Revanche. Wie Putin das bedrohlichste Regime der Welt geschaffen hat

Buchseite und Rezensionen zu 'Revanche. Wie Putin das bedrohlichste Regime der Welt geschaffen hat' von  Michael Thumann
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Inhaltsangabe zu "Revanche. Wie Putin das bedrohlichste Regime der Welt geschaffen hat"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:288
Verlag: C.H.Beck
EAN:9783406799358
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Rezensionen zu "Revanche. Wie Putin das bedrohlichste Regime der Welt geschaffen hat"

  1. 5
    16. Mär 2023 

    Russlands Weg in die Diktatur

    Das System Putin: Reportagen, Analysen, Berichte, Einschätzungen eines Russlandkenners – sehr aktuell

    Wenn ich solche Bücher lese, möchte ich zuerst wissen, wer der Autor ist: Michael Thumann, Chefkorrespondent der 'ZEIT', Leiter des Moskauer Büros, der u.a. dort studiert hat. Also darf ich davon ausgehen, dass er langjähriger Russlandkenner ist. - Aber brauche ich noch ein Buch, wo ich doch gerade einiges zum Thema gelesen habe? Eindeutig JA und ich meine, dass dieses hier das bisher Beste ist. Es hat mir neue Erkenntnisse gebracht und einiges eingeordnet und an seinen Platz gerückt.

    Seine Themen: die Fehlentscheidungen deutscher Politiker, vor allem Schröder und Gabriel, russische Narrative erfolgreich in Deutschland, Blick auf den Putsch von 1991 (Gorbatschow auf der Krim festgesetzt; Jelzin), Tschetschenien als Testfeld, Putins 'Freunde' in der Welt, Propaganda, Aufhetzen der Bevölkerung und Informationskrieg, Straflager, gefälschte Wahlen, Missbrauch und Verfälschung der Geschichte, Krieg in der Ukraine, Rache am Westen und persönliche Kränkungen – Wie könnte es enden?

    Es fängt leicht und locker an: Thumann spricht mit Bekannten und Freunden in Moskau, er wohnt dort, fährt mit dem Rad und schildert seine Beobachtungen. Das ist leicht zu lesen und obwohl es faktenreicher und komplexer wird, bleibt es gut zu lesen und ich hatte nie den Eindruck, dass es mir zu viel würde.

    Auch wenn ich vieles schon weiß, so war ich doch über einiges ziemlich schockiert: z.B. über die Narrative der russischen Propaganda, die auch in Deutschland erfolgreich waren und leider immer noch sind, z.B. 'Die Krim war schon immer Russisch' oder 'Russland hat so gehandelt, weil es sich durch die Nato-Osterweiterung bedroht fühlte.' - Diese Behauptungen, die hier in Deutschland anscheinend auf Unwissenheit beruhen, widerlegt Thumann mit Fakten, zu denen auch nachweisbare Äußerungen von Putin gehören.

    Sehr interessant fand ich, wie er Russlands stufenweisen Weg in die totalitäre Diktatur analysiert und zum Heulen schrecklich, wie Russlands Bevölkerung aufgehetzt wird, wie der Völkerfrieden zerstört wird und wie es in Straflagern zugeht. Und bei allem scheinen persönliche und historische Kränkungen des Wladimir Wladimirowitsch Putin eine Rolle zu spielen. Das ist natürlich eine Meinung, eine Einschätzung.

    Für dieses Buch kann ich eine ganz große Lese-Empfehlung aussprechen. Für mich ist es das Beste, was ich in letzter Zeit zum Thema gelesen habe und aktuell ist es auch.
    6 von 5 Sternen ;-)

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Die Wokeness-Illusion

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Wokeness-Illusion' von Alexander Marguier
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Inhaltsangabe zu "Die Wokeness-Illusion"

Format:Kindle Ausgabe
Seiten:129
Verlag: Verlag Herder
EAN:
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Rezensionen zu "Die Wokeness-Illusion"

  1. Ein Augenöffner. Muss man lesen!

    Kurzmeinung: Einige sehr kluge Beiträge zur Debatte um Wokeness

    Ja, was soll ich sagen? Dieses Buch hat mir klargemacht, dass es sich bei der Wokeness-Bewegung um eine waschechte Ideologie handelt, deren Vorzüge und Nachteile dringend breitbandig diskutiert werden müssten. Aber dies ist nicht der Fall und von den Vertretern der Wokness her nicht einmal gewünscht. Die neue Ideologie, die mit der Identitätsphilosophie eng verflochten ist, wünscht keine Auseinandersetzung, sondern sucht Anhänger. Zitat aus dem Vorwort: „Wenn jemandem etwa das Recht abgesprochen werden soll, überhaupt seine Meinung zu artikulieren, nur weil er nicht einer bestimmten Minderheit angehört, ist eine Diskussion nicht mehr möglich“.

