Geschichte des Papsttums im Mittelalter
Anlässlich des vierhundertsten Jahrestags des Beginns des Dreißigjährigen Krieges erschienen zahlreiche Werke zu diesem Thema. Nach etwas Überlegung habe ich mich entschieden, aus dieser Auswahl Georg Schmidts "Die Reiter der Apokalypse" aus dem Beck-Verlag für 32 € zu kaufen und zu lesen. Vorweg, ich habe keinen Euro und keine der insgesamt 810 Seite bedauert.
Schmidt gelingt es, die oftmals verwirrenden Bündnisse und Winkelzüge der Beteiligten anschaulich zu schildern. Dabei wird deutlich, dass dieser Krieg entgegen der landläufigen Auffassung eben kein Religionskrieg, sondern ein in erster Linie politischer Krieg war. Jeder Landesherr suchte seinen persönlichen Vorteil, was zu bisweilen irritierenden Konstellationen führte. Aus Furcht vor dem sich abzeichnenden Sieg des (katholischen) Habsburgerkaisers, der ein stärker monolithisches Deutschland hätte bewirken können, betraten die ausländische Mächte Schweden und Frankreich den Kriegsschauplatz auf Seiten der protestantischen Fürsten, was gerade im fall des katholischen Frankreichs, das gerade selbst heftigst seine Hugenotten verfolgte, etwas überraschend erscheint. Aber getreu dem Motto "Der Feind meines Feindes ist mein Freund" gab es da offensichtlich keine Berührungsängste. Im katholischen Lager suchte der Bayernherzog so lange den Schulterschluss mit dem Kaiser, wie er davon machtpolitische Vorteile hatte (Kurwürde und Gebiet der Kurpfalz), was ihn aber nicht daran hinderte, immer wieder mal mit den Franzosen anzubändeln. Aber auch das evangelische Lager war keineswegs homogen. Gemeinsam waren alle lutherischen Fürsten gegen die calvinistischen eingestellt, weshalb sich die Unterstützung für den "Winterkönig" Friedrich V. in Grenzen hielt, der selbsternannte Führer der Protestanten, der Kurfürst von Sachsen, hielt es gar mit dem Kaiser. Erst das Auftreten des Schwedenkönigs Karl Gustavs als (neuer) selbsternannter Retter der deutschen Protestanten nötigte ihn zum Eingreifen in den Krieg.
Abgerundet wird das Buch durch eine Bilanzierung der Folgen des Krieges sowie eine Beschreibung der Geschichtsschreibung über den Krieg, die zunehmend zur Rechtfertigung des Aufstiegs Preußen gemacht wurde.
Alles in Allem: Wer sich über diese Epoche der deutschen Geschichte informieren möchte, wird bestens bedient.
Geschichtsschreibung wie sie sein sollte!
Bitte? Im 21. Jahrhundert ein Buch über Päpste im Mittelalter lesen? Aber ja, denn zum einen ist das Papsttum „eine der wenigen geschichtlichen Institutionen, die von der Antike über das Mittelalter bis in die Gegenwart Bestand hatten“, zum anderen hat es maßgeblich die Geschichte Europas geprägt. Und viele kennen zumindest vom Namen her Gregor den Großen, den Gang von Canossa, die Borgias…. Klaus Herbers hat ein wissenschaftliches Buch geschrieben, auf Basis neuster Forschungen, das sich aber nicht nur für Kenner der Materie eignet - ein gewisses Interesse am Thema ist aber sicher kein Schaden.
Alle Kapitel haben einen kurzen einleitenden Überblick und ein Fazit – bestens geeignet, auch später noch einmal gezielt nachzulesen. Und das Buch ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Geschichtswissenschaft aussehen sollte: Fundiertes Quellenstudium als Basis, kritische Einbeziehung bestehender Studien, kein wertender Rückblick aus neuzeitlicher Sicht, sondern immer (soweit das geht – klassische Historikerdiskussion) aus der Zeit heraus. Denn nur so kann man sich Themen, die für die meisten heute nur schwer zugänglich sind, wie den Kreuzzügen, der Inquisition, den Borgia-Päpsten oder für uns kuriosen Ereignissen wie der Leichensynode von 897/898, wertfrei nähern. Aber das ist eben ein Qualitätsmerkmal guter historischer Arbeit. Klaus Herbers hat dabei auch immer alle wichtigen Aspekte seines Themas im Blick: (Macht)politische und strukturelle Entwicklungen des Papsttums innerhalb der römischen Kirche, die Auseinandersetzung mit dem oströmischen Christentum, das Zusammenspiel und die Konflikte mit weltlichen Herrschern, theologische Fragen…
Mich hat das Buch in jeder Hinsicht begeistert, aber ich bin auch vorbelastet – so war Innozenz III. u.a. Thema meines mündlichen Examens – und da habe ich keine unangenehmen Erinnerungen daran.