Wovon wir träumten

Buchseite und Rezensionen zu 'Wovon wir träumten' von Julie Otsuka

Inhaltsangabe zu "Wovon wir träumten"

Autor:
Format:Kindle Ausgabe
Seiten:161
Verlag: mareverlag
EAN:
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Herz auf Eis

Buchseite und Rezensionen zu 'Herz auf Eis' von Isabelle Autissier
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Herz auf Eis"

Format:Kindle Ausgabe
Seiten:241
EAN:
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Rezensionen zu "Herz auf Eis"

  1. Moralisch korrektes Verhalten in Extremsituationen

    Ja, das Buch ist konstruiert. Aber Isabelle Autissier nutzt ihre Erfahrung auf See, um vorzuführen, wie sich Menschen, liebende Menschen, in Extremsituationen verhalten, um das eigene Überleben zu sichern. Und das gelingt ihr meisterhaft.

    Zwei sportliche Mittdreißiger aus Paris beschließen, sich ein Sabbatjahr zu nehmen und auf Abenteuerfahrt zu gehen. Sie kaufen ein Boot und segeln von den Antillen in Richtung Süden, bis sie auf einer Insel in Südgeorgien stranden. Sie finden eine verlassene Walfangstation und müssen den Alltag organisieren, um nicht zu verhungern und zu erfrieren. Sie versuchen, ein gefundenes, halb verfallenes Boot wieder seetüchtig zu machen und kämpfen mit Sturm, Kälte und Regen.

    Sie streiten, sie lieben sich, sie lernen gemeinsam, unter widrigen Umständen zu überleben. Und immer wieder muss man sich fragen, wie man selbst reagiert hätte, was man getan hätte, um sich und den anderen zu retten.

    Der zweite Teil befasst sich mit der Vermarktung durch Presse und soziale Medien und war für mich nicht weniger eindringlich als der erste, vor allem durch den Kontrast und die Beschreibung der Reaktionen von Familie und Freunden. Unbedingte Leseempfehlung und gute fünf Sterne.

    Ich habe das französische Original gelesen und möchte jetzt unbedingt Autissiers Reisebeschreibungen lesen.

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Der Romantiker

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Romantiker' von William Boyd

Inhaltsangabe zu "Der Romantiker"

Autor:
Format:Kindle Ausgabe
Seiten:658
Verlag: Kampa Verlag
EAN:
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Zwei Monde: Roman in Erzählungen

Buchseite und Rezensionen zu 'Zwei Monde: Roman in Erzählungen' von Maria Kuncewiczowa
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Zwei Monde: Roman in Erzählungen"

Format:Kindle Ausgabe
Seiten:247
EAN:
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Rezensionen zu "Zwei Monde: Roman in Erzählungen"

  1. Eine (doch nicht völlig) vergangene Welt

    Maria Kuncewiczowa (1895 – 1989) hat ihre zwanzig Erzählungen im Städtchen Kazimierz Dolny angesiedelt, das im Osten Polens idyllisch zwischen malerisch bewaldeten Hügeln am Weichselstrand gelegen ist. Zwischen den Weltkriegen war dieser Ort ein bevorzugtes Ferienziel für die Bohème aus der Großstadt, auch zahlreiche Künstler trafen sich hier zur Sommerfrische. Die Autorin selbst hatte ein Grundstück vor Ort und man darf davon ausgehen, dass sie zahlreiche eigene Beobachtungen und Erlebnisse in ihren Erzählungen verarbeitete. In der ersten Geschichte „Zwei Monde“ werden die wesentlichen Figuren vorgestellt, auch findet sich eine Schlüsselmetapher für den Buchtitel: „Vielleicht sind es überhaupt zwei Monde… Einer für die da (die Unterhaltung suchenden Feriengäste), und der andere – nur für uns (die hart arbeitende einheimische Bevölkerung).“ (S. 12) Die Diskrepanzen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen sind das zentrale Thema des Romans, der ein vielfältiges Kaleidoskop an menschlichen Konflikten, Gegensätzen und Begegnungen abbildet.

    Die Handlungsschauplätze werden sehr atmosphärisch und anschaulich ausgestaltet. „Es nieselte, ein kalter Sturm fegte vom Fluss ins Städtchen und überfiel die Menschen: ein lästiger, sommerlicher Dreitageschnupfen. Das Grau war so einheitlich, die Kälte so rücksichtslos, dass das Wetter von vor ein, zwei Tagen – das grell und heiß gewesen war – wie eine Vision aus einem Fiebertraum zu sein schien.“ (S.107) Die Strukturen des Städtchens sind eher traditionell und patriarchalisch. Die Stadt wirkt provinziell, auch wenn schon regelmäßig ein Autobus dort verkehrt. Kuncewiczowa erzählt aus relativer Distanz, lässt keine allzu große Gefühlsregung oder Nähe zu ihrem Figurenkarussell aufkommen. Es wird nichts romantisch verklärt oder geschönt. Dennoch ergeben sich auch bewegende Momente, oft in Nebensätzen, die kleine Geheimnisse preisgeben.