    Der Herausgeber stellt acht kurze Essays vor, die sich mit dem Phänomen der Wokeness-Ideologie und deren Auswirkungen auf die Gesellschaften, mit besonderem Blick auf Deutschland, beschäftigen. Der Usprung dieser Ideologie liegt schon in den 1970igern Jahren begründet als der französische Autor Michel Foucault das Buch „Surveiller et Punir“ (Überwachen und Bestrafen) auf den Markt warf.

    Die Wokenessbewegung ist eng verwoben mit der Identitätsbewegung bzw. dem Identitätsbegriff, der - in Kürze und im Kern - fragt, was macht einen Menschen aus? Wird er bestimmt durch äußere Merkmale oder kann ein Mensch sich durch mentale Tätigkeit vollkommen selbst setzen, das heißt, „frei“ bestimmen, wer und was er sei. Michel Foucault selbst wechselte seine Identitätszuschreibungen ständig – in der letzten Ausprägung seiner Thesen gelangt man zum Genderfluidum, jeder kann sein, was er will und führt unter anderem zum für 2023 geplanten Selbstbestimmungsgesetz der Ampelregierung, das besagt, dass durch einen einfachen Sprechakt auf dem Amt jeder sein Geschlecht selbst festlegen könne. Was im ersten Moment liberal-progressiv klingt, unterhöhlt letztlich den Freiraum, den sich Frauen in einem jahrhundertelangen Kampf erworben haben und worum sie immer noch ringen, und das deshalb, weil sich ihnen nun eine Gruppe biologischer Männer anschließen könnte, die sich als Frauen „fühlen“ und dementsprechend Schutzräume für Frauen mitbesetzen wollen/können. Alice Schwarzer wirft Queer- und Transaktivisten vor, Frauen unsichtbar machen zu wollen, indem sie diese neuerdings unter FLINTA subsumieren, was für „Frauen, Lesben, Inter, Nichtbinäre, Trans- ud Agenderpersonen“ stehen soll. "Eine vergleichbare Schublade gibt es für Männer übrigens nicht", sagt Ben Krische.

    Wie dem auch sei, die woke Brille teilt die Welt in gut und böse ein, wobei die Woken definieren, wer gut ist.

    Beängstigend ist die These von Alice Hasters, dass nur „die Weißen Rassisten sein können, weil sie allein von ihrer eigenen Vorherrschaft profitieren“ und dass Rassismus nicht mehr an eine reale Tat durch eine Person gebunden und gesehen wird, sondern als Kollektivschuld. Letztlich hieße das, jeder Weiße ist ein Rassist. Der Gedanke der Sippenhaft und der Kollektivschuld aber trägt selbst einen faschistischen Kern in sich.
    Die Theorie des strukturellen Rassismus: „ist jedoch nicht in erster Linie eine Theorie mit Wahrheitsanspruch, sondern war und ist ein Kampfinstrument gegen die ungerechtfertigte Benachteiligung Nicht-Weißer“, ein Hilfsmittel, das im politischen, berechtigten Kampf für die Rechte Schwarzer in den USA entstanden ist. Aber in Deutschland/Europa haben wir andere Verhältnisse, sagt Matthias Brodkorb und weiter: „Es handelt sich um einen Rückfall hinter die Errungenschaften der Aufklärung, um einen Absturz in die Ideologie des Rassismus“. Und woher kennen wir eine Rassenideologie? Vom Nationalsozialismus: ganz gefährlicher Boden also.

    Was mich persönlich verstört, ist die Faktengleichgültigkeit der Bewegung: Es kommt nicht mehr darauf an, was gesagt wird, sondern wer es sagt. Gut, bis zu einem gewissen Grad ist das immer schon so gewesen; aber die Wokisten treiben es zum Exzess!

    Behandelt wird natürlich auch die Sprachverschlimmbesserung durch die Genderbewegung, die von einem Erziehungsgedanken (wir müssen das Volk umerziehen, woher kennen wir das bloß) getragen ist sowie andere, ökonomische Gesichtspunkte wie das Wokewashing. Bedeutet: du bist gut, wenn du dieses woke Produkt kaufst, das keinen rassistischen Namen trägt, aber seine Mitarbeiter ausbeutet. Es ist eben leichter und eine intellektuelle Spielerei, in die Sprache einzugreifen (oder es zu wollen) als real existente wirtschaftliche Bedingungen zu verändern und etwa die Paygap zwischen den Geschlechtern zu schließen, denn bei ersterem kann man in seinem Elfenbeinturm sitzen bleiben, bei letzterem muss man heruntersteigen und sich in die Niederungen der Realpolitik begeben, mit seinen spezifischen Erfolgen und eben solchen Niederlagen!

