Wolfshunger (Bernie Gunther ermittelt, Band 9)
Im Jahr 1920 kehrt der Polizist Paul Stainer aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Viel Zeit, um das Erlebte zu verarbeiten, bleibt ihm nicht, denn ein aufsehenerregender Fall fordert seine Aufmerksamkeit: In der Villa eines Fabrikanten werden mehrere Menschen erschossen. Zuerst deutet alles auf einen missglückten Einbruch hin. Dann führen die Spuren jedoch zu der „Operation Judas“ und damit zu Männern, die über Leichen gehen, um eigene Verbrechen zu vertuschen.
Auf diesen Krimi war ich sehr gespannt, da mich die Zeit, in dem er spielte, sehr angesprochen hat. Aber auch die Beschreibung klang spannend und faszinierend, so dass ich voller Vorfreude ins Buch gestartet bin.
Der Schreibstil ließ sich sehr angenehm und flüssig lesen, so dass ich gleich in die Geschichte eintauchen und folgen konnte. Ich war gleich gefesselt und die Seiten flogen nur so dahin. Ich hatte das Buch sehr schnell fertig gelesen.
Paul Stainer fand ich von Beginn an sehr sympathisch. Er wurde anschaulich und lebensecht gezeichnet. Gerade seine persönlichen Belastungen aufgrund seiner Erlebnisse ließen mich mit ihm mitfühlen und ich habe ihm gewünscht, dass er die Vergangenheit bewältigen kann. Was ich sehr an ihm mochte, war sein Gespür, das ihm sehr hilfreich bei den Ermittlungen war.
Der Kriminalfall war spannend und fesselnd, auch wenn es insgesamt eher ruhiger losging und sich dann immer mehr steigerte. Zu Beginn war alles undurchsichtig und ich hatte viele Fragen im Kopf. Das förderte die Spannung zusätzlich und ich hing wirklich gebannt an den Seiten. Am Ende wurde dann alles schlüssig und nachvollziehbar zusammengeführt.
Was mir hervorragend gefallen hat, war die Atmosphäre der 1920er Jahre. Alles wurde super realistisch beschrieben, so dass ich mich direkt in die damalige Zeit versetzt fühlte. Das Flair kam großartig bei mir an.
Ein spannender und atmosphärischer Krimi, der mir richtig gut gefallen hat. Ich vergebe 5 von 5 Sternen.
Mit „Der Rote Judas“ ist Thomas Ziebula ein spannender und kenntnisreicher Kriminalroman gelungen. Er siedelt seine Geschichte in Leipzig kurz nach dem Ersten Weltkrieg an.
Paul Stainer kehrt aus der französischen Kriegsgefangenschaft zurück. Körperlich hat er die Zeit unverwundet überstanden, aber seine Seele ist beschädigt. Heute würde man wohl eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostizieren. Nicht nur Schlafstörungen und Alpträume machen ihm zu schaffen, auch an den Folgen einer Amnesie leidet er noch. Das alles darf nicht bekannt werden, denn Stainer will und kann zurück in den Polizeidienst. Dumm nur, dass einer der Ärzte aus dem Lazarett jetzt als Pathologe in Leipzig arbeitet.
Gleich der erste Fall hat es in sich. Ein Suizid erscheint Stainer zweifelhaft und je tiefer er nachforscht, umso sicherer wird er. Er erkennt bald ein Muster bei einen weiteren Selbstmord und immer wieder stößt er auf den Begriff „Roter Judas“. Aber auch privat läuft es nicht rund. Seine Frau Edith hat nach Jahren des Wartens einen neuen Partner und bittet um die Scheidung.
Im Augenblick sind die Jahre zwischen den Kriegen als Romanhintergrund sehr häufig geworden und meine Erwartungen waren hoch. Ich war von diesem historischen Kriminalroman begeistert. Der Plot ist raffiniert und mehrere Handlungsstränge laufen auf ein sehr spannendes Finale zu. Der zeitgeschichtliche Hintergrund wirkt sehr lebendig und kenntnisreich erzählt. Das Leipzig der Zwanziger Jahre wirkt tatsächlich greifbar
Außerdem sind die Figuren wirklich sehr vielschichtig und menschlich eingefangen worden. Nicht nur der Hauptprotagonist Paul Steiner, auch Nebenfiguren, wie die Schaffnerin Fine König sind gelungen und runden die Handlung sehr gut ab.
Ein Kriminalfall aus dieser Zeit kann die Politik nicht ausblenden, das Elend der versehrten Kriegsheimkehrer und die aus der Demütigung des verlorenen Krieges entstandenen Strömungen der Weimarer Republik machen den Kriminalroman auch zu einem Stück Geschichtsunterricht.
Ein toller historischer Kriminalroman und ich bin sehr auf eine Fortsetzung gespannt.
Der „Nowhere Man“ Evan Smoak, ein hocheffizienter Killer der Regierung, ist in den Untergrund gegangen, um den Verzweifelten zu helfen. Doch Evan wird gejagt, denn alle Agenten des illegalen Orphan-Projeks sollen eliminiert werden. Seine einzige Chance ist töten, statt getötet zu werden. Die Spur über die getöteten Agenten und Ausbilder führt ihn zu seinem ultimativen Ziel: dem amtierenden Präsidenten.
Ich kannte bereits die ersten drei Bände dieser Reihe, die mir alle sehr gut gefielen. Dementsprechend wollte ich dieses Buch unbedingt lesen und habe mich sehr darauf gefreut.
Der Schreibstil war fesselnd und spannend und konnte mich sofort in die großartige Geschichte reinziehen. Ich hing regelrecht gebannt an den Seiten und konnte das Buch nicht beiseite legen, bis ich am Ende angelangt war.
Evan Smoak war wieder wahnsinnig sympathisch. Ein starker und hochintelligenter Charakter und Einzelkämpfer, der trotz aller Härte auch viel Empathie besaß. Genau das war wieder die perfekte Mischung, die ich an ihm so sehr mag.
Der Fall war wirklich von Anfang bis Ende spannend, genauso wie ich es erwartet bzw. erhofft habe. Eigentlich hat Evan das Prinzip, nur einen Auftrag zurzeit zu haben, um sich vollends konzentrieren zu können. Doch dagegen musste er dieses Mal verstoßen und zwei Aufträge parallel erforderten seine höchste Konzentration und Disziplin.
