Sand

Buchseite und Rezensionen zu 'Sand' von Vince Beiser

Inhaltsangabe zu "Sand"

«Er aß und trank, bürstete seine Kleider ab, leerte den Sand aus seinen Taschen und überprüfte noch einmal die Innentasche des Blazers. Er wusch sich unter dem Tisch die Hände mit ein wenig Trinkwasser, goss den Rest über seine geplagten Füße und schaute die Straße entlang. Sandfarbene Kinder spielten mit einem sandfarbenen Fußball zwischen sandfarbenen Hütten. Dreck und zerlumpte Gestalten, und ihm fiel ein, wie gefährlich es im Grunde war, eine weiße, blonde, ortsunkundige Frau in einem Auto hierherzubestellen.»

Während in München Palästinenser des «Schwarzen September» das olympische Dorf überfallen, geschehen in der Sahara mysteriöse Dinge. In einer Hippie-Kommune werden vier Menschen ermordet, ein Geldkoffer verschwindet, und ein unterbelichteter Kommissar versucht sich an der Aufklärung des Falles. Ein verwirrter Atomspion, eine platinblonde Amerikanerin, ein Mann ohne Gedächtnis – Nordafrika 1972.

Lesern von "Sand" gefiel auch

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:320
EAN:9783962382452
read more
 

Das Jahrhundert der Toleranz

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Jahrhundert der Toleranz' von Richard David Precht

Inhaltsangabe zu "Das Jahrhundert der Toleranz"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:288
EAN:9783442316076
read more
 

ca. 1972

Buchseite und Rezensionen zu 'ca. 1972' von Tom Holert

Inhaltsangabe zu "ca. 1972"

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:544
EAN:9783959055710
read more
 

Meuterei im Paradies

read more

Rezensionen zu "Meuterei im Paradies"

  1. Die Rolle der Bounty im Kolonialismus des 18. Jhdts

    Zum Autor (Quelle: Verlag):

    Simon Füchtenschnieder, geboren 1980 in Salzkotten, studierte Anglistik und Geschichtswissenschaft an der Universität Bielefeld und dem University College Dublin (Irland). Für dieses Buch forschte er u.a. in London und Sydney. Seine Arbeitsschwerpunkte gelten der britischen Seefahrtsgeschichte des 18. Jahrhunderts.

    Mein Lese- Eindruck:

    Auf dem Cover ein Dreimaster in voller Fahrt auf stürmischer See – dazu der Titel! Sofort sind die Assoziationen da: an die berühmteste Meuterei der Seefahrtsgeschichte, an das faszinierende Zeitalter der Eroberungen und Entdeckungen, an spannende Abenteuer, Karibik, Stürme, Lebensgefahr und Heldentaten. Kindheitserinnerungen werden wach.

    Simon Füchtenschnieder beginnt seine Ausführungen nicht mit der Meuterei, sondern mit ihrem Schlusspunkt: der Aussetzung des Kapitäns Bligh am 28. April 1789, zusammen mit 18 seiner Leute. Nach diesem spektakulären Beginn wendet er sich der eigentlichen Aufgabe der „Bounty“ zu, nämlich der Verpflanzung des Brotfruchtbaumes von Tahiti auf die Zuckerrohrplantagen der Westindischen Inseln, um die Ernährung der Sklaven preisgünstig und effizient zu gestalten.

    Diesen Tatsachenkern unterfüttert der Autor sehr schön mit einer Fülle von Ausführungen. So erfährt der Leser einiges über Meutereien im 18./19. Jhdt und die Besonderheit der Meuterei auf der „Bounty“, nämlich die Aussetzung des Kapitäns auf hoher See in einem völlig überfüllten Beiboot, zudem unzureichend ausgestattet. Der Leser fragt sich: Besteht ein Zusammenhang mit der Tatsache, dass es im selben Jahr 1789 auch auf dem europäischen Festland gärte und hierarchische Strukturen zusammenbrachen?

