Die Rache der Bücher

Den meisten dürfte Walter Moers in erster Linie durch seine Comics bekannt sein. Adolf und sein Bunker, kleine Arschlöcher, alte Säcke und so weiter. Er versuchte sein Glück jedoch auch als Autor, beziehungsweise in diesem Fall als Übersetzer eines Buches aus dem Zamonischen. Man merkt schon, man bekommt es mit Fantasy zu tun, die das Genre eher mit einem Augenzwinkern als einem bierernsten und blutigen Auge betrachtet.
Mit “Die Stadt der Träumenden Bücher” zeigt Walter Moers dann auch direkt vom Start weg, dass er Ahnung vom Schreiben hat. Erwartet man zu Beginn noch einen Roman in der Machart eines Terry Pratchett (und fühlt sich zu Beginn, besonders hinsichtlich der regelmäßigen Verwendung von Fußnoten auch tatsächlich noch an eben jenen erinnert), bringt Moers sein Buch schnell in eine etwas andere Spur. Sicherlich, humorvoll geht es hier und da schon zu, jedoch nicht in dem inflationären Maß Pratchetts. Vielmehr wandert der Autor auf einem Grat irgendwo zwischen ernsthafter und humoriger Schreibweise, die den Leser zwar oft zum Schmunzeln bringt, auf der anderen Seite aber auch einen gut gezeichneten Spannungsbogen mit sich bringt und dem Roman nicht direkt den Stempel “Comedy” oder gar “Plagiat” aufdrückt. Das sorgt natürlich dafür, dass der Leser vom Start weg in die Geschichte gezogen wird und mit Protagonist Hildegunst von Mythenmetz eine tempo- und wendungsreiche, sehr unterhaltsame Reise durch die Katakomben von Buchhaim erlebt.
Besonders die Figuren sind es dabei, die “Die Stadt der Träumenden Bücher” von einem Großteil der auf dem Markt anzutreffenden Mitbewerber abheben. Wer Elfen, Zwerge und Orks erwartet, wird zwangsläufig enttäuscht werden. Wer aber dafür mit anderen, nicht regelmäßig anzutreffenden Vertretern des Fantasyromans Freundschaft schließen möchte, wird hier einen Roman ganz nach seinem Geschmack erleben. Im Zentrum der Geschichte steht Dichter Hildegunst von Mythenmetz, seines Zeichens stolzer (ehemaliger) Bewohner der Lindwurmfeste. Also ein drachenähnlicher Kerl, der Gedichte schreibt. Wie alle Vertreter seiner Rasse. Jui, kannte ich noch nicht. Walter Moers verzichtet nicht darauf, seinen Figuren, seien es nun unser Held wider Willen oder der ach so fiese Schattenkönig, im Lauf der Handlung immer mehr Tiefe und Profil zu verleihen, was der Glaubwürdigkeit der Charaktere sehr zu gute kommt. Man schließt sie schnell ins Herz und am Ende des Buches ist es schon fast so etwas wie ein Abschied von einem alten Freund. Toll gemacht.
Zum Schreibstil habe ich mich eingangs ja schon etwas ausgelassen, weswegen ich an dieser Stelle nur noch einmal betonen möchte, dass “Die Stadt der Träumenden Bücher” Fantasy auf hohem Niveau ist. Moers schreibt sehr zugänglich, ohne dabei aufdringlich in einen veralteten Genreslang zu verfallen. Dennoch ist die Tonart gut getroffen und passt gut ins Gesamtbild. Und da es ja immer so schön heißt, dass das Auge mitessen würde, sollen auch die schicken Illustrationen der mir vorliegenden Taschenbuchausgabe nicht verschwiegen werden, die der Phantasie des Lesers noch mal einen kleinen, zusätzlichen Schub geben und das Buch im Ganzen natürlich direkt noch etwas aufwerten.