    Die ländlich geprägte Bevölkerung muss überwiegend hart arbeiten, sei es zum Beispiel als Bauer, Tagelöhner, Träger, Händler oder in der nahen Gerberei. Standesunterschiede sind festgezurrt, Neid und Missgunst charakterisieren den Umgang miteinander. Wirklich sympathische Figuren gibt es wenige. Der Kampf ums Tägliche lässt die Menschlichkeit in den Hintergrund treten. Andersartigkeit wird diskriminiert, offener Antisemitismus ist allgegenwärtig. Es gibt Frauen, „die nicht gut zu ihren Männern sind“, es gibt welche, die regelmäßig von Mann oder Sohn geprügelt werden, ohne dass es jemanden interessiert. Es gibt Paare, die sich lieben, denen aber die abergläubische, vorurteilsbeladene Familie das Leben schwer macht. Niemand möchte sein Ansehen im Ort verlieren. Deshalb vermeidet man es aufzufallen oder für das Richtige einzutreten. Traditionen werden eingehalten, Sehnsüchte gesteht man höchstens sich selbst gegenüber ein. Nachbarschaftliche Freundschaft oder Zusammenhalt sind selten.

    In dieser rückwärtsgewandten Welt verbringen nun Scharen von sorglosen Urlaubern ihre Ferien. Dabei handelt es sich primär um gut situierte Akademiker-Ehefrauen oder um junge, lebensfrohe, leichtlebige Künstler/innen, die gerne zum Feiern oder zum Baden am Flussstrand zusammenkommen. Bei ihnen stehen Unterhaltung, Liebeleien, Spaß, Malerei und Dichtung im Vordergrund, auf die Einheimischen wird wenig Rücksicht genommen. Die immanenten Unterschiede werden deutlich herausgearbeitet. Die Bohème fokussiert sich auf ihre eigenen Bedürfnisse. Mit Geld kann man zwar manches kaufen, ist aber auch vor Abzocke und Übervorteilung nicht gefeit, wenn die diesbezügliche Erfahrung fehlt. Kleine Kinder wachsen hüben wie drüben in einer kalten, lieblosen Umgebung auf. Empathie fehlt an allen Orten – ist das eine Folge des Großen Krieges?

    Jede Erzählung steht für sich und lässt mindestens zwei unterschiedliche Perspektiven oder Figuren aufeinander treffen. Auch wenn Distanz gehalten wird, sind manche Geschichten doch sehr berührend, insbesondere wenn sie Sehnsüchte nach Glück oder einem anderen Leben offenlegen. Die Sprache strahlt Intensität aus, die Texte sind dabei leicht verständlich. Die Figuren tauchen ebenso wie der symbolträchtige Mond wiederholt auf. Dadurch vervollständigen sich Charakterzeichnungen, Atmosphäre sowie die Beziehungen der Figuren untereinander.

    Die Autorin zeigt zwar eine vergangene, jedoch keine unbekannte Welt. Viele der gezeigten sozialen Konflikte, wie die Angst vor Diversität oder die Intoleranz anderen Lebensformen und Glaubensrichtungen gegenüber, begleiten uns auch noch 90 Jahre nach der Erstveröffentlichung dieses Buches auf der ganzen Welt.

    Kuncewiczowa zeigt das Wesen des Menschen erstaunlich zeitlos und aktuell. Sie setzt es in Beziehung mit einer faszinierenden Natur, die mit den Figuren in Wechselwirkung tritt. Eine zentrale Rolle hat der blinde Michal dabei, dessen Instinkte ihn über manch Sehenden erheben. Die Autorin spannt einen schlüssigen Bogen, der die Erzählungen miteinander verbindet. Es lohnt sich, diesen am Ende der Lektüre Revue passieren zu lassen, um die Vielschichtigkeit des Romans würdigen zu können. Ein Kompliment an Peter Oliver Loew für die gekonnte Übersetzung sowie an Anna Artwínska für das umfangreiche, informative Nachwort.

    Große Leseempfehlung für alle Freunde klassisch zeitloser Texte. Danke für die Wiederentdeckung dieser fast vergessenen polnischen Autorin!

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Imani

Buchseite und Rezensionen zu 'Imani' von Mia Couto

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Autor:
Format:Kindle Ausgabe
Seiten:303
Verlag: Unionsverlag
EAN:
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Winterherz: Die berührende Weihnachtsgeschichte

Buchseite und Rezensionen zu 'Winterherz: Die berührende Weihnachtsgeschichte' von Ralf Günther
4
4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Winterherz: Die berührende Weihnachtsgeschichte"

Format:Kindle Ausgabe
Seiten:137
EAN:
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Rezensionen zu "Winterherz: Die berührende Weihnachtsgeschichte"

  1. Kann Liebe ein Herz kurieren?

    "Das schwere Herz wird nicht durch Worte leicht. Doch können Worte uns zu Taten führen." (Friedrich Schiller)
    Es sind nur wenige Wochen bis Weihnachten, als der 14-jährige Wilhelm für 6 Wochen in ein Sanatorium weit weg von zu Hause muss. Keiner weiß, was mit seinem Herzen los ist und warum er immer wieder zusammenbricht. Niemals hätte er mit einem so großen Haus und Park gerechnet. Hier sollen lauter Kinder, wie er für 6 Wochen bleiben? Bei Liegebädern und einer Menge Disziplin lernt er schnell seine Mitbewohner kennen. Egon, der eine Verlobte hat und heimlich mit Hanteln trainiert, der warmherzige Milo und Leseratte Bruno, der Bücher über alles liebt. Doch am meisten fasziniert ihn die Schwesternschülerin Ilona, für die er sogar ein Buch liest und zum Rebellen wird. Erst Gefühle werden bei ihm entfacht, wären da nur nicht die Sorgen um Mutter.

