Zickenzoff im Märchenland
Siegfried Unseld stellt in diesem Band die Gedichte von Hermann Hesse vor, die ihn in seinem Leben begleitet haben. Neben den schönsten Naturgedichten und Hesses zeitloser Gedankenlyrik ("Glück", "Im Nebel", "Stufen") enthält die Auswahl auch Gedichte über die Musik. Hesses Gedichte lösen ein, was er über den Impuls, sie zu schreiben, sagte: "Alle Lyrik ist Spiegelung der Welt im vereinzelten Ich, Antwort des Ich auf die Welt, ist Klage, Besinnung und Spiel einer ganz und gar bewußt gewordenen Vereinsamung." Wiedergaben der Handschriften und farbig reproduzierte Aquarelle des Dichters lassen den Band zu einer bibliophilen Kostbarkeit werden.
Eine sehr schöne Ausgabe der 'Insel-Bücherei' halte ich hier in meinen Händen. Klein und handlich mit festem Einband, werden hier 25 der für Unseld schönsten Gedichte Hesses präsentiert. Diese gebundene Edition ist mit Abdrucken der handschriftlichen Originalfassungen einiger Gedichte und mit reproduzierten Aquarellen Hesses darüber hinaus sehr schön aufgemacht - wahrlich eine kleine Augenweide.
Bei der Gegenüberstellung des gedruckten Textes einerseits und der handschriftlichen Originalfassung andererseits fällt auf, dass an manchen Stellen der Text leicht geändert wurde. Anfangs vermutete ich einfach einen Druckfehler, doch als die Stellen sich mehrten, ahnte ich doch eine Absicht dahinter. Mir ist allerdings noch nicht bewusst welche. Ist das nicht eine grobe Verfälschung der Gedichte, wenn plötzlich von seiten des Verlages eigenmächtig Worte ausgetauscht werden?
Ein Gedicht zu lesen, ist von
allen literarischen Genüssen
der schönste und reinste
H. Hesse
Den Anhang fand ich durchaus interessant. Ein Brief des Literaturnobelpreisträgers Hesse an seinen Sohn Martin ist dort abgedruckt, in dem es um die Rolle von Gedichten und Dichtern geht, und Siegfried Unseld erläutert, weshalb er sich gerade für diese 25 Gedichte Hesses entschieden hat.
Insgesamt war es mir ein Genuss, durch diesen Band zu streifen, und sicher wird es nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich in Hesses Gedichte eintauchte...
© Parden
Was macht ein gutes Gedicht aus? Ist es die Wortwahl, die Rhythmik, die Aussage? Bestimmt sind das wichtige Aspekte, die vielen Gedichten ihre Schönheit und Kraft verleihen, doch nützen sie alle nichts ohne das Wichtigste, das ein Gedicht haben muss: die Einzigartigkeit. Die hier gesammelten Gedichte sind für mich einzigartig; niemand hätte sie so schreiben können, – gar nicht der besonderen Wortwahl oder Rhythmik wegen, ihre Aussage ist zumeist auch sehr simpel und verständlich, sondern weil sie mein Empfinden zeigen, weil sie aus meinen Worten aufgebaut sind und den Rhythmus eines Lebensabschnittes atmen, der mir wichtig ist, den ich hier festhalten möchte. Deswegen dieser Gedichtband. Deswegen einzigartig. Deswegen für C.
So schreibt Artem Zolotarov es im Vorwort und machte mich damit neugierig. Bereits der zweite Gedichtband des in der Ukraine geborene Autor ist das vorliegende Werk, und es handelt im Wesentlichen von der Liebe...
Nur ein paar Seiten entfernt
Ich sehe sie an.
Sie liest ein Buch -
tief verunken
in einer fernen Welt.
Unsere Augen treffen sich
nicht, sie sitzt und liest,
nur ein paar Seiten
von mir entfernt.
Ich spüre alles, was sie
nie in mir erwecken wird.
Keinen Mut, den ich nicht
finde,
keine Liebe, die ich nicht
gestehe,
keinen Wunsch, an dem ich
nicht verzweifle.
Nicht in dieser Welt.
Ich öffne mein Buch
und begebe mich auf die
Suche
nach ihr und all den Dingen,
die ich nicht getan habe,
nur ein paar Seiten von ihr
entfernt.
Sehnsucht, Glückseligkeit, Hoffen, Bangen, Schmerz, Loslassen - all die Facetten der Liebe sind in und zwischen den Zeilen zu finden. Vergängliche Gedanken von vergänglichen Momenten - heiter oder melancholisch, der Autor zeigt Momente seines Empfindens und lässt so den Leser daran teilhaben.
Auf Reisen
Durch deine Blutbahn will
ich strömen,
in deinen Venen ewig kreisen,
von deinem Herzen
angetrieben
zu ihm zurück nach Hause
reisen.