Die Story war sehr action- und temporeich und dabei absolut mitreißend und dicht gewebt.
Ein wahnsinnig guter und rasanter Thriller mit ganz viel Nervenkitzel. Ich vergebe 5 von 5 Sternen.
Drei Frauen erleben die Wirren des 2. Weltkrieges aus unterschiedlichen Perspektiven und doch werden ihre Wege am Ende alle zusammen geführt. Die Handlung basiert auf tatsächlichen Gegebenheiten.
Caroline stammt aus einer wohlhabenden New Yorker Familie und unterstützt ehrenamtlich französische Einwanderer. Sie lernt den Schauspieler Paul kennen und lieben, der aber mit einer französischen Jüdin verheiratet ist, die noch in Frankreich lebt.
Das Mädchen Kasia lebt in einem polnischen Dorf und schließt sich nach dem Einmarsch der Deutschen der Widerstandsbewegung an. Nach ihrer Entdeckung wird sie in das Konzentrationslager Ravensbrück verschleppt.
Die deutsche Ärztin Herta möchte unbedingt als Ärztin praktizieren und nimmt eine Stelle in Ravensbrück an.
Der Roman schildert auf eindringliche Weise die Wirren des 2. Weltkrieges und die unaussprechlichen Gräuel in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten. Die Not der gequälten Insassen, die Diskriminierungen und Torturen, denen sie ausgesetzt sind und nicht zuletzt die unfassbare Grausamkeit und Gefühlskälte, mit welcher die Häftlinge als Versuchskaninchen für medizinische Experimente missbraucht werden, lassen den Leser fassungslos zurück.
Der Autorin gelingt es ausgesprochen gut, den Leser auf dieser Zeitreise zu fesseln und emotional mitzunehmen. Die Romanfiguren sind plastisch dargestellt, die Handlung flüssig und spannend erzählt. Dieses Buch ist ein echter Page-turner und jedem zu empfehlen, der sich mit dieser Thematik befassen möchte. Für mich gibt es jedoch zwei Kritikpunkte, die mich davon abhalten, eine 5-Sterne-Bewertung zu vergeben:
Seltsam aus der Handlung gefallen erscheint zunächst das Geschehen um die Amerikanerin Caroline. Hier dreht sich die Handlung hauptsächlich um ihre Liebe zu Paul und beim Lesen stellt sich eine gewisse Ratlosigkeit ein: was hat dieser Handlungsstrang mit den entsetzlichen Ereignissen in Europa zu tun? Ist eine Liebesgeschichte, die in dem den Ereignissen in Europa so fernen Amerika stattfindet, angebracht? Auch wenn sich im Laufe der Handlung dieser Erzählstrang den anderen annähert und am Ende auch mit diesen verknüpft wird, hätte es dieser Liebesgeschichte nicht bedurft, ist doch die Verbindung zwischen Caroline, Kasia und Herta letztlich eine ganz andere. Die zu Beginn sehr oberflächlich wirkende Amerikanerin entwickelt sich zu einer engagierten Frau, die sich eindrucksvoll für die Belange der versehrten KZ-Insassinnen einsetzt. Das hätte vollkommen ausgereicht, ja ich habe es sogar als störend empfunden, durch die Liebesgeschichte mit Paul von den bewegenden und verstörenden Ereignissen in Ravensbrück abgelenkt zu werden und habe dies als unangebracht empfunden.
Enttäuscht hat mich ferner die Schilderung der Herta. Hier hätte ich mir den Versuch eines Erklärungsansatzes gewünscht, der erhellt hätte, was diese junge Frau dazu bewegt hat, sich den menschenverachtenden Experimenten im Konzentrationslager anzuschließen. Sicherlich ist klar, dass es niemals eine 100-Prozentige Erklärung geben kann, aber die Darstellung der Herta war mir letztendlich dann doch zu schablonenartig. Es muss doch nach dem 2. Weltkrieg zumindest Versuche gegeben haben, mittels der Erstellung von Psychogrammen die Motivation der Täter während der NS-Zeit zu erklären. Diese Erklärungsansätze haben mir bei der Entwicklung der Figur der Herta – einer real existierenden Person – gefehlt und mich an dieser Stelle letztendlich sehr enttäuscht zurück gelassen.
Trotz alledem halte ich diesen Roman für absolut lesenswert. Er vermittelt einen fundierten Eindruck der historischen Gegebenheiten und ist insofern nicht zuletzt zur Aufrechterhaltung einer unabdingbaren Erinnerungskultur sehr zu empfehlen.
Drei Frauen, drei Schicksale, ein Krieg und die Zeit danach. Darum geht es in dem Roman „Und am Ende werden wir frei sein“ der Amerikanerin Martha Hall Kelly.
Ihr Roman beruht auf wahren Begebenheiten. Reale Personen lieferten die Vorlage für Charaktere in diesem Buch.
Die Handlung setzt im Jahr 1939 ein. Der Ausbruch des 2. Weltkrieges steht kurz bevor. In New York lebt Caroline Ferriday, Schauspielerin ohne Engagement, Tochter aus gutem Hause und Mitglied der gehobenen Gesellschaft. Sie arbeitet ehrenamtlich im französischen Konsulat und hilft französischen Familien bei der Einreise in die USA. Immer mehr Franzosen verlassen ihre Heimat. Denn Europa steht kurz vor Ausbruch des Krieges. Die Spendenlust der High Society von New York ist groß. Charity gehört zum guten Ton.
"Sie betrachtete die Möglichkeit, sich wohltätig zu engagieren, wie andere eine Kuchenplatte."
Zur gleichen Zeit im polnischen Llubin erleben die 16-jährige Kasia und ihre Familie den Einmarsch der Deutschen. Ihr Alltag ist plötzlich von Angst und Drangsalierung durch die deutschen Besatzer geprägt. Immer mehr Menschen werden deportiert. Auch Kasia sowie ihre Mutter und Schwester werden eines Tages in einen Zug nach Ravensbrück verfrachtet. Die Frauen haben keinen Schimmer, was sie hier erwarten wird.