    Einen Blick auf die gängige Praxis der Cancel Culture wird ebenso geworfen wie die Opfermentalität unsere Tage angesprochen wird. Empörungskultur, wohin man schaut. Wer fühlt, hat recht. Fakten spielen kaum noch eine Rolle. Ich kann nicht umhin in der ganzen Bewegung einen Rachegedanken zu entdecken, vor allem, da schon häufig, im nachhinein als ungerechtfertige Behauptungen entlarvt, diese Cancel Culture Jobs und Ansehen anderer Menschen zerstörte.

    Fazit: Man darf indes diesen kritischen Beitrag zur Wokeness-Ideologie nicht missverstehen. Die Autoren sind nicht der Meinung, dass Rassimus gut sei und auch keineswegs dagegen, im Alltag Sensibilität zu entwickeln, was wohl notwendig gewesen ist, jedoch beschäftigen sie sich mit den Auswüchsen eines Anliegens, das, ursprünglich legitim, zu einer die Gesellschaft spaltenden Ideologie mit eigenen rassistischen Zügen geworden ist. Muss man lesen!

    Kategorie: Sachbuch. Politik und Gesellschaft
    Verlag: Cicero, 2023

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Die Selbstgerechten

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Selbstgerechten' von Sahra Wagenknecht
NAN
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Inhaltsangabe zu "Die Selbstgerechten"

Format:Taschenbuch
Seiten:416
Verlag: Campus Verlag
EAN:9783593516103
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Mein Prag: Erinnerungen

Buchseite und Rezensionen zu 'Mein Prag: Erinnerungen' von  Peter Demetz
NAN
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Inhaltsangabe zu "Mein Prag: Erinnerungen"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:400
Verlag: Zsolnay
EAN:9783552054073
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Die Vernunft und ihre Feinde

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Vernunft und ihre Feinde' von Thilo Sarrazin
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Inhaltsangabe zu "Die Vernunft und ihre Feinde"

Wo Logik und Empirie durch „alternative Fakten“ ersetzt werden, weitet sich der Raum für ideologisch geprägtes Denken und es sinkt die Toleranz. Thilo Sarrazin beobachtet diese Tendenz in den letzten Jahren auf allen Seiten des politischen Spektrums und in vielen Medien. Sie passt nicht zum Geist der abendländischen Aufklärung und sie kann die Grundlagen unserer demokratischen und liberalen Gesellschaftsordnung infrage stellen. Sarrazin erläutert die Gefahren ideologischen Denkens für unsere Gesellschaft und unsere politische Kultur und beschreibt typische Irrwege. Ideologien wirken verlockend durch die trügerische Klarheit ihrer Rezepte und die Schlichtheit, mit der sie Gut und Böse trennen. Doch so stolpert die Menschheit in immer neue Irrtümer.

Lesern von "Die Vernunft und ihre Feinde" gefiel auch

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:392
EAN:9783784436418
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Rezensionen zu "Die Vernunft und ihre Feinde"

  1. Ein Zauberlehrling und die Geister, die er rief

    Thilo Sarrazin ist zweifelsohne ein Bestsellerautor – und er genießt es. 2010 lief er mir auf der Frankfurter Buchmesse zufälligerweise über den Weg. Für ein paar Sekunden drängten sich seine Fans um ihr, hielten ihm flehentlich »Deutschland schafft sich ab« zum Signieren hin, während ihn Bodyguards abschirmten. Er widersetzte sich, ließ sich nur widerwillig in eine Seitentür abdrängen. Ein merkwürdiger Glanz lag in seinen Augen, den ich erst jetzt verstehe, angesichts der autobiografischen Anmerkungen im neuesten Werk.
    »Die Vernunft und ihre Feinde« ließ Sarrazin im August 2022 von Uwe Tellkamp präsentieren, einem zunehmend brauner werden Schwurbler – an sich schon ein Paradox, jedoch wird das Buch trotz derartiger Promotion wohl kaum die Millionenauflage eines vor hundert Jahren verfassten Bestsellers erreichen: https://en.wikipedia.org/wiki/Mein_Kampf#Sales