Ich will Impuls sein, weise
Planung,
die Welt aus deinen Augen
sehen.
Vielleicht hab ich von Lieben
keine Ahnung,
doch dich allein will ich
erkunden und verstehen.
Besonders gefallen hat mir, dass ich die Lesung dieses Gedichtbandes gefunden habe, bei der der Autor selbst seine Gedichte vorträgt. Durch die Betonung werden zusätzlich noch Nuancen deutlich, die ansonsten vielleicht verloren gegangen wären. Gleichzeitig lesen und hören - das kann ich hier wirklich empfehlen...
© Parden
Nach dem Buch 'Reimteile' von Lars Kramer, das mich so begeistern konnte, habe ich mich gefreut, auf ein weiteres Werk des Autors gestoßen zu sein. 'Papiersoldaten' allerdings versammelt nicht nur (Schwarz-)Humoriges, sondern auch durchaus Verse mit ernsten und nachdenklichen Tönen.
Insgesamt wirkt dieser Band experimentierfreudiger, wie eine Tüte 'Bunt Gemischtes'. Limericks finden sich hier ebenso wie reimlose Verse und die ganz klassischen Gedichte. Mir persönlich haben wieder vor allem die schwarzhumorigen Verse gefallen.
Als Beispiel sei hier ein zur Jahreszeit passendes Gedicht zitiert:
Fast Christmas
O Tannenbaum, O Tannenbaum,
bedeckt von zartem Flockenflaum,
stehst du an diesen kalten Tagen,
von deinem Wurzelwerk geschlagen,
behängt mit wirrem Kugelkrempel
vor jedem grellen Einkaufstempel.
Und diese platzen aus den Nähten.
Man hört das Krachen mancher Gräten,
wenn sich mit Tritten und mit Hieben
die Massen Richtung Eingang schieben.
Da wird gequetscht, geschubst, gezogen
im trauten Glanz vom Lichterbogen.
Man spürt den Atem im Genick
und peilt mit starrem, irrem Blick,
dem Menschenhaufen sich entreißend,
auf Sonderangebote schmeißend,
den Plunder an (für wenig Kohle):
die Digicam, die Spielkonsole.
Die Kinder schrein, die Eltern fluchen.
Und wieder andre sind am Suchen,
nach jedem preisgesenkten Teil,
denn schließlich sei doch Geiz so geil.
Dem Einzelhandel, dem gefällts;
die Kasse klingelt: 'Jingle Bells'.
So ziehn die Shopping-Karawanen
noch übern Weihnachtsmarkt die Bahnen,
vorbei an Punsch- und Glühweinbutzen,
verschleppen sie, den Hals voll Mutzen,
auf krummer Hüfte ihre Fracht
durch schenkelhohe Neuschneepracht.
Und endlich trifft die ganze Schar
(wie Caspar, Melchior, Balthasar)
zu Hause ein, erschöpft und klamm
und bis zur Oberlippe stramm.
Vom Geldballast ist man befreit.
So freut euch, es ist Weihnachtszeit.
Auch wenn in diesem Band das ein oder andere schon einmal etwas holperte, hat mir dieser doch auch wieder ausgesprochen gut gefallen. Sicher nicht mein letztes Buch von Lars Kramer!
© Parden
Das lyrische Werk Hermann Hesses (1877-1962) steht gleichwertig neben den großen Romanen "Siddharta", "Der Steppenwolf", "Narziss und Goldmund". Dem Autor selbst waren seine Gedichte stets unverzichtbare Möglichkeit zu unmittelbarem, wahrem Ausdruck von Sorgen und Sehnsüchten.
Der Band "Musik des Einsamen" (1915) führt dies in eindrücklicher Weise vor Augen. In den leisen und zarten Tönen dieser Dichtungen offenbart sich jenes wunschhafte Streben nach einer alles umspannenden Harmonie, das sich in der Folge für sein Werk als bestimmend erweisen sollte.
Manchmal ist es gut, unbedarft an Bücher heran zu gehen. Hermann Hesse habe ich immer schon gerne gelesen, und so traute ich mich nun auch an sein lyrisches Werk heran.
Nach den ersten Gedichten und poetischen Stücken legte ich allerdings erst einmal eine Pause ein. Und informierte mich bei wikipedia, ob meine Vermutung hinsichtlich Hesses Gemütsverfassung wohl zuträfe. Und ja, es war so wie gedacht: Hesse war schwermütig, melancholisch, depressiv, versuchte schon mit 15 Jahren, sich das Leben zu nehmen...
Diese Haltung spiegelt sich in der vorliegenden Sammlung an Gedichten wieder. Viel ist von Heimweh, Todessehnsucht, Einsamkeit und Dunkelheit die Rede.