In Deutschland lebt indessen Herta Oberheuser. Sie wächst in Düsseldorf auf und lässt sich zur Ärztin ausbilden. Der Nationalsozialismus hat bei ihr ganze Arbeit geleistet. Herta hat sich das nationalsozialistische Gedankengut bedingungslos zu eigen gemacht. Doch eine Sache geht ihr gegen den Strich. Als Frau darf sie den Beruf des Arztes nicht in der kompletten Bandbreite ausüben wie ein Mann. Ihre Karrieremöglichkeiten sind dadurch beschränkt. Da bietet sich die Gelegenheit, in der Forschung im Lager Ravensbrück zu arbeiten. Dass sie mit ihren Forschungen Verbrechen an der Menschlichkeit begeht, ignoriert sie völlig. Ganz im Gegenteil: Herta "forscht" aus rassenideologischer Überzeugung.
"Die Operationen fanden zum Wohle Deutschlands statt."
Die Handlungen dieses Buches gehen über das Ende des 2. Weltkrieges hinaus. Diesen Fortgang braucht der Leser auch. Denn zum Einen ist die Frage noch nicht beantwortet, wann und wie die separaten Handlungsstränge der drei Frauen zusammenkommen werden: Abgesehen vom Aufeinandertreffen von Herta und Kasia in Ravensbrück gibt es keinen gemeinsamen Nenner, erst recht nicht mit der Geschichte von Caroline in New York.
Zum Anderen will man Antworten auf die Frage nach den Motiven einer Herta. Man kann die Beweggründe für ihre Handlungen in Ravensbrück einfach nicht nachvollziehen, will aber dennoch Hertas Unmenschlichkeit verstehen können.
Nach Kriegsende wird Herta wird in den sogenannten Ärzte-Prozessen 1947 in Nürnberg zur Rechenschaft gezogen und verurteilt. (wikipedia: Ravensbrück-Prozesse)
"Der See war zornig. Schaumgekrönte Wellen jagten über die Oberfläche. Wurde er vom Wind aufgewühlt oder vom Zorn der Menschen, deren Asche wir ins Wasser gekppt hatten, damit sie am Grund des Sees versickerte? Welchen Vorwurf würde man mir machen? Ich hatte die Stelle einer Lagerärztin aus purer Notwendigkeit angenommen. Es war zu spät für die Verlorenen, die mit ihren knochigen Fingern auf mich zeigten und Zeugnis gegen mich ablegen wollten."
Martha Hall Kelly geht in der Geschichte um die drei Frauen jedoch noch weiter. Ihr Roman endet in den 50er Jahren. Am Ende fügen sich schließlich die Handlungsstränge zusammen.
Denn Caroline engagiert sich mittlerweile in einer französischen Organisation, die sich nach dem Krieg mit der Betreuung Überlebender der Konzentrationslager befasste (ADIR). Durch eine Hilfsaktion, die sie ins Leben ruft, erwirkt sie, dass die Opfer der menschlichen Experimente in Ravensbrück, darunter auch Kasia und ihre Schwester, in die USA reisen dürfen. Sie werden dort medizinisch betreut, um die Schäden an Körper und Seele zu mildern.
Die Autorin hat sich über lange Zeit mit der Recherche zu diesem Roman befasst. Sie ist zu den Schauplätzen gereist, hat mit Zeitzeugen gesprochen und einiges an Material gesichtet, das sich mit Ravensbrück und seinen Insassen befasst. Viele der Protagonisten in ihrem Roman sind realen Personen nachempfunden. Allen voran Caroline, die als Caroline Ferriday ihr Leben tatsächlich so gestaltet hat, wie die Autorin es beschreibt. Anfangs scheint das Leben der Figur Caroline oberflächlich zu verlaufen. Als Dame der gehobenen Gesellschaft lebt sie ein Leben inmitten von Parties, Galas, Kaffeekränzchen und Restaurauntbesuchen. Auch wenn ihre Events unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit laufen, steht das Vergnügen im Vordergrund. Dieser Handlungsstrang bildet daher einen krassen Gegenpol zu den Geschichten um Kasia und Herta. Zunächst habe ich Carolines Auftritt als störend empfunden, war jedoch mit Fortschreiten der Handlung froh, dass die Autorin mir einen Ausflug in die Oberflächlichkeit gönnte. Denn sobald sich die Geschichte nach Ravensbrück verlagerte, war ich froh, eine Atempause von den geschilderten Grausamkeiten in Aussicht zu haben.
"Stundenlang beobachtete ich den Vogel, dem Luzia und ich am ersten Tag im Revier beim Nestbau zugeschaut hatten. Ich fand ihn niedlich, bis ich bemerkte, dass der kleine Zaunkönig sein neues Zuhause mit weichen Büscheln aus Menschenhaar auspolsterte und blonde, rotbraune und rote Strähnen zwischen die Zweiglein flocht."
Martha Hall Kelly hat sich bei der Darstellung ihrer Protagonistin Caroline einen literarischen Freiraum gegönnt, indem sie ihr einen Seelenverwandten hinzugeschrieben hat: Paul Rodierre, den es nie gegeben hat. Zwischen Caroline und Paul bahnt sich eine enge Verbindung an, die das normale Maß einer Freundschaft übersteigt. Sagen wir, dass Caroline und Paul Seelenverwandte und füreinander bestimmt sind, allen Widrigkeiten zum Trotz. Diese Verbindung wird bis zum Ende des Romans anhalten - mal mehr, mal weniger eng. Ob sie sich am Ende kriegen, ist irrelevant. Gegen die schriftstellerische Freiheit der Autorin ist nichts einzuwenden. Doch mich hat die Art der Darstellung der Caroline/Paul Beziehung gestört: zu viel Flirterei und Liebesgeplänkel, zu viel Herzschmerz, zu viele Zufälle und zu häufig stellt sich die Frage „Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht?“.