    Meine Meinung:
    Das kindliche, warmherzige Cover stimmt einen sofort in die winterliche Atmosphäre dieser Geschichte ein. Allerdings täuscht dieses kindliche Cover, denn für mich ist diese Geschichte definitiv nichts für Kinder. Dadurch, dass zu viele Themen nur angeschnitten und leider etwas zu flach abgehandelt werden, finde ich es eher für Jugendliche und Erwachsene. Der Schreibstil ist unterhaltsam und ich kann mich sofort in Wilhelm hineinversetzen. Sein mulmiges Gefühl zu Beginn, die Ängste, die auf ihn zukommen, ob ihn die anderen Kinder wohl mögen werden? Erschütternd fand ich die Vorstellung schon, dass so viele schwerstkranke Kinder in einem Haus aufeinandertreffen und alle mit Herzproblemen. Dazu noch müssen sich die Kinder viel zu früh mit dem Sterben und Tod auseinandersetzen, ohne dass sie wirklichen seelischen Beistand durch die Schwestern und Ärzte bekommen. Im Gegenteil, viele von ihnen sind kühl und abweisend, nicht so dagegen die Schwesternschülerin Ilona. Was mag da in diesen jungen Kindern so vorgehen, die gerade erst so richtig ihr Leben genießen möchten, ihre erste Liebe kennenlernen und von der Zukunft träumen? Ein wenig vermittelt einem hier Wilhelms Geschichte von seinen Ängsten, Hoffnungen und Träumen. Leider spüre ich in Anbetracht der Schwere ihrer Erkrankung zu wenig Emotionen, zumindest haben sie mich nicht zu Tränen gerührt. Die bleiben hier ein bisschen auf der Strecke, was sicherlich an der Kürze des Buchs lag. Auch Themen wie häusliche Gewalt, Liebe, Autorität und Aufbegehren wurden zwar angeschnitten, doch meiner Ansicht nach nicht eindeutig genug. Dagegen fand ich das Setting mit dem unheimlich großen Haus und dem Park, der zu Luftbädern und Spaziergängen einlädt, beeindruckend. Auch die Gefahr, deren die jungen Patienten tagtäglich ausgesetzt sind, falls sie mal wieder über die Stränge schlagen, wird hier spürbar. Ebenso wie die Hierarchie und Strenge, die zur damaligen Zeit noch unter dem Pflegepersonal herrschen. Kein Wunder also, dass sogar so schwerkranke Kinder wie Wilhelm dagegen aufbegehren. So ein Sanatorium in der Form wäre heute sicherlich nicht mehr denkbar. Zwar gibt es noch immer Regeln in solchen Einrichtungen, aber weitaus kindgerechter als damals. Zwar gibt es noch immer Regeln in solchen Einrichtungen, aber weitaus kindgerechter als damals. Schön empfand ich das Ende, welches mit Überraschungen aufwartet. Von mir gibt es gute 4 von 5 Sterne dafür.

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Die Wahrheiten meiner Mutter: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Wahrheiten meiner Mutter: Roman' von Vigdis Hjorth
4.65
4.7 von 5 (6 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Wahrheiten meiner Mutter: Roman"

Format:Kindle Ausgabe
Seiten:396
EAN:
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Rezensionen zu "Die Wahrheiten meiner Mutter: Roman"

  1. Kind und Mutter

    Vigdis Hjorth, geboren 1959 in Oslo, gehört zu den wichtigsten Gegenwartsautorinnen Norwegens, vielfach ausgezeichnet und übersetzt. Ihr 2016 erschienener Roman "Arv og miljø", deutsch "Bergljots Familie" (2019), veranlasste ihre Schwester zu einem „Gegenroman“ und wurde in Norwegen ebenso bejubelt wie kontrovers diskutiert. Der literarisch aufbereitete Einblick in die eigene Familie mit dem Vorwurf väterlichen Missbrauchs löste bei mir gleichermaßen Sog und Unbehagen über diese Art der „Virkelighetslitteratur“ aus und beschäftigt mich noch immer.

    Obwohl das neue Buch "Die Wahrheiten meiner Mutter" mit dem deutlich drastischeren Originaltitel "Er mor død" (ohne Fragezeichen), wieder hervorragend übersetzt von Gabriele Haefs, nicht autofiktional ist, weist es doch Parallelen auf. Erneut geht es um Uneinigkeit über die gemeinsame Familiengeschichte und die Gründe für einen Bruch. Zugleich greift die Autorin Aspekte der Debatte um Arv og miljø auf: Dürfen private Erfahrungen und Familieninterna in Kunstwerken verhandelt werden und haben alle Kunstwerke einen autobiografischen Kern?

    "Das Verhältnis eines Werkes zur Wirklichkeit ist uninteressant, das Verhältnis eines Werkes zur Wahrheit ist entscheidend, der Wahrheitswert eines Werkes liegt nicht in seinem Verhältnis zur Wirklichkeit, sondern in seiner Wirkung auf die, die es betrachten." (S. 312)

    Flucht
    Die bildende Künstlerin Johanna Hauk verteidigt die Kunstfreiheit im Roman vehement. Sie hat vor 30 Jahren ihren Mann, ihre Eltern, ihre Schwester Ruth und ihr Jurastudium zurückgelassen und ist dem Kunstlehrer Mark, ihrem zweiten Ehemann, nach Utah gefolgt. Inzwischen stellt sie überall auf der Welt erfolgreich ihre Bilder aus. Ihre Eltern wollten Mark und den Enkel John nie kennenlernen. Als Johanna nicht zur Beerdigung des Vaters kam, dann aber bei einer Ausstellung in Oslo ihre Triptychen „Kind und Mutter" gezeigt wurden, die die Familie als Provokation auffasste, brach der spärliche Kontakt völlig ab.

    Rückkehr
    Nun ist sie, inzwischen verwitwet, erstmals zur Vorbereitung einer Retrospektive in ihre Heimatstadt zurückgekehrt und hofft auf ein Gespräch mit ihrer betagten Mutter. Doch die hebt das Telefon nicht ab, antwortet nicht auf Textnachrichten. Verhindert die Schwester, wie Johanna sich einzureden versucht, die Kontaktaufnahme?

