Entdecke dein Wofür
Kurzmeinung: Aussteigerbücher müssen mich durch die Persönlichkeit überzeugen, die dahintersteht. Das Fräulein ist mir im Buch etwas zu zurückhaltend.
Am Ende des eigentlichen Buches stellt Kathrin Heckmann unter der Überschrift „Zum Nachwandern“ die im Buch erzählten und im Leben erlebten Fernwanderwege vor, die sie gegangen ist. Das sind: die Uckermärker Landrunde in Brandenburg, der Nordseewanderweg in Dänemark, der South West Coast Path in England, der Amatola Trail in Südafrika, und der Bibbulmun Track in Westaustralien.
Gerne hätte die geneigte Leserin ja etwas über die Buschtoilette erfahren, aber, niente. Auch Begegnungen mit den Leuten kommen zu kurz und man vermisst in den Erzählungen Fräulein Heckmanns Systematik. Weder sind ihre „Kurzgeschichten zum Wandern“ chronologisch geordnet, man weiß nie, in welchen Jahr sie unterwegs ist, noch sonst nach einem erkennbaren System. Und was dazwischen ist, zwischen den Reisen, weiß man auch nicht.
Was man bekommt, sind unzusammenhängende Kurzgeschichten über Fernwanderungen des „Fräulein Draußen“. Diese sind sympathisch und eloquent geschrieben, entsprechen aber selten dem, was man erwartet hat.
Was hat man erwartet? Was Persönliches. Man wollte das Fräulein kennenlernen.
Man wollte mehr als zwei, drei Worte zu den Beweggründen, ein Leben im Draußen zu führen. Insoweit erwartete man sehr viel mehr als nur das, was auch in einem Wanderführer steht, aber weniger als das, was in einem Tierlexikon steht. Das heißt, weniger kalte Information und mehr Eindruck und Gefühl. Mehr Erzählung als Aufzählung. Mehr vom Fräulein. Das Draußen ging größtenteils in Ordnung. Obwohl.
Das Fräulein ist nämlich außerordentlich belehrend was die Flora und Fauna angeht, in dem es unterwegs ist. Das ist durchaus manchmal interessant. Aber das Fräulein nimmt den Leser nur dann wirklich mit auf die Wanderschaft, insoweit es den persönlichen Bezug zu sich herstellt, zum Beispiel wie es lernt, über seine Insektenphobie hinwegzukommen oder seine Angst vor Bären überwindet.
Die Kurzgeschichten/Trails stehen leider völlig verbindungslos hintereinander. Wie halt in einem Kurzgeschichtenbuch. Nie weiß man, was das Fräulein dazu bewogen hat, gerade hierhin oder dorthin zu marschieren und in welcher Reihenfolge ihr welche Ideen in den Kopf kamen. So sagt man ein ums andermal: Aha, anstatt Ahhh!
Ein einziges Mal, beim Beschreiten und Abschreiten des Bibbulmun Track in Westaustralien kam das Wanderbuch dem nahe, was die geneigte Leserin in ihm gesucht hat. Aber kaum ließ die geneigte Leserin sich in die Erzählung ein, war sie schon zu Ende. Und die nächste begann.
Fazit: Schade, dass Fräuleins Reisen so verkürzt daherkommen, durchsetzt mit Natur-Belehrungen, die zwar auch ins Buch gehören, aber viel feiner dosiert sein müssen, denn wenn die Leserin ein Tierlexikon durchlesen will, dann guckt sie in ein Tierlexikon. Man merkt halt, dass das Buch aus einem Blog kommt und nicht aus einem Guß ist.
Kategorie: Reisebericht
Verlag: Ullstein.Paperback, 2020.
Hipper Ratgeber
„Wir warten auf jemanden, der uns an die Hand nimmt und uns unseren Weg zeigt. Aber dieser Jemand können nur wir selbst sein.“
Das sind wahre Worte, die im Vorwort zu dem Ratgeber „Entdecke den Wofür“ von Ali Mahlodji stehen. Nur allzu oft stehen wir uns selbst im Weg. Der Autor nimmt uns mit auf eine Reise, woher wir kommen, wo wir heute stehen, wo wir hinmöchten. Jedes Leben ist anders, jeder Lebensweg ist ein anderer. Und so erzählt Ali Mahlodji zunächst einmal ausführlich seinen eigenen Lebensweg.
Ali Mahlodji war schon sehr viel in seinem Leben: Flüchtlingskind, Stotterer, Schulversager. Er fand heraus seine Begabung zu nutzen, wurde Unternehmensberater und rasselte ins Burn Out. Mit seinem Startup whatchado fand er seine Bestimmung.
Wenn Ali Mahlodji von sich und seinem Werdegang erzählt (und ich habe ihn auch schon in Interviews erlebt) mag man ihm sehr gerne folgen. Sein jovialer umgänglicher Ton findet sich auch in diesem Buch wieder.
Das ganze Buch ist ziemlich hip aufgemotzt, es gibt eine interaktive App des Verlags, mit dem man sich Videobotschaften des Autors ansehen kann. Viele Kapitel beginnen mit kleinen Übungen. Alles in allem wirkt das Buch in seiner Aufmachung als Rutsche für ausgepowerte junge Managertypen mit hervorragender Ausbildung und genug Erspartem, um sich aus der Tretmühle so mancher Konzerne lösen zu können, um in einer NGO und dergleichen ihre Bestimmung zu finden. Ja, jedes Leben ist anders, jeder Lebensweg ist ein anderer. Aber ob sich der durchschnittliche Lebensweg jemals mit diesem Buch kreuzt?
Ali Mahlodji lässt kindliche Glaubenssätze und bestehende Autoritäten hinterfragen. Bei jedem Hinweis, wie man zu einem glücklichen selbstbestimmten Leben findet, findet sich auch wieder eine autobiografische Anekdote. Auch geht er mit der ALI-Methode hausieren (Atmen – Lächeln – Innerlichkeit) die nur zufällig denselben Namen trägt, wie der Autor.
Einer seiner Tricks, Hürden und Hindernisse zu überwinden, ist, sich ein Vorbild zu suchen. So sagt er: „Mir hilft die Frage: Was würde Barack Obama jetzt tun?“
Ich könnte mir vorstellen, Barack Obama würde jetzt ein gutes Buch lesen.
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