Ich habe diesen Part des Romans als störend empfunden. Wollte die Autorin ihren Roman mit diesem Ausflug in die romantische Gefühlswelt einem breiteren Publikum schmackhaft machen? Sie selbst begründet die fiktive Beziehung zwischen Caroline und Paul mit der Verdeutlichung des engen Bezugs von Caroline zu Frankreich bzw. der Dramatisierung der damaligen Ereignisse in diesem Land. Beides nehme ich ihr nicht ab. Der gewünschte Effekt ist bei mir zumindest nicht eingetreten. Denn Carolines Bezug zu Frankreich ist nebensächlich und die historischen Ereignisse sind an Dramatik sowieso nicht zu überbieten. Daher bedeutete der Caroline/Paul-Teil für mich leider eine Deklassierung dieses ansonsten sehr gelungenen Romans.
Mein Fazit:
Es gibt ein Haar in der Suppe: die romantische Darstellung der Beziehung zwischen den Protagonisten Caroline und Paul waren mir zu trivial und stufen diesen Roman leider ein wenig herab. Trotzdem ist dieser Roman absolut lesenswert. Denn allein schon die fesselnden Geschichten der drei Frauen, die hier erzählt und auf wahren Begebenheiten basieren, machen diesen Roman zu etwas so Besonderem, dass ich am Ende auch über die gefühlsduselige Romantik hinwegsehen kann.
Lesempfehlung!
© Renie
Im Jahr 1939 lernt Caroline Ferriday den charmanten Franzosen Paul Rodier kennen. Paul ist ein bekannter Schauspieler, dessen Ehe nur noch auf dem Papier existiert. Die Lage in Europa ist unsicher, Hitler ist gerade in Polen einmarschiert. In Polen erleben Kasia und ihre Freunde den Einmarsch hautnah. Ein Luftangriff der Deutschen fegt über Lublin hinweg, sie müssen mit ansehen, wie Teile ihrer Heimatstadt dem Erdboden gleich gemacht werden und Schüsse aus den Flugzeugen heraus Menschen tödlich treffen. In Düsseldorf träumt Herta von einem Leben als Chirurgin. Zwar darf sie Medizin studieren, doch kann sie als Frau allenfalls auf eine Stelle als Dermatologin hoffen. Wieso ihr schwerkranker Vater zu einem jüdischen Arzt geht, versteht sie nicht.
Drei Frauen - drei sehr unterschiedliche Schicksale. Caroline, die Tochter aus gutem Haus, engagiert sich für wohltätige Zwecke in der französischen Botschaft. Kasia, die junge Polin, ist verliebt. Doch will auch was tun, gegen die Deutschen, die sich immer mehr in das Stadtbild Lublins drängen. Ihre beste Freundin Nadia ist Jüdin und Kasia unterstützt den Widerstand, in der Hoffnung auch Nadia zu helfen. Herta dagegen ist von der Nazidoktrin durchdrungen. Sie hat nur einen Wunsch, sie will Ärztin werden und um dieses Ziel zu erreichen, ist ihr jedes Mittel recht. Als sie von einer Stelle hört, zögert sie nicht lange.
Auch wenn Caroline etwas behütet wirkt und während des Krieges in New York nicht tatsächlichen Kriegshandlungen ausgesetzt ist, entwickelt sie doch großes Mitgefühl und das Bedürfnis zu helfen. Kasia, die in das Frauenlager Ravensbrück deportiert wird, muss schlimmste Foltern erleiden. Es ist ungewiss, ob sie überhaupt mit dem Leben davon kommt. Herta Oberheuser zeichnet nichts aus. Sie ist eine tumbe Nazi-Schergin, die jegliches Gefühl vermissen lässt. Unterschiedlicher können die Frauen kaum sein. Ihre Lebensbeschreibungen lösen etwas aus. Die Grausamkeit der Nazis ist dabei unbegrenzt. Es ist kaum zu fassen, dass Menschen die Menschlichkeit so abhanden kommen kann und sie sich dann nicht einmal schuldig fühlen. Welcher Balsam für die Seele sind dann die anderen. Die liebenswerte, aber auch durchsetzungsstarke Caroline und Kasia, die trotz allem Leid Zeugnis geben kann von dem was ihr widerfahren ist. Ein fesselndes und mitreißendes Buch, das den Ravensbrück Ladies ein würdiges Denkmal setzt.
4,5 Sterne
Mein Fazit muss ich in diesem Fall unbedingt voran stellen, so grandios fand ich den Roman, so fulminat erzählt. Eine unbedingte, absolute und uneingeschränkte Leseempfehlung, die weit über die fünf zu vergebenden Sterne hinausgeht!
Ich bin wirklich sehr froh, dass ich mich für dieses Werk in der Leserunde entschieden habe. Selten hat mich die Thematik des zweiten Weltkrieges und der im Roman handelnden Protagonisten so sehr berührt, gefesselt und glaubwürdig in seinen Bann gezogen, wie es Martha Hall Kelly mit "Und am Ende werden wir frei sein", geschafft hat.
Das lag nicht zuletzt am brillanten Erzählstil der Autorin und der damit verbundenen Sprachgewalt, die alles Gelesene sofort in Bilder umwandelte und sich unweigerlich sofort in Kopf und Herz des Lesers einbrennen musste.
Die Zeitspanne des Romans erstreckt sich über zwanzig Jahre von 1939 -1959.
Wir lernen drei junge Frauen kennen, deren Charaktere und Lebensverläufe nicht diametraler sein könnten, als diese: So gibt es Caroline, die auch gutsituiertem Hause stammend, in New York im französischen Konsulat arbeitet und von dort aus dem Beginn des zweiten Weltkrieges aus der Überseeperspektive entgegensieht. Sie organisiert zunächst Visa und Hilfspakete für französische Waisenkinder. Die persönliche Betroffenheit Carolines mit dem Schicksal Frankreichs ab 1939, stellt die Autorin authentisch her, indem sie Caroline den verheirateten französischen Schauspieler Paul an die Seite stellt. Als dieser zur Rettung seiner Ehefrau nach Frankreich mitten in das Kriegstreiben reist, ist Carolines Hingabe und ihr unermüdliches Engagement zur Unterstützung der bedürftigen Franzosen endgültig erstarkt und gibt ihr unermüdliche Tatkraft für ihre Sache. Dabei sind ihre Kontakte zur High Society und ihre Beharrlichkeit, diese Kontakte auch zu nutzen, stets hilfreich um ihre Anliegen umzusetzen.