Fazit:
“Die Stadt der Träumenden Bücher” war für mich ein sehr überraschendes Buch. Nachdem ich zu Beginn noch einen Pratchett in etwas anderem Gewand erwartet habe, zeigte sich schnell, dass Autor Walter Moers nicht abgekupfert hat, sondern sich im Gegenteil um ein sehr hohes Maß an Eigenständigkeit bemüht. Erfolgreich. Das in Kombination mit den tollen und außergewöhnlichen Figuren sowie einem beachtlichen Spannungsbogen machen den Roman zu einer Empfehlung für jeden Freund der eher untypischen Fantasy – und natürlich auch für jeden, der das Genre gerne in allen seinen Spielarten kennenlernen möchte. Für mich eines meiner persönlichen Highlights des Jahres.
Eines der Perlen der modernen Literatur! Die Stadt der träumenden Bücher von Walter Moers hat mich erst dazu inspiriert selbst ein Buch zu schreiben. Jeder der Figuren dieses wunderbaren Epos hat irgendetwas mit der Schriftstellerei zu tun. Er beschreibt schön verpackt die Probleme des modernen Verlagswesens. Ich betrachte dieses Buch als sein Hauptwerk, da derart viel ausgeklügelte, phantastische Handlungsstränge eine gewaltige Gedankenleistung bedeuten. Das schreibt man nicht mal schnell so!
Selbst die Dichtkunst der "kleinen" Autoren im Buch selbst ist es Wert auswendig gelernt zu werden. Wenn ich es Recht bedenke werde ich mir zeitnah den Nachfolgeband kaufen und mir zu Gemüte führen, nicht ohne "Die Stadt der träumenden Bücher" selbst noch einmal gelesen zu haben.
Jeder der etwas für Bücher, Literatur, die Schriftstellerei, Phnatastisches, Überwältigendes... übrig hat, sollte es wenigstens einmal anlesen. Nur die Lesprobe. Wenn ihr dann davon loskommt schreibt mir bitte. Ich würde euch nicht glauben!
Was habe ich mich darauf gefreut mein erstes Walter Moers Buch zu lesen. Viel Gutes hatte ich über ihn gehört, wollte endlich voller Erwartung in seine phantastischen Welten abtauchen. Das Buch hat Gewicht und besticht durch seine Andersartigkeit, also nichts wie los.
Die Reise startet verhalten. Man lernt die Hauptcharaktere kennen, die wichtigen Schauplätze und bekommt den Sinn der Reise vermittelt. Als Autor bin ich direkt bei der Sprache hängengeblieben: Wow, welche Kunst so mit bekannten Worten umzugehen. Das hat mich zutiefst beeindruckt! Ich wollte mehr, las und las und…verlor die Lust. Mmh…was dieses Buch an Sprachgewalt hat, das fehlt ihm leider an der Spannung. Die ersten hundert Seiten haben mich der Drang zu wissen was denn passieren soll, die tollen Zeichnungen und seine Kreativität vorangetrieben. Was ich allerdings relativ schnell gemerkt habe, ist der fehlende Antrieb weiterzulesen.
Auch wenn ich noch nie mit so viel Phantasie überrascht und so viel Sprachgewalt verführt wurde, so kann die hübsche Aufmachung nicht über einen eklatanten Mangel hinwegtäuschen: eine fehlende Spannungskurve. Gerade wenn die Geschichte eine interessante Wendung erhält, wird sich an Details aufgehalten, die dann irgendwann einfach nicht mehr interessieren, weil man den Sachverhalt bereits nach einer viertel Seite verstanden hat. Wenn nach 11 Seiten gerade einmal 3 Sachverhalte beschrieben wurden, dann hat man entweder ein Talent jemanden einzulullen, kann sich nicht kurz fassen oder hat einen schlechten Verlag, der es nicht versteht den Rotstift sinnvoll anzusetzen. Denn das hätte man tun sollen. Sicherlich die Hälfte wäre streichbar, das Buch würde nichts an Kraft verlieren (eher noch gewinnen), auch wenn es dann arg zum bilderbuch mutiert.