    Interessante Hintergründe entfalten sich. Der Autor beleuchtet die Kooperation der Navy mit wissenschaftlichen Organisationen mit dem dezidiert machtpolitischen Ziel, den britischen Handel weltweit zu etablieren und das Empire zu vergrößern und zu stabilisieren. In dieses Interessengefüge ordnen sich auch zahlreiche Pflanzentransfers ein, u. a. der des Brotfruchtbaumes. Es gelingt dem Autor sehr schön, diese globalen Zusammenhänge aufzuzeigen. Dazu kommt eine Fülle von Informationen z. B. über die Betriebsformen der Zuckerrohrplantagen, das Leben der Sklaven, die unterschiedlichen europäischen Wahrnehmungen der indigenen Südsee-Bevölkerung, das Tätowieren, die hierarchischen Strukturen und die Sicherung der Disziplin an Bord, über Sir Joseph Banks, den geistigen Vater der Expeditionen, über den Prozess gegen die Meuterei, und so fort. Ein spannendes und buntes Panoptikum, dem man als Leser gerne folgt!

    Jede Feststellung wird sauber belegt und zeigt die langwierige und akribische Recherche-Arbeit des Autors. Dabei fördert er keine neuen Erkenntnisse zutage (Kapitän Bligh ist aufgrund der Quellenlage schon längst vom Vorwurf der Leuteschinderei freigesprochen), aber er fügt die unterschiedlichen Sachverhalte zu einem beeindruckenden Gesamtbild zusammen.

    Die sprachliche Ausgestaltung ist nicht so erfreulich. Immer wieder finden sich Redundanzen. So hätte ich mir z. B. einen pointierteren Vergleich der Berichte zur Meuterei gewünscht, um nicht mehrfach dasselbe lesen zu müssen.

    An anderen Stellen wiederum bemüht sich der Autor, Wiederholungen zu vermeiden. Da heißt es „der Londoner“ oder „der Mann aus Wells-next-the-Sea“, oder „der Mann aus Norfolk“ etc.. Verflixt! Wer ist gemeint? Fryer? Nein, Portlock? Habe ich nicht aufgepasst? Wo stehen nochmal die Wohnorte der Besatzung? Jeder Teilnehmer eines Rhetorik-Seminars hätte dem Autor den guten Rat gegeben, diesen Unsinn zu lassen und einfach beim Namen zu bleiben, damit der Leser/Hörer nicht durch solche Rätsel abgelenkt wird und sich ganz auf den Text konzentrieren kann.

    Fazit: Ein kenntnisreiches und informationsreiches Buch über ein spannendes Kapitel der Weltgeschichte.
    Lese-Empfehlung!

    4,5/5*

 

Das Schwarz-seh-buch

read more
 

Afropäisch: Eine Reise durch das schwarze Europa

Buchseite und Rezensionen zu 'Afropäisch: Eine Reise durch das schwarze Europa' von Johny Pitts
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Afropäisch: Eine Reise durch das schwarze Europa"

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:461
EAN:9783518429419
read more

Rezensionen zu "Afropäisch: Eine Reise durch das schwarze Europa"

  1. 5
    13. Okt 2022 

    Absolut lesens- und wissenswert!

    Schon gewusst? Alexandre Dumas war Afropäer. Sein Namensvetter Alexander Puschkin ebenso. Aber was ist überhaupt ein "Afropäer"? Ein Mensch, der sich als Europäer versteht und Wurzeln in Afrika hat. Die beiden Beispiele sind dabei nur die Speerspitze, denn in Europa leben mittlerweile unzählige Nachfahren von Afrikanern. Dass dieses Leben leider meist ungewollt getrennt von anderen Bevölkerungsanteilen in fernen Satelliten-Städten unter schlimmsten sozio-ökonomischen Bedingungen stattfinden muss, ist Folge einer massiven Fehlplanung vieler ehemaliger Kolonialmächte, die bis heute mit ihrem Erbe mehr schlecht als recht umgehen. Den Folgen des schrecklichen Kolonialismus geht Johny Pitts in seiner sehr persönlichen Reisereportage nach.

    Pitts, Journalist und Fotograf, geboren als Kind eines Afroamerikaners und einer weißen Arbeiterin in Sheffield, Großbritannien, macht sich auf zu einer Spurensuche. Nicht der eigenen Wurzeln, sondern er sucht die Spuren von anderen Afropäern im heutigen Europa. Er begibt sich auf eine fünfmonatige Reise von seinem Geburtsort nach Paris, Brüssel, Amsterdam, Berlin, Stockholm, Moskau über Marseille bis nach Lissabon, um dort persönlich das afropäische Leben kennenzulernen. In seiner literarisch auf höchstem Niveau verfassten Reportage beleuchtet er dabei nicht nur persönliche Begegnungen sondern legt anschaulich die Kolonialgeschichten bzw. -verbindungen der einzelnen bereisten Länder dar und leitet schlüssig mit soziologischen Zusammenhängen her, warum afropäisches Leben immer noch und immer mehr getrennt von weißen Europäern stattfindet. Sehr passend fasst Pitts zusammen: "Ich reiste im Namen derer, die nicht reisen konnten oder wollten: der Community schwarzer Arbeiter und Kinder von Immigranten, und machte mich auf die Suche nach einem Europa, das sie und ich womöglich als unser eigenes erkennen könnten. So kam es, dass ich mich als ein extrem selterner Vogel auf den Weg machte: als schwarzer Backpacker."