Ebenso lernen wir, beginnend 1939, die junge Polin Kasia aus Lublin kennen, die mit ihren Eltern und ihrer Schwester hautnah den Kriegsbeginn, mit dem Einfall in Polen miterlebt. Es beginnt die Zeit der Unsicherheit, des Versteckens, der permanenten Angst, was als nächstes geschehen wird. Als Kasia eine Auftragsausführung in der heimlichen Untergrundbewegung misslingt, wird sie mitsamt ihrer Mutter und ihrer Schwester in das deutsche "Umerziehungslager" für Frauen nach Ravensbrück deportiert. Der Vater verbleibt zurück in Polen, tätig im nun nazibesetzten Postamt.
Obwohl ich schon viele Romane, Sachbücher, Biografien etc. zur Thematik des II. WK gelesen habe, muss ich sagen, noch nie zu vor, war ich so derart emotional ergriffen und erschüttert, über die aus Kasias Sicht erzählten Greuel der Nazis in diesem Lager. Die Bilder haben mich verfolgt und lange beschäftigt.
Und dennoch gelingt es der Autorin, dass sie trotz aller Unfassbarkeiten, Grausamkeiten und dramatischen Schicksale, ein Hauch an Hoffnung aufkommen lässt, das Zittern und Bangen ums Überleben, das Entkommen, das "Alles wird gut". Der Zusammenhalt der Frauen und ihre heimlichen Überlebenstricks, sind dabei besonders berührend. In diesem Fall ist der Romantitel, Gott sei dank, Programm und lässt uns quasi gemeinsam mit Kasia ihr Schicksal ertragen.
Hilfreich war dabei auf jeden Fall, dass Kasia nach der Befreiung aus Ravensbrück ihre Jugendliebe Pietrik in ihrer Heimat Lublin wiederfindet und heiratet. Wichtig fand ich, dass das schwere psychische Trauma Kasias aufgrund der menschlichen Lagerexperimente (dessen Opfer sie und ihre Schwester ebenfalls geworden sind) sowie der ungeklärte Tod ihrer geliebten Mutter, nach langer Verdrängung endlich doch noch aufgearbeitet worden sind. Dieser Befreiungsschlag war unerlässlich und notwendig, um endlich wieder am Leben mit ihrer lebenden Familie teilnehmen zu können und nicht länger alle von sich zu stoßen, weil sie gedanklich immer in der Welt der Vergangenheit feststeckte.
Die dritte im junge Frau, hier Antagonistin, Herta, ist 1939 mit ihrem Medizinstudium in Düsseldorf fertig geworden und sieht als Frau dem Plan der Nazis nunmehr Hausfrau und vor allem Mutter zu sein mit Schrecken entgegen. Erstmalig in einem Roman war es mir als Leser möglich, in die Gedankenwelt eines in der Nazipropaganda aufgewachsenen Meschen einzutauchen. Aus so einer Erzählperspektive heraus, hab eich zuvor noch keinen Roman gelesen. Herta verteidigte stets die Geschehnisse und Dinge, die in dieser Zeit passierten. Sie hat derart vehement die Vorkommnisse verteidigt und weggeschaut bzw. als richtig erachtet, dass man fast würgen musste und unfassbar wütend war. Sie bedient sich wie Gottgegeben an den enteigneten Sachen der Getöteten, führt ohne mit der Wimper zu zucken menschliche Experimente an Lebenden durch und verteidigt dies alles mit der Naziideologie. Schwer zu ertragen war da für mich auch, dass selbst bei ihrem Prozess nach Kriegsende jedwede Art der Einsicht und Reflexion schlichtweg nicht vorhanden war, widerlich!
Umso wichtiger war für mich daher der glamouröse Teil Carolines, die eben gerade nur aufgrund ihrer Haute Société Kontakte und ihr unermüdliches Betteln um Unterstützung, schlussendlich all ihre Hilfe ermöglicht hat. Wie die drei Frauen also zusammenkommen, möchte ich an diese Stelle nicht verraten...
Schlussendlich bleibt mir nur zu wiederholen: Jeder, sollte diesen Roman als unbedingtes "Must Read"- wie man heute so schön sagt- auf seiner Liste haben und darin eintauchen. Brilliant! Nicht zu vergessen sind dabei natürlich auch noch das sehr schön gestaltete Buch mit seinem ansprechenden Cover, sowie das spannende Nachwort mit Hintergrundinformationen der Autorin.
Es ist die Geschichte dreier Frauen die unterschiedlicher nicht sein können. Sie haben keinerlei Berührungspunkte und doch führt ihr Schicksal sie zusammen. Inspiriert wurde die Autorin von der Geschichte einer realen Heldin.
Doch worum geht es eigentlich? Die New Yorkerin Caroline Ferriday lebt 1939 ein für sie erfülltes Leben. Sie ist Schauspielerin und arbeitet nebenbei im französischen Konsulat. Dort lernt sie bei einer von ihr organisierten Wohltätigkeitsveranstaltung den französischen Schauspieler Paul kennen und lieben. Ihr gemeinsames Glück erhält einen jähen Dämpfer als Paul nach Frankreich zurückkehrt um seine dortige Familie zu beschützen.
Die junge 16jährige Kasia lebt in Polen in Lublin. Als die deutschen Truppen dort einmarschieren ist sie wild entschlossen sich dem polnischen Widerstand anzuschließen. Sie brennt darauf Aufgaben zu übernehmen und je gefährlicher, desto besser. Doch ihr jugendlicher Leichtsinn führt dazu, dass sie einen entscheidenden Fehler begeht und damit das Leben ihrer gesamten Familie aufs Spiel setzt. Alle werden verhaftet und in ein Konzentrationslager gebracht. Als Leser erfahren wir von dem grausamen Leben im KZ und den Überlebenskampf der Frauen. Doch es ist nicht nur Hunger, Not und Krankheiten mit denen sie zu kämpfen haben. Der Autorin gelingt es schon sehr anschaulich diesen Kampf zu schildern und beim Lesen fragt man sich, ob die Frauen dort überhaupt eine Chance haben.