    Je mehr Mutter und Schwester sich verweigern, desto obsessiver werden Johannas Bemühungen. Sie beobachtet die mütterliche Wohnung, schleicht ins Treppenhaus, folgt ihr, wenn sie mit Ruth das Haus verlässt, und filzt ihren Müll.

    Zugleich kehren Kindheitserinnerungen zurück. Wann übernahm die zuvor zugewandte Mutter die spöttisch-ablehnende Haltung des Vaters zum Zeichentalent der Tochter? Immer verzweifelter sucht Johanna nach Beweisen, dass der Schmerz der Mutter lange vor der Flucht der Tochter begann. Hat sie nicht ihre Qualen durch eine immer größere Anpassung an den dominanten Vater kompensiert, die sie auch ihren Töchtern auferlegte? Doch was ist Erinnerung, was Fantasie?

    "Mutters Mysterium ist mein Mysterium und das Rätsel meines Daseins, und ich fühle, dass ich nur in der Annäherung an dieses Mysterium eine Form von existenzieller Erlösung erreichen kann." (S. 360)

    Eine Hütte im Wald wird zu Johannas Flucht- und Ruhepunkt.

    Ein packender Monolog
    In knappen Sequenzen mit manchmal nur einem oder wenigen kurzen Sätzen pro Seite folgen wir der Ich-Erzählerin auf der Suche nach Erlösung. Immer wieder zitiert sie Henrik Ibsen, Søren Kierkegaard, Marguerite Duras oder die Bibel, reflektiert Muttersein und Familiendynamiken. Parallelen zur grandiosen Natur rund um die Hütte drängen sich auf.

    Trotz kleinerer Längen im Mittelteil hat mich dieser 400 Seiten umfassende, präzise formulierte, in einem furiosen Finale mündende innere Monolog begeistert. Zu Recht stand der Roman 2023 auf der Longlist zum International Booker Prize.

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  1. Über das Loch in der Seele

    Ich-Erzählerin Johanna hat Norwegen bereits vor über 30 Jahren verlassen. Damals war sie als Jura-Studentin mit einem aufstrebenden jungen Anwalt verheiratet, der von ihren Eltern sehr geschätzt wurde. Doch Johanna brach aus diesem ungeliebten, vorbestimmten Leben aus: Sie erfüllte sich ihren lang gehegten Jugendtraum, als sie in einem Malkurs Mark kennen und lieben lernte. Mit ihm siedelte sie in die USA über, wo sie sich über die Jahre als prominente Kunstmalerin etablieren konnte – ihr Ruf reicht bis nach Europa. Johanna begann ein komplett neues Leben, heiratete Mark und bekam einen Sohn, der mittlerweile selbst erwachsen und Vater ist. Für diesen Neuanfang in den USA hatten die Eltern damals absolut kein Verständnis, das Verhältnis kühlte merklich ab. Zum völligen Kontaktabbruch kam es vor 14 Jahren, als Johannas Vater starb und die verlorene Tochter der Trauerfeier fernblieb.

    Doch nun in der Gegenwart ist Johanna wieder in der Stadt ihrer Kindheit angekommen, um eine Kunstausstellung ihrer Werke zu begleiten. Das Wiedersehen der Heimat löst eigenartige Gefühle in ihr aus. Sie beginnt, sich nach ihrer Herkunftsfamilie zu sehnen, insbesondere nach einer Aussprache mit ihrer mittlerweile hochbetagten Mutter. Johanna fühlt sich zu Unrecht verstoßen und aus dem Familienstammbaum herausgestrichen. Sie möchte Ihre Version der Geschichte erzählen und dem zerrütteten Verhältnis auf den Grund gehen. Sie möchte auch von ihrem Leben berichten, von ihrem Sohn, von der Trauer um den zu früh verstorbenen Mark. Sie glaubt, heute mehr Verständnis für die Lage ihrer Mutter aufzubringen.

    Da Johanna lange keine Gelegenheit für ein Zwiegespräch bekommt, dürfen wir als Leser an ihren intensiven Gedanken und Emotionen teilhaben. Zentral sind die Erinnerungen an ihre Kindheit, während der die Mutter vom dominanten Vater beherrscht wurde und als Hausfrau kaum eine eigene Meinung haben durfte. Johanna galt immer als die schwierige Tochter, sie bekam kaum Anerkennung und Zuspruch. Stattdessen sollte sie sich stets den Wünschen der Eltern beugen und vor allem ihre künstlerischen Talente verleugnen. Johanna ruft sich viele Szenen in Erinnerung, die ein vermeintlich widersprüchliches Verhalten insbesondere ihrer Mutter zeigen. Sie sucht Beweise, dass ihre Mutter selbst unglücklich war, dass sie Johanna nahe stand, dass sie Verständnis für ihre Sorgen hatte, dass sie sich gegen den Vater aber kaum durchsetzen konnte. Diese Innenschau gerät ungemein bewegend, vielschichtig und auch glaubwürdig. Als Mutter denkt Johanna mittlerweile gereift und differenziert über manches Erlebnis, dennoch muss man sich immer darüber bewusst sein, dass man nur ihre Perspektive kennenlernt.