    So verbindet Pitts die verschiedenen Menschen und Lokalitäten des schwarzen Europa in einem einzigen Narrativ und verschafft jedem Gebiet und jeder Community die Möglichkeit, zueinander zu "sprechen". Dabei lernt man als weiße/r Mitteleuropäer/in unglaublich viel zu den unzähligen, gewollt unerzählten Geschichten der genannten Städte und Länder. Die Geschichte wird ja von den Siegern erzählt und, wenn man die Reiseabteilung in einer beliebigen Buchhandlung studiert, von den Nachkommen der Sieger geschrieben. Pitts beleuchtet so viele unge(be-)schriebene historische Geschehnisse und erweitert den Horizont bezüglich unzähliger literarischer Werke aus der Feder afrikanischer, afroamerikanischer und afropäischer Schriftsteller*innen. All dies wirkt nie llehrbuchhaft oder trocken. Immer nimmt der die Lesenden mit auf seine Reise des Erkenntnisgewinns. Dabei irrt er auch, korregiert sich bezüglich seiner Ansichten zu ersten Eindrücken und macht die Lektüre immer authentisch.

    In diese Reportage bin ich versunken und habe die Informationen eingesogen, werde weitere Recherchen anstellen und bin tief bewegt von den Schilderungen des Autors. Ein uneingeschränkt empfehlenswertes Werk, welches hoffentlich viele Menschen erreichen wird und ihnen damit die Augen öffnen kann.

 

Weniger ist mehr

Buchseite und Rezensionen zu 'Weniger ist mehr' von Jason Hickel
3
3 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Weniger ist mehr"

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:352
Verlag: oekom verlag
EAN:9783962382841
read more

Rezensionen zu "Weniger ist mehr"

  1. Ansichtssache - 2,5 Sterne

    Klappentext:

    „Jason Hickel rechnet mit dem Kapitalismus ab: Statt alle Menschen aus den Fängen der Armut zu befreien, hat unsere Art zu wirtschaften ein Leben voll künstlicher Verknappung, sozialer Ungerechtigkeit und Umweltzerstörung hervorgebracht – angetrieben von einer Elite, die immer reicher wird.

    Hickel ist überzeugt: Wenn wir das Anthropozän überleben wollen, müssen wir den Kapitalismus hinter uns lassen. Die Alternativen heißen jedoch weder Kommunismus noch radikaler Verzicht. Es geht vielmehr darum, die reale Wirtschaft in ein System zu transformieren, das zum Wohle aller Menschen agiert und unsere Lebensgrundlagen nicht zerstört. Hickel schlägt für diesen Umbau konkrete Schritte vor und liefert nebenbei einen bemerkenswerten Beitrag zu der Frage, wie der Schutz unseres Planeten sozial gerecht umgesetzt werden kann.“

    Tja…Jason Hickel hat halt eine Ansicht, die ich nicht unbedingt teile, dennoch war es interessant zu lesen, wie er andere Menschen von seiner Denkweise überzeugen möchte. Er ist selbst ein sehr von sich überzeugter Autor - ist ja auch ganz „nett“ aber man sollte auch dennoch offen für andere Meinungen sein. Das wird bei Hickel schwierig. Seine Gedanken und, nennen wir es „Wünsche“, liest man mit gewisser Neugier. Er lässt einem einen gewissen Platz für eigene Gedanken beim lesen aber dennoch überlädt er den Leser immer mit seiner Einstellung. Wer will sich denn in seinen Freiheitsrechten gern einschränken lassen? Bzw. nach Hickels Ansicht wurden in den letzten 500 Jahren alles immer nur noch „falscher“ gemacht als wir es eben nur machen konnten - Ansichtssache und genau da liegt der Knackpunkt. Das Buch wird seine „Freunde“ und seine „Feinde“ finden. Ich schwimme mittendrin und vergebe deshalb 2,5 von 5 neutralen Sternen. Wenn Hickel etwas offener wäre und auch mal andere Meinungen in seine Ansichten einfließen lassen würde, wäre es mich Sicherheit noch etwas spannender…

 

China und die Seidenstraße

Buchseite und Rezensionen zu 'China und die Seidenstraße' von Thomas O. Höllmann
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "China und die Seidenstraße"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:454
Verlag: C.H.Beck
EAN:9783406781667
read more

Rezensionen zu "China und die Seidenstraße"

  1. 5
    04. Apr 2022 

    Ausführliches Buch über ein wichtiges historisches Thema.