Die junge Düsseldorfer Ärztin Herta möchte nun endlich praktizieren. Aber alle Versuche endlich eine feste Stelle als Ärztin zu finden schlagen fehl. Da fällt ihr das Angebot einer Tageszeitung auf. Es werden Ärzte für Insassen eines Umerziehungslagers in Ravensbrück gesucht. Dort angekommen ist sie anfänglich entsetzt über die Behandlung der Frauen, findet sich aber trotzdem sehr schnell ein und kann endlich als Ärztin uneingeschränkt praktizieren.
Geschickt gelingt es der Autorin so langsam die Frauengeschichten miteinander zu verbinden. In jeweils wechselnden Abschnitten bewegt sich die Geschichte vorwärts. Es gibt Momente beim Lesen, da war ich erschüttert über die Geschehnisse und habe einfach nur gehofft, dass es gut ausgeht. Überrascht war ich, dass das Buch sein Ende nicht mit dem Ende des Krieges hatte, sondern auch noch die Zeit danach beleuchtete. Das hat mir noch einmal richtig gut gefallen, endlich geht mal eine Geschichte weiter, wo sie sonst eigentlich endet.
Mir hat dieses bewegende Buch sehr gut gefallen. Ich empfehle es zu gerne und vergebe verdiente fünf Lesesterne.
Michaela Küpper erzählt in ihrem 339 Seiten langen Roman einfühlsam und atmosphärisch von der zunächst für 3 Monate lang geplanten Kinderlandverschickung im zweiten Weltkrieg.
Ein Thema, das mir bislang in Büchern nicht begegnet ist und mir gänzlich unbekannt war.
Ein Thema, das bisher in der Öffentlichkeit vllt. zu wenig Beachtung fand und schon deshalb so bedeutsam ist, weil es nicht nur den geschichtlichen Horizont erweitert, sondern auch zum Nachdenken anregt.
Zum Nachdenken z. B. darüber, wie Prägungen in der Kindheit transgenerationale Dynamiken erzeugen, die in der künftigen Gesellschaft im Großen und Kleinen eine bedeutsame Rolle spielen.
Zunächst kurz zum Inhalt:
Beim Aufschlagen des ersten Kapitels befinden wir uns im September 1945 in Bayern auf dem Kronenhof, einem Hotel, in dem die Amerikaner ihr Quartier aufgeschlagen haben. Wir treffen dort die 24-jährige Lehrerin Fräulein Barbara Salzmann und ihre zwölf 14jährigen Schülerinnen im Teenageralter. Sie werden dort bis zu ihrer Heimreise beherbergt. Es geht ihnen den Umständen entsprechend gut. Die Amerikaner sind freundlich, machen Faxen mit den Mädels und schenken ihnen „chewinggum“. Das Ende des Krieges. Das Ende einer Odyssee.
Aber ist das Grauen tatsächlich vorbei? Erst am Ende des Buches bekommen wir die Antwort. Erst am Ende des Buches schließt sich der Kreis. Dieses erste Kapitel endet nämlich mit einer Detonation, mit einer Stichflamme, mit tintenschwarzen Rauchwolken und mit den schrillen Schreien von Mädchen.
Ab dem zweiten Kapitel begleiten wir die Protagonisten auf ihrer mühsamen und unheilvollen Reise ausgehend von Essen quer durch Deutschland.
Der Leser bekommt auf dieser Reise einen eindrücklichen Einblick in die „vorsorgliche Umquartierung“ zum Schutz der Kinder vor Luftangriffen und er bekommt eine Vorstellung davon, wie es den Kindern in den strikt nach Geschlechtern getrennten Lagern ergangen ist.
Trotz des tiefen Eintauchens in das Kapitel Kinderlandverschickung, wird nebenbei und drumherum viel Zeitgeschehen vermittelt.
Der Roman von Michaela Küpper ist berührend, aber zu keinem Zeitpunkt rührselig oder gar kitschig. Er ist in einer schönen Sprache geschrieben und enthält treffende Bilder und Beschreibungen.
Unterhaltsam, fesselnd, eindringlich, kurzweilig und ausdrucksstark sind weitere Adjektive, die mir zu dem Buch einfallen.
Besonders gefielen mir die Wechsel der Perspektiven und Erzählweisen, sowie das Fokussieren unterschiedlicher Erzählstränge.
Jedes Kapitel stellt eine andere Person, deren Gedanken, Gefühle und Erleben in den Mittelpunkt: Mal die Lehrerin Barbara, die sich um die Mädchen kümmert, mal die vorlaute Gisela oder die schüchterne Edith, deren jüngere Schwester, mal Karl aus dem Jungenlager.
Mal lesen wir einen unverkrampft, wortgewandt und offen geschriebenen, z. T. gewitzten Tagebucheintrag von Gisela, mal erzählt uns ein allwissender Erzähler von den Geschehnissen.
Auf diese Weise wird der Roman beeindruckend abwechslungsreich und kurzweilig.
Die Geschichte beginnt gemütlich, gemächlich, interessant und unterhaltsam. Im Verlauf gelingt es der Autorin dann, die Spannung zu steigern und man fliegt neugierig, gespannt, manchmal verwundert, atemlos, bedrückt, empört oder erschüttert durch die Seiten.
Man hält die Luft an, wenn man miterlebt, wie der kleine Otto fast ertrinkt und wenn der Direktor des Lagers einen Brief aus der Heimat öffnet, bevor er ihn dem Mädchen übergibt, an das er adressiert ist. Und man atmet erleichtert auf, wenn Otto gerettet wird und in dem Brief keine Hiobsbotschaft enthalten ist.
Man kann nur staunen, wenn man liest, dass es viele der Kinder kaum erwarten können, sich im Kriegsdienst und an der Front nützlich zu machen und dass diejenigen, die das nicht wollen, als Muttersöhnchen, Feiglinge und Drückeberger verachtet werden.
Man beginnt, sich Sorgen um Rudi, den verhaltensauffälligen, intelligenzgeminderten, vllt sogar geistig gestörten Sohn der Wirtin und um die kleine Edith, eine Bettnässerin, zu machen und man bangt mit den Protagonisten, wenn plötzlich Mädchen verloren gehen oder verschwinden.
Michaela Küpper schafft es scheinbar mühelos, die Veränderung der Atmosphäre zu vermitteln. Die Leichtigkeit und Unbeschwertheit zu Beginn, als die Kinder sich darauf freuen, eine schöne Zeit in einer Art Ferienlager zu verbringen. Dann eine zunehmende Ernüchterung: Heimweh, Angst um die Angehörigen zu Hause, Angst um ihr eigenes Leben.
