mutter, der mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt, berührt und bis jetzt, einige Tage nach dem Ende des Lesens, nicht mehr losgelassen hat.

    Mit der Eröffnung der Mutter beginnt die Spurensuche der Enkelin, die nicht mehr länger dem in der Familie sorgsam gehegten "Skript, in dem allen Rollen zugeschrieben werden, an die sie sich zu halten haben" folgen will. Demnach war der Großvater der Held, der treusorgende Familienvater, der vorbildliche Ehemann, der barmherzige Patriarch und die Großmutter die harte, missmutige, unnahbare Frau, die vor jeder Berührung zurückschreckte und scheinbar nicht lieben konnte. So hat auch die Enkelin ihre Großeltern erlebt - und nun soll auf einmal alles ganz anders sein, das Drehbuch der Familie umgeschrieben werden?

    Die Großmutter, Anna, gebürtig in Schlesien, musste nach dem Krieg als Vierzehnjährige zusammen mit ihrer Stiefmutter und den Stiefbrüdern fliehen, nachdem die Russen ihren Vater abgeholt hatten. Nach traumatischen Wochen kam die Familie in einem Dorf in der sowjetisch besetzten Zone an, von der einheimischen Bevölkerung alles andere als freundlich aufgenommen. Anna hatte das Glück, bei einer freundlichen Bauernfamilie als Magd unterzukommen. Vielleicht wäre ihr Leben doch noch gut verlaufen, hätte es da nicht den verspäteten Kriegsheimkehrer Friedrich Stein und den verhängnisvollen Schlachttag im Jahr 1949 gegeben...

    Sabine Rennefanz erzählt eine autobiografische Geschichte über eine Familienlüge, über ein archaisch anmutendes Dorfgefüge, über das verhängnisvolle Schweigen und über die Frage von Schuld und Vergebung. Trotz oder vielleicht gerade bewusst wegen ihrer eigenen Betroffenheit wählt sie einen nüchternen, distanzierten, sachlichen, unaufgeregten und doch sehr sensiblen Stil, dessen Wirkung auf mich umso emotionaler und berührender war. Einfühlsam beschreibt sie, wie "die Sünden der Väter bis ins dritte oder vierte Glied reichen", der Schatten eines Verbrechens auf ihrer Großmutter, ihrer Mutter, deren Schwestern und ihr selber liegen, und doch alle völlig unterschiedlich damit umgehen.

    Für mich ist dieses mit einem besonders gelungenen, ruhigen Cover und der wunderbaren Farbgebung sehr passend gestaltete Buch ein Lesehighlight des Jahres 2015 und ein Buch, das im Gedächtnis bleibt.

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  1. 4
    20. Nov 2023 

    Klug, ehrlich, braucht Konzentration

    „Wie heißt es so schön? Die Zeit heilt alle Wunden. Natürlich Blödsinn. Die Zeit heilt nichts.“

    In ihrer biografischen Erzählung unternimmt Sabine Rennefanz den Versuch, jahrzehntelanges Schweigen, Leugnen und Umdeuten zu beenden und die Wahrheit über ihre Familie ans Licht zu bringen. Auslöser ist ein Anruf ihrer Mutter, die ihr im Flüsterton mitteilt: „Ich habe etwas über deinen Großvater herausgefunden.“ Das, was sie andeutet, ist so ungeheuerlich, dass die Familiengeschichte umgeschrieben werden muss, wenn es sich als wahr herausstellt. Auch die Autorin tut sich schwer mit dem Benennen; es dauert bis über die Hälfte der Erzählung, bis das Wort tatsächlich genannt wird: Vergewaltigung.

    Ihre Großmutter Anna ist vom Großvater vergewaltigt und infolge schwanger geworden. Sie tut, was ihr dörfliches Umfeld von ihr erwartet und heiratet ihren Vergewaltiger. Noch zwei weitere Töchter in Jahresfolge werden aus dieser Ehe hervorgehen, bis Anna eine unerklärte Reise in die Stadt unternimmt, nach der sie nie wieder schwanger wird.