    Auf den ersten Seiten seines neuen Buchs verurteilt Sarrazin Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine aufs Schärfste. Er ordnet sich in der politischen Mitte dar, klagt die ideologische Blindheit der Rechten und der Linken an, teilt gleichermaßen gegen rechte Corona-Verschwörungsmythen aus wie gegen linken Genderwahn. Sich selbst sieht er als kritischen Rationalisten, im jüdischen Philosophen Karl Popper und dessen 1944 erschienen Werk »Die offene Gesellschaft und ihre Feinde« https://de.wikipedia.org/wiki/Die_offene_Gesellschaft_und_ihre_Feinde. Fast möchte man glauben, Sarrazin habe sich vom Saulus zum Paulus gewandelt, sein neuestes Werk würde sich gegen »Falsche Propheten« wenden – den gleichnamigen Text veröffentlichte der jüdische Literatursoziologe Leo Löwenthal https://de.wikipedia.org/wiki/Leo_L%C3%B6wenthal im Jahr 1947 und wurde in der deutschen Übersetzung von Susanne Hoppmann-Löwenthal 2021 neu aufgelegt.

    Eingangs Sarrazins analysiert in »Die Vernunft und ihre Feinde« brillant jene Gründe, die heutzutage zur Popularität von FakeNews: Belesenheit spielt angesichts frei verfügbaren Wissen und Pseudowissen keine Rolle mehr. Musste man sich vor der Erfindung von Internet und Smartphone sein Wissen mühsam durch das Studium von Fachliteratur erwerben, so reicht heutzutage ein Mausklick bzw. Daumenwisch auf dem Smartphone. Für welche gefühlte Meinung auch immer lassen sich heutzutage Fakten bzw. so genannte »Alternative Fakten« zu finden. Angelehnt an die Philosophie Karl Poppers, dessen Verehrung er mit dem SPD-Kanzler Helmut Schmidt teilte, sieht sich Thilo Sarrazin als Aufklärer, als Verteidiger und Beschützer der Demokratie. Irrationale und einzig dem Gefühl sich überlassende Gesellschaftsströmungen seien in gewissem Maße hinzunehmen, wenn eine Gesellschaft offenbleiben will. Jedoch müsse beim Volk ständig und immer wieder Freude an rationaler Wahrheitssuche geweckt werden.

    Im autobiografischen Kapitel von »Die Vernunft und ihre Feinde« schildert der Autor jene harte akademische Disziplin, die ihm sein Vater auferlegte, beschreibt seine Mutter, Vertriebene aus den Ostgebieten des Deutschen Reichs, im Gegensatz dazu als verschlossen, melancholisch und depressiv: ein vollkommen gegensätzliches Elternpaar ohne gemeinsame Lebensauffassung. Aufwachsend unter zuerst einmal ärmlichen Verhältnissen in einer westfälischen Kleinstadt zieht es sich früh in die Welt der Bücher zurück. Inspiriert vom Wirtschaftsboom der Nachkriegszeit verlegt er sich auf die rationale Welt der Zahlen – womit wir auf Seite 45 seines Buches angelangt sind, einer m.E. zentralen Passage, die seinen eingangs geschilderten Erfolg auf der Frankfurter Buchmesse 2010 erklärt, zugleich jedoch all das ad absurdum führt, was er jetzt in 2022 entlarven will als »Irrtümer und Illusionen ideologischen Denkens«.

    Die Hypothese, dass sich mit Mathematik die menschliche Psyche erfassen lässt, mag 1972 für den damals gerade einmal 27-jährigen Thilo Sarrazin verlockend gewesen sein. Hoffte er, auf diese Weise die unterschiedlichen Lebensauffassungen seiner Eltern zu überbrücken? Er führte damals nach Anleitung des Psychologen Hans-Jürgen Eysenck an sich selber einen Intelligenztest durch, richtete nach eigener Aussage sein späteres Leben danach aus und veröffentlichte die Studien 38 Jahre später »unbefangen und in wissenschaftlich einwandfreier Diktion« (Zitat Sarrazin 2022 Seite 45) in »Deutschland schafft sich ab«, seinem Durchbruch als deutscher Bestsellerautor. Auf dieses Buch kommt er immer wieder zurück, bleibt bei den zweifelsohne als rassistisch und unwissenschaftlich einzustufenden Thesen – wider besseren Wissens, denn besagter Eysenck hatte seine Studien gefälscht, sie wurden 2019 vom Londoner King's College als »unsicher« eingestuft, man sprach in der Fachwelt vom »schlimmsten wissenschaftlichen Skandal aller Zeiten«. https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_J%C3%BCrgen_Eysenck#Kritik_und_Kontroversen

    Sarrazins Veröffentlichung jetzt in 2022 kann als Versuch gewertet werden, die fatale Wirkung seiner in den letzten zwölf Jahren mit Irrtümern und Illusionen ideologischen Denkens gespickten Publikationen insofern zurückzunehmen, als dass er als gelernter Volkswirt und erklärter Anhänger der Philosophie Karl Poppers mit seinen Bestsellern letztendlich Geister geweckt hat, die sich als erklärte Feinde von Demokratie und offener Gesellschaft verstehen.