Die Kinder sind so tapfer und für die Lehrerin Barbara ist es eine große und schwere Herausforderung, ihnen Halt und Trost zu geben bei all den schmerzlichen Erlebnissen und Nachrichten von daheim.
Trotz allem Ernsten und Bedrückenden gibt es auch immer wieder Momente zum Schmunzeln und Augenblicke einer Normalität, die die schreckliche Kulisse des Krieges kurz in den Hintergrund treten lassen.
Herzerwärmend zu lesen sind Episoden, in denen man von freundlichen Menschen und vom Mut und der Hilfsbereitschaft mancher Zeitgenossen liest und erschütternd sind solche, in denen man Eigennutz, Selbstsucht und krimineller Energie begegnet.
Beeindruckend ist es, vom großen Engagement und hohen persönlichen Einsatz der Lehrerin Barbara zu lesen, die mit der Übernahme der vollen Verantwortung für ihre Schülerinnen eine denkbar schwierige Aufgabe zu meistern hatte.
Informativ und klar erzählt die Autorin mit einer angemessenen und ausgewogenen Mischung aus Sachlichkeit und Emotionalität von einer Unternehmung, die anfangs als Schutzmaßnahme für die Kinder und vordergründig zur Gewährleistung und Aufrechterhaltung des Schulunterrichts aber hintergründig zur Vermittlung ideologischer Werte, Indoktrination und Manipulation gedacht war, die aber letztlich dazu führte, dass tausende von Kindern den Krieg fernab von Familie und Freunden verbringen mussten, in den Wirren des Krieges vergessen wurden oder weitgehend sich selbst überlassen worden sind.
Der Roman ist von Anfang an richtig gut und er wird im Verlauf sogar noch besser.
Ein Must read!
Noch ein Tipp am Ende: es lohnt sich, das informative und interessante Nachwort zu lesen!
Als ORF-Korrespondent Ernst Gelegs den Nachlass von "Tante Hansi" sichtet, stößt er auf einen unscheinbaren Karton. Darin enthalten: fast 100 Briefe von Leonhard Wohlschläger, Sohn des renommierten Architekten und Wiener Stadtpolitikers Jakob Wohlschläger, und Bruder von Tante Hansi. Schnell wird klar: Die Briefe, datiert zwischen 1933 und 1944, die meisten adressiert an seine Mutter, sind ein spannendes und detailliertes Zeitdokument. Detektivisch folgt Ernst Gelegs der bewegtenFamiliengeschichte der Wohlschlägers, in deren Zentrum "Hallodri" Leonhard steht. Sie führt über die Jahrhundertwende in Wien über den Ersten Weltkrieg bis hin zum "Anschluss" Österreichs und in die Wirren des Zweiten Weltkriegs. Anhand von Leonhards privater Korrespondenz sowie der Feldpost eröffnet sich ein Paradox: Auf der einen Seite spricht hier ein junger, lebenslustiger Sohn, Bruder und Ehemann, auf der anderen Seite erlebt er als Soldat mit klarem Blick das Kriegsgeschehen an der Front. Einfühlsam balanciert Gelegs im Spannungsfeld zwischen Privatheit und den Zeitläuften der Weltgeschichte.
Die Briefe eines Frontsoldaten - natürlich erwartete ich hier bedrückende Einblicke in das Kriegsleben, in eine von Traumata gezeichnete Seele, die die Gräuel des Krieges irgendwie auch an der Zensur vorbei ausdrücken würden. Tatsächlich aber entpuppten sich diese Briefe für mich als wenig aussagekräftig in dieser Hinsicht und offenbarten eher den Charakter seines Schreibers.
Etwa 100 Feldpostbriefe (überwiegend aus den Jahren 1933-1944) wurden von der Schwester Leonhard Wohlschlägers durch die Jahre gerettet und gehörten mit der gesamten Wohnungseinrichtung zu dem überraschenden Erbe, das nach dem Tod dieser Schwester den Eltern von Ernst Gelegs zufiel. Der Autor geriet durch seine Mithilfe bei der Wohnungsauflösung an diese Briefe und kam Dank seiner Frau auf die Idee, hieraus eine zeitdokumentarische Zusammenstellung zu gestalten.
Chronologisch präsentiert der Autor in diesem Buch einen Teil der gefundenen Briefe, unterbricht die Darstellung dabei immer wieder durch kurze Einschübe mit Schilderungen der damaligen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse, was die Geschehnisse in den passenden Kontext eingliedert. Dies empfand ich beim Lesen als hilfreich und informativ. Eingebettet in den Text befinden sich auch zahlreiche Fotos sowie Abdrucke von Briefausschnitten Leonhards, Dokumente und Karten.
Leonhard selbst ist ein - Lebenskünstler. Er ist jemand, der nichts hinterfragt, sondern alles so nimmt wie es eben kommt und versucht, (für sich) das Beste daraus zu machen. Unangenehmen Situationen hat er sich schon in Wien zu Friedenszeiten entzogen, danach versucht er auch im Krieg, sich bestmöglich mit den Gegenbenheiten zu arrangieren. Doch ist ihm deshalb ein Vorwurf zu machen?
Natürlich ist es irritierend zu lesen, wie es Wohlschläger immer wieder gelingt, der Versetzung an die Front zu entgehen und auch ansonsten stets seine Schäflein ins Trockene zu bringen. Während in den Gräben zigtausende von Soldaten elendig verrecken, bei Stalingrad der Hunger und die Kälte ihren Tribut fordern, lässt sich Leonhard in seinen Briefen darüber aus, dass er mehr als genug zu essen hat und er sich auch ansonsten unter den widrigen Umständen weitestgehend gemütlich einrichtet. Doch noch einmal: ist ihm deshalb ein Vorwurf zu machen?
Ernst Gelegs jedenfalls tut dies, zumindest indirekt. Beispielsweise indem er den Erlebenissen Leonhards während des Zweiten Weltkriegs das Schicksal seines eigenen Großvaters gegenüberstellt, der in Russland an vorderster Front kämpfen musste, dann für lange Jahre in russische Kriegsgefangenschaft geriet und als gebrochener Mann nach Hause kehrte. Der Vorwurf der Ungerechtigkeit schwebt zwischen den Zeilen greifbar mit.