    Eine unfassbare Geschichte, die aber vieles erklärt, was der Autorin erst im Rückblick seltsam vorkommt. Deshalb also schlief die Großmutter allein auf der Couch im Wohnzimmer. Deshalb leiden Mutter und Tanten an unerklärlichen Krankheiten und Überzeugungen. Und deshalb hatte sie selbst, Jahrgang 1974, als Kind oft Albträume von plündernden Soldaten. Sie will mehr wissen und beginnt, herumzufragen. Obwohl der Anstoß dazu von der Mutter kam, wird sie in der Familie nicht oder nur widerwillig unterstützt. „Du machst alles kaputt“, wird ihr vorgeworfen. Die drei Töchter Annas „wollen sich ihren Vater nicht wegnehmen lassen“, denn „ … das, worüber man nicht spricht, existiert nicht.“ Dabei lässt die neue Information die Autorin selbst unter dem Gefühl der Entwertung des geliebten Großvaters leiden, aber sie ist entschlossen, das Schweigen zu brechen.

    Rennefanz macht es ihren Leserinnen nicht ganz leicht. Ihre Sprache ist zwar knapp, einfühlsam, mit präzisen Bildern, aber Perspektiven und Erzählzeiten gehen permanent durcheinander, so dass man sich konzentrieren muss, um der Geschichte folgen zu können. Mutter - Gegenwart; Tante - Kriegszeit; Nachbarin - DDR-Zeit; dann wieder die Autorin, Gegenwart und retour - wiewohl es die Schlüsselfigur Großmutter durch alle Zeiten ist, die den meisten Raum einnimmt. Vielleicht kann das nicht anders sein bei einer Geschichte, die aus Bruchstücken unterschiedlichster Herkunft zusammengesetzt ist wie ein Puzzle.

    Trotzdem gelingt ihr eine Annäherung an auf den ersten Blick unverständliche Befindlichkeiten. Warum hat die Großmutter nicht die Flucht vor dieser Zwangsehe ergriffen? „Deine Oma, Kind, kam nicht mehr von der Stelle“, sagt eine Nachbarin, bevor auch sie weitere Auskunft verweigert. Anna, das Flüchtlingsmädchen, hatte keine Kraft mehr für eine weitere Flucht. Dazu kam eine unüberwindliche Scham; wegen der Vergewaltigung, aber auch wegen ihres Flüchtlingsstatus: „Meine Großmutter hat später öfter erzählt, […] wie sehr sie sich für ihren Hunger geschämt hat.“ Was auch nicht half war, in einem Staat (der DDR) zu leben, der seine eigene Kultur des Schweigens hatte.

    Der Schlusssatz von Rennefanz´ Erzählung hat mich ein wenig verstimmt; er hatte für mich keine Relevanz im Kontext von Annas Geschichte. Trotzdem habe ich dieses Buch mit Gewinn gelesen; wegen seines ehrlichen Ansatzes und seiner emotionalen Kraft, aber auch, weil ich selbst das Kind einer Flüchtlingsfrau bin und ich vieles wiedererkannt habe – nicht zuletzt eine lebenslange Außenseiterrolle, die mir mittlerweile lieb geworden ist.

    Rennefanz´ Buch beweist einmal mehr, dass Kriege über ihre historische Zeit weit hinauswirken bis in die Enkelgeneration. Durch den Syrienkrieg bekommt es zusätzliche Brisanz. Und vielleicht haben ja die vielen Hilfswilligen im seit 60 Jahren befriedeten Deutschland einen epigenetischen Grund, sich so zu engagieren; eine ererbte Seelenverwandtschaft, wenn man so will.

    Das ließe hoffen - vielleicht kann die Menschheit ja doch dazulernen.

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  1. Familiensaga über drie Generationen

    Klappentext
    Von der Autorin des SPIEGEL Bestsellers "Eisenkinder"

    Als der Krieg zu Ende war, fing für die vierzehnjährige Anna der Kampf erst an. Ihre Mutter war lange tot, ihr Vater von den Russen verhaftet worden, ihre Heimat verloren. Als Flüchtling machte sie sich mit ihren kleinen Brüdern allein auf den Weg nach Westen und fand in Kosakenberg, einem Dorf in der sowjetischen Besatzungszone, Unterschlupf. Am Hof der Familie Wendler kann sie als Magd härteste körperliche Arbeit leisten. 1949 kehrt Friedrich Stein aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft nach Kosakenberg zurück. Das Deutschland, das er verlassen hat, gibt es nicht mehr: seine Familie ist tot, sein Anwesen von Flüchtlingen besetzt, das Dorf voller Sowjet-Propaganda. Ein gebrochener Mann, zwanzig Jahre älter als Anna. Anna macht die Traurigkeit in seinen Augen vom ersten Tag an Angst.