    Über große Themen der Geschichte werden immer wieder Bücher geschrieben, so eben auch über die Seidenstraße, geschweige denn über China. Die Frage lautet also, was ein neues Buch zu diesem Thema von den anderen abhebt. Warum sollte dieses Buch zusätzlich in meiner Bibliothek Platz finden? Leider geben Titel und Klappentext dafür keine zufriedenstellende Antwort, obwohl es diese im Buch sehr wohl gibt. Denn im Grunde ist es doch anders als erwartet und eben deshalb so interessant.
    Dieses Buch spricht nicht über China allgemein oder die Seidenstraße in ihrer Gesamtheit, sondern über die konkrete Relation dieser beiden. Es ist keine chronologische Ereignisgeschichte, sondern ein Kaleidoskop der Themen.
    Natürlich gibt es im ersten Teil eine historische Übersicht, eine chronologische und begriffliche Einordnung. Dann folgen zwei Teile, in denen Ideen und Güter präsentiert werden, die im Laufe der Jahrhunderte nach China importiert wurden. Das ist eben der zentrale, besonders lesenswerte Aspekt dieses Buches, die ausführliche Auflistung und Besprechung dieser Dinge. China ist eben nicht dieser abgeschottete Gigant, der von innen heraus zu dem wurde, was er heute ist, sondern war eben auch Einflüssen aus allen Weltgegenden ausgesetzt und selbst teilweise nur Vermittler von West nach Ost und Süd.
    Der vierte Teil des Buches behandelt dann das, was wir hier in Europa immer lernen und überall lesen, nämlich die Exporte Chinas in den Rest der Welt.
    Damit aber nicht genug, denn das Buch befasst sich nicht nur mit der antiken Seidenstraße, sondern im fünften Teil auch mit deren Wiederentdeckung im Rahmen der russischen und britischen Expansion nach Zentralasien sowie den aktuellen Ambitionen Chinas im Rahmen der „neuen Seidenstraße“. Das Buch spannt also in seinem Bestreben nach Vollkommenheit einen Bogen bis in die Gegenwart.
    Da dieses Buch eben so intensiv die konkreten Importe und Exporte Chinas über die Seidenstraße behandelt, habe ich es sehr spannend gefunden und es ist in diesem Sinne ein gelungens Addendum zu diesem Themenbereich in meiner Bibliothek.
    Die Fotos für die Bildseiten sind sehr gut gewählt, laden also gemeinsam mit der Kartensammlung am Ende zum Schwelgen ein.
    Fazit: Empfehlenswert.

 

Pandemien

Buchseite und Rezensionen zu 'Pandemien' von Jörg Hacker
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Pandemien"

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:128
Verlag: Beck C. H.
EAN:9783406757921
read more

Rezensionen zu "Pandemien"

  1. 5
    19. Apr 2021 

    Spannendes Buch zu einem aktuellen Thema.

    Kaum ein Band der Beck-Wissen-Reihe ist so aktuell wie dieser und entsprechend nimmt Corona auch einen zentralen Platz ein. Doch dabei kommen andere Infektionskrankheiten nichts zu kurz. Auch wenn der Autor hier immer wieder zu Corona zurückkehrt, befasst er sich doch umfassend mit dem Thema Pandemien.
    Historische Beispiele von Pandemien, Basiswissen und Grundlagenforschung werden zunächst behandelt, um dann über Tier-Mensch-Übertragungen zu sprechen und dem Faktor Umweltzerstörung. Sehr spannend habe ich ich vor allem das achte Kapitel empfunden, in dem ausgeführt wird, inwiefern Digitalisierung und Künstliche Intelligenzen uns im Kampf gegen Pandemien unterstützen können. Der Autor vergisst aber nicht, deutlich zu machen, dass Forschungen mit Viren und anderen Krankheitserregern auch immer Schattenseiten haben.
    Im letzten Teil spricht er dann über unsere aktuelle Pandemie und vergleicht diese mit historischen Beispielen. Es geht um Wissenschaftskommunikation, die Krise im Schulsystem, Wirtschaft und Gesellschaft, sowie um ethische Fragen, wie etwa der Triage oder Impfungen.
    Ingesamt ist dies ein sehr informatives Buch über ein topaktuelles Thema und dem Autor gelingt es wunderbar, nüchtern Fakten zu präsentieren, ohne belehrend oder kritisierend zu sein.
    Übrigens sei angemerkt, so als witziges Detail am Rande, dass jeder aufmerksame Leser mitbekommt, dass der Autor an der Leopoldina beschäft war, denn dies wird im Buch überraschend oft erwähnt.
    Fazit: Sehr zu empfehlen.