    Mit Spannung verfolgt man die unterschiedlichen Versuche Johannas, den Kontakt zur Mutter wiederherzustellen. Ihre Fokussierung wird immer stärker, gerät zur Obsession. Johanna beobachtet und verfolgt ihre Mutter, will das Gespräch beinahe erzwingen. Dabei dient ihr ihre jüngere Schwester Ruth, die stets in der Nähe der Mutter wohnte und sich bis heute um sie kümmert, als Sündenbock: „Ich gebe Ruth die Schuld, um Mutter freizusprechen, das ist Einfachste.“ (S.88) Neben ihrem Atelier in der Stadt bezieht Johanna noch ein Haus im Wald. Hier zieht sie sich in die Einsamkeit zurück, spürt eine starke, anrührende Bindung zu Umwelt und Natur, die ihr Kraft gibt.

    Dieser Roman ist eine Nabelschau, er analysiert die Mutter-Tochter-Beziehung in all ihren Facetten. Es geht um familiäre Beziehungen und Verstrickungen, um genetisches und sozialisiertes Erbe, um Weitergabe transgenerationaler Traumata, um den Gehalt von diesbezüglichen Erinnerungen. „Jeder ist dem eigenen Leiden die Nächste. Aber ich habe den Verdacht, dass mein Leiden aufs engste mit ihrem zusammenhängt, das immer so geheim war, ich habe es immer stark gespürt.“(S. 82) Es geht um Suche nach eigener Identität, um Enttäuschungen, Schuld, Vergebung, um die Rolle von Eltern und Kindern, um die Suche nach der (objektiven) Wahrheit. Es geht aber auch um Kunst und ihre Grenzen.

    Der Text ist wahnsinnig kraftvoll, klar und präzise formuliert. Man findet viele poetische Passagen, die Johannas Nöte und Reflexionen spiegeln. Manche Seiten enthalten dementsprechend nur einen einzigen Satz oder Absatz, den man auf sich wirken lassen muss, so wie z.B. diesen: „Wenn man wüsste, wenn man in jungen Jahren verstünde, wie entscheidend die Kindheit ist, würde man niemals wagen, selbst Kinder zu bekommen.“ (S. 238) Obwohl man überwiegend dem inneren Monolog der Ich-Erzählerin folgt, es nur wenige Dialoge gibt, entwickelt der Text einen enormen Sog. Manchmal scheint die Handlung dabei auf der Stelle zu treten, weil sich die Gedanken der Protagonistin im Kreis drehen oder sie keine Entscheidung fällen kann. Das ist gewiss bewusst so konzipiert, erfordert aber etwas Geduld beim Leser. Zum Ende hin zieht die Dynamik deutlich an, die Geschichte wird zu einem glaubwürdigen, nachvollziehbaren Ende geführt.

    Vigdis Hjorth kann wunderbar schreiben, sie ist nicht umsonst eine der berühmtesten Autorinnen Norwegens. Gabriele Haefs ist es gelungen, den Text in seiner ganzen Strahlkraft ins Deutsche zu übertragen. Der Roman wurde für den International Booker Prize 2023 nominiert. Er wird von einer latenten Melancholie durchzogen, ist dabei aber prall gefüllt mit klugen Gedanken, die zum Nachdenken anregen. Ein Roman für Leser, die sich gern in die Psyche anderer Menschen mit ihren Konflikten hineindenken, die sich für familiäre Beziehungen interessieren und für all jene, die einfach gute Literatur schätzen.

    Große Lese-Empfehlung!

    4,5/5 Sterne

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  1. "Ich bin ein verletztes Kind."

    Mein Hör-Eindruck:

    Johanna ist 60 Jahre alt, sie ist eine erfolgreiche Künstlerin und lebt in den USA. Zu ihrer Familie hat sie keinen Kontakt mehr. Als nun ihr zu Ehren in ihrer norwegischen Heimatstadt eine Retrospektive ihrer Werke eingerichtet wird, kehrt sie zurück in der Hoffnung, sich der Mutter wieder annähern zu können. Die Mutter aber verweigert jeden Kontakt.

    Die Gedanken der Tochter kreisen unablässig und in sich wiederholenden, auch den Leser quälenden Schleifen um die Mutter. Wie sieht sie aus? Wie lebt sie? Hat sie ihre roten Haare noch? Wie verlebt sie den Tag? Johanna imaginiert ihre Mutter: „Ich erdichte dich mit Wörtern, um ein Bild von dir zu haben.“

    In den Gedankenschleifen erfährt der Leser auch in kleinen Splittern die Gründe für den Kontaktabbruch, dessen Ursachen in der Kindheit liegen. Es war nicht nur der dominante Vater, der für Johannas Begabungen und ihr Wesen nur Spott übrighatte, sondern auch die Mutter, die sich dem Vater unterwarf und seinen Erwartungsdruck an Johanna weiterleitete. Beide fordern angepasstes Verhalten von ihr ein und begegnen ihr, ihren Lebensvorstellungen und auch ihren Wahrnehmungen mit Abwertung und Verachtung. Bis es zum Skandal kommt, der die Eltern mit der Tochter endgültig brechen lässt.

    Johanna erinnert sich zunehmend deutlicher an einzelne Situationen ihrer Kindheit und bringt ihre unklaren Erinnerungen in einen Zusammenhang. Dadurch erkennt sie den Lebensschmerz ihrer Mutter, aber zweifelt nach wie vor an ihren Wahrnehmungen. Sie braucht die Bestätigung durch die Mutter, um ihr vergeben zu können. So wird ihr Wunsch nach einem Gespräch zur Obsession, Meter um Meter nähert sie sich ihrer Mutter. Sie erkennt, wie instabil ihre Mutter und daher auf das Beachten von Regeln und Konventionen angewiesen war. Und sie erkennt die Wahrheiten ihrer Mutter: dass nämlich unbehagliche Wahrheiten nicht akzeptiert, sondern als Wahrnehmungsstörung der anderen eingeordnet werden.