„Die Stadt der Träumenden Bücher“…ich habe zumindest sehr gut geschlafen. Es mag sein, dass dieses Buch die größte, schönste Liebeserklärung an die Literatur und das Lesen ist. Man kann sie aber auch kürzer fassen, sonst rennt einem die geliebte nämlich weg. So wie ich. Es ist erst das zweite Mal, dass ich ein Buch nicht zuende gelesen habe. Nach 180 Seiten spannungsloser Kreativität ist es wieder ins Regal gewandert und wird dort sicherlich auch nicht dauerhaft verweilen. Am Ende bin ich ein wenig enttäuscht und doch fasziniert, weshalb es mir schwer fällt 2 oder 3 Sterne zu geben. Da ich nicht mit all zu viel Geduld gesegnet bin, werden es drei. Hätte ggf. klappen können.
Ruth Frau, einst gefeierter Filmstar und später auf die schiefe Bahn geraten, ist wieder "voll da". Junge Regisseure arbeiten mit ihr, und die Jugend verehrt sie als "irgendwie schrillen" Kultstar. Anlässlich des Erscheinens ihrer literarisch fragwürdigen Memoiren gibt sie ihr erstes Interview seit 20 Jahren. Der Rundfunkmoderator ist hin- und hergerissen zwischen ernsthafter Bewunderung und dem Drang, besonders kritische und bohrende Fragen zu stellen. Ruth Frau reagiert darauf gelassen, fast mütterlich und trotzt dem Interviewer nebenbei das Einverständnis ab, eine von ihr herausgegebene CD mit gesanglichen Hervorbringungen ihres verstorbenen vierten Ehemannes zu präsentieren. Sie wickelt den nervtötenden Journalisten mühelos um den kleinen Finger. Zum Schluss kann er nur noch kraftlos japsen: "Danke, Ruth Frau. Danke, dass es Sie gibt."
Bei diesem fiktiven Rundfunkgespräch zwischen einem schleimigen Rundfunkmenschen und einer sympathischen alten Schabracke handelt es sich um eine Aufnahme von 1993, in der Max Goldt selbst beide Rollen spricht sowie drei Lieder de Münchens zum Besten gibt. Wenig Aufwand - große Wirkung. In der 79 Minuten langen Fassung werden zwei Versionen des Interviews präsentiert: einmal mit Gesangseinlagen (was mir deutlich besser gefallen hat), einmal ohne, weil Ruth Frau angeblich besagte CD zu Hause vergessen hat. Zunächst war ich über die zweite Fassung irritiert, aber weil darin auch synthetisches Gelächter vom Band eingespielt wird, könnte man auf die Idee kommen, dass die erste Version die Live-Aufnahme war, die zweite dagegen die gekürzte und überarbeitete Fassung für die Ausstrahlung der Sendung. Ein zusätzlicher Kniff, um auch die Verzerrung der Wahrheit durch die Medien aufs Korn zu nehmen.
Amüsant war das Hörerlebnis jedenfalls allemal. Für mich tatsächlich ein besonderer Fund...
© Parden
Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs wird Sigmund Freud in den Buckingham Palast gerufen, denn ein etwas merkwürdiger alter Mann, der behauptet, er käme vom Erdbeerpflücken auf dem Mond, ist auf dem Dach gelandet. Es handelt sich um keinen geringeren als Baron Münchhausen. Freud soll nun herausfinden, ob dieser Mann lügt ... Erfolgsautor Flix ("Faust", "Schöne Töchter" u.v.m.) arbeitet für sein neues Buch mit dem Zeichner Bernd Kissel zusammen. Gemeinsam versetzen sie die Abenteuer des Barons Münchhausen ins 20. Jahrhundert. Eine wundervolle Literaturbearbeitung des Klassikers, die den Lügenbaron in einem völlig neuen Licht zeigt. (Quelle Amazon)
Und wieder hat eine neue Graphic Novel ihren Weg in mein Bücherregal gefunden. Einen herzlichen Dank an den Carlsen Verlag.