 

Unberechenbar

Buchseite und Rezensionen zu 'Unberechenbar' von  Harald Lesch
3
3 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Unberechenbar"

Gibt es eine perfekte Gesellschaft? Nein. Aber in welcher Gesellschaft wollen wir leben – vor allem, wenn es schwierig wird? Helfen da Physik, Mathematik oder die Wirtschaft? Harald Lesch und Thomas Schwartz analysieren mit Scharfsinn und Witz, welche Missstände und Fehlentwicklungen uns beschäftigen. Viel wichtiger aber: Sie begnügen sich nicht mit Krisen-Gejammer, sie wollen mehr. Ihre Schlüsse sind wissenschaftlich präzise, sie entlarven Verschwörungstheorien und Vorurteile, und stellen konkrete Forderungen, an Politik, Wirtschaft und jeden einzelnen. Pointiert und vor allem kreativ erklären Lesch und Schwartz, weshalb das Dorf-Prinzip hilft, singen das Lob der Grenze und lassen eine Freiheit fühlen, die Dialekt spricht und Raum gibt. Ein faszinierendes und bahnbrechendes Buch – ein Buch so unberechenbar wie das Leben.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:176
EAN:9783451393853
read more

Rezensionen zu "Unberechenbar"

  1. Unerträgliche Protagonistin

    Sam ist dreiundfünfzig und in der Perimenopause. Jede Nacht um drei Uhr erwacht sie schweißgebadet, mit Herzrasen. Gedanken jagen sich, einer so unnötig wie der andere. Sie lebt mit Mann und Tochter in einem Randbezirk von New York. Es gab Zeiten, da konnte sie ihren Mann zum Lachen bringen, jetzt allerdings, sitzt er ihr jeden Morgen beim Frühstück gegenüber und daddelt in seinem Handy. Ihre geliebte, aber ehrgeizige Tochter fliegt zwischen Fußballtraining, Referaten und Zukunftsvisionen hin und her. Sams Mom ist zwei Fahrstunden weit weggezogen. Sam vermisst sie, telefonieren ist nicht das gleiche, wie ihr gegenüberzusitzen und in den Arm genommen zu werden. Mit ihren zahllosen Ängsten vor der amerikanischen Politik, der Klimaapokalypse, den Waffengesetzen und ganz allgemein, mit der Dummheit der Menschen, fühlt sie sich allein.

    Sam hat ein Faible für alte naturbelassene Häuser, die ihre Geschichten erzählen, deshalb fährt sie manchmal Umwege und streunert um ein schönes Objekt herum. Und dann folgt sie einem Inserat und macht einen Besichtigungstermin. Das Innenleben des Hauses ist heruntergekommen, aber Sams Auge für Details, erkennt sofort, dass es ein Schatzkästchen ist. Ohne lange zu überlegen, unterschreibt sie den Kaufvertrag und weiß, dass sie ihren Mann verlassen muss. Der Gedanke, ein Kleinod zu besitzen, das ihr ganz allein gehört, lässt sie wieder träumen, spornt sie zu Höchstleistungen an und schon bald hat sie das notwendigste erledigt. Ihr Traum ist einzugsbereit.