    Die Autorin erzählt ausgesprochen raffiniert. Der Leser hört sich Johannas Monolog zunächst mit Mitleid, aber auch mit kritischer Distanz an, und er fragt sich, inwieweit Johanna eine zuverlässige Beobachterin ist. Damit wird der Leser äußerst subtil in die Position der Eltern gedrängt. Erst im Lauf des Monologs erkennt er Johannas Wahrheit und stellt sich schließlich auf ihre Seite. Dieses Spiel mit der Position des Lesers hat mit sehr gut gefallen.

    Der Roman wird perfekt eingelesen von Frauke Poolmann. Ihre Stimmfärbung passt zum Inhalt, und mit Tempo-Variationen verstärkt sie die quälenden Gedankenschleifen der Erzählerin.

    Fazit: Ein raffiniert erzählter Roman um Unterwerfung und Erlösung.

    4,5/5*

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  1. 4
    22. Sep 2023 

    Intensiver und z.T. schmerzhafter Roman

    Vigdis Hjorth zählt zu den wichtigsten Autorinnen der norwegischen Gegenwartsliteratur. Dieser schon 2020 , im Original unter dem Titel „ Er mor dod“ - „ Ist Mutter tot“, erschienene Roman war nominiert für den International Booker Prize“.
    Die Ich- Erzählerin Johanna kehrt als erfolgreiche Malerin nach dreißig Jahren in ihre Heimat Norwegen zurück, um eine Ausstellung ihrer Werke mitzugestalten. Ihr amerikanischer Ehemann, für den sie damals ihren Mann und ihre Familie verlassen hat, ist gestorben. Der erwachsene Sohn ist selbst schon Vater und lebt in Dänemark.
    Für ihre Eltern war ihre Flucht damals ein Schock und als Johanna nicht einmal zur Beerdigung ihres Vaters nach Hause kam, hat die Familie endgültig mit ihr gebrochen.
    Nun versucht sie Kontakt zu ihrer Mutter aufzunehmen. Sie wünscht sich eine Aussprache und vielleicht sogar eine Aussöhnung. Doch die Mutter geht nicht ans Telefon, reagiert auch nicht auf ihre Mail- Anfragen. Auch ihre jüngere Schwester, die sich ständig um die betagte Mutter kümmert, will nichts von ihr wissen.
    Johanna zieht sich in die Einsamkeit einer Hütte am Fjord zurück, um Klarheit zu finden.
    Ihre Gedanken führen sie in die Vergangenheit . Schon vor ihrem Weggang war das Verhältnis getrübt. Johanna fühlte sich unverstanden, nicht angenommen. Der Vater hatte für die ersten künstlerischen Versuche seiner Tochter nur Spott übrig und die Mutter, die zuvor noch stolz war auf die Bilder, schließt sich der Meinung des Vaters an. Das für sie vorgesehene bürgerliche Leben als Juristin und Ehefrau war nicht das, was sich Johanna vorgestellt hat. Johanna musste gehen, um ihren eigenen Weg zu finden. Doch das hat ihre Familie nicht verstanden. Die beiden von Johanna geschaffenen Gemälde über eine Mutter mit Kind empfanden sie als persönlichen Angriff, als Beleidigung, nicht als künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Mutterschaft.
    Neben den Erinnerungen kreisen Johannas Gedanken um ihre Mutter. Wie war sie damals, war sie glücklich? Und was ist sie heute für eine Frau? Da sie so lange keinen Kontakt zu ihr hatte, ist sie „ zu einem fremden Land geworden“. Sie muss sie neu für sich erfinden. „ Mutter, ich erdichte dich mit Wörtern, um ein Bild von dir zu haben.“
    Johannas Wunsch einer Begegnung mit der Mutter wird immer obsessiver. Sie wartet stundenlang im Auto vor deren Wohnung, geht ihr hinterher, schreckt aber vor einem persönlichen Kontakt zurück. Sie erfindet sich den Alltag der Mutter, imaginiert ein Wiedersehen mit ihr.
    Das ist zum Teil beklemmend zu lesen, manches ermüdend, weil sich die Gedanken und Handlungen, die wir detailliert miterleben, im Kreis drehen. Allerdings ist genau dieses gleichzeitig sehr glaubhaft und psychologisch stimmig.
    Der Roman ist voll mit grundsätzlichen Überlegungen zu Mutterschaft und familiären Beziehungen. „ Wenn man wüsste, wenn man in jungen Jahren verstünde, wie entscheidend die Kindheit ist, würde man niemals wagen, selbst Kinder zu bekommen.“ heißt es im Text.
    Auch Bezüge zur Literatur ( Ibsen ) und zur Bibel ( Heimkehr des verlorenen Sohnes ) lassen sich finden. Und Fragen nach dem Recht des Künstlers auf seine freie Gestaltung, ohne Rücksicht auf familiäre Bindungen, werden angesprochen. Diese Reflexionen geben dem Roman zusätzliche Tiefe.
    Die Sprache ist klar und präzise, poetisch wird der Text, wenn die Autorin die Natur rund um Johannas Rückzugsort beschreibt. Hier finden sich Bilder, die Johannas Seelenleben spiegeln.
    „ Die Wahrheiten meiner Mutter“ ist ein intensiver und z.T. schmerzhafter Roman über eine komplizierte Mutter- Tochter- Beziehung, über Familienstrukturen und seelische Verletzungen. Keine angenehme Lektüre, aber eine gewinnbringende.