    »Der größte Angriff auf die menschliche Vernunft« sei Russlands Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022, schreibt Thilo Sarrazin auf der ersten Seite seines neuen Bestsellers. Um zu verstehen, welchen Kampf er als Zauberlehrling jetzt führt, an der Schwelle zum Dritten Weltkrieg, reichen Worte, Zahlen oder Statistiken nicht aus. Man muss die Kunst bemühen, ewige Mittlerin zwischen Intellekt und Psyche. Niemand konnte dies besser als Walt Disney. Im Gegensatz zu Leo Löwenthal und Karl Popper beantworte er 1940 den Schrecken des Zweiten Weltkriegs mit der Bildsprache des Zeichentricks. Sein wohl bedeutendstes Epos »Fantasia« war damals ein finanzielles Desaster, trieb sein Filmstudio beinahe in den Bankrott, ist mittlerweile jedoch zum Bestseller geworden. »The Sorcerer's Apprentice« ist immer noch sehenswert. https://www.youtube.com/watch?v=2DX2yVucz24

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Zeitenwende: Putins Krieg und die Folgen

Buchseite und Rezensionen zu 'Zeitenwende: Putins Krieg und die Folgen' von Rüdiger von Fritsch
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Inhaltsangabe zu "Zeitenwende: Putins Krieg und die Folgen"

Format:Broschiert
Seiten:183
Verlag: Aufbau
EAN:9783351041762
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Rezensionen zu "Zeitenwende: Putins Krieg und die Folgen"

  1. So schreibt man ein Sachbuch für die Allgemeinheit!

    Kurzmeinung: Gut, man kann sich das alles aus der Zeitung zusammensuchen - aber so ist es doch viel bequemer.

    Man merkt dem Büchlein an, dass sein Autor „an der Front war“ bzw. weiß, wovon er spricht und dass er sein Wissen aus tätiger Erfahrung und nicht nur aus der Schreibstube hat. Als Diplomat war er von 2014 bis 2019 Botschafter in Russland.

    Rüdiger von Fritsch schreibt: „Der russische Präsident begab sich auf eine historische Mission, die Berufung Russlands zu vollenden und sich selbst einen Platz in der Geschichte des Landes und der Weltgeschichte zu sichern. Auf schreckliche Weise sollte ihm dies gelingen.“

    Als Leser versteht man (endlich), dass das ganze wunderschöne Land dem fatalen Wahn Putins geopfert werden soll, Russland zur einstigen zaristischen Größe zurückzuführen; was die Russen (einst) einmal besaßen, wird so angesehen, dass es für immer zu ihnen gehört und nur „heimgeholt“ werden muss. Ein solches Machtverständnis erinnert an den Islam, der genau so argumentiert. Eigentlich ist die „Russifizierung der Welt“ das Ziel. Russland ist ein imperialistischer Staat bis auf die Knochen, der Kommunismus besteht quasi nur noch auf dem Papier, keine Macht geht vom Volke aus –es ist eine Diktatur geworden.

    Alles Unliebsame wird zu „ausländischer Agentenschaft“ erklärt, Furcht zu verbreiten ist das staatliche Mittel der Zeit, Korruption und Vetternwirtschaft blühen, Käuflichkeit und Erpressung sind an der Tagesordnung. Die heimische Wirtschaft jedoch liegt mehr oder weniger am Boden. Trotzdem fühlt sich „der Russe“ überlegen, die Progandanda hat ihn voll im Griff. Doch wie lange wird dies noch so weitergehen, wenn der Krieg anhält und eine generelle Mobilmachung nicht mehr verschleiern kann, dass Russland Krieg führt?

    Rüdiger von Fritsch überfordert nicht durch (unnötige) Daten, zieht dennoch einen weiten Bogen und gibt eine vorsichtige Einschätzung der Zukunft. Alles ist unterlegt durch eigene Anschauung, sauber zu Papier gebracht, stringent, in einem Guß.

    Fazit: So will ich das popälarwissenschaftliche politische Buch. Ohne Bandwurmsätze, klar verständlich, klare Meinung, klare Kante. Frisch zeigt, dass es möglich ist.

    Aufbauverlag, 2022
    Kategorie: Sachbuch. Politik.

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