Dennoch wohnt vielen der Stücke ein besonderer Zauber inne, die poetische Sprache nahm mich einige Male gefangen. Dabei gefielen mir in der Regel die Gedichte am besten, die auf Reime verzichteten - hier kam Hesses Kunst mit Sprache zu spielen meiner Meinung nach am besten zur Geltung.
Die Gestaltung des Bandes ist sehr liebevoll und hebt dadurch jedes einzelne Gedicht hervor.
Gewünscht hätte ich mir noch eine Datierung der Gedichte, damit man Parallelen zu Hesses jeweils aktueller Lebensgeschichte hätte ziehen können.
Aber auch so ist der Band eine schöne Sammlung lyrischer Texte und Gedichte, die häppchenweise genossen zu empfehlen sind.
-----------------------
Abschließend ein Auszug aus dem Gedicht "Wandlung":
Da ich ein Jüngling war,
Da meine ersten schüchternen Gänge
In das ersehnte Land der Liebe
Alle mich trostlos und elend wiederbrachten
In den unverstandenen grellen Tag,
Da war es mir einziger Trost,
Tief im Leid mit vollen Händen zu wühlen, Selbstzerstörend mit wollüstiger Bitterkeit
Jede holde Farbe in Schwarz zu wandeln, Wild auf brechenden Saiten
Hinzustürmen meiner Entbehrung Qual...
© Parden
Schon der "Blick ins Buch" hat mich zu dieser Wertung veranlasst. Von Gedichtzeilen, an deren Ende ein Reim steht, erwarte ich mehr als nur diesen Reim. Über den Text sollte man nicht stolpern müssen. Das ist aber der Fall, wenn Silbenzahl und Betonungen nicht überein stimmen. Somit sind diese Gedichte gut gemeint, aber im Ergebnis keine handwerkliche Glanzleistung.
Nicht nur märchenhaft...
Nach dem Buch 'Reimteile' von Lars Kramer, das mich so begeistern konnte, habe ich mich gefreut, auf ein weiteres Werk des Autors gestoßen zu sein. Als 'roter Faden' taucht hier immer wieder Märchenhaftes auf, wobei alle bekannten Grimmschen Figuren ordentlich ihr Fett abkriegen. Daneben jedoch gibt es wieder Verse zu zahlreichen anderen Themen - von ernst bis lustig ist alles dabei...
Beziffert
Die Nummer 1 ist elitär.
Die 2 ist's nur noch ungefähr.
Die 3 steckt tüchtig in der Zwinge,
doch ist sie aller guten Dinge.
Die 4 ist prima als Quartett.
Die 5 genauso als Quintett.
Und Satanisten-Schabernack
betreibt die 6 im Dreierpack.
Die 7 - magisch überreif.
Die 8 hängt in der Endlosschleif'.
Die 9 verleiht in ihrem Streben
der Katze resistentes Leben.
Und Deckenlicht aus Halogen
erstrahlt schon hell bei Wattzahl 10.
Am besten haben mir wieder die schwarzhumorigen Gedichte gefallen. Viele neue Einfälle konnte ich bestaunen, und bei manchem Werk möchte ich wirklich mal wissen, wie lange Lars Kramer dafür gebraucht hat!
Moviestar
In THE FOG von CASABLANCA,
wo VOM WINDE man VERWEHT,
hat mit BERNHARD UND BIANCA
ARIELLE THE THING gedreht.
Derweilen hat DER WEIßE HAI
mit SUPERMAN, dem Taschendieb,
THE RING gemopst und nebenbei
noch WAS VOM TAGE ÜBRIGBLIEB.
Doch ohne SCHUH DES MANITU
gerät DER COUP von OCEAN´S ELF
im GEISTERHAUS von SCOOBY DOO
zum DANTE´S PEAK mit OCEAN´S TWELVE.
ROCKY, RAMBO, TERMINATOR,
FREDDY, JASON, CHUCKYlein,
BRAVEHEART und der GLADIATOR
wollen auch im A-TEAM sein.
Drum tun sie den ITALIAN JOB
und sind im PANIC ROOM am Klau´n,
dann liefert sie der ROBOCOP
nach ALCATRAZ zu JACKIE BROWN.
DER PATE ist schon AUF DER FLUCHT,
zum TRAFFIC wo die LOLA RENNT,
begeht ´nen CRASH mit voller Wucht
und fragt sich nun: "WAS TUN, WENNS BRENNT?"
Mein Text ist hand- und FOOTLOOSE,
doch ich mag Filme und ich dicht´s,
drum steht in den SHIPPING NEWS,
das ganze ist VIEL LÄRM UM NICHTS.
Auch wenn in diesem Band das ein oder andere schon einmal etwas holperte, hat mir dieser doch auch wieder ausgesprochen gut gefallen. Sicher nicht mein letztes Buch von Lars Kramer!
© Parden
Teilen