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  1. 4
    11. Sep 2023 

    Psychologisch dicht mit Längen

    Die erfolgreiche Malerin Johanna ist im Alter von 60 Jahren in ihre Heimat Norwegen zurückgekehrt, um eine Retrospektive ihrer Werke zu begleiten. Ihre Herkunftsfamilie hat sie seit 30 Jahren nicht gesehen, seit sie aus ihrer jungen Ehe und der vorgezeichneten Karriere als Juristin ausbrach, um ihrer Liebe in die USA zu folgen und Malerin zu werden. Ihr Mann ist mittlerweile gestorben, ihr Sohn erwachsen und selbst Vater. Johannas Vater starb schon vor langer Zeit; Mutter und Schwester haben den Kontakt abgebrochen, als Johanna nicht zur Beerdigung kam.

    Mit ihrer Herkunftsfamilie meint Johanna abgeschlossen zu haben, aber in der Heimat kommen die Erinnerungen zurück – und der Schmerz. Sie fürchtet, dass sie ihre Gefühlslast womöglich an ihren Sohn weitergegeben hat, so wie ihre Mutter die ihre an ihre Töchter. Ihr ist klar: Sie muss mit ihrer Mutter sprechen, um sich von der Last der Vergangenheit zu befreien. Das aber ist schwierig: Weder Mutter noch Schwester reagieren auf Briefe, Anrufe, SMS. Was tun?

    Johanna nähert sich zunächst gedanklich und versucht, Gründe für das Verhalten von Mutter und Schwester zu finden. Sie fragt sich, was Eltern ihren Kindern schulden und umgekehrt und kommt zu dem Schluss: „…wenn man in jungen Jahren verstünde, wie entscheidend die Kindheit ist, würde man niemals wagen, selbst Kinder zu bekommen.“ Ihr lebenslanges Thema der emotionalen Entfremdung hat auch Eingang in ihre Kunst gefunden. War es falsch, ihren Zyklus „Mutter und Kind“ in der Heimatstadt auszustellen? Wie frei ist die künstlerische Freiheit? Manche Erkenntnis mutet auch ein wenig trivial an: „… ich begreife, dass auch Mutter eine Kindheit hatte.“ Johanna stellt die eigene Wahrnehmung infrage und hadert mit ihrem Bedürfnis nach Klärung: „Sie hat mich als Kind herausgefordert und besiegt, als Erwachsene habe ich sie herausgefordert und besiegt, und jetzt kann ich aus Trotz oder Verbissenheit das Schlachtfeld nicht verlassen?“ Diese Zerrissenheit Johannas, ihren mentalen Annäherungsprozess an Mutter und Schwester bekommen wir quasi in Echtzeit vermittelt. Die mittleren 100 Seiten hatten für mich deutliche Längen und hätten gern halb so lang sein dürfen.

    Nach diesem Durchhänger wird der Roman im letzten Drittel vom Nordic Noir zum Thriller. Die Reise in die Erinnerung hat ein verstörendes Bild wieder hochgeholt – Johanna weiß, dass sie das nicht auf sich beruhen lassen kann. Ihr Verhalten wird immer obsessiver - sie beobachtet die Mutter und ihr Kommen und Gehen, sie folgt ihr unbemerkt bei ihren Besorgungen. Die Natur um eine Hütte in den Bergen bringt ihre innere Ruhe zurück; ein Elch mit schwerem Geweih wird zur Metapher der emotionalen Last. Diese Natursymbolik war für meinen Geschmack ein wenig zu dick aufgetragen. Alles spitzt sich auf die Frage zu: Wann wird Johanna endlich den persönlichen Kontakt wagen?

    Fazit: Die Intensität von „Bergljots Familie“ erreicht Hjorths neuer Roman nicht. Aber dennoch ist „Die Wahrheit meiner Mutter“ trotz Schwächen im Mittelteil ein sehr fesselnder, psychologisch dichter Roman um Mütter, Töchter, Lebenslügen und die Weitergabe unverarbeiteter Verletzungen an die nächste Generation.

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  1. "Mutter - der Stein im Schuh"

    Weil sie nicht daran teilhaben durfte, erschafft sich die Protagonistin das Leben ihrer Mutter im Geiste. Man hat sie aus der Familie ausgeschlossen, aber sie versteht nicht warum.
    Diese Frage muss sie ergründen. Verzweifeltes Bemühen um Erklärung, das ihre Gedanken beherrscht und ihr den Schlaf raubt.
    In ihrem Buch hat die Autorin alle Fragen, die es geben kann in einem zerrütteten Verhältnis zwischen Mutter und Tochter gestellt und beantwortet. Alle Aspekte aus allen Richtungen betrachtet, alle Möglichkeiten erwogen und gewogen, alles schon im Voraus gedacht, bedacht und gefühlt, alle Schmerzen durchlitten und ertragen.
    In ihrem eigenen Leben musste sie Vater und Mutter vergessen, wenn sie glücklich sein wollte.
    Sie ist nicht den Weg der Mutter gegangen, sie wollte nur das leben, was in ihr war. Ist es möglich, dass sich eine Mutter so radikal und herzlos von ihrem Kind trennen kann?
    Sie muss die Antwort finden, um weiterleben zu können.

    Ein Buch, dass manche bis in ihre Grundfesten erschüttern könnte.
    Ein Buch, dass einen so schnell nicht mehr loslässt.

    Die Umschlaggestaltung von Leif Nyland imaginiert perfekt die Stimmung Norwegens und die Stimmung des Buches.