    Die Autorin
    Sabine Rennefanz, 1974 in Beeskow geboren, studierte Politologie in Berlin und Hamburg. Sie arbeitet seit 1993 als Journalistin, seit 2001 als Redakteurin für die Berliner Zeitung, für die sie mehrere Jahre aus London schrieb. Für ihre journalistische Arbeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Theodor-Wolff-Preis und dem Deutschen Reporterpreis. Ihr erstes Buch, "Eisenkinder", erschien 2013 und stand mehrere Wochen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste.

    Meine Meinung

    Story
    20 Jahre nach dem Tod des Ehemanns, erzählt Anna Stein ihrer Tochter ein Geheimnis über ein Verbrechen. Für die Tochter bricht eine Welt zusammen. Plötzlich ist der geliebte Großvater ein Fremder, ein Verbrecher. Stück für Stück setzt sie die Geschichte ihrer Mutter zusammen. Beginnend mit der Großmutter, der Flucht aus Polen, den Neuanfang als Flüchtling, in der ehemaligen DDR bis in die Gegenwart.

    Schreibstil
    Das Buch ist eine nicht unbedingt Chronologisch geordnete Familiengeschichte.Es sind kleine Anekdoten, die schließlich ein Gesamtbild wiedergeben. Das Buch ist leicht verständlich, erfordert aber auch ein wenig Aufmerksamkeit.

    Charaktere
    Alle Charaktere sind echt und originell beschrieben. Man kann sich leicht in sie hinein versetzen. Sabine Rennefanz gelingt es vorzüglich, ihren Charakteren Leben einzuhauchen.

    Mein Fazit

    Der autobiographische Roman dreht sich ausschließlich um das Leben der Frauen, ihr Überleben auf der Flucht, das harte Leben nach dem Krieg. Geschichtliche Ereignisse werden nur am Rande erwähnt. Sie haben für die Frauen kaum Bedeutung. Anne Stein lebt ein Leben, ohne persönliche Höhepunkte, geprägt von Arbeit, Entbehrungen und Verzicht und Unterdrückung. Diese Trostlosigkeit prägt die ganze Geschichte, kein lachen, keine Freude. Die Geschichte ist eine Aneinanderreihung von alltäglichen Ereignissen und dennoch ist man schnell in den Bann gezogen durch diesen einzigartigen Erzählstiel von Sabine Rennefanz.
    Ich vergebe fünf von fünf Sternen und eine absolute Leseempfehlung.

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Charlotte: Roman

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Rezensionen zu "Charlotte: Roman"

  1. Kompaktes Meisterwerk

    „Das wahre Maß des Lebens ist die Erinnerung.“ (Walter Benjamin)

    Für meine „20 in 20“-SuB-Abbau-Liste hatte ich mir unter anderem „Charlotte“ von David Foenkinos notiert und es hat tatsächlich funktioniert *g*.
    Hätte ich vorher gewusst bzw. geahnt, was für ein kompaktes Meisterwerk dieser Roman ist, hätte ich ihn bereits früher von seinem „Ungelesen“-Status befreit. Nun gut, sei´s drum…

    David Foenkinos hat sich in seinem biografischen Roman mit dem Leben und Wirken der jüdischen Malerin Charlotte Salomon gewidmet. Dabei orientiert er sich an Salomon´s autobiografischem Werk „Leben? Oder Theater?“.

    Schon nach den ersten Seiten war mir klar, dass es (inhaltlich) keine leichte Lektüre sein würde; zu schnell gibt Foenkinos einen Einblick in die tragische Geschichte der Familie Grunwald (mütterlicherseits), die sich wie ein roter Faden durch Charlottes Leben ziehen soll…

    Das viel zu kurze Leben von Charlotte (sie war 26 und schwanger, als sie in Auschwitz vergast wurde) war alles andere als „rosig“. Schon früh wird sie mit den „Lebenslügen“ ihrer Familie konfrontiert, die sie allerdings erst im Laufe der Zeit „aufdeckt“. Und trotzdem gibt es etwas, was ihr Kraft gibt, mit dem Leben und seinen Ungerechtigkeiten zurechtzukommen: die Kunst.

    Pedantisch lässt uns Foenkinos am Leben Charlottes teilhaben und bezieht sich selbst, seine Faszination für Charlotte Salomon, seine Recherchearbeiten für den Roman usw. geschickt mit ein, indem er die Leser*innen direkt anspricht und seine Gedanken mit ihnen teilt – sehr authentisch und ein großartiger Coup.