    Fazit: Dana Spiotta hat eine Protagonistin erschaffen, die stark mit sich selbst beschäftigt ist. Ich mag die Idee, dass eine Frau mittleren Alters noch einmal ganz allein, von vorn anfangen will, sogar wenn sie hormonell getrieben scheint. Allerdings fand ich den Charakter so extrem dargestellt, dass ich zwischenzeitlich dachte, ich hätte es mit einer Borderliner*in zu tun. Sie wird naiv dargestellt, unzufrieden. Sie scheint sich besser zu fühlen, wenn sie über alternde Geschlechtsgenossinnen abzieht, deren Durchschnittlichkeit, farbloses Haar und die alternden Hälse moniert. Sie ist wankelmütig, neurotisch, kontrollsüchtig, bevormundend, übergriffig und übernimmt keine Verantwortung. Wenn das die Generation 70er – Jahre ist, hat die Autorin ein düsteres Bild gezeichnet, fast schon ein Klischee erschaffen. Mir ist klar, dass Protagonist*innen menschlich gezeichnet werden sollten, diese allerdings hat mich mit voller Kraft negativ berührt. Ich bin froh, dass ich sie nicht näher kennenlernen muss.

  1. 3
    28. Feb 2023 

    Nicht mehr als amüsant

    Seit über zwanzig Jahren bin ich als Familienmanagerin und Muttertier im Geschäft. Nebenbei engagiere ich mich ehrenamtlich und habe einen weiteren Job, für den ich sogar ein Gehalt bekomme. In der wenigen freien Zeit, die mir im Alltag bleibt, kümmere ich mich mehr um mich als um andere, denn Spaß muss sein und ein bisschen Egoismus ist schließlich gut für die „Work-Life Balance“.
    Bin ich mit meiner Lebenssituation eine Ausnahme? Wohl eher nicht. Aber nicht alle Frauen in ähnlicher Situation kommen in den Genuss eines ausgeglichenen und zufriedenen Daseins.
    Das erlebt auch Samantha Raymond, Protagonistin des Romans „Unberechenbar“ der amerikanischen Bestsellerautorin Dana Spiotta.
    Sam ist 53, lebt mit Mann und Teenager-Tochter in Syracuse, einer Kleinstadt im amerikanischen Bundesstaat New York. Hauptberuflich ist sie Ehefrau und Mutter. Als das Töchterchen noch klein war, mag dies eine ausfüllende Tätigkeit gewesen sein, insbesondere für jemanden wie Sam, die in ihrer Mutterrolle nach Perfektion strebte und ihre Tochter mit Liebe, Aufmerksamkeit und Kontrolle überflutete. Nun ist das Töchterchen fast schon eine erwachsene Frau und leistet erbitterten Widerstand gegen die mütterliche Fürsorge, so dass sich Sam ein anderes Betätigungsfeld suchen muss. Leider gibt es keinen angemessenen Ersatz für ihre bisherige Aufgaben. Bei Sam zeichnet sich daher eine Lebenskrise ab, und sie trifft eine verrückte Entscheidung. Die Architektur-interessierte Frau kauft ein heruntergekommenes, aber geschichtsträchtiges Haus, in das sie sofort einzieht, auch wenn diese Handlung gleichbedeutend mit der Trennung von ihrem Ehemann ist. Welche Entwicklung die Protagonistin Sam von da an widerfährt und ob sie tatsächlich eine Entscheidung getroffen hat, die ihrem Leben neue Impulse gibt, erzählt dieser abwechslungsreiche Roman.
    Auf den ersten Blick haben wir es also bei „Unberechenbar“ mit einem Entwicklungsroman zu tun: eine Mitt-Fünfzigerin bricht aus ihrem Alltag aus, beschreitet neue Wege und findet am Ende zu sich selbst. Tatsächlich kratzt die Bezeichnung „Entwicklungsroman" nur an der Oberfläche. Darunter schlummert eine Geschichte über die moderne amerikanische Gesellschaft. Es gibt kaum ein Thema, das die Autorin Dana Spiotta in ihrem Roman nicht anschneidet: die Präsidentschaftswahl von Donald Trump vor ein paar Jahren, Feminismus, Social Media, Verschwörungstheorien, Gendering, „Black Life Matters", Waffengesetze, etc. etc. etc. und als Add-on gibt es für den Leser Ausführungen über lokale und historische Feministinnen aus Syracuse, NY, USA.
    Diese Themenflut tut dem Roman nicht gut. Hier wird kaum etwas ausgelassen, das eine Gesellschaft unserer Zeit momentan beschäftigt, und die amerikanische im Besonderen.
    Doch selbst eine versierte Autorin wie Dana Spiotta ist nicht in der Lage, dieser Themen-Überfrachtung Frau zu werden und Tiefe in diesen Roman zu bringen. Hier leidet definitiv die Qualität unter der Quantität.