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Unter dem Feigenbaum (Transfer Bibliothek)

Buchseite und Rezensionen zu 'Unter dem Feigenbaum (Transfer Bibliothek)' von Goran Vojnovic

Inhaltsangabe zu "Unter dem Feigenbaum (Transfer Bibliothek)"

Format:Kindle Ausgabe
Seiten:355
EAN:
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Zwischen Mauern: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Zwischen Mauern: Roman' von David Fuchs
2
2 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Zwischen Mauern: Roman"

Autor:
Format:Kindle Ausgabe
Seiten:230
Verlag: Haymon Verlag
EAN:
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Rezensionen zu "Zwischen Mauern: Roman"

  1. 2
    02. Okt 2023 

    Für Einsteiger:innen beim Thema Pflegeheim

    Margareta Blum, kurz Meta, arbeitet für sechs Nächte als ehrenamtliche Sitzwache in einem von der Schließung bedrohten Pflegeheim, in welchem auch Moses als Nachtschicht den einzigen Pfleger für 52 Bewohner:innen darstellt und Dr. Pomp die Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit nur schwer ziehen kann. Meta soll Herrn T. betreuen, den dieser ist geistig aufgrund eines Hirntumors verwirrt, schreit, fordert Pflegearbeit ein, für die nicht genug Personal da ist.

    Wir begleiten nun die drei Personen Meta, Moses und Dr. Pomp in sechs Buchabschnitten, welche die sechs Nachtdienste darstellen, durch die Nacht und begleiten dadurch auch Herrn T. In seinem Sterbeprozess. Ein moralischer Konflikt entsteht für Meta, als sie in der dritten Nacht, nach ersten empathischen Annäherungen an Herrn T., erfährt, dass dieser gerüchteweise ein Alkoholiker gewesen sein und seine Frau geschlagen haben soll. Ab diesem Zeitpunkt hadert Meta mit sich, ob sie weiterhin zu Herrn T. Die nötige Nähe aufrechterhalten kann, um ihn zu betreuen.

    Leider konnte mich weder sprachlich noch inhaltlich das Buch vom Hocker reißen. Sprachlich ist der Roman zwar solide geschrieben aber sehr einfach gehalten, äußerst dialoglastig und ohne einen größeren literarischen Anspruch, eher Unterhaltungsniveau. Die Unterkapitel innerhalb der Buchabschnitte sind äußerst kurz gehalten und innerhalb dieser wiederum gibt es sehr kurze Absätze, die immer wieder durch Leerzeilen getrennt sind. Das macht die Lektüre unruhig und streckt höchstens die Seitenzahl. Inhaltlich geht mir der Roman einfach bezüglich zu vieler Punkte nicht genug in die Tiefe. So bleiben die Figuren sehr flach, bekommen leider keine tiefergehende Hintergrundgeschichte und handeln dementsprechend nicht nach einem psychologisch hergeleitetem Muster. Es wird z.B. lediglich erwähnt, dass Meta in einer Bank arbeitet und für diese Woche Ehrenamt Urlaub genommen hat. Im Laufe des Romans wird sie eine verstorbene Heimbewohnerin sehen und mit ihr Unterhaltungen führen. Ob die Auszeit bei der Arbeit mit Metas psychischem Befinden oder was es generell mit diesen Halluzinationen zu tun hat, bleibt vollkommen ungesagt. Über Moses und Dr. Pomp erfahren wir auch nicht mehr. Des Weiteren ist der in den Roman eingebaute moralische Konflikt, ob man eine Person, die etwas Schlechtes getan hat, pflegen kann und ob es einen Unterschied macht, dass man dies ehrenamtlich oder beruflich tut, fußt auf einem sehr schwammigen Sachverhalt, nämlich einem Gerücht. Die Infos zu Herrn T. sind nämlich ausschließlich Gerüchte, die nur kurz erwähnt werden. Daraus wird dann eine riesige Sache gemacht, die aber unter der Voraussetzung des Hörensagens gar nicht sinnvoll diskutiert werden kann. Somit konnten weder die Figuren noch die moralische Fragestellung bei mir eine emotionale Reaktion evozieren und blieben mir immer fern.

    Grundsätzlich finde ich das Setting des Romans, das Pflegeheim mit all seinen Problemen im Pflegenotstand interessant. Neben diesem Themengebiet hatte ich mir inhaltlich eigentlich eine differenzierte Betrachtung der moralischen Frage, wie jemand mit einer problematischen Vorgeschichte zu behandeln ist, erhofft. Hier kommt allerdings sowohl das eine wie auch das andere zu kurz, weshalb für mich letztlich, auch nach einem befremdlichen Ende des Romans, offen bleibt, welches Anliegen mit dem Roman eigentlich verfolgt wird.

    Ich könnte mir vorstellen, dass der Roman etwas für Leser:innen ist, denen auf ganz basaler Ebene die Situation in einem Pflegeheim heutzutage noch fremd ist, die sich mit dem Sterbeprozess noch nicht tiefergehend beschäftigt haben und den moralischen Konflikt erstmals anhand eines Beispiels dargestellt bekommen wollen. Meines Erachtens ist der Roman aber für Personen, die schon ein wenig in der Materie drin sind, zu flach angelegt.

    Trotzdem wünsche ich dem Roman viele „thematische Erstleser:innen“, die dadurch ins Nachdenken kommen und sich dann an anderer Stelle tiefgründiger mit der Thematik beschäftigen werden. Denn wichtig sind die Themen des Buches definitiv.

    2,5/5 Sterne

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Die Mutter von Nicolien (Quartbuch)

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Mutter von Nicolien (Quartbuch)' von J.J. Voskuil

Inhaltsangabe zu "Die Mutter von Nicolien (Quartbuch)"

Autor:
Format:Kindle Ausgabe
Seiten:217
EAN:
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