    Die Sätze in diesem im wahrsten Sinne des Wortes kompakten Meisterwerk sind kurz. Und prägnant. Und sagen in wenigen Worten mehr, als mancher Bandwurmsatz. Ich habe mittlerweile so viel über die Zeit des Nationalsozialismus und seine Gräueltaten gelesen und war und bin immer wieder auf´s Neueste geschockt, mit welcher Brutalität die Nazis vorgegangen sind. In diesem Roman wird das Grauen jedoch durch die kompakte, reduzierte Satzstruktur noch einmal verschärft – unglaublich, was Foenkinos hier geleistet hat. Für mich stellt „Charlotte“ ein Lehrbuch und Referenzwerk in Bezug auf die Intensität von kurzen, prägnanten Sätzen dar.

    Darum gibt´s von mir 10 symbolische Sterne und eine absolute Leseempfehlung. Ich könnte mir das Buch auch gut als Schullektüre vorstellen.

    ©kingofmusic

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Die Macht der Wölfe

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Macht der Wölfe' von Horst Eckert
5
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Inhaltsangabe zu "Die Macht der Wölfe"

Melia Adan hat es im Polizeiapparat schon in jungen Jahren weit gebracht. Doch mit einem Auftrag wie diesem hätte sie im Leben nicht gerechnet: Die Bundeskanzlerin persönlich bittet um ihre Hilfe. Offenbar wird die Regierungschefin von jemandem aus ihrem direkten Umfeld erpresst. Zugleich bringt sich, angeführt von einem bekannten Meinungsmacher, eine neue rechtskonservative Bewegung für die nächsten Wahlen in Position. Angesichts der aufgeheizten Stimmung im Land scheint plötzlich alles möglich. Es entbrennt ein ungeheurer Kampf um politische Glaubwürdigkeit, Einfluss und Macht.

Autor:
Format:Broschiert
Seiten:480
Verlag: Heyne Verlag
EAN:9783453441750
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Rezensionen zu "Die Macht der Wölfe"

  1. 5
    23. Apr 2023 

    Baustellenmord

    Leiter der Mordkommission Düsseldorf Vincent Veih ermittelt in einem Mordfall, bei dem Leichenteile auf einer Baustelle in der Mitte der Stadt gefunden wurden. Der Baumagnat und Milliardär Osterkamp will hier die neue Oper errichten. Vincents Freundin Melia Adan soll auf Bitte ihres Vaters der Bundeskanzlerin in einer Angelegenheit helfen, die sorgsam zu handeln ist. Ansonsten könnte die Position der Kanzlerin gefährdet sein und das in Zeiten, wo Fakten nichts mehr gelten und Propagandisten immer mehr Einfluss gewinnen. Seltsamerweise gibt es eine Verbindung von dem Toten zu einem bekannten Talkshow-Host. Der tote hatte eine längere Haftstrafe und der Medienmann leistete eine Zeugenaussage.

    In ihrem vierten Auftritt müssen Melia Adan und Vincent Veih ihre Beziehung geheim halten. Es geht des Gerücht, Melia könnte die neue Leiterin der Kriminalinspektion werden, dann wäre sie allerdings Vincents Vorgesetzte und das wird in der Behörde nicht gerne gesehen. Doch noch können sie ihre Kräfte bündeln. Die Ermittlungen in dem Mordfall erweisen sich als schwierig, die Spuren scheinen überall und nirgends hinzuführen. Auch in der Sache, die die Bundeskanzlerin betrifft, gibt es unerwartete Probleme. Da erscheint es beinahe nebensächlich, was der Selfmade-TV-Mann Christoph Urban plant und obwohl sich Melia Gedanken über die Ambitionen ihres Vaters macht, musst das erstmal zurückstehen.

    Ach, wie gerne hätte man die alten langweiligen Zeiten zurück, wo das Wort noch galt und man sich auf Fakten einigermaßen verlassen konnte, wo man nicht mit Staunen sehen musste, wie im durchaus negativen Sinne erstaunliche Menschen erstaunliche Positionen erreichten. Es ist, als schaufele die Gesellschaft sich ihr eigenes Grab. Und wie soll die Entwicklung gestoppt werden? Leider kann der Roman da keine Antwort gegen, denn viele Wahrheiten erweisen sich als trügerisch. Immerhin kommen Vincent und Melia Zusammenhängen auf die Spur. Wobei der Leser eher einen Blick aufs große Ganze hat und dieser Blick lässt einen schaudern, wirkt er doch allzu sehr im Bereich des Möglichen. Dieser Polit-Thriller ist geradezu atemberaubend und man kann nicht anders als ihn zu inhalieren. Dass die Sicht auf das Geschehen eher pessimistisch aussieht, gibt dem Roman einen großen Realitätsbezug.

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