Nachdem ich mir alles, was ich an Graphic Novels in unserer Stadtbibliothek gefunden hatte, ausgeliehen und gelesen hatte, bekam ich jetzt die Chance das Buch "Münchhausen" zu bewerten. Und da ich schon immer ein großer Fan des Lügenbarons bin, freute ich mich ganz besonders auf dieses Buch.
Rein Optisch ist es schon einmal mehr als gelungen. Das rote Cover mit Münchhausen auf der Kanonenkugel springt einem sofort ins Auge. Dann kommt ein rotes Vorsatzpapier mit einem Ausschnitt von Sigmund Freuds Gesicht darauf und hinten im Buch finden wir Münchhausen. Das Buch ist hochwertig verarbeitet und gehört in jedes Bücherregal.
Dann schlug ich das Hardcover auf und war sofort überwältigt von den tollen Zeichnungen. Ich muss ehrlich gestehen, dass mir die schwarz-weiß Zeichnungen wesentlich besser gefallen als die Farbigen. Sie sind ausdrucksstarker und Bernd Kissel ist ein wahrer Künstler. Seine Zeichnungen sind voller Details und mit viel Liebe angefertigt und man sollte sich wirklich Zeit nehmen, jedes Bild aufmerksam zu betrachten.
Die Story fand ich originell und interessant. Freud wird 1939 in den Buckingham Palast gerufen, weil da einer auf dem Dach gelandet ist und behauptet, er wäre auf dem Mond gewesen um Erdbeeren zu pflücken. Freud soll jetzt herausfinden, ob der Mann die Wahrheit sagt, oder ein Spion ist. Der Mondreisende ist natürlich niemand anderer als Baron Münchhausen.
Flix hat sich ein paar der bekannten Münchhausen-Geschichten ausgesucht und eine verrückte Story drumherum aufgebaut. Das war so ganz nach meinem Geschmack. Man lernt praktisch das Leben von Münchhausen kennen und erfährt mehr über ihn, als in den anderen Büchern. Auch seine Jugendzeit kommt zur Sprache.
Ich vergebe für dieses außergewöhnliche Kunstwerk 5 von 5 Punkten, den Favoritenstatus und eine absolute Leseempfehlung für alle Comicfreunde. Ich werde dieses Buch sicherlich noch oft zur Hand nehmen um darin zu stöbern. Einfach großartig. Und jetzt muss ich mal schauen, dass ich noch mehr von Flix und Bernd Kissel finde. Ich bin infiziert.
© Beate Senft
Besser als erwartet
Als alter und langjähriger Asterix-Leser bin ich grundsätzlich seit dem Tod von Goscinny immer ein wenig skeptisch, was neue Bände der Reihe betrifft, tatsächlich gab es ja schon einige enttäuschende Reinfälle. Aber aus alter Treue wird dann letztendlich doch gekauft, und dieses Mal hat es sich gelohnt. Sicher, die Messlatte stellen die alten Bände der Reihe dar, doch eigentlich ist das unfair, denn die dürfte nicht zu überspringen sein. Schraubt man die Erwartungshaltung etwas herunter, dann wird man mit diesem Band, in dem es um die Tochter des Siegers von Gergovia [und, man darf es ja nicht laut sagen, des Unterlegenen von Alesia ("ich kenne kein Alesia")] geht, gut bedient. Es gibt sogar einige Stellen, die an den alten subtilen Homor der beiden Schöpfer der Reihe erinnern, mein persönliches Highlight ist die Brutus-Episode am Ende. Kurzum: man macht nichts falsch, wenn man sich diesen Band gönnt!
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