Natürlich stellen die Briefe Leonhard Wohlschlägers keine typischen Kriegserlebnisse zur Schau, sondern vermitteln in erster Linie einen Einblick in den Charakter eines sehr selbstbezogenen jungen Mannes, der schon vor dem Krieg kaum einmal Verantwortung für sein eigenens Handeln übernommen hat, der während des Krieges aber auch noch jegliche Hemmungen verlor. Doch ist eine wachsende Skrupellosigkeit nicht auch eine logische Folge des Krieges? Muss beispielsweise das Töten des Feindes nicht zwangsläufig als eine Notwendigkeit angesehen werden, weil man ansonsten nur noch verzweifeln kann? Und ist der Versuch, die vorderste Kriegsfront zu umgehen, nicht mehr als nachvollziehbar? Außerdem darf man wohl nicht in den Fehler verfallen, die Briefinhalte 1:1 zu lesen - immerhin musste an der Zensur vorbeigeschrieben werden, wodurch vieles ungesagt blieb, das womöglich ein anderes Bild des Soldaten vermittelt hätte.
Damit soll beileibe nichts schöngeredet werden, und tatsächlich war mir der Charakter Leonhard Wohlschlägers aufgrund der Briefauszüge nicht unbedingt sympathisch. Allerdings deutet der Autor an mehreren Stellen an, dass der junge Mann entgegen seiner schriftlichen Äußerungen an seine Mutter und seine Schwester durchaus Ängste, Zweifel und Skrupel verspürt hat, wobei Gelegs auf andere - hier offenbar nicht veröffentlichte - Briefe verweist. Weshalb wurde dem Leser diese Differenzierung des Charakters Leonhard weitestgehend vorenthalten?
Auch andere Behauptungen und Stellungnahmen wurden für mich nur unzureichend mit Quellenangaben versehen, was mich bei einem Sachbuch und einem erfahrenen Journalisten wie Ernst Gelegs doch erstaunt hat. Auch wurde nicht erwähnt oder begründet, weshalb gerade die abgedruckten Briefe für das Buch ausgewählt wurden, andere dagegen nicht. Und was mich beim Lesen zunehmend gestört hat, waren die wiederholten Wertungen und Interpretationen des Autors - nicht allein bezogen auf die Person Leonhards. Sowohl Menschen aus dem familiären Umfeld des jungen Soldaten als auch politische Größen der damaligen Zeit werden von Gelges immer wieder mit negativen Attributen belegt. Er schildert nicht einfach nur, was damals geschah, sondern fügt immer noch sehr subjektiv gefärbte Bezeichnungen für bestimmte Personen und Handlungsweisen hinzu. Hier hätte ich mir einen deutlich objektiveren Standpunkt gewünscht. Immerhin handelt es sich hier um ein Sachbuch! Und die reinen Fakten hätten sicher ausreichend für sich gesprochen.
Der gelungene Aufbau des Buches, seine liebevolle Gestaltung sowie der eloquente Schreibstil nahmen mich sehr für das Buch ein. Die zunehmende Wiederholung der Briefinhalte, die oftmals eingestreuten subjektiven Wertungen und Interpretationen durch den Autor sowie eine unzureichende Quellenangabe, die Aussagen teilweise als bloße Behauptungen erscheinen ließen, stellen für mich allerdings deutliche Minuspunkte dar. Der Charakter Leonhard Wohlschläger ließ mich zudem auch relativ kalt - mein Mitgefühl wurde hier zu keiner Zeit angesprochen. Insofern kann ich hier leider insgesamt nur zu einer mittelmäßigen Bewertung kommen.
Ein Sachbuch, das nicht ganz halten konnte, was ich mir davon versprach, das ich mir aber gut als Schullektüre mit einer differenzieren Besprechung vorstellen könnte. Immerhin bietet es einen guten, knappen Überblick über das damalige Zeitgeschehen und zudem die Möglichkeit, darüber nachzudenken, wie man sich selbst womöglich verhalten würde, sollte man in eine vergleichbare Situation wie Leonhard geraten...
© Parden
Sam Spade meets Drittes Reich
Wars im letzten Fall Heydrich, für den Bernie Günther ermitteln musste, so ist der Auftraggeber diesmal noch eine Stufe höher angesiedelt, es ist der Minister für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels (wirds beim nächsten Mal etwa Hitler selbst?). Sein Auftrag: die medienwirksame Exhumierung der Massengräber von Katyn. Mit dem Nachweis der sowjetischen Urheberschaft an der Ermordung zahlreicher polnischer Offiziere möchte Goebbels einen Propagandacoup landen, der Deutschlands Ostfeldzug gerechtfertigt erscheinen lässt.
Kaum im Osten angekommen, wird Günther in einen weiteren Fall verwickelt, zwei deutsche Soldaten werden ermordet aufgefunden, alles deutet auf einen deutschen Täter hin, auch wenn zur Abschreckung gleich mal ein paar russische Partisanen gehenkt werden. Bei seinen Ermittlungen verstrickt sich Günther in ein Geflecht aus Verschwörungen gegen Hitler, Patronage und politischen Intrigen, legt sich mit den höchsten Instanzen an, gerät (mal wieder) selbst in Lebensgefahr und wird gar selbst zum Mörder. Und auch die obligatorische tragische Liebesgeschichte darf im Roman nicht fehlen.
Im Vergleich zum letzten Roman ist die Tendenz der Reihe wieder etwas steigend, allerdings gefällt mir der zunehmend aufgesetzt wirkende schnoddrige Ton der Romane immer weniger. Welcher Deutsche hätte damals Goebbels als "Joe" bezeichnet? Und was die geographischen Kenntnisse Kerrs bezüglich Deutschlands vor 1945 betrifft: etwas mehr Recherche wäre zumutbar. Posen war nie Ostpreußen und in Breslau wurde damals kein polnisch gesprochen.
Trotz der leichten Verbesserung: ich bin noch unschlüssig, ob ich die Reihe weiter verfolgen werde.