Platzhirsch

Schon in ihrer Kindheit hat sich Helen sehr für das Beobachten von Vögeln begeistert. Und nun schon lange erwachsen empfindet sie immer noch eine Affinität für die Tiere. Unerwartet verstirbt Helens Vater, die junge Frau ist untröstlich. Eben noch war ihr Leben ganz normal und voller Pläne und plötzlich ist da eine große Leere. Helen fasst den Entschluss Falkner eines Hühnerhabichts zu werden. Und auf den ersten Blick weiß sie, Mabel ist es, auch wenn diese in dem Moment noch keinen Namen hat. Nach und nach gewöhnen sich Helen und das Tier aneinander, doch die Trauer ist damit nicht überwunden.
Die Autorin Helen Macdonald beschreibt ihre Erlebnisse mit ihrem Habicht Mabel, ihre Liebe zur Falknerei und alle Erlebnisse und Äußerungen sind geprägt von der großen Trauer über den Verlust ihres geliebten Vaters. Dieser war immer ihr großes Vorbild, ihr Freund, der Garant, dass alles im Leben in Ordnung ist. Die Falknerei hat sie schon als Kind geliebt. Schon damals hat sie das Buch „The Goshawk“ von T. H. White gelesen, in dem der Autor seine Erfahrungen mit seinem ersten Vogel beschreibt. Auf dieses Buch greift sie immer wieder zurück, stellt aber fest, dass White bei der letztlich misslungenen Zähmung seines Tieres, einiges falsch gemacht hat. Aus ihrer Erfahrung weiß sie zwar wie es besser gehen sollte, aber ihre Unsicherheit ist doch sehr groß.
Für den passionierten Romanleser kann dieses Buch schon eine Herausforderung darstellen. Doch überraschend schafft es die Autorin, ihre Leser zu fesseln. Sie rührt mit ihrer Trauer. Sie weckt das Interesse an der Falknerei und an den Vögeln, die dafür trainiert werden können. Man kann ihr auf ihren Weg folgen, wie sie das Vertrauen des Vogels gewinnt, wie sie seine Wildheit nicht übermäßig einschränkt, wie sich immer enger mit ihm befasst und auch wie sie die Trennung für die Zeit der Mauser akzeptiert. Wie sie sich in der Trauer von den Menschen abwendet und doch langsam wieder zuwendet. Ein Buch, das seinem guten Ruf gerecht wird.
Jagdfrevel und Mord
Der Roman beginnt mit einem Jagdfrevel. Kurz bevor ein lauernder Jäger auf einen kapitalen Hirsch feuern kann, wird dieser aus einem fahrenden Auto heraus erschossen. Doch es ist kein Wilderer, der sich so verhält, sondern der Inhaber eines Heimwerkermarktes und Mitglied des Jagdvereins Mölltal, in dem Sepp Flattacher der Aufsichtsjäger ist. Der Jagdfrevler ist ein ziemlicher Stinkstiefel, der sich seiner Frau, seinen Angestellten und auch seinen Jagdkollegen gegenüber ziemlich mies benimmt. So ist es eigentlich nicht weiter erstaunlich, dass er ums Leben kommt, wobei zunächst unklar ist, ob es sich um einen tragischen Unfall oder um ein Verbrechen handelt. Da die Polizei mit der Suche nach einem Serieneinbrecher beschäftigt ist und nur Martin Schober auf den Fall ansetzt, der in dem um seine Jagdtrophäe geprellten Waidmann seinen Hauptverdächtigen sieht, fühlt sich Sepp Flattacher zur Verteidigung der Jägerehre wieder einmal genötigt, Detektiv zu spielen, wobei ihm dieses Mal sein Nachbar Belten, der ihn zunächst erst einmal verbal in den Hintern treten muss, unterstützt. Dieses Dreamteam schafft es dann, gleichzeitig mit und unabhängig von der Polizei Licht in die verworrenen Verhältnisse im Mölltal zu bringen. Und das alles vor dem drohendem Festakt zu Flattachers Siebstigsten.
"Waidmannsruh" ist der bisher fünfte Roman Alexandra Bleyers über den Aufsichtsjäger Flattacher, einem auf den ersten Blick sturköpfiggen Eigenbrödler, der aber insgeheim auch eine romantische Ader hat, die, so viel sei verraten, in diesem Roman zu einem glücklichen Ausklang kommt. Wie immer sprudelt der Roman von witzigen bis schwarzhumorigen Dialogen, die Flattacher hinterforziger Art entspringen. Sicherlich kann man diesen Roman lesen, ohne die Vorgänger zu kennen, aber schöner ist es allemal, denn es ist schön, mitzuerleben, wie sich die Charaktere des Mölltaler Mikrokosmos weiterentwickeln.
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