    Gutgetan hat dem Roman jedoch eine zweite Erzählperspektive, die dem Leser etwa nach dem ersten Drittel des Romans begegnet. Von diesem Zeitpunkt an gibt es immer wieder einen Wechsel von Sams Erzählperspektive auf die ihrer Tochter und somit eine Gegendarstellung zu der Sichtweise der Mutter. Wir erfahren, wie die junge Frau ihre Kindheit erlebt hat, so dass die Mutter-Tochter-Beziehung in ein anderes Licht gerückt wird. Mit einem Mal wird das Ausmaß von Sams Mutter-Dasein deutlich und die perfekte Mutter, als die sie sich gern sah und sieht, erweist sich als eine Frau mit Schwächen.
    Neben allen gesellschaftlichen Themen, die sich in diesem Roman finden lassen, beschäftigt Dana Spiotta den Leser mit einem nicht ganz so gesellschaftsrelevanten Thema (aber was nicht ist, kann noch werden): es geht um die Menopause einer Frau, auch Wechseljahre genannt. Überspitzt ausgedrückt, markiert der Beginn der Wechseljahre bei einer Frau den Start in eine Lebenskrise … glaubt man Dana Spiotta. Denn so präsentiert sich die Protagonistin Sam, die quasi ihr Menopäuschen als zusätzlichen Anlass für einen Bruch mit ihrem bisherigen Leben nimmt. Das ist unrealistisch, aber zugegebenermaßen amüsant und ich bin daher versucht, diesen Aspekt des Romans als humoristische Einlage zu betrachten.
    Mein Fazit lautet daher: „Unberechenbar“ ist ein amüsanter Gesellschaftsroman mit feministischer Ausprägung, der bei mir einen oberflächlichen Eindruck hinterlässt.

  1. Weibliche Midlife Crisis

    Ende 2021 wurde der Kjona Verlag neu gegründet, dessen Motto „Nachhaltig, Neugierig, Unabhängig“ mich sofort angesprochen hat. „Unberechenbar“ habe ich mir als erstes Buch ausgesucht, nicht zuletzt, weil ich dasselbe Lebensalter wie Protagonistin Sam habe. Die Bücher des Kjona Verlags stehen ihren weniger nachhaltig produzierten Kollegen in nichts nach. Optik und Haptik sind wunderschön, vom glatten, hellen Papier lässt es sich bestens lesen. Einen Schutzumschlag braucht dieses augenfällig gestaltete Buch nicht. Äußerlich gibt es demnach Bestnoten von mir. Auch die Übersetzung von Andrea O´Brien lässt keine Wünsche offen.

    Nun zum Inhalt:
    Sam Raymond ist 53 Jahre alt, Hausfrau und mit dem Juristen Matt verheiratet. Beide haben eine 16-jährige Tochter namens Ally und bewohnen ein hübsches Haus in guter Wohngegend in einem Vorort der amerikanischen Stadt Syracuse. Alles könnte so schön sein. Doch Sam sticht der Hafer: Sie stand politisch schon immer links und kann es nicht verkraften, dass Donald Trump 2017 zum US- Präsidenten gewählt wird. Das ist für sie der äußere Anlass, ihr Leben neu zu überdenken. Aus einer Laune heraus kauft sie ein baufälliges, altes Haus in einem Problemviertel von Syracuse. Sie hat sich spontan in dieses historische Gebäude verliebt, in das sie viel Geld und Energie stecken muss, um es halbwegs bewohnbar zu machen. Ihr Mann Matt scheint sie bei dem Vorhaben zu unterstützen, er akzeptiert ihre Entscheidung. Über die Probleme der Eheleute erfahren wir nichts. Tochter Ally indessen bricht den Kontakt zur Mutter fast komplett ab, worunter Sam sehr leidet. Gleichzeitig hadert Sam mit ihren Wechseljahren, mit dem zunehmenden Altern ihres Körpers. Sam organisiert sich völlig neu, treibt viel Sport, ernährt sich gesund. Sie weitet ihre ehrenamtliche Tätigkeit als Führerin im Clara Loomis House aus, engagiert sich in der linken Aktivistenszene für Umwelt, Klima, POC und andere Minderheiten. Sie tritt verschiedenen Gruppierungen bei, aus diesen Kreisen sucht sie sich einen neuen Freundeskreis.

    Bis zu diesem Zeitpunkt wirkt die Protagonistin ziemlich unberechenbar, naiv und abgedreht auf mich. Sam handelt völlig spontan und unüberlegt, ihre Meinung kann man kaum umreißen, irgendwie ist sie gegen alles, tritt als Weltverbesserin auf. Allerdings muss man ihr zu Gute halten, dass sie oft einen kritischen Blick auf ihr eigenes unzulängliches Verhalten mit seinen Widersprüchen wirft. Sie pendelt zwischen Überheblichkeit und Selbstzweifeln. Manche Leser/in mag das witzig und originell finden.

    Mit der zweiten Perspektive von Ally bekommt der Roman eine neue vielversprechende Dimension. Sams Tochter hat einen sehr kritischen, reifen und reflektierten Blick auf ihre Mutter. Zu oft hat sie sich schon über deren hysterische Wutattacken und Kontrollzwänge ärgern müssen. Ally entzaubert quasi die suggerierte Eigenwahrnehmung ihrer Mutter, wodurch auch der Leser einen anderen Blick auf das zuvor Gelesene bekommt: Steckt etwa hinter der zur Schau getragenen selbstbewussten Fassade in Wahrheit eine völlig verunsicherte Person? Manche Indizien sprechen dafür, auch das intensive Verhältnis von Sam zu ihrer betagten Mutter Lily zeigt, dass Sam mit 53 Jahren noch den Rückhalt der Älteren braucht. Indessen ist Sam für ihre eigene Tochter keine Vertrauensperson.

    So behandelt der Roman im Verlauf der Geschichte diese drei Frauengenerationen mit ihren individuellen Problemen und Herausforderungen. Es geht um Allys erste Liebe, zu ziehende Grenzen und Gefahren, um Sams Standortbestimmung in der Lebensmitte und um Lilys Krankheit und den drohenden Abschied am Lebensende. Viele Szenen sind sehr berührend geschildert und werden mit großer Empathie erzählt. Es geht auch um Beziehungen, politische Grundhaltungen, um Schieflagen im kapitalistischen System.

    Manche dieser Anliegen werden nicht völlig organisch in die Handlung eingewoben. Für meinen Geschmack zu offensichtlich vermittelt die Autorin ihre ideologischen Botschaften. Besonders deutlich ab Seite 305. Als Sam schwer verletzt wird, folgt ein Cliffhanger, der durch vier aufsatzartige Kapitel ausgefüllt wird: Dabei ist eine Ode an die Stadt Syracuse (die Heimat der Autorin); eine Aufzählung von bedeutungsvollen Kuriositäten, die Sam in Loomis House ausgestellt hat; Briefe und Tagebuchaufzeichnungen aus den Jahren 1868/69 der Frauenrechtlerin Clara Loomis selbst, die ihrerzeit in die Fänge der sektenähnlichen Oneida Community geraten ist; dazu eine traumähnliche Sequenz über die Bedeutung von Blut in einem Frauenleben…

    Mir ist schon klar, welche Aussagen die Autorin damit treffen will. Sie möchte Frauen ermutigen, liebevoll und selbstbewusst zur eigenen Weiblichkeit zu stehen. Sie macht exemplarisch deutlich, dass der Feminismus viele Vorreiterinnen brauchte, um heute selbstverständliche Freiheiten und das Recht am eigenen Körper zu erreichen. Sie zeigt weiterhin, dass Syracuse weit mehr zu bieten hat als soziale Probleme und Kriminalität. Die Art der Darstellung innerhalb des Romans jedoch hat mich irritiert.

    Die Familiengeschichte bekommt durch die unterschiedlichen Perspektiven der drei Protagonistinnen Tiefe. Insbesondere die Diskrepanzen zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung machen sie reizvoll, ebenso die authentischen Dialoge sowie die bewusst kantige Figurenzeichnung. Zum Ende hin habe ich gerade durch die genannten Passagen zu viel Pathos, zu viel Message und zuviel Kalkül empfunden. Ich weiß, dass die amerikanischen Leser viel toleranter gegenüber ideologischen Botschaften sind und bin gespannt, wie andere deutsche Leser/innen diesen Roman empfinden werden, für den ich nur eine eingeschränkte Empfehlung ausspreche. Vielleicht habe ich einfach alles etwas zu ernst genommen und mir fehlt die notwendige Portion Humor, um dieses Buch zu begreifen. Oder man braucht ein feministisch stärker geprägtes Weltbild. Auch das ist möglich.

    Ich wünsche dem Roman auf alle Fälle eine breite, begeisterte Leserschaft und dem Kjona Verlag weiterhin viel Erfolg.